Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juli 2007 - 4 StR 262/07

published on 19/07/2007 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juli 2007 - 4 StR 262/07
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 262/07
vom
19. Juli 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 19. Juli 2007 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kaiserslautern vom 7. Februar 2007 im Strafausspruch aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachbeschwerde zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Bestimmung des Strafrahmens begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat seiner Strafzumessung den Strafrahmen des § 177 Abs. 2 StGB zu Grunde gelegt. Die Ausführungen zur Strafrahmenwahl lassen besorgen, dass die Strafkammer zu hohe Anforderungen an ein Abweichen vom Regelstrafrahmen gestellt hat. Überdies hat sie einen gewichtigen Strafmilderungsgrund nicht erkennbar bedacht.
3
Nach ständiger Rechtsprechung kann eine Ausnahme von der Regelwirkung des § 177 Abs. 2 StGB dann in Betracht kommen, wenn ein Regelbeispiel mit gewichtigen Milderungsgründen zusammentrifft. Der Bestrafung kann dann der Strafrahmen des Grundtatbestands des § 177 Abs. 1 StGB zu Grunde gelegt werden. In Ausnahmefällen kann darüber hinaus eine weitere Milderung dieses Strafrahmens und die Bemessung der Strafe aus dem Rahmen für minder schwere Fälle nach § 177 Abs. 5 1. Halbs. StGB in Betracht zu ziehen sein (vgl. Tröndle/Fischer StGB 54. Aufl. § 177 Rdn. 96 m.N.).
4
Das Landgericht hat bei der Prüfung, ob ein Abweichen vom Regelstrafrahmen in Betracht kommt, eine Fülle bedeutsamer Milderungsgründe angeführt. Es hat zu Gunsten des nicht nennenswert vorbestraften Angeklagten u.a. gewertet, dass er die Tat innerhalb einer langjährigen intimen Beziehung beging (das Tatopfer war seine Ehefrau), dass das Opfer dem Angeklagten die Durchführung des Geschlechtsverkehrs in der Tatnacht zunächst in Aussicht gestellt hatte, dass die Geschädigte, die nach der Tat noch weitere zehn Monate mit dem Angeklagten zusammenlebte und auch danach noch weiterhin Kontakt zu ihm hielt, nicht unter Tatfolgen zu leiden hatte, der Angeklagte sich "letztlich" geständig zeigte und sich überdies nach der Tat wegen seiner Neigung zu Kontrollverlusten zunächst einer stationären, später einer ambulanten psychotherapeutischen Behandlung unterzog.
5
In der Gesamtschau drängte sich bereits angesichts der Vielzahl und der Bedeutung dieser Milderungsgründe eine Strafrahmenverschiebung auf, zumal das Landgericht demgegenüber Strafschärfungsgründe von erheblichem Ge- wicht nicht dargetan hat und solche auch nicht ersichtlich sind. Hinzu kommt, dass die Strafkammer unerwähnt gelassen hat, dass der Angeklagte und seine Ehefrau nach der Tat, nach welcher es zu keinen körperlichen Übergriffen des Angeklagten mehr kam, weiterhin einvernehmliche sexuelle Kontakte hatten. Dies lässt besorgen, dass das Landgericht diesen weiteren wesentlichen Strafmilderungsgrund bei seiner Prüfung, ob ein Abweichen vom Regelstrafrahmen in Betracht kommt, außer Acht gelassen hat.
6
Die dargestellten Mängel bei der Wahl des Strafrahmens führen zur Aufhebung des Strafausspruchs. Die zu Grunde liegenden Feststellungen können bestehen bleiben, da lediglich ein Wertungsfehler vorliegt. Ergänzende Feststellungen sind zulässig, sofern sie den bisher getroffenen nicht widersprechen.
Tepperwien Athing Solin-Stojanović
Ernemann Sost-Scheible
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freihei
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freihei
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published on 13/04/2011 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 100/11 vom 13. April 2011 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 13. April 201
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.