Bundesgerichtshof Beschluss, 03. März 2008 - 3 StR 51/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat gegen den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter sexueller Nötigung eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verhängt. Mit seiner Revision rügt er die Verletzung materiellen Rechts.
- 2
- Das Rechtsmittel ist im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet, soweit es sich gegen den Schuld- und Strafausspruch richtet.
- 3
- Das Urteil kann jedoch keinen Bestand haben, soweit eine Entscheidung zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist. Nach den Feststellungen konsumierte der Angeklagte seit seiner Jugend in erheblichem und zunehmendem Maße Alkohol und Drogen. Die beiden verfahrensgegenständlichen Taten beging er jeweils nach vorangegangenem starken Alkoholgenuss (Tatzeit-BAK im Fall 2: maximal 1,99 %o). Dies führte zwar nicht zu einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB, hatte aber jeweils enthemmende Wirkung (UA S. 20). Auch wenn der Angeklagte im Tatzeitraum nicht mehr täglich Alkohol trank, liegt es danach nahe, dass die Taten auf einen Hang des Angeklagten zurückgehen, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Dies drängte zu der Prüfung , ob die Voraussetzungen einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gegeben sind. Der Tatrichter hatte selbst den Eindruck (UA S. 21), dass der Angeklagte psychologische Unterstützung benötigt, auch bezüglich seines massiven schädlichen Gebrauchs von Alkohol. Er hat es als begrüßenswert bezeichnet, wenn der Angeklagte während der Verbüßung der Haft die Gelegenheit bekommen und auch nutzen würde, entsprechende Therapieangebote in Anspruch zu nehmen.
- 4
- Die vom Landgericht unterlassene Prüfung erweist sich auch nicht deshalb als entbehrlich, weil nach § 64 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBI I 1327) die Maßregel nicht mehr zwingend angeordnet worden ist. Denn das Gericht muss das ihm nunmehr eingeräumte Ermessen auch tatsächlich ausüben und dies in den Urteilsgründen kenntlich machen (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 73 f.). Im Übrigen sind nach den bisherigen Feststellungen keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass hier einer der Ausnahmefälle vorliegt, in denen der Tatrichter nach seinem Ermessen von der Unterbringung absehen könnte.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.