Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Aug. 2018 - 4 StR 200/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts – zu 3. auf dessen Antrag – und des Beschwerdeführers am 16. August 2018 gemäß § 206a Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO analog beschlossen:
a) aufgehoben und das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte wegen der Tat zu II. 1. der Urteilgründe verurteilt worden ist;
b) aufgehoben in den Aussprüchen über die Gesamtstrafe und über die vorbehaltene Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung; diese entfallen. 2. Die Urteilsformel wird klarstellend wie folgt neu gefasst: Der Angeklagte ist wegen versuchter Anstiftung zur Anstiftung zum Mord zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 4. Im Umfang der Einstellung und der Aufhebung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last. Die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin insoweit entstandenen notwendigen Auslagen hat der Beschwerdeführer zu tragen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter Anstiftung zum Mord und wegen versuchter Anstiftung zur Anstiftung zum Mord zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vorbehalten. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Soweit das Landgericht den Angeklagten im Fall II. 1. der Urteilsgründe wegen versuchter Anstiftung zum Mord verurteilt hat, ist das Urteil aufzuheben und das Verfahren einzustellen, da es an der Verfahrensvoraussetzung einer wirksamen Anklageschrift und demzufolge an einem wirksamen Eröffnungsbeschluss fehlt.
- 3
- a) Durch die mit Beschluss des Landgerichts Detmold vom 16. August 2017 unverändert zur Hauptverhandlung zugelassene Anklage der Staatsanwaltschaft Detmold vom 25. April 2017 ist dem Angeklagten zur Last gelegt worden, durch zwei selbstständige Handlungen „im November 2015 und Anfang 2016“ in Detmold versucht zu haben, einen anderen dazu zu bestimmen, zu einem Mord anzustiften. Hierzu ist im konkreten Anklagesatz Folgendes ausgeführt worden:
- 4
- „Sowohl im November 2015 als auch zu Beginn des Jahres 2016 bemüh- te sich der Angeschuldigte, der sich wegen versuchten Mordes zum Nachteil seiner früheren Ehefrau in Strafhaft befindet, ernsthaft und wiederholt, einen Mitgefangenen dazu zu bringen, einen Auftragsmörder zu beschaffen, der dann die geschiedene Frau des Angeschuldigten töten sollte. Dem Angeschuldigten kam und kommt es noch immer darauf an, seine geschiedene Frau zu beseitigen. Der Zeuge P. kam dem Ansinnen des Angeschuldigten jedoch nicht nach.“
- 5
- b) Diese Anklageschrift genügt nicht den Mindestanforderungen an die Konkretisierung der Tat.
- 6
- aa) Die Anklageschrift hat nach § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO die zur Last gelegte Tat sowie Zeit und Ort ihrer Begehung so genau zu bezeichnen, dass die Identität des geschichtlichen Vorgangs dargestellt und erkennbar wird, welche bestimmte Tat gemeint ist. Diese muss sich von anderen gleichartigen strafbaren Handlungen desselben Angeschuldigten unterscheiden lassen; fehlt es hieran, so ist die Anklage unwirksam (vgl. BGH, Urteile vom 24. Januar 2012 – 1 StR 412/11, BGHSt 57, 88, 91; vom 28. Oktober 2009 – 1 StR 205/09, NStZ 2010, 159, 160; vom 11. Januar 1994 – 5 StR 682/93, BGHSt 40, 44, 45; Beschluss vom 29. November 1994 – 4 StR 648/94, NStZ 1995, 245; MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 200 Rn. 7). Wann eine Tat als historisches Ereignis hinreichend umgrenzt ist, kann nicht abstrakt, sondern nur nach Maßgabe der Umstände des jeweiligen Einzelfalls bestimmt werden (BGH, Beschlüsse vom 26. April 2017 – 2 StR 242/16, wistra 2018, 49, 50; vom 27. Februar 2018 – 2 StR 390/17, juris Rn. 18; KK-StPO/Schneider, 7. Aufl., § 200 Rn. 3). Die Schilderung muss allerdings umso konkreter sein, je größer die Möglichkeit ist, dass der Angeschuldigte verwechselbare weitere Straftaten gleicher Art verübt hat (BGH, Beschlüsse vom 14. Juni 1993 – 4 StR 288/93, BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 4; vom 11. Mai 1994 – 2 StR 171/94, BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 7; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 200 Rn. 7; MüKo-StPO/Wenske, § 200 Rn. 19).
- 7
- bb) Den sich hieraus ergebenden Anforderungen an die Umgrenzung des Prozessgegenstands wird die Anklageschrift vom 25. April 2017 nicht gerecht.
