Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Aug. 2011 - 3 StR 251/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des schweren Raubes schuldig ist,
b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "schwerer räuberischer Erpressung" zu der Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten rügt die Verletzung materiellen Rechts und be- anstandet das Verfahren. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Der Schuldspruch wegen schwerer räuberischer Erpressung hat keinen Bestand. Der Generalbundesanwalt hat hierzu dargelegt: "Die sachlich-rechtliche Überprüfung führt zur Änderung des Schuldspruches dahingehend, dass der Angeklagte des schweren Raubes schuldig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfolgt die Abgrenzung zwischen Raub und räuberischer Erpressung nach dem äußeren Erscheinungsbild der Tat, nämlich danach, ob der Täter eine fremde bewegliche Sache wegnimmt oder das Opfer sie ihm übergibt (BGHSt 14, 386, 390; 25, 225, 228; 41, 123, 124; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 255 Rn. 3 mwN). Vorliegend hat der Angeklagte nach den Feststellungen sowohl das Geld als auch den Schmuck selber weggenommen (UA S. 10). Daran ändert auch nichts, dass die Zeugin W. den Öffnungsmechanismus der Kasse betätigte, bevor der Angeklagte in die Kasse griff (UA S. 10), weil der Einsatz des Nötigungsmittels ausweislich der Urteilsgründe nicht zu einer Gewahrsamsübertragung durch den Genötigten führte, sondern der Angeklagte hierdurch lediglich die Möglichkeit zum Gewahrsamsbruch erlangte (BGH NStZ 2006, 38; Fischer aaO). Die Schuldspruchänderung lässt den Strafausspruch unberührt, da schwerer Raub und schwere räuberische Erpressung denselben Strafrahmen aufweisen und die Schuldspruchänderung vorliegend den Unrechtsgehalt der Tat unberührt lässt."
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- Dem schließt sich der Senat an. § 265 StPO steht der Abänderung des Schuldspruchs schon deshalb nicht entgegen, weil sich der Angeklagte dem Eröffnungsbeschluss entsprechend gegen den Vorwurf des schweren Raubes zu verteidigen hatte und das Landgericht erst im Urteil zu einer abweichenden Bewertung gelangt ist.
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- 2. Keinen Bestand hat das Urteil auch, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) unterblieben ist. Insoweit hat der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt: "Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht jedoch die Anordnung einer Maßregel nach § 64 StGB nicht geprüft, obwohl sich dies nach den Fallumständen aufdrängte. Ausweislich der Urteilsfeststellungen konsumierte der Angeklagte zum Tatzeitpunkt in erheblichem Maße … Kokain (UA S. 8); darüber hinaus wollte ermit der aus dem Überfall erlangten Beute auch seinen Drogenkonsum finanzieren (UA S. 9). Danach war es nicht fernliegend, dass die Voraussetzungen für die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt vorliegen können. Das Urteil unterliegt daher mit den zugehörigen Feststellungen insoweit der Aufhebung. Der Senat wird jedoch ausschließen können, dass der Strafausspruch hiervon berührt ist."
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- Ergänzend hierzu bemerkt der Senat:
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- Der Umstand, dass die Nichtanordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt den Angeklagten nicht beschwert, hindert das Revisionsgericht nicht, auf eine zulässig erhobene - und die Nichtanwendung des § 64 StGB nicht ausdrücklich vom Angriff ausnehmende (BGH, Urteil vom 7. Oktober 1992 - 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362) - Revision des Angeklagten das Urteil insoweit aufzuheben, wenn eine Prüfung der Maßregel unterblieben ist, obwohl die tatrichterlichen Feststellungen dazu gedrängt haben (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 7. Januar 2009 - 3 StR 458/08, BGHR StGB § 64 Ablehnung 11 mwN). Die Nachholung der Unterbringungsanordnung ist nicht deshalb ausgeschlossen , weil allein der Angeklagte Revision eingelegt hat (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO). Über die Maßregelanordnung ist daher unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a Satz 2 StPO) neu zu entscheiden.
Mayer Menges
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.
(1) Kommt in Betracht, dass die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden wird, so ist in der Hauptverhandlung ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten zu vernehmen. Gleiches gilt, wenn das Gericht erwägt, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt anzuordnen.
(2) Ist Anklage erhoben worden wegen einer in § 181b des Strafgesetzbuchs genannten Straftat zum Nachteil eines Minderjährigen und kommt die Erteilung einer Weisung nach § 153a dieses Gesetzes oder nach den §§ 56c, 59a Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 oder § 68b Absatz 2 Satz 2 des Strafgesetzbuchs in Betracht, wonach sich der Angeklagte psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen hat (Therapieweisung), soll ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten vernommen werden, soweit dies erforderlich ist, um festzustellen, ob der Angeklagte einer solchen Betreuung und Behandlung bedarf.
(3) Hat der Sachverständige den Angeklagten nicht schon früher untersucht, so soll ihm dazu vor der Hauptverhandlung Gelegenheit gegeben werden.