Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Dez. 2006 - 4 StR 484/06
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags unter Einbeziehung der durch Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 2. Mai 2005 verhängten Geldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren sechs Monaten und einer Woche und wegen verbotenen Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe sowie wegen falscher Verdächtigung zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts.
- 2
- Das Rechtsmittel führt lediglich zur Aufhebung der beiden Gesamtfreiheitsstrafen ; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 3
- Nach den Feststellungen hat der Angeklagte den Totschlag am Abend des 10. März 2005 nach 20.00 Uhr begangen, den Verstoß gegen das WaffG am 14. November 2005 und das Vergehen der falschen Verdächtigung am 28. November 2005. Bei der Bildung der beiden Gesamtstrafen ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der am 2. Mai 2005 wegen Beleidigung erlassene Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen Zäsurwirkung entfalte. Dabei hat das Landgericht übersehen, dass diese Tat am 20. Februar 2005 begangen wurde. Demgemäß hätte aus der wegen Beleidigung verhängten Geldstrafe von 30 Tagessätzen und der durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Krefeld vom 10. März 2005 wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung verhängten Geldstrafe von 90 Tagessätzen, deren Vollstreckung ebenfalls noch nicht erledigt war, nachträglich eine Gesamtstrafe gebildet werden müssen (§ 460 StPO). Daraus ergibt sich, dass allein von dem Strafbefehl vom 10. März 2005 eine Zäsurwirkung ausgehen kann (vgl. BGHSt 32, 190, 193: "Zäsurwirkung der ersten Vorverurteilung").
- 4
- Dass dieser Strafbefehl hinsichtlich des Totschlags eine Zäsur bildet, liegt jedoch nach den bisherigen Feststellungen fern, denn bei einer Verurteilung durch Strafbefehl ist eine Straftat nur dann im Sinne des § 55 Abs. 1 StGB vor der früheren Verurteilung begangen worden ist, wenn sie in die Zeit vor Unterzeichnung des Strafbefehls durch den Richter fällt (vgl. BGHSt 33, 230, 232). Lässt sich in der neuen Hauptverhandlung nicht klären, ob der Strafbefehl, was nahe liegt, am Tattage bereits unterzeichnet war, als der Angeklagte den Totschlag beging, ist hiervon nach dem Zweifelsgrundsatz auszugehen und aus den verhängten Einzelfreiheitsstrafen eine Gesamtstrafe zu bilden.
Solin-Stojanović Ernemann
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.
(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.