Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2016 - 4 StR 321/16

bei uns veröffentlicht am17.08.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 321/16
vom
17. August 2016
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen
Person u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:170816B4STR321.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 17. August 2016 beschlossen :
1. Der Antrag des Angeklagten, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 12. April 2016 zu gewähren, wird verworfen. 2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unzulässig verworfen (§ 349 Abs. 1 StPO). 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person in Tateinheit mit Beischlaf zwischen Verwandten in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit einem am 10. Juni 2016 beim Landgericht eingegangenen Verteidigerschriftsatz hat der Angeklagte unter Hinweis auf ein Versehen des Verteidigers die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision beantragt und Revision eingelegt.
2
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 1 StPO nicht vorliegen.
3
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auf Antrag demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 Satz 1 StPO). Der Antrag ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO); innerhalb der Wochenfrist muss der Antragsteller auch Angaben über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses machen. Entscheidend für den Fristbeginn ist dabei der Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den Angeklagten (BGH, Beschluss vom 29. Januar 2013 – 4 StR 320/12, NStZ 2013, 474; Beschluss vom 13. September 2005 – 4 StR 399/05, NStZ 2006, 54, 55). Dies gilt selbst dann, wenn der Verteidiger ein eigenes Verschulden geltend macht, das dem Angeklagten nicht zuzurechnen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Januar 2013 – 4 StR 320/12, NStZ 2013, 474; Beschluss vom 4. August 2010 – 2 StR 365/10).
4
Diesen Voraussetzungen wird der Wiedereinsetzungsantrag nicht gerecht. Denn er verhält sich nicht dazu, wann der Angeklagte Kenntnis davon erlangt hat, dass noch keine Revision eingelegt ist. Die Wahrung der Frist des § 45 Abs. 1 StPO ist auch nicht nach der Aktenlage offensichtlich. Danach wurde von Seiten des Landgerichts bereits am 3. Mai 2016 die Übersendung einer Urteilsabschrift mit Rechtskraftvermerk sowohl an den Verteidiger als auch an den Angeklagten verfügt. Diese Verfügung wurde noch am selben Tage ausgeführt. Einen Hinweis darauf, dass die Urteilsabschrift dem Angeklagten nicht zugegangen sein könnte, enthält die Akte nicht.
5
2. Die Revision des Angeklagten ist unzulässig, weil sie nicht binnen Wochenfrist eingelegt worden ist (§ 341 Abs. 1 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Quentin

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2016 - 4 StR 321/16

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2016 - 4 StR 321/16

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 45 Anforderungen an einen Wiedereinsetzungsantrag


(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei de

Strafprozeßordnung - StPO | § 44 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Fristversäumung


War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1

Strafprozeßordnung - StPO | § 341 Form und Frist


(1) Die Revision muß bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden. (2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des A
Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Aug. 2016 - 4 StR 321/16 zitiert 4 §§.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Sept. 2005 - 4 StR 399/05

bei uns veröffentlicht am 13.09.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 399/05 vom 13. September 2005 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführe

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Jan. 2013 - 4 StR 320/12

bei uns veröffentlicht am 29.01.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 320/12 vom 29. Januar 2013 in der Strafsache gegen wegen Anstiftung zum versuchten Totschlag u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführerin am 2

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.

(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.

