Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Jan. 2013 - 3 StR 398/12
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten L. und den Mitangeklagten W. der Urkundenfälschung in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit versuchtem Betrug, schuldig gesprochen. Es hat gegen den Angeklagten L. eine Gesamtgeldstrafe von 240 Tagessätzen zu je 200 € sowie gegen den Mitangeklagten W. eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verhängt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Den Angeklagten J. hat die Strafkammer wegen Urkundenfälschung in sechs Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit versuchtem Betrug, zu einer Ge- samtgeldstrafe von 580 Tagessätzen zu je 200 € verurteilt. Bezüglich aller drei Angeklagten hat das Landgericht zudem eine Kompensationsentscheidung we- gen rechtsstaatswidriger Verzögerung des Verfahrens getroffen. Die Revisionen der Angeklagten L. und J. haben mit der Sachrüge Erfolg; auf die Beanstandungen des Verfahrens kommt es deshalb nicht an. Die Aufhebung des Urteils ist auf den Mitangeklagten W. zu erstrecken.
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- 1. Das Urteil hält sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand; denn die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB sind durch die Feststellungen nicht belegt.
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- a) Nach diesen wurden in dem Zeitraum von Oktober 2003 bis Juni 2004 mehreren Banken im Rahmen von Finanzierungsanfragen gefälschte Bonitätsunterlagen betreffend den Angeklagten W. sowie den Zeugen G. vorgelegt , die zuvor von der Zeugin S. hergestellt worden waren. Dabei handelte es sich unter anderem um Steuerbescheide, Gehalts- und Verdienstabrechnungen , Kontoauszüge sowie Selbstauskünfte des Mitangeklagten W. und des Zeugen G. .
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- b) Nähere Einzelheiten zu den für die abgeurteilten Taten relevanten, die Tatbestandsmerkmale des § 267 Abs. 1 StGB ausfüllenden Umständen, sind den Urteilsgründen allerdings - auch bei Beachtung ihres Gesamtzusammenhangs einschließlich der Zusammenfassung vor den Feststellungen zu den einzelnen Taten und den Ausführungen in der Beweiswürdigung - nicht zu entnehmen.
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- aa) Dies betrifft etwa die jeweiligen konkreten Tatbeiträge der einzelnen Angeklagten. Die für die Angeklagten allein in Betracht kommende Tathandlung des Gebrauchens einer unechten oder verfälschten Urkunde setzt voraus, dass diese durch Vorlegen, Übergeben, Hinterlegen o.ä. dem zu Täuschenden so zugänglich gemacht wird, dass er sie wahrnehmen kann (Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 267 Rn. 23 mwN). Aus den Feststellungen ergibt sich insoweit lediglich , dass die Schriftstücke "mit Schreiben der T. " (Fälle II. 1., 2. und 4. bis 6. der Urteilsgründe) bzw. "mit Antrag vom 14.06.2004, der den Firmenstempel der T. als Finanzvermittler trägt" (Fall II. 3. der Urteilsgründe) bei den betreffenden Banken vorgelegt wurden, wobei es sich bei der T. um ein von dem Angeklagten L. betriebenes Einzelunternehmen handelt. Aus diesen rudimentären Angaben erschließt sich nicht, welcher der Angeklagten an diesen Vorgängen in welcher Weise beteiligt war.
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- bb) Nähere Feststellungen dazu, woran die Fälschung der vorgelegten Schriftstücke festzumachen ist, hat das Landgericht ebenfalls nicht getroffen. Den Urteilsgründen ist somit nicht zu entnehmen, ob es sich dabei jeweils um unechte oder verfälschte Urkunden im Sinne des § 267 StGB handelte. Zweifel hieran bestehen zum Beispiel deshalb, weil zumindest teilweise Ablichtungen verwendet wurden, wobei nach den vom Landgericht insoweit nicht in Zweifel gezogenen Bekundungen der Zeugin S. auch bereits gefälschte Unterlagen noch einmal kopiert wurden. Ablichtungen sind allerdings dann keine Urkunden im Sinne des § 267 StGB, wenn sie nach außen als Reproduktion erscheinen. Eine Fotokopie kann demgegenüber als Urkunde anzusehen sein, wenn sie als Original in den Verkehr gebracht wird, also der Anschein erweckt wird, es handele sich um eine Originalurkunde (LK/Zieschang, StGB, 12. Aufl., § 267 Rn. 111 ff. mwN). Es wären deshalb insoweit nähere Feststellungen dazu erforderlich gewesen, welche Schriftstücke in Form einer Fotokopie vorgelegt wurden und welcher Eindruck damit erweckt wurde; diese fehlen.
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- Auf der Grundlage der Urteilsgründe bleibt daneben etwa im Dunkeln, ob bei den vorgelegten Selbstauskünften des Mitangeklagten W. sowie des Zeugen G. über den Aussteller der Urkunde getäuscht werden sollte oder ob das Verhalten der Angeklagten insoweit möglicherweise nur als eine nicht von § 267 StGB erfasste schriftliche Lüge (st. Rspr.; vgl. schon BGH, Urteil vom 13. Dezember 1955 - 5 StR 221/54, BGHSt 9, 44) zu werten ist.
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- 2. Die Sache bedarf deshalb insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung. Da die aufgezeigten materiellrechtlichen Fehler des Urteils den nicht revidierenden Mitangeklagten W. in gleicher Weise betreffen, ist die Aufhebung auf ihn zu erstrecken, § 357 StPO.
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- 3. Der Senat sieht im Übrigen - im Einklang mit den diesbezüglichen Ausführungen in den Antragsschriften des Generalbundesanwalts und über die dortigen Erwägungen hinaus - Anlass zu folgenden Hinweisen:
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- Im Rahmen der Beweiswürdigung ist in erster Linie die Überzeugungsbildung des Tatgerichts bezüglich derjenigen Umstände darzulegen, welche die Tatbestandsmerkmale der Delikte ausfüllen, derentwegen der Angeklagte verurteilt worden ist. Bei der Bildung einer Gesamtstrafe bedarf eine starke Erhöhung der Einsatzstrafe - wie hier deren nahezu Vervierfachung bei dem Ange- klagten J. - regelmäßig einer besonderen Begründung. Verhängt das Tatgericht eine Geldstrafe, muss auch die Bestimmung der Höhe des Tagessatzes auf der Grundlage der festgestellten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters nachvollziehbar sein, § 40 Abs. 2 StGB.
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Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
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gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt, - 3.
durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.
(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Die Geldstrafe wird in Tagessätzen verhängt. Sie beträgt mindestens fünf und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens dreihundertsechzig volle Tagessätze.
(2) Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters. Dabei geht es in der Regel von dem Nettoeinkommen aus, das der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte. Ein Tagessatz wird auf mindestens einen und höchstens dreißigtausend Euro festgesetzt.
(3) Die Einkünfte des Täters, sein Vermögen und andere Grundlagen für die Bemessung eines Tagessatzes können geschätzt werden.
(4) In der Entscheidung werden Zahl und Höhe der Tagessätze angegeben.