Bundesgerichtshof Beschluss, 10. März 2005 - 4 StR 3/05
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der auf § 189 GVG gestützte Verfahrensbeschwerde Erfolg.
1. Die Rüge zu § 189 GVG ist in zulässiger Weise erhoben worden (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
Zu ihrer Begründung hat der Beschwerdeführer ausgeführt, daß die Verständigung mit dem Angeklagten in der Hauptverhandlung ausschließlich über den zur Hauptverhandlung geladenen Dolmetscher für die albanische Sprache stattgefunden habe, weil der Angeklagte der deutschen Sprache nicht mächtig
gewesen sei. Der Dolmetscher sei weder vereidigt worden noch habe er sich auf einen allgemein geleisteten Eid berufen. Er sei zudem auch nicht darüber belehrt worden, daß er treu und gewissenhaft zu übersetzen habe.
Damit enthält die Revisionsbegründung die bestimmte tatsächliche Behauptung , daß der Dolmetscher, dessen Zuziehung geboten war (§ 185 Abs. 1 GVG), nicht vereidigt worden ist und daß er sich auch nicht auf einen allgemein geleisteten Eid berufen hat. Zur Begründung der Verfahrensrüge hat der Beschwerdeführer mithin entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts nicht lediglich auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Soweit die Revisionsbegründung darauf verweist, daß "auch im Protokoll der Hauptverhandlung" weder aufgenommen sei, daß der Dolmetscher belehrt worden, noch daß er vereidigt worden sei oder sich auf einen allgemeinen Eid bezogen habe, wird vielmehr geltend gemacht, daß der gerügte Verfahrensmangel durch die Sitzungsniederschrift bewiesen wird.
2. Die Verfahrensrüge ist auch begründet.
Nach § 189 GVG muß ein Dolmetscher, der vom Gericht zur Verhandlung gegen Angeklagte, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, beigezogen wird, den Dolmetschereid leisten (§ 189 Abs. 1 GVG) oder - wenn er für Übertragungen der betreffenden Art im allgemeinen beeidigt ist - sich auf den geleisteten Eid berufen (§ 189 Abs. 2 GVG). Hierbei handelt es sich um eine für die Hauptverhandlung vorgeschriebene Förmlichkeit, deren Beachtung nur durch das Protokoll bewiesen werden kann (§§ 273 Abs. 1, 274 StPO). Da die Niederschrift über die Hauptverhandlung vom 9. August 2004 keinen Hinweis
auf die Vereidigung der zugezogenen Dolmetscherin enthält, wird deren Fehlen unwiderlegbar vermutet (vgl. BGH NStZ 1998, 28).
Bei dem danach bewiesenen Verstoß gegen § 189 GVG handelt es sich zwar nur um einen relativen Revisionsgrund (vgl. BGHR GVG § 189 Beeidigung 3). Hier kann aber nicht ausgeschlossen werden, daß das Urteil auf dem aufgezeigten Verstoß gegen § 189 GVG beruht. Der Angeklagte hat sich, wie der Sitzungsniederschrift und den Urteilsgründen entnommen werden kann, in der Hauptverhandlung zur Sache eingelassen. Da er der deutschen Sprache nicht mächtig ist, muß davon ausgegangen werden, daß der Dolmetscher die Angaben des Angeklagten aus der albanischen Sprache ins Deutsche und die Angaben der in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, insbesondere die des Tatopfers, aus dem Deutschen in die albanische Sprache übertragen hat. Der Angeklagte ist zudem, worauf der Dolmetscher in seinem Vermerk vom 4. August 2004 (Bl. 179 a d.A.) hingewiesen hatte, der albanischen Hochsprache nicht mächtig, sondern spricht nur einen örtlichen Dialekt und hatte den Dolmetscher vor der Hauptverhandlung darauf hingewiesen, er befürchte, daß es deshalb in der Hauptverhandlung Verständigungsschwierigkeiten geben könne.
Der Verfahrensfehler zwingt daher zur Aufhebung des Urteils.
VRi'inBGH Dr. Tepperwien ist Kuckein Athing erkrankt und deshalb verhindert zu unterschreiben. Kuckein
Ernemann Sost-Scheible
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(1) Der Dolmetscher hat einen Eid dahin zu leisten, daß er treu und gewissenhaft übertragen werde. Gibt der Dolmetscher an, daß er aus Glaubens- oder Gewissensgründen keinen Eid leisten wolle, so hat er eine Bekräftigung abzugeben. Diese Bekräftigung steht dem Eid gleich; hierauf ist der Dolmetscher hinzuweisen.
(2) Ist der Dolmetscher für Übertragungen der betreffenden Art nach dem Gerichtsdolmetschergesetz oder in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften allgemein beeidigt, so genügt vor allen Gerichten des Bundes und der Länder die Berufung auf diesen Eid.
(3) In Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist die Beeidigung des Dolmetschers nicht erforderlich, wenn die beteiligten Personen darauf verzichten.