(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 320/12
vom
29. Januar 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Anstiftung zum versuchten Totschlag u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführerin am 29. Januar 2013 gemäß § 46
Abs. 1, § 346 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Der Antrag der Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 13. März 2012 wird als unzulässig verworfen. 2. Der Antrag der Angeklagten auf Entscheidung des Revisionsgerichts wird als unbegründet verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Anstiftung zum versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil hat die Angeklagte form- und fristgerecht Revision eingelegt. Mit Beschluss vom 20. Juni 2012 hat das Landgericht die Revision gemäß § 346 Abs. 1, § 345 StPO als unzulässig verworfen, da die Angeklagte die Revisionsanträge nicht fristgerecht angebracht habe. Gegen diesen dem Pflichtverteidiger am 26. Juni 2012 zugestellten Verwerfungsbeschluss hat die Angeklagte mit Schriftsatz ihres Verteidigers vom 3. Juli 2012, beim Landgericht am selben Tag eingegan- gen, „Beschwerde“ eingelegt; eine Begründung enthielt der Schriftsatz nicht. Mit Schriftsatz ihres Verteidigers vom 18. Juli 2012, beim Landgericht am 20. Juli 2012 eingegangen, hat die Angeklagte unter Bezugnahme auf die „Beschwer- de“ beantragt, den Beschluss vom 20. Juni 2012 aufzuheben. Ferner hat sie unter Beifügung einer Kopie der Revisionsbegründung vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung hat der Verteidiger vorgetragen, er habe die Revision mit Schriftsatz vom 24. Mai 2012 begründet und den Schriftsatz am 25. Mai 2012 bei der „Deutschen Bundespost“ aufgegeben , so dass dieser fristgerecht beim Landgericht hätte eingehen müssen; dies scheine offensichtlich nicht geschehen zu sein oder aber der Schriftsatz sei in der Poststelle des Landgerichts untergegangen oder aber fehlgeleitet worden.
2
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumnis der Revisionsbegründungsfrist sowie das gemäß § 300 StPO als Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts gemäß § 346 Abs. 2 StPO auszulegende Rechtsmittel der „Beschwerde“ vom 3. Juli 2012 bleiben ohne Erfolg.
3
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision ist unzulässig. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auf Antrag demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 Satz 1 StPO). Der Antrag ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO); innerhalb der Wochenfrist muss der Antragsteller auch Angaben über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses machen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 45 Rn. 5 mwN).
4
An dieser Zulässigkeitsvoraussetzung fehlt es hier. Der Antrag enthält keine Angaben dazu, wann das Hindernis, das der Fristwahrung entgegenstand , weggefallen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. April 2003 – 3 StR 30/03, BeckRS 2003, 04641, und vom 13. September 2005 – 4 StR 399/05, NStZ 2006, 54, 55; Meyer-Goßner, aaO). Entscheidend für den Fristbeginn ist der Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch die Angeklagte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. April 1992 – 2 StR 114/92 und vom 13. September 2005, aaO). Wann der Angeklagten die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist bekannt geworden ist, wird ungeachtet des erheblichen Zeitablaufs nicht vorgetragen. Jedenfalls in den Fällen, in denen wie hier die Wahrung der Frist des § 45 Abs. 1 StPO nach Aktenlage nicht offensichtlich ist, gehört zur formgerechten Anbringung des Wiedereinsetzungsantrags, dass die Antragstellerin mitteilt, wann das Hindernis , das der Fristwahrung entgegenstand, weggefallen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. Februar 1991 – 1 StR 737/90, BGHR StPO § 45 Abs. 2 Tatsachenvortrag 7 mwN, vom 5. August 2010 – 3 StR 269/10, NStZ-RR 2010, 378 mN, und vom 8. Dezember 2011 – 4 StR 430/11, NStZ 2012, 276, 277 mwN). Dies gilt selbst dann, wenn der Verteidiger ein eigenes Verschulden geltend macht, das der Angeklagten nicht zuzurechnen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 4. August 2010 – 2 StR 365/10).
5
2. Der Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts gemäß § 346 Abs. 2 StPO gegen den Verwerfungsbeschluss vom 20. Juni 2012 ist zulässig, jedoch unbegründet, weil die Revision nicht innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO begründet wurde.
6
Nachdem das Urteil dem Pflichtverteidiger am 2. Mai 2012 zugestellt worden war (§ 145a Abs. 1 StPO), endete die Revisionsbegründungsfrist mit Ablauf des 4. Juni 2012 (§ 345 Abs. 1 Satz 2, § 43 Abs. 1, 2 StPO). Die Revisionsbegründung ging am 20. Juli 2012 und damit verspätet beim Landgericht ein. Da der Schriftsatz des Pflichtverteidigers vom 14. März 2012, mit dem Revision gegen das Urteil eingelegt wurde, keine Ausführungen dazu enthielt, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Revisionsanträge), hat das Landgericht die Revision zu Recht als unzulässig verworfen.
7
Damit verbleibt es bei dem Beschluss des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 20. Juni 2012. Der Senat weist im Übrigen darauf hin, dass die Revision, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 18. Oktober 2012 zutreffend ausgeführt hat, auch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO wäre.
Mutzbauer Cierniak Bender
Quentin Reiter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 399/05
vom
13. September 2005
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 13. September 2005
gemäß §§ 45, 46 StPO beschlossen:
Der Antrag des Angeklagten, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 15. März 2005 zu gewähren, wird als unzulässig verworfen.

Gründe:


