Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2019 - 4 StR 126/19
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 25. September 2019 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und den Angeklagten H. wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die gegen dieses Urteil gerichteten Revisionen der Angeklagten sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Die Revision des Angeklagten H. führt jedoch zu einer Berichtigung des Schuldspruchs.
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- 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts brachte der Angeklagte R. bei fünf Kurierfahrten zwischen dem 23. Februar 2018 und dem 13. März 2018 diverse Postsendungen, die verschiedene Betäubungsmittel im (teils mehrfachen) Kilogrammbereich enthielten, aus den Niederladen über die Grenze nach Deutschland und gab sie bei verschiedenen Postfilialen auf. Die Betäubungsmittel waren von Kunden aus allen Teilen der Welt, zum Großteil aus Deutschland, über eine Onlineverkaufsplattform im sog. "Darknet" bestellt und in einer Wohnung in E. zum Versand verpackt worden. Nachdem der Angeklagte R. sich weigerte, weitere Fahrten durchzuführen, wurde der nicht revidierende Angeklagten Ho. für den Transport der Postsendungen angeworben, der zunächst mit dem gesondert Verfolgten L. und danach, vom 5. Mai 2018 bis zum 16. Mai 2018, mit dem Angeklagten H. weitere fünf Kurierfahrten durchführte. Ho. besaß keine Fahrerlaubnis. Die Tätigkeit des Angeklagten H. beschränkte sich auf das Führen des Fahrzeugs. Jegliche Kommunikation und Absprache mit den Auftraggebern sowie die Aufgabe der Postsendungen erfolgte durch Ho. .
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- 2. Der Schuldspruch hinsichtlich des Angeklagten H. hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand und war deshalb zu berichtigen.
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- Das rechtsfehlerfrei festgestellte Verhalten des Angeklagten erfüllt die Voraussetzungen der Täterschaft in Bezug auf den Tatbestand der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG. Wer Betäubungsmittel selbst – hier durch Führen des Fahrzeugs – über die Grenze verbringt, ist grundsätzlich auch dann Täter der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln , wenn er nur unter dem Einfluss und in Gegenwart eines Mittäters in dessen Interesse handelt (BGH, Urteil vom 22. Juli 1992 – 3 StR 35/92, BGHSt 38, 315).
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- 3. Im Übrigen hat die sachlich-rechtliche Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
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- Es kann dahingestellt bleiben, ob das Landgericht angesichts der festgestellten Umstände, nämlich eines umfangreichen Handels mit verschiedenen Betäubungsmitteln über das "Darknet" und der zeitlich dichten Abfolge der Kurierfahrten , bei denen jeweils Sendungen mit verschiedenen Betäubungsmitteln im teils mehrfachen Kilogrammbereich zu deutschen Postfilialen gebracht wurden , das Vorliegen einer Bewertungseinheit bei den Haupttätern des Handeltreibens hätte erörtern müssen. Angesichts der gehandelten Rauschgiftmengen und der teils täglichen, teils im Abstand weniger Tage erfolgten Kurierfahrten lag hier nahe, dass die Lieferungen ganz oder teilweise aus einem Gesamtvorrat der jeweiligen von den Haupttätern zum Handeln vorrätig gehaltenen Betäubungsmittel erfolgten, so dass die einzelnen Lieferungen möglicherweise materiell -rechtlich als Teilakte einer auf einen einheitlichen Güterumsatz bezogenen Bewertungseinheit anzusehen waren (vgl. Weber, BtMG, 5. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 593 ff.). Aus Gründen der Akzessorietät der Teilnahme stellten dann auch die Gehilfentätigkeiten ein einheitliches Beihilfedelikt dar (vgl. BGH, Beschluss vom 2. September 2008 – 5 StR 356/08, NStZ-RR 2008, 386; Urteil vom 13. Dezember 2012 – 4 StR 99/12, NStZ-RR 2013, 147, 148).
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- Eine einheitliche Beihilfetat der Angeklagten könnte allerdings als minderschweres Delikt die jeweils fünf Einfuhrhandlungen nicht zu einer Tat im Rechtssinne verbinden (BGH, Urteil vom 22. August 2012 – 2 StR 530/11, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 13). Soweit der Senat in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 – 4 StR 99/12 – aaO) eine andere Rechtsauffassung vertreten hat, hält er daran nicht fest.
Feilcke Paul
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer
- 1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, - 2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt, - 3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder - 4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft, - 2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt, - 3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein, - 4.
(weggefallen) - 5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt, - 6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel - a)
verschreibt, - b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
- 6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt, - 6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht, - 7.
entgegen § 13 Absatz 2 - a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke, - b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
- 8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt, - 9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen, - 10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet, - 11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt, - 12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind, - 13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt, - 14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt, - 2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.
(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.
(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.