(4) Der Dolmetscher oder Übersetzer soll über Umstände, die ihm bei seiner Tätigkeit zur Kenntnis gelangen, Verschwiegenheit wahren. Hierauf weist ihn das Gericht hin.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
(1) Wird unter Beteiligung von Personen verhandelt, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, so ist ein Dolmetscher zuzuziehen. Ein Nebenprotokoll in der fremden Sprache wird nicht geführt; jedoch sollen Aussagen und Erklärungen in fremder Sprache, wenn und soweit der Richter dies mit Rücksicht auf die Wichtigkeit der Sache für erforderlich erachtet, auch in der fremden Sprache in das Protokoll oder in eine Anlage niedergeschrieben werden. In den dazu geeigneten Fällen soll dem Protokoll eine durch den Dolmetscher zu beglaubigende Übersetzung beigefügt werden.
(1a) Das Gericht kann gestatten, dass sich der Dolmetscher während der Verhandlung, Anhörung oder Vernehmung an einem anderen Ort aufhält. Die Verhandlung, Anhörung oder Vernehmung wird zeitgleich in Bild und Ton an diesen Ort und in das Sitzungszimmer übertragen.
(2) Die Zuziehung eines Dolmetschers kann unterbleiben, wenn die beteiligten Personen sämtlich der fremden Sprache mächtig sind.
(3) In Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bedarf es der Zuziehung eines Dolmetschers nicht, wenn der Richter der Sprache, in der sich die beteiligten Personen erklären, mächtig ist.
(1) Der Dolmetscher hat einen Eid dahin zu leisten, daß er treu und gewissenhaft übertragen werde. Gibt der Dolmetscher an, daß er aus Glaubens- oder Gewissensgründen keinen Eid leisten wolle, so hat er eine Bekräftigung abzugeben. Diese Bekräftigung steht dem Eid gleich; hierauf ist der Dolmetscher hinzuweisen.
(2) Ist der Dolmetscher für Übertragungen der betreffenden Art nach dem Gerichtsdolmetschergesetz oder in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften allgemein beeidigt, so genügt vor allen Gerichten des Bundes und der Länder die Berufung auf diesen Eid.
(3) In Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist die Beeidigung des Dolmetschers nicht erforderlich, wenn die beteiligten Personen darauf verzichten.
(4) Der Dolmetscher oder Übersetzer soll über Umstände, die ihm bei seiner Tätigkeit zur Kenntnis gelangen, Verschwiegenheit wahren. Hierauf weist ihn das Gericht hin.
(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesung nach § 249 Abs. 2 abgesehen worden ist, sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, die ergangenen Entscheidungen und die Urteilsformel enthalten. In das Protokoll muss auch der wesentliche Ablauf und Inhalt einer Erörterung nach § 257b aufgenommen werden.
(1a) Das Protokoll muss auch den wesentlichen Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis einer Verständigung nach § 257c wiedergeben. Gleiches gilt für die Beachtung der in § 243 Absatz 4, § 257c Absatz 4 Satz 4 und Absatz 5 vorgeschriebenen Mitteilungen und Belehrungen. Hat eine Verständigung nicht stattgefunden, ist auch dies im Protokoll zu vermerken.
(2) Aus der Hauptverhandlung vor dem Strafrichter und dem Schöffengericht sind außerdem die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in das Protokoll aufzunehmen; dies gilt nicht, wenn alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel verzichten oder innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt wird. Der Vorsitzende kann anordnen, dass anstelle der Aufnahme der wesentlichen Vernehmungsergebnisse in das Protokoll einzelne Vernehmungen im Zusammenhang als Tonaufzeichnung zur Akte genommen werden. § 58a Abs. 2 Satz 1 und 3 bis 6 gilt entsprechend.
(3) Kommt es auf die Feststellung eines Vorgangs in der Hauptverhandlung oder des Wortlauts einer Aussage oder einer Äußerung an, so hat der Vorsitzende von Amts wegen oder auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person die vollständige Protokollierung und Verlesung anzuordnen. Lehnt der Vorsitzende die Anordnung ab, so entscheidet auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person das Gericht. In dem Protokoll ist zu vermerken, daß die Verlesung geschehen und die Genehmigung erfolgt ist oder welche Einwendungen erhoben worden sind.
(4) Bevor das Protokoll fertiggestellt ist, darf das Urteil nicht zugestellt werden.
(1) Der Dolmetscher hat einen Eid dahin zu leisten, daß er treu und gewissenhaft übertragen werde. Gibt der Dolmetscher an, daß er aus Glaubens- oder Gewissensgründen keinen Eid leisten wolle, so hat er eine Bekräftigung abzugeben. Diese Bekräftigung steht dem Eid gleich; hierauf ist der Dolmetscher hinzuweisen.
(2) Ist der Dolmetscher für Übertragungen der betreffenden Art nach dem Gerichtsdolmetschergesetz oder in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften allgemein beeidigt, so genügt vor allen Gerichten des Bundes und der Länder die Berufung auf diesen Eid.
(3) In Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist die Beeidigung des Dolmetschers nicht erforderlich, wenn die beteiligten Personen darauf verzichten.
(4) Der Dolmetscher oder Übersetzer soll über Umstände, die ihm bei seiner Tätigkeit zur Kenntnis gelangen, Verschwiegenheit wahren. Hierauf weist ihn das Gericht hin.