Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Juli 2008 - 4 StR 220/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall III. A 8 der Urteilsgründe wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern verurteilt worden ist; insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten,
b) das Verfahren gegen den Angeklagten gemäß § 154 a Abs. 2 StPO im Tatkomplex III. A der Urteilsgründe auf die dort bezeichneten Fälle 2 b, 2 d, 2 e, 7 a, 9 sowie 10 a beschränkt,
c) das vorbezeichnete Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in vier Fällen, des versuchten gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in zwei Fällen sowie des schweren räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr und mit vorsätzlicher Körperverletzung schuldig ist,
d) in den Aussprüchen über die im Tatkomplex III. A der Urteilsgründe erkannte Gesamtstrafe und die im Tatkomplex III. B der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die übrigen Kosten des Verfahrens, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten des gemeinschaftlich begangenen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in sieben vollendeten und drei versuchten Fällen für schuldig befunden und ihn insoweit unter Einbeziehung einer dreimonatigen Freiheitsstrafe aus einem früheren Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten und ferner wegen schweren räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr und mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Der Senat stellt aus verfahrensökonomischen Gründen im Tatkomplex III. A des angefochtenen Urteils das Verfahren in dem dort bezeichneten Fall 8 auf Antrag des Generalbundesanwalts ein und beschränkt im selben Tatkomplex das Verfahren gegen den Angeklagten auf die dort bezeichneten Fälle 2 b, 2 d, 2 e, 7 a, 9 und 10 a. Dementsprechend ist der diesen Tatkomplex betreffende Schuldspruch dahin zu ändern, dass der Angeklagte des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in vier vollendeten und zwei versuchten Fällen schuldig ist. Der Senat setzt in analoger Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO die Einzelstrafe im Fall 2 b auf acht Monate Freiheitsstrafe fest; er folgt damit der Strafbemessung des Landgerichts in den übrigen jeweils nur einen geschleusten Ägypter betreffenden vollendeten Fällen. Die Änderung des Schuldspruchs hat die Aufhebung der in diesem Tatkomplex erkannten Gesamtstrafe zur Folge, die nunmehr aus den verbleibenden Einzelstrafen von viermal acht Monaten Freiheitsstrafe (Fälle 2 b, 2 d, 9 und 10 a) und zweimal sechs Monaten Freiheitsstrafe (Fälle 2 e und 7 a) unter Einbeziehung der dreimonatigen Freiheitsstrafe aus der früheren Verurteilung zu bilden ist.
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- 2. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch im Übrigen einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nur insoweit ergeben, als das Landgericht ihn im Tatkomplex III. B der Urteilsgründe tateinheitlich zum schweren räuberischen Diebstahl und zum gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr der gefährlichen Körperverletzung für schuldig befunden hat. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 30. Mai 2008 zutreffend ausgeführt hat, ergeben die Feststellungen insoweit lediglich eine Strafbarkeit wegen (tateinheitlich begangener) "einfacher" Körperverletzung nach § 223 StGB. Denn dadurch, dass das Tatopfer von dem vom Angeklagten geführten Pkw abrutschte, auf die Straße stürzte und sich dabei verletzte, hat der Angeklagte die Körperverletzung nicht "mittels eines gefährlichen Werkzeugs" im Sinne der vom Landgericht angenommenen Tatbestandsalternative der Nr. 2 des § 224 Abs. 1 StGB begangen (Senatsbeschluss vom 16. Januar 2007 - 4 StR 524/06, NStZ 2007, 405). Der Senat ändert deshalb den Schuldspruch insoweit dahin, dass der Angeklagte statt gefährlicher Körperverletzung der vorsätzlichen Körperverletzung schuldig ist. Der Geschädigte hat rechtzeitig Strafantrag gestellt.
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- Entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts hebt der Senat den Einzelstrafausspruch in dieser Sache auf. Denn er kann nicht ausschließen , dass sich der aufgezeigte Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf die Strafrahmenwahl und die Bemessung der - zumal angesichts des geringfügigen Werts der Tatbeute - vergleichsweise hohen Strafe ausgewirkt hat.
- 5
- 3. Der vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 30. Mai 2008 beantragten Nachholung eines Teilfreispruchs bedarf es nicht. Denn die Anklage richtete sich in dem vom Generalbundesanwalt bezeichneten Fall 6 im Tatkomplex III. A der Urteilsgründe nicht gegen den Angeklagten, sondern nur gegen die beiden früheren Mitangeklagten.
- 6
- 4. Von der Aufhebung der Gesamtstrafe im Tatkomplex III. A sowie der Einzelstrafe im Tatkomplex III. B der Urteilsgründe sind die zugehörigen Feststellungen nicht betroffen, diese können daher bestehen bleiben. Im Übrigen weist der Senat für das weitere Verfahren vorsorglich darauf hin, dass der neue Tatrichter angesichts der im angefochtenen Urteil festgestellten Verfahrensverzögerung auch die zur Kompensation geänderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Großer Senat für Strafsachen, Beschluss vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07 - NJW 2008, 860, zum Abdruck in BGHSt bestimmt; soge- nannte Vollstreckungs- anstelle der Strafabschlagslösung) zu beachten haben wird.
Athing Solin-Stojanović
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Wer die Körperverletzung
- 1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, - 2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs, - 3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls, - 4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder - 5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
(2) Der Versuch ist strafbar.