- 8
- Im konkreten Anklagesatz werden weder bestimmte Gelegenheiten, bei denen der Angeklagte einen Anstiftungsversuch unternommen haben soll, noch bestimmte Anstiftungshandlungen beschrieben. Auch aus dem circa eine halbe Textseite umfassenden wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen – dieses darf zur Ergänzung und Auslegung des Anklagesatzes herangezogen werden (vgl. BGH, Urteile vom 17. August 2000 – 4 StR 245/00, BGHSt 46, 130, 133; vom 28. Oktober 2009 – 1 StR 205/09, NStZ 2010, 159, 160; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 200 Rn. 7) – ergibt sich nichts Näheres zu den beiden Anklagevorwürfen.
- 9
- Eine Konkretisierung der Tathandlungen wäre aber schon deshalb erforderlich gewesen, weil die Anklageschrift selbst mitteilt, dass sich der Angeklag- te im Strafvollzug „wiederholt“ darum bemüht habe,einen Mitgefangenen zur Beschaffung eines Auftragsmörders zu bewegen. Dementsprechend liegt dem Verfahren auch eine weitere – den Fall II. 2. der Urteilsgründe betreffende – Anklageschrift vom 5. Dezember 2016 zugrunde, die einen vergleichbaren Tatvorwurf zum Gegenstand hat.
- 10
- Zudem ergibt sich aus der Anklageschrift vom 25. April 2017 nicht, ob sich beide angeklagten Taten auf den im Anklagesatz allein genannten Zeugen P. beziehen oder ob eine der Taten eine versuchte Anstiftung des Zeugen S. zum Gegenstand hat. Im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen wird mitgeteilt, der Zeuge S. habe die Aussage des Zeugen P. bestätigt, wonach auch er von dem Angeklagten „in der fraglichen Weise angesprochen worden sei“. Es bleibt völlig unklar, ob dies lediglich zur Unterstützung der Aus- sage des Zeugen P. dienen oder zum Gegenstand der Anklagegemacht werden sollte.
- 11
- b) Es kommt daher nicht mehr entscheidend darauf an, dass sich ein Verfahrenshindernis auch aus der fehlenden Identität zwischen der ausgeurteilten Tat und dem von der Anklageschrift erfassten Sachverhalt ergeben würde.
- 12
- aa) Gegenstand der Urteilsfindung ist gemäß § 264 Abs. 1 StPO die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt. Die Wahrung der Identität der prozessualen Tat trotz Veränderung des Tatbildes ist nach dem Kriterium der „Nämlichkeit“ der Tat zu beurteilen. Eine solche ist gegeben, wenn ungeachtet gewisser Differenzen bestimmte Merkmale die Tat weiterhin als einmaliges unverwechselbares Geschehen kennzeichnen (BGH, Urteile vom 20. November 2014 – 4 StR 153/14, StraFo 2015, 68, 69; vom 22. Juni 2006 – 3 StR 79/06, NStZ-RR 2016, 316 f.; vom 21. Dezember 1983 – 2 StR 578/83, BGHSt 32, 215, 218; Beschluss vom 27. Februar 2018 – 2 StR 390/17, juris Rn. 18; KK-StPO/Kuckein, aaO, § 264 Rn. 16). Für das Tatbild bestimmend sind in der Regel der Ort und die Zeit des Geschehens, das Täterverhalten, die ihm innewohnende Richtung und das Opfer beziehungsweise das Objekt, auf das sich der Vorgang bezieht (BGH, Urteil vom 21. Dezember 1983 – 2 StR 578/83, BGHSt 32, 215, 218; Beschluss vom 27. Februar 2018 – 2 StR 390/17, juris Rn. 18). Maßgeblich sind auch hier stets die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2012 – 1 StR 415/12, BGHR StPO § 264 Abs. 1 Ausschöpfung 5; Beschluss vom 19. Dezember 2017 – 1 StR 542/17, juris Rn. 8).
- 13
- bb) Daran gemessen ist der von der Strafkammer zum Gegenstand der Verurteilung gemachte Lebenssachverhalt – losgelöst von der mangelnden Konkretisierung der Anklage – nicht der Kognition des Gerichts unterbreitet worden.
- 14
- Das von der Strafkammer zum Fall II. 1. der Urteilsgründe festgestellte Geschehen ereignete sich „Ende September 2014/Anfang 2015“ – mithin deut- lich vor dem in der Anklage genannten Zeitraum. Zudem sollte nach den getroffenen Feststellungen der Zeuge P. , der Ende des Jahres 2014 von seiner anstehenden Haftentlassung ausging, die geschiedene Ehefrau des Angeklagten eigenhändig u.a. gegen Geldleistungen töten und nicht – wie angeklagt – eine dritte Person mit der Tötung beauftragen.