Der Angeklagte wurde am 15. März 2005 u.a. wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Ihm wurde mündlich eine Rechtsmittelbelehrung erteilt. Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte mit Schreiben vom 17. März 2005, das beim Landgericht am 21. März 2005 einging, Revision ein. Mit dem Hinweis, dass die förmliche Urteilszustellung an seinen Pflichtverteidiger erfolge, wurde dem Angeklagten eine Urteilsabschrift übersandt. Seinem Pflichtverteidiger wurde das Urteil am 21. April 2005 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt. Mit Beschluss vom 27. Mai 2005 verwarf das Landgericht die Revision, weil innerhalb der Begründungsfrist Revisionsanträge und deren Begründung nicht angebracht worden waren (§ 345 Abs. 1 StPO). Gemäß der Verfügung vom 31. Mai 2005, die am 1. Juni 2005 ausgeführt wurde, wurde dem Angeklagten unter Übersendung einer Beschlussabschrift mitgeteilt, dass die förmliche Zustellung des Beschlusses an seinen Pflichtverteidiger erfolgt. Diesem wurde der Beschluss am 6. Juni 2005 gegen Empfangsbekenntnis mit Rechtsmittelbelehrung
zugestellt. Mit Schriftsatz vom 20. Juni 2005 zeigte der jetzige Verteidiger des Angeklagten an, dass er diesen vertrete. Dem Schriftsatz war ein mit der Überschrift "Vollmacht" versehenes Schreiben des Angeklagten vom 13. Juni 2005 beigefügt, mit dem der Angeklagte seinen jetzigen Verteidiger um ein Gespräch gebeten hatte. Dieser begründete die Revision mit Schriftsatz vom 27. Juni 2005 und beantragte, dem Angeklagten nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Generalbundesanwalt hat hierzu u.a. ausgeführt:
"Der Wiedereinsetzungsantrag des jetzigen Verteidigers ist unzulässig, da bereits die formalen Voraussetzungen für die sachliche Prüfung des Wiedereinsetzungsantrags gegen die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist fehlen (BGHR StPO § 44 Abs. 1 Verhinderung 11). Der Antrag des Verteidigers verhält sich nicht dazu, wann das Hindernis, das einer rechtzeitigen Revisionsbegründung entgegenstand, wegfiel. Zwar hat der Verteidiger vorgetragen, die Versäumnis sei dem Verurteilten erstmals durch die formlose Mitteilung des Verwerfungsbeschlusses vom 27. Mai 2005 zur Kenntnis gelangt. Entscheidend für den Fristbeginn der Wochenfrist für die Wiedereinsetzung ist nämlich der Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den Angeklagten und nicht der Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den vormaligen Pflichtverteidiger, zumal dieser nicht mit dem Betreiben einer Revision beauftragt war (vgl. BGH, Beschluss vom 3. April 1992 - 2 StR 114/92; Meyer-Goßner, StPO 48. Auflage, § 45 Rdnr. 3). Wann dem Verurteilten der Verwerfungsbeschluss letztlich bekannt gegeben wurde, teilt der Wiedereinsetzungsantrag nicht mit. Jedenfalls in den Fällen, in denen die Wahrung der Frist des § 45 Abs. 1 StPO nach Aktenlage nicht offensichtlich ist, gehört zur formgerechten Anbringung des Wiedereinsetzungsantrags, dass der Antragsteller mitteilt, wann das Hindernis, das der Fristwahrung entgegenstand, weggefallen ist (BGH, Beschluss vom 8. Januar 1997 - 3 StR 539/96; BGHR StPO § 45 Abs. 2 Tatsachenvortrag 7 m.w.N.).
Bedenken bestehen auch im Hinblick auf eine ausreichende Glaubhaftmachung. Denn die eigene eidesstattliche Versicherung des Verurteilten ist kein zulässiges Mittel der Glaubhaftmachung (BGHR StPO § 45 Abs. 2 Glaubhaftmachung 1). Die hierin zu sehende schlichte Erklärung des Verurteilten reicht zur Glaubhaftmachung grundsätzlich nicht aus. Zwar stehen andere Beweismittel nicht zur Verfügung, es handelt sich aber gerade nicht um einen nahe liegenden Versäumnisgrund (KKMaul , StPO, 5. Aufl. § 45 Rdnr. 13)."
Dem tritt der Senat bei, zumal eine unverschuldete Fristversäumnis vom Antragsteller nicht vorgetragen wird.
Tepperwien Kuckein Athing
Ernemann Sost-Scheible

