Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Jan. 2019 - 4 StR 476/18

published on 15/01/2019 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Jan. 2019 - 4 StR 476/18
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 476/18
vom
15. Januar 2019
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:150119B4STR476.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 15. Januar 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 21. Juni 2018
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte in den Fällen II.3 und 4 der Urteilsgründe der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei tateinheitlichen Fällen schuldig ist, und
b) mit den zugehörigen Feststellungen hinsichtlich der Einzelstrafen in den Fällen II.3 und 4 der Urteilsgründe und im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Hiergegen richtet sich die auf die nicht ausgeführte Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Annahme selbständiger, real konkurrierender Taten in den Fällen II.3 und 4 der Urteilsgründe hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Bei ihrer konkurrenzrechtlichen Bewertung hat die Strafkammer übersehen, dass der gleichzeitige Besitz verschiedener Handelsmengen eine tateinheitliche Verknüpfung der auf die jeweiligen Handelsmengen bezogenen Bewertungseinheiten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zur Folge hat, wenn die Art und Weise der Besitzausübung über die bloße Gleichzeitigkeit hinausgeht und die Wertung rechtfertigt, dass – etwa wegen eines räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs – die tatsächliche Ausübung des Besitzes über die eine Menge zugleich die Ausübung der tatsächlichen Verfügungsgewalt über die andere darstellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Mai 2018 – 3 StR 88/18 Rn. 7; vom 28. Mai 2018 – 3 StR 95/18 Rn. 6 jeweils mwN). Dies war hier der Fall, da nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils das Mitte Januar 2017 in den Niederlanden erworbene Heroin und Kokain am Tag der Durchsuchung ge- meinsam mit dem bei einer anderen Gelegenheit erlangten Heroin in derselben Kiste auf einem Regal im Abstellraum der Wohnung aufbewahrt wurde.
3
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Schuldspruchänderung entzieht den Einzelstrafaussprüchen in den Fällen II.3 und 4 der Urteilsgründe sowie der Gesamtstrafe die Grundlage.
Sost-Scheible Cierniak Bender
Feilcke Paul
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.