- 15
- Dass es sich hierbei um einen anderen als den angeklagten Lebenssachverhalt handelt, ergibt sich nicht nur aus den tatsächlichen Abweichungen zwischen Anklage und Urteil, sondern auch aus dem Umstand, dass die Strafkammer – als Nachtatgeschehen zu Fall II. 2. – festgestellt hat, dass der Angeklagte den Zeugen P. zu Beginn des Jahres 2016 erneut ansprach und ihn nunmehr fragte, ob er eine dritte Person kenne, die er mit der Tötung der geschiedenen Ehefrau beauftragen könne. Auch wenn die Strafkammer diesen Sachverhalt strafrechtlich nicht gewürdigt hat, ist davon auszugehen, dass sich neben dem ausgeurteilten Geschehen ein weiteres ereignete, das sowohl von der zeitlichen Einordnung als auch inhaltlich – Suche nach einem dritten Auftragsmörder – gerade dem angeklagten Vorwurf entspricht. Diese beiden Geschehen stellen trotz der gleichartigen Angriffsrichtung keinen einheitlichen Le- benssachverhalt dar, da die Tat II. 1. fehlgeschlagen ist und der Angeklagte den Zeugen P. nach den Feststellungen erst deutlich später erneutansprach, und zwar nachdem er vergeblich versucht hatte, eine weitere Person in die Suche nach einem Auftragsmörder einzubinden (vgl. zum Vorliegen verschiedener prozessualer Taten bei zwei Anstiftungshandlungen BGH, Urteil vom 5. Mai 1998 – 1 StR 635/96, BGHSt 44, 91 ff.; vgl. dagegen zur Annahme nur eines Lebenssachverhalts bei engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang BGH, Urteil vom 30. April 2009 – 4 StR 60/09, NStZ 2009, 585).
- 16
- Der von der Strafkammer in der Hauptverhandlung erteilte Hinweis auf einen möglicherweise von der Anklageschrift abweichenden Tatzeitpunkt vermochte das Verfahrenshindernis der fehlenden Anklage nicht zu beseitigen; denn auch durch einen gerichtlichen Hinweis gemäß § 265 StPO darf die Strafklage nicht in der Form umgestaltet werden, dass das angeklagte Geschehen – wie hier – durch ein anderes ersetzt wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Sep- tember 2000 – 3 StR 88/00; bei Becker, NStZ-RR 2001, 257, 262 f.; vom 3. August 1998 – 5 StR 311/98, NStZ-RR 1999, 303; vom 27. Mai 1992 – 2 StR 94/92, wistra 1992, 266; LR-StPO/Stuckenberg, 26. Aufl., § 265 Rn. 9; MeyerGoßner /Schmitt, aaO, § 265 Rn. 6).
- 17
- 2. Bezüglich der Tat II. 2. der Urteilsgründe hält das Urteil rechtlicher Nachprüfung stand.
- 18
- Die dieser Tat zugrunde liegende Anklageschrift vom 5. Dezember 2016 ist ausreichend konkretisiert.
- 19
- Die vom Beschwerdeführer erhobene Aufklärungsrüge dringt aus den vom Generalbundesanwalt ausgeführten Gründen nicht durch. Im Übrigen zeigt die Revision nicht auf, weshalb sich die Strafkammer zur Beiziehung der „Strafakten“ und „Gefangenenakten“ der Zeugen P. und T. hätte gedrängt sehen müssen, zumal mehrere Bedienstete der fraglichen Justizvollzugsanstalt und die Zeugen P. und T. in der Hauptverhandlung vernommen worden sind. Insofern teilt die Revision nicht mit, ob hierbei zu den vermeintlich nicht aufgeklärten Sachverhalten, dem Vollzugsverhalten der Zeugen und ihren Vorstrafen , Angaben gemacht worden sind (vgl. zur Notwendigkeit des Vortrags von Tatsachen, die dem Erfolg der Aufklärungsrüge möglicherweise abträglich sind: BGH, Urteile vom 21. März 2002 – 5 StR 138/01, NJW 2002, 2257, 2258; vom 5. Juni 1996 – 2 StR 70/96, NStZ-RR 1997, 71, 72; Beschluss vom 23. November 2004 – KRB 23/04, NJW 2005, 1381, 1382; hierzu auch LR-StPO/ Becker, aaO, § 244 Rn. 367).
- 20
- Auch sachlich-rechtlich weist das Urteil bezüglich der Tat zu II. 2. keine durchgreifenden Rechtsfehler auf.
- 21
- 3. a) Durch die Einstellung des Verfahrens im Fall II. 1. der Urteilsgründe wird der Gesamtstrafe die Grundlage entzogen. Diese entfällt, da es nur noch bei der Einzelfreiheitsstrafe für die Tat zu II. 2. der Urteilsgründe verbleibt.