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 320/12
vom
29. Januar 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Anstiftung zum versuchten Totschlag u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführerin am 29. Januar 2013 gemäß § 46
Abs. 1, § 346 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Der Antrag der Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 13. März 2012 wird als unzulässig verworfen. 2. Der Antrag der Angeklagten auf Entscheidung des Revisionsgerichts wird als unbegründet verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Anstiftung zum versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil hat die Angeklagte form- und fristgerecht Revision eingelegt. Mit Beschluss vom 20. Juni 2012 hat das Landgericht die Revision gemäß § 346 Abs. 1, § 345 StPO als unzulässig verworfen, da die Angeklagte die Revisionsanträge nicht fristgerecht angebracht habe. Gegen diesen dem Pflichtverteidiger am 26. Juni 2012 zugestellten Verwerfungsbeschluss hat die Angeklagte mit Schriftsatz ihres Verteidigers vom 3. Juli 2012, beim Landgericht am selben Tag eingegan- gen, „Beschwerde“ eingelegt; eine Begründung enthielt der Schriftsatz nicht. Mit Schriftsatz ihres Verteidigers vom 18. Juli 2012, beim Landgericht am 20. Juli 2012 eingegangen, hat die Angeklagte unter Bezugnahme auf die „Beschwer- de“ beantragt, den Beschluss vom 20. Juni 2012 aufzuheben. Ferner hat sie unter Beifügung einer Kopie der Revisionsbegründung vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung hat der Verteidiger vorgetragen, er habe die Revision mit Schriftsatz vom 24. Mai 2012 begründet und den Schriftsatz am 25. Mai 2012 bei der „Deutschen Bundespost“ aufgegeben , so dass dieser fristgerecht beim Landgericht hätte eingehen müssen; dies scheine offensichtlich nicht geschehen zu sein oder aber der Schriftsatz sei in der Poststelle des Landgerichts untergegangen oder aber fehlgeleitet worden.
2
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumnis der Revisionsbegründungsfrist sowie das gemäß § 300 StPO als Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts gemäß § 346 Abs. 2 StPO auszulegende Rechtsmittel der „Beschwerde“ vom 3. Juli 2012 bleiben ohne Erfolg.
3
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision ist unzulässig. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auf Antrag demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 Satz 1 StPO). Der Antrag ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO); innerhalb der Wochenfrist muss der Antragsteller auch Angaben über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses machen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 45 Rn. 5 mwN).
4
An dieser Zulässigkeitsvoraussetzung fehlt es hier. Der Antrag enthält keine Angaben dazu, wann das Hindernis, das der Fristwahrung entgegenstand , weggefallen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. April 2003 – 3 StR 30/03, BeckRS 2003, 04641, und vom 13. September 2005 – 4 StR 399/05, NStZ 2006, 54, 55; Meyer-Goßner, aaO). Entscheidend für den Fristbeginn ist der Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch die Angeklagte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. April 1992 – 2 StR 114/92 und vom 13. September 2005, aaO). Wann der Angeklagten die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist bekannt geworden ist, wird ungeachtet des erheblichen Zeitablaufs nicht vorgetragen. Jedenfalls in den Fällen, in denen wie hier die Wahrung der Frist des § 45 Abs. 1 StPO nach Aktenlage nicht offensichtlich ist, gehört zur formgerechten Anbringung des Wiedereinsetzungsantrags, dass die Antragstellerin mitteilt, wann das Hindernis , das der Fristwahrung entgegenstand, weggefallen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. Februar 1991 – 1 StR 737/90, BGHR StPO § 45 Abs. 2 Tatsachenvortrag 7 mwN, vom 5. August 2010 – 3 StR 269/10, NStZ-RR 2010, 378 mN, und vom 8. Dezember 2011 – 4 StR 430/11, NStZ 2012, 276, 277 mwN). Dies gilt selbst dann, wenn der Verteidiger ein eigenes Verschulden geltend macht, das der Angeklagten nicht zuzurechnen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 4. August 2010 – 2 StR 365/10).
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2. Der Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts gemäß § 346 Abs. 2 StPO gegen den Verwerfungsbeschluss vom 20. Juni 2012 ist zulässig, jedoch unbegründet, weil die Revision nicht innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO begründet wurde.
6
Nachdem das Urteil dem Pflichtverteidiger am 2. Mai 2012 zugestellt worden war (§ 145a Abs. 1 StPO), endete die Revisionsbegründungsfrist mit Ablauf des 4. Juni 2012 (§ 345 Abs. 1 Satz 2, § 43 Abs. 1, 2 StPO). Die Revisionsbegründung ging am 20. Juli 2012 und damit verspätet beim Landgericht ein. Da der Schriftsatz des Pflichtverteidigers vom 14. März 2012, mit dem Revision gegen das Urteil eingelegt wurde, keine Ausführungen dazu enthielt, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Revisionsanträge), hat das Landgericht die Revision zu Recht als unzulässig verworfen.
7
Damit verbleibt es bei dem Beschluss des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 20. Juni 2012. Der Senat weist im Übrigen darauf hin, dass die Revision, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 18. Oktober 2012 zutreffend ausgeführt hat, auch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO wäre.
Mutzbauer Cierniak Bender
Quentin Reiter

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.

(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Die Revision muß bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden.

(2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des Angeklagten stattgefunden, so beginnt für diesen die Frist mit der Zustellung, sofern nicht in den Fällen der §§ 234, 329 Absatz 2, § 387 Absatz 1, § 411 Absatz 2 und § 434 Absatz 1 Satz 1 die Verkündung in Anwesenheit des Verteidigers mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht stattgefunden hat.