Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Aug. 2012 - 3 StR 322/12

published on 16/08/2012 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Aug. 2012 - 3 StR 322/12
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 322/12
vom
16. August 2012
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
16. August 2012 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bückeburg vom 19. März 2012 in den Fällen II.1 und II.2 der Urteilsgründe sowie im Maßregelausspruch mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Dagegen wendet sich die Revision des Beschwerdeführers, mit der er das Verfahren beanstandet und die allgemeine Sachrüge erhebt. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Rügen der Verletzung des § 261 StPO mit Blick auf eine angebliche "Reibeisenstimme" des Angeklagten bzw. zur Inaugenscheinnahme von Lichtbildern des Fahrrads des Angeklagten und deren Bewertung durch die Strafkammer greifen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts nicht durch. Auf die weitere Verfahrensbeanstandung, das Landgericht habe gegen § 261 StPO verstoßen, weil es als Indiz für die Täterschaft des Angeklagten in den Fällen II.1 und II.2 der Urteilsgründe seinen "wiegenden Gang" herangezogen habe, den es in der Hauptverhandlung nicht habe wahrnehmen können, kommt es nicht an, weil die Beweiswürdigung hinsichtlich dieser beiden Fälle bereits auf die allgemeine Sachrüge zu berücksichtigende Rechtsfehler aufweist, die insoweit zur Aufhebung des Urteils führen:
3
a) Die Strafkammer hat sich von der Täterschaft des Angeklagten im Fall II.1 der Urteilsgründe unter anderem deshalb überzeugt, weil der Täter wie im Fall II.3 der Urteilsgründe, bei dem die Tatbeute in der Wohnung des Angeklagten sichergestellt werden konnte, eine "silber-beige-farbene" Pistole verwendet habe. Dies steht im unauflösbaren Widerspruch zu den Feststellungen des Urteils , nach denen der Täter im Fall II.3 der Urteilsgründe eine beigefarbene und im Fall II.1 der Urteilsgründe eine silberne Pistole verwendete. Mit der Verwendung einer - indes in keinem Fall festgestellten - "silber-beige-farbenen" Pistole hat das Landgericht in seiner "Gesamtwürdigung" auch begründet, dass es sich bei allen Taten um denselben Täter gehandelt haben müsse, obwohl es auch im Fall II.2 der Urteilsgründe die Verwendung einer silbernen Pistole festgestellt hat.
4
b) Ihre Überzeugung, in den Fällen II.1 und II.2 der Urteilsgründe müsse es sich um denselben Täter gehandelt haben, hat die Strafkammer unter anderem darauf gegründet, dass er in beiden Fällen einen grauen Kapuzenpulli mit schwarzen Querstreifen getragen habe. Auch dies widerspricht den Feststellungen , nach denen der Täter im Fall II.1 der Urteilsgründe einen beigefarbenen und im Fall II.2 der Urteilsgründe einen grauen Kapuzenpulli trug.
5
c) Das Urteil beruht bezüglich der Fälle II. 1 und 2 der Urteilsgründe auf den dargelegten Rechtsfehlern. Insbesondere da die Annahme einer einheitlichen Täterschaft für alle drei Taten ausweislich der Urteilsgründe für die Überzeugungsbildung des Landgerichts von wesentlicher Bedeutung gewesen ist, kann der Senat - trotz zahlreicher Indizien, die auch in den Fällen II.1 und II.2 der Urteilsgründe gegen den Angeklagten sprechen - nicht ausschließen, dass es ohne die aufgezeigten Mängel zu einer anderen Überzeugung gelangt wäre. Auf die ebenfalls nicht rechtsbedenkenfreie Erwägung, es sei im Fall II.1 der Urteilsgründe ein tragfähiges Indiz für die Täterschaft des Angeklagten, dass er in der Hauptverhandlung "gegrinst" habe, weil auch der Täter des Überfalls dies nach der Bekundung der Tankstellenkassiererin tat, kommt es danach nicht mehr an.
6
2. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt hält revisionsrechtlicher Überprüfung ebenfalls nicht stand; denn das Landgericht hat die hinreichende Erfolgsaussicht der Maßregel nicht tragfähig begründet. Die Strafkammer ist unter Hinweis auf die entsprechende Höchstdauer der Unterbringung nach § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB, bei deren Überschreiten die geforderte Erfolgsaussicht nicht besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 11. März 2010, 3 StR 538/09, BGHR StGB § 64 Abs. 1 Erfolgsaussicht 10; Urteil vom 5. August 2010, 3 StR 195/10, BGHR StGB § 64 Abs. 1 Erfolgsaussicht 11), von einer Therapiedauer von zwei Jahren ausgegangen. Dabei hat sie ohne weitere Begründung allein auf die Ausführungen des gehörten Sachverständigen abgestellt. Nach dessen im Urteil wiedergegebener Ein- schätzung ist bei dem Angeklagten allerdings eine Therapiedauer von zwei Jahren "einschließlich einer Langzeitbehandlung mit betreutem Wohnen für eine Dauer von 2 ½ bis 3 Jahren" erforderlich. Diese - bereits in sich widersprüchliche - Einschätzung vermag die Annahme des Landgerichts jedoch nicht zu stützen; aus ihr könnte allenfalls folgen, dass die zulässige Höchstdauer überschritten wird und die erforderliche Erfolgsaussicht deshalb nicht besteht.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.
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published on 05/08/2010 00:00

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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.

(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.