Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Apr. 2017 - 4 StR 29/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 25. April 2017 gemäß § 349 Abs. 2, § 354 Abs. 1 analog, § 154a Abs. 2 StPO beschlossen:
a) das Verfahren hinsichtlich beider Angeklagter beschränkt, soweit sie im Fall II. 1 der Urteilsgründe wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil der Geschädigten W. verurteilt worden sind;
b) das vorgenannte Urteil aa) im Schuldspruch dahin neu gefasst, dass (1) der Angeklagte Ö. wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit zwölffacher gefährlicher Körperverletzung, Diebstahls und unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt ist; (2) der Angeklagte A. wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit zwölffacher gefährlicher Körperverletzung und Diebstahls verurteilt ist; bb) hinsichtlich des Angeklagten Ö. dahin klargestellt, dass sein Führerschein eingezogen ist. 2. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
3. Es wird davon abgesehen, den Beschwerdeführern die Kosten ihrer Rechtsmittel aufzuerlegen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten Ö. wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit 13-facher gefährlicher Körperverletzung, Diebstahls und unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt, seine Fahrerlaubnis entzogen und eine einjährige Sperrfrist für deren Neuerteilung angeordnet. Den Angeklagten A. hat es wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit 13-facher Körperverletzung und Diebstahls zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revisionen. Diese führen hinsichtlich beider Angeklagter zu einer Verfahrensbeschränkung gemäß § 154a Abs. 2 StPO; im Übrigen haben sie keinen Erfolg.
- 2
- 1. Im Fall II. 1 der Urteilsgründe beschränkt der Senat aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts das Verfahren gemäß § 154a Abs. 2 StPO, soweit die Angeklagten auch wegen einer gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil der Zeugin W. verurteilt worden sind. Die Verfahrensbeschränkung zieht die aus dem Beschlusstenor ersichtliche Änderung der Schuldsprüche nach sich.
- 3
- 2. Die Rechtsfolgenaussprüche werden von der Änderung in den Schuldsprüchen nicht berührt. Zwar ist dem Senat die vom Generalbundesanwalt angeregte Vorgehensweise gemäß § 354 Abs. 1a StPO nach der Verfahrensbeschränkung gemäß § 154a Abs. 2 StPO verwehrt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2007 – 2 BvR 1447/05, NJW 2007, 2977, 2982; BGH, Beschluss vom 29. April 2014 – 4 StR 23/14, Rn. 6). Der Senat kann jedoch ausschließen, dass das Landgericht auf (noch) geringere Jugendstrafen erkannt hätte, wenn es im Fall II. 1 der Urteilsgründe – anstelle des Schuldspruchs wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit 13-facher gefährlicher Körperverletzung – die Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit zwölffacher gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen hätte.
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- 3. Der Tenor des angefochtenen Urteils war – entsprechend der verkündeten Urteilsformel (vgl. Bl. 15 Bd. XXXI) – dahin klarzustellen, dass der Führerschein des Angeklagten Ö. eingezogen ist.
Feilcke Paul
Annotations
(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,
- 1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder - 2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.
(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,
- 1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder - 2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.
(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.