Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Okt. 2006 - 4 StR 400/06

published on 11/10/2006 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Okt. 2006 - 4 StR 400/06
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 400/06
vom
11. Oktober 2006
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 11. Oktober 2006 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 5. Januar 2006
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagte der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung schuldig ist,
b) im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Mit ihrer Revision rügt die Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel führt zur Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 15. September 2006 ausgeführt: "Die Verurteilung der Angeklagten wegen schweren Raubes hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Die Begründung der Zueignungsabsicht gemäß § 249 Abs. 1 StGB ist nicht frei von Rechtsfehlern. Es begegnet schon Bedenken , dass die Kammer bei der rechtlichen Würdigung von einer 'bedingten' Zueignungsabsicht ausgegangen ist (UA S. 16). Zumindest hinsichtlich der Aneignung der Sache verlangt die Zueignungsabsicht einen zielgerichteten Willen (vgl. Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 242 Rdnr. 41). Die Kammer hat darüber hinaus zu Unrecht darauf abgestellt, dass die Angeklagte nach dem gescheiterten Austausch der Handys das Mobiltelefon des Geschädigten F. ihrem Vermögen einverleiben wollte (UA S. 16). § 249 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass die Zueignungsabsicht zum Zeitpunkt der Wegnahme besteht. Dies hat die Kammer nicht festgestellt. Den Urteilsgründen ist vielmehr zu entnehmen, dass die Wegnahme des Mobiltelefons vom Geschädigten F. auch aus Sicht der Angeklagten O. nur erfolgte, um es als Druckmittel für die Übergabe des Telefons des Geschädigten B. zu verwenden (UA S. 11). In diesem Fall scheidet ein Handeln in Zueignungsabsicht regelmäßig aus (vgl. BGH StV 1983, S. 329 f. und Senat StV 1999, S. 315 f.). Etwas anderes gilt nur, wenn die weggenommene Sache unabhängig von der Erfüllung der gestellten Forderung behalten oder verwertet werden soll (vgl. BGH StV 1984, S. 422 f.). Dass die Angeklagte dies zum Zeitpunkt der Wegnahme anstrebte, ergibt sich aus dem Urteil nicht. Die billigende Inkaufnahme, dass es dem Geschädigten F. nicht gelingen würde, das geforderte Handy zum vereinbarten Treffpunkt zu bringen (UA S. 11), steht dem nicht entgegen. Diese Vorstellung schließt den Willen zur Rückgabe nicht aus, zumal die Angeklagte die vage Hoffnung hatte, dass der Geschädigte das geforderte Handy besorgen könne (UA S. 15).
Es kann ausgeschlossen werden, dass dazu noch ergänzende Feststellungen getroffen werden können. Es ist kein
Geständnis der Angeklagten dahingehend zu erwarten, dass sie das Handy des Geschädigten F. schon zum Zeitpunkt der Wegnahme unbedingt ihrem eigenen Vermögen einverleiben wollte. Aus den äußeren Umständen kann dieser Schluss nicht gezogen werden. Das spezifische persönliche Interesse der Angeklagten an dem Mobiltelefon des Zeugen B. (UA S. 9) und das Erscheinen der Angeklagten zum Umtauschtermin mit dem entwendeten Handy des Geschädigten F. (UA S. 11) sprechen vielmehr dagegen.
Die Angeklagte ist daher nur der Nötigung gemäß § 240 Abs. 1 und 2 StGB in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB schuldig. Die Tathandlungen der Mitangeklagten Fa. und C. sind ihr aufgrund des gemeinschaftlichen Tatplans gemäß § 25 Abs. 2 StGB als Mittäterin zuzurechnen (UA S. 15). Das Fehlen eigener Verletzungshandlungen hindert die Bestrafung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB nicht. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe kann entnommen werden, dass die Angeklagte als Initiatorin des gewaltsamen Übergriffs der Mitangeklagten mit ihrer Präsenz die Abwehr- und Fluchtmöglichkeiten des Geschädigten bewusst verringerte (vgl. BGHSt 47, 383 ff.). Gegen diese Vorwürfe hätte sich die Angeklagte nicht anders verteidigen können. (...)
Die Abänderung des Schuldspruchs hat die Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs zur Folge. Angesichts des geringeren Mindestmaßes der Freiheitsstrafe bei § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB im Vergleich zu § 250 Abs. 3 StGB ist es möglich, dass die Kammer bei richtiger rechtlicher Würdigung eine andere Strafe verhängt hätte."
Dem tritt der Senat bei.
Kuckein Athing Solin-Stojanović
Ernemann Sost-Scheible
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn 1. der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,b) sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Wider
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins

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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.