- 22
- b) Auch der Ausspruch über die vorbehaltene Unterbringung in der Sicherungsverwahrung ist aufzuheben und gerät in Wegfall. Die formellen Voraussetzungen der ersichtlich nach § 66a Abs. 1 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB getroffenen Anordnung liegen infolge der Verfahrenseinstellung im Fall II. 1. der Urteilsgründe nicht mehr vor, da § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB die Verurteilung wegen zweier Straftaten mit jeweils mindestens zweijähriger Freiheitsstrafe voraussetzt. Die formellen Voraussetzungen der weiteren Tatbestandsvarianten des § 66a StGB liegen ebenfalls nicht vor.
- 23
- 4. a) Sollte die Tat unter II. 1. der Urteilsgründe erneut angeklagt und zum Gegenstand einer Hauptverhandlung werden, wird sich das neue Tatgericht eingehender als bislang geschehen mit der Abgrenzung zwischen einer vorbehaltlosen Veranlassung zur Tatbegehung im Sinne des § 30 Abs. 1 StGB und einer bloßen Versicherung der allgemeinen Tatbereitschaft auseinanderzusetzen haben (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 10. Juni 1998 – 3 StR 113/98, BGHSt 44, 99 ff.; vom 29. Oktober 1997 – 2 StR 239/97, NStZ 1998, 347 f.; Beschluss vom 7. Juli 1993 – 3 StR 275/93, BGHR StGB § 30 Beteiligung 1).
- 24
- b) Sollte ein neues Tatgericht wiederum eine Entscheidung nach § 66a StGB in Betracht ziehen, wird zu beachten sein, dass es sich hierbei um eine Ermessensvorschrift handelt und sich die tatrichterliche Ermessensausübung aus den Urteilsgründen ergeben muss (BGH, Beschlüsse vom 19. Juli 2017 – 4 StR 245/17, juris Rn. 8 ff.; vom 11. März 2015 – 1 StR 3/15, juris Rn. 3; MüKo-StGB/Ullenbruch/Morgenstern, 3. Aufl., § 66a Rn. 67).
Feilcke Paul
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Anklageschrift hat den Angeschuldigten, die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften zu bezeichnen (Anklagesatz). In ihr sind ferner die Beweismittel, das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll, und der Verteidiger anzugeben. Bei der Benennung von Zeugen ist nicht deren vollständige Anschrift, sondern nur deren Wohn- oder Aufenthaltsort anzugeben. In den Fällen des § 68 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 Satz 1 genügt die Angabe des Namens des Zeugen. Wird ein Zeuge benannt, dessen Identität ganz oder teilweise nicht offenbart werden soll, so ist dies anzugeben; für die Geheimhaltung des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Zeugen gilt dies entsprechend.
(2) In der Anklageschrift wird auch das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen dargestellt. Davon kann abgesehen werden, wenn Anklage beim Strafrichter erhoben wird.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn
- 1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die - a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet, - b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder - c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
- 2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, - 3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und - 4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.
(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.
(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.
(1) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn
- 1.
jemand wegen einer der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Straftaten verurteilt wird, - 2.
die übrigen Voraussetzungen des § 66 Absatz 3 erfüllt sind, soweit dieser nicht auf § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 verweist, und - 3.
nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, aber wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.
(2) Einen Vorbehalt im Sinne von Absatz 1 kann das Gericht auch aussprechen, wenn
- 1.
jemand zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren wegen eines oder mehrerer Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung, nach dem Achtundzwanzigsten Abschnitt oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255, verurteilt wird, - 2.
die Voraussetzungen des § 66 nicht erfüllt sind und - 3.
mit hinreichender Sicherheit feststellbar oder zumindest wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.
(3) Über die nach Absatz 1 oder 2 vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung kann das Gericht im ersten Rechtszug nur bis zur vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden; dies gilt auch, wenn die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt war und der Strafrest vollstreckt wird. Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.
(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.
(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.
(1) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn
- 1.
jemand wegen einer der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Straftaten verurteilt wird, - 2.
die übrigen Voraussetzungen des § 66 Absatz 3 erfüllt sind, soweit dieser nicht auf § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 verweist, und - 3.
nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, aber wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.
(2) Einen Vorbehalt im Sinne von Absatz 1 kann das Gericht auch aussprechen, wenn
- 1.
jemand zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren wegen eines oder mehrerer Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung, nach dem Achtundzwanzigsten Abschnitt oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255, verurteilt wird, - 2.
die Voraussetzungen des § 66 nicht erfüllt sind und - 3.
mit hinreichender Sicherheit feststellbar oder zumindest wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.
(3) Über die nach Absatz 1 oder 2 vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung kann das Gericht im ersten Rechtszug nur bis zur vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden; dies gilt auch, wenn die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt war und der Strafrest vollstreckt wird. Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.