Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Sept. 2009 - 4 StR 366/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- Das Landgericht hat seiner Strafzumessung den Strafrahmen des § 177 Abs. 2 StGB zu Grunde gelegt. Dabei hat es nicht erkennbar bedacht, dass nach ständiger Rechtsprechung eine Ausnahme von der Regelwirkung des § 177 Abs. 2 StGB dann in Betracht kommt, wenn ein Regelbeispiel mit gewichtigen Milderungsgründen zusammentrifft (vgl. BGH StraFo 2007, 472; Fischer StGB 56. Aufl. § 177 Rdn. 74 m.w.N.). Das Landgericht hat sich, wie der Gene- ralbundesanwalt in seiner Antragsschrift zu Recht bemerkt hat, im Rahmen der Strafzumessung nicht damit auseinandergesetzt, dass die Nebenklägerin eine Woche vor der Tat eine intime Beziehung mit dem Angeklagten eingegangen war und dass sie mit dem Angeklagten am Tattage zunächst einvernehmlich Zärtlichkeiten ausgetauscht und sexuelle Handlungen mit ihm vorgenommen hatte, bevor sie sich ihm verweigerte. Dies lässt besorgen, dass das Landgericht für die Strafrahmenwahl und die Strafzumessung wesentliche Umstände (vgl. BGH StV 2001, 453 m.N.) nicht bedacht hat.
- 3
- Die dargestellten Mängel bei der Wahl des Strafrahmens führen zur Aufhebung des Strafausspruchs, weil nicht auszuschließen ist, dass das Landgericht aus den vorgenannten Gründen einen besonders schweren Fall im Sinne des § 177 Abs. 2 StGB verneint und gegen den geständigen Angeklagten eine niedrigere Freiheitsstrafe verhängt hätte.
- 4
- Die zu Grunde liegenden Feststellungen können bestehen bleiben, weil lediglich ein Wertungsfehler vorliegt. Ergänzende Feststellungen sind zulässig, sofern sie den bisher getroffenen nicht widersprechen.
moreResultsText
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn
- 1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern, - 2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert, - 3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt, - 4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder - 5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.
(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet, - 2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder - 3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.
(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn
- 1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder - 2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.
(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - 2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder - 3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.
(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder - 2.
das Opfer - a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder - b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.