Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Mai 2008 - 3 StR 50/08

published on 27/05/2008 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Mai 2008 - 3 StR 50/08
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 50/08
vom
27. Mai 2008
in der Strafsache
gegen
alias:
alias:
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 27. Mai 2008 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 18. Juli 2007 im Ausspruch über die Verfallsanordnung mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt, Betäubungsmittel und Tatwerkzeuge eingezogen und einen Wertersatzverfall in Höhe von 45.000 € angeordnet. Die Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Taterfolg.
2
Schuld- und Strafausspruch sowie die Einziehungsanordnung halten rechtlicher Nachprüfung stand (§ 349 Abs. 2 StPO). Die Anordnung des Wertersatzverfalls kann hingegen mangels ausreichender Feststellungen in den Urteilsgründen nicht bestehen bleiben. Hierzu hat der Generalbundesanwalt ausgeführt : "Zwar können bei der Anordnung von Wertersatzverfall Umfang und Wert des Erlangten gemäß § 73b StGB geschätzt werden. Das Gericht darf jedoch in einem solchen Fall nicht willkürlich und ohne ein Mindestmaß an zureichenden Anhaltspunkten vorgehen; die notwendigen Einzelheiten müssen vielmehr soweit geklärt sein, dass eine hinreichend sichere Schätzungsgrundlage gegeben ist (BGH NStZ-RR 2001, 327). Daran fehlt es. Die Jugendkammer teilt zwar - insoweit nicht zu beanstanden - mit, dass sie 'von einem geschätzten Verkaufserlös nach dem Bruttoprinzip von 2.248 g à 30,00 Euro, mithin von 67.440,00 Euro' ausgehe. Im Anschluss daran beschränken sich die Ausführungen (UA S. 19) jedoch darauf, dass hiervon die durch einen sichergestellten Kassiber 'ersichtlichen mutmaßliche Außenstände in Höhe von 13.150 Euro' sowie 'die von den Mittätern jeweils erlangten 4.000 Euro' abzuziehen seien. Woraus sich die Überzeugung des Gerichts ergibt, dass sich die Höhe des Anteils der Mittäter auf diesen Betrag beschränkte, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Ausführungen hierzu hätte es insbesondere deshalb bedurft, weil das Gericht an anderer Stelle hinsichtlich der 'mindestens 128 Einzelverkäufe … Absprachen der Mittäter im Einzelnen und die Modalitäten ihrer Arbeitsteilung' nicht hat feststellen können (UA S. 5). Damit bleibt offen, in welcher Höhe der Angeklagte neben den Mittätern Verkaufserlöse tatsächlich 'erlangt' hat im Sinne des §§ 73 Abs. 1 S. 1, 73a S. 1 StGB. 'Erlangt' ist ein Vermögensvorteil nur dann, wenn der Tatbeteiligte die faktische Verfügungsgewalt über den Gegenstand erworben hat (vgl. BGH NStZ 2003, 198 f.). Die Annahme mittäterschaftlichen Handelns (UA S. 10) vermögen die fehlenden Ausführungen hierzu nicht zu ersetzen. Eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB mit der Folge einer gesamtschuldneri- schen Haftung käme nur dann in Betracht, wenn sich die Beteiligten darüber einig waren, dass dem Beschwerdeführer zumindest Mitverfügungsgewalt über die jeweiligen Erlöse habe zukommen sollen (vgl. BVerfG StV 2004, 409, 411; BGH, NStZ 2003, 198 f.) und er diese auch tatsächlich hatte (BGH NStZ-RR 2007, 121); Feststellungen hierzu wurden jedoch nicht getroffen. Angesichts des Umstandes, dass der Verkaufserlös beim Beschwerdeführer nicht hat aufgefunden werden können , hätte darüber hinaus neben der - äußerst knappen - Verneinung einer verfallsbedingten unbilligen Härte gemäß § 73c Abs. 1 S. 1 StGB (UA S. 19) auch ein Unterbleiben der Anordnung nach der Fakultativklausel des § 73c Abs. 1 S. 2 StGB ins Auge gefasst werden müssen. Die Verfallsanordnung ist daher aufzuheben und - da nicht ausgeschlossen werden kann, dass in der Hauptverhandlung weitergehende Feststellungen möglich sind - die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung zurück zu verweisen."
3
Dem schließt sich der Senat an. Becker Miebach Pfister Sost-Scheible Schäfer
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht. (2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht. (2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).
3 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 28/10/2010 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 215/10 vom 28. Oktober 2010 in der Strafsache gegen Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja StPO § 111i Abs. 2; StGB § 73 Abs. 1, § 73a, § 73c Abs. 1 1. Bei einer Feststellung gemäß §
published on 21/11/2018 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 262/18 vom 21. November 2018 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen schwerer räuberischer Erpressung u. a. ECLI:DE:BGH:2018:211118U2STR262.18.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
published on 17/06/2010 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 StR 126/10 vom 17. Juni 2010 in der Strafsache gegen BGHSt: ja BGHR: ja Veröffentlichung: ja StGB §§ 73, 73 a, 73 c JGG § 2 Abs. 2, §§ 6, 8 Abs. 3 Die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls des
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Anordnung der Einziehung nach den §§ 73 und 73a richtet sich gegen einen anderen, der nicht Täter oder Teilnehmer ist, wenn

1.
er durch die Tat etwas erlangt hat und der Täter oder Teilnehmer für ihn gehandelt hat,
2.
ihm das Erlangte
a)
unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund übertragen wurde oder
b)
übertragen wurde und er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, oder
3.
das Erlangte auf ihn
a)
als Erbe übergegangen ist oder
b)
als Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer übertragen worden ist.
Satz 1 Nummer 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn das Erlangte zuvor einem Dritten, der nicht erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, entgeltlich und mit rechtlichem Grund übertragen wurde.

(2) Erlangt der andere unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 einen Gegenstand, der dem Wert des Erlangten entspricht, oder gezogene Nutzungen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 kann das Gericht auch die Einziehung dessen anordnen, was erworben wurde

1.
durch Veräußerung des erlangten Gegenstandes oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.