Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Apr. 2010 - 3 StR 91/10
Gericht
BUNDESGERICHTSHOF
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Raubes in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Zum Schuld- und Strafausspruch hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
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- 2. Das Urteil hat jedoch keinen Bestand, soweit das Landgericht es abgelehnt hat, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) anzuordnen.
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- a) Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung insoweit - ohne dies näher zu belegen - lediglich ausgeführt, nach den Ausführungen des Sachverständigen, denen sich die Strafkammer anschließe, bestehe beim Angeklagten kein Hang im Sinne des § 64 StGB, also eine ihn treibende oder beherrschende Neigung, Alkohol in einem Umfang zu konsumieren, durch welchen Gesundheit, Arbeits- oder Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt werden.
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- b) Damit hat das Landgericht seiner Entscheidung zwar ein zutreffendes Verständnis von den Voraussetzungen eines Hangs im Sinne des § 64 StGB zugrunde gelegt. Die pauschale Annahme der Strafkammer, diese Voraussetzungen lägen nicht vor, wird jedoch durch die Feststellungen des Urteils nicht getragen. Danach ist die sechs Jahre dauernde Partnerschaft des Angeklagten mit der Zeugin B. durch häufige Trennungen gekennzeichnet, deren Ursache der exzessive Alkoholkonsum des Angeklagten ist. Der Angeklagte absolvierte zwei stationäre Entgiftungen. Auf Grund seines Alkoholproblems kam es bei ihm schon zu morgendlichem Zittern, starkem Schwitzen und Herzrasen. Die Zeugin B. musste einmal einen Krankenwagen rufen, weil der Angeklagte kaum noch atmen konnte, da seine Zunge nach hinten gefallen war. Der Angeklagte wurde mehrfach wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr verurteilt, in einem Fall betrug seine BAK 2,64 Promille. Die Ablehnung der Aussetzung der Vollstreckung der Strafe zur Bewährung hat das Landgericht unter anderem damit begründet, dem Angeklagten könne im Hinblick auf seine Vorstrafen und sein unbewältigtes Alkoholproblem, das sich auch in der Begehung seiner Straf- taten zeige, keine günstige Sozialprognose im Sinne des § 56 Abs. 1 StGB gestellt werden. Bei dieser Sachlage durfte das Tatgericht einen Hang des Angeklagten im Sinne des § 64 StGB nicht ohne jede nähere Begründung verneinen.
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- c) Die Anordnung der Maßregel scheidet auch nicht aus anderem Grunde aus. Nach den bisherigen Feststellungen ist weder der symptomatische Zusammenhang zwischen einem möglichen Hang des Angeklagten und der Anlasstat noch die Gefahr auszuschließen, dass der Angeklagte auch in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Anhaltspunkte dafür, dass keine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht der Maßregel im Sinne des § 64 Satz 2 StGB besteht, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Der Angeklagte ist therapiebereit und -willig. Außer den zwei stationären Entgiftungsbehandlungen hat er bisher keine Entwöhnungsmaßnahme absolviert.
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- 2. Über die Anordnung der Maßregel nach § 64 StGB muss deshalb unter Hinzuziehung eines - gegebenenfalls anderen - Sachverständigen (§ 246 a StPO) neu verhandelt und entschieden werden. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; BGHSt 37, 5; BGH NStZ-RR 2008, 107; 2009, 48). Der Angeklagte hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht auch nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen (BGHSt 38, 362 f.). Soweit der Generalbundesanwalt ausgeführt hat, der Beschwerdeführer sei durch die Nichtanordnung der Maßregel nicht beschwert, verweist der Senat auf seine Ausführungen in der Entscheidung vom 7. Januar 2009 - 3 StR 458/08 (BGHR StGB § 64 Ablehnung 11).
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- 3. Der Strafausspruch kann bestehen bleiben; denn es ist auszuschließen , dass das Tatgericht bei Anordnung der Unterbringung auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte.
RiBGH Hubert befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Sost-Scheible Schäfer
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.
(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.
(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.
(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.