Bundesgerichtshof Beschluss, 27. März 2012 - 3 StR 83/12
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat die Angeklagten des besonders schweren Raubes schuldig gesprochen und zu folgenden Strafen verurteilt: - den Angeklagten W. zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren, - den Angeklagten F. zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und neun Monaten - und den Angeklagten S. zu einer Jugendstrafe von einen Jahr und neun Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist.
- 2
- Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte W. mit seiner auf eine Verfahrensrüge und die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel führt auf die Sachrüge zur Aufhebung des Urteils. Gemäß § 357 StPO erstreckt sich die Aufhebung auch auf die Angeklagten F. und S. , die keine Revision eingelegt haben.
- 3
- 1. Die Verurteilung wegen besonders schweren Raubes (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 4
- Das Landgericht hat es rechtsfehlerhaft unterlassen, nähere Feststellun4 gen zur Beschaffenheit der von den Angeklagten bei der Tat verwendeten geladenen Schreckschusswaffe zu treffen. Die Voraussetzungen des Qualifikationstatbestands des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB sind deshalb nicht belegt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterfällt eine geladene Schreckschusspistole nur dann dem Waffenbegriff des § 250 StGB, wenn feststeht , dass beim Abfeuern der Waffe der Explosionsdruck nach vorne aus dem Lauf austritt und deshalb die Waffe nach ihrer Beschaffenheit geeignet ist, erhebliche Verletzungen hervorzurufen (BGH, Beschluss vom 4. Februar 2003 - GSSt 2/02, BGHSt 48, 197, 201 f.). Dies ergeben die Urteilsgründe nicht.
- 5
- Dieser Rechtsfehler wirkt sich auf den Schuldspruch aus, da infolge der lückenhaften Feststellungen zur Tatwaffe nicht erkennbar ist, ob die Angeklagten lediglich den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB verwirklicht, mithin einen schweren Raub begangen haben, oder einen besonders schweren Raub im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB. Das Urteil ist deshalb aufzuheben. Von der Aufhebung werden jedoch lediglich die Feststellungen zur Beschaffenheit der Tatwaffe erfasst; hingegen können im Übrigen die Feststellungen zum objektiven und subjektiven Tatgeschehen bestehen bleiben, weil sie von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind.
- 6
- 2. Für die neue Hauptverhandlung verweist der Senat zu der den Angeklagten W. betreffenden Strafzumessung auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts , der zutreffend Folgendes ausgeführt hat: "Ausweislich der Feststellungen stritt der Angeklagte, der als Fahrer des Tatfahrzeugs ermittelt worden war, im Ermittlungsverfahren zwar eine eigene Beteiligung am Überfall auf den Einkaufsmarkt ab, gab aber die Namen seiner Mitfahrer, die die Tat im Einkaufsmarkt ausgeführt hatten, an und veranlasste sie, an einen von der Polizei für die Festnahme bestimmten Ort zu kommen (UA S. 16). Das Landgericht hat die Aufklärungshilfe des Angeklagten zwar bei der konkreten Strafzumessung als allgemeinen Strafmilderungsgrund berücksichtigt (UA S. 20), aber das Vorliegen des vertypten Strafmilderungsgrundes weder im Rahmen der Prüfung eines minder schweren Falls gemäß § 250 Abs. 3 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 2010 - 3 StR 403/10, wistra 2011, 99) noch als selbstständigen Milderungsgrund erörtert. Der Umstand, dass der Angeklagte seine eigenen Tatbeiträge geleugnet hat, steht der Anwendung des § 46b Abs. 1 StGB nicht entgegen, sondern ist im Rahmen der Prüfung eines minder schweren Falls und bei dessen Verneinung im Rahmen der Ermessenausübung nach § 46b Abs. 2 StGB zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 StR 34/11, StV 2011, 534f. m.w.N.). ..." Becker Pfister von Lienen Hubert Mayer
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn
- 1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub - a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, - c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
- 2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.
(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
- 1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet, - 2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder - 3.
eine andere Person - a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder - b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
(1) Wenn der Täter einer Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist,
- 1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder - 2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann,
(2) Bei der Entscheidung nach Absatz 1 hat das Gericht insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
die Art und den Umfang der offenbarten Tatsachen und deren Bedeutung für die Aufklärung oder Verhinderung der Tat, den Zeitpunkt der Offenbarung, das Ausmaß der Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden durch den Täter und die Schwere der Tat, auf die sich seine Angaben beziehen, sowie - 2.
das Verhältnis der in Nummer 1 genannten Umstände zur Schwere der Straftat und Schuld des Täters.
(3) Eine Milderung sowie das Absehen von Strafe nach Absatz 1 sind ausgeschlossen, wenn der Täter sein Wissen erst offenbart, nachdem die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 207 der Strafprozessordnung) gegen ihn beschlossen worden ist.