Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Nov. 2013 - 3 StR 217/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat die Angeklagten B. , Y. und W. "wegen erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung in drei tateinheitlichen Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, und in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung" (Tatkomplex 2) sowie "wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Köperverletzung und Freiheitsberaubung" (Tatkomplex 1) zu Gesamtfreiheitsstrafen von acht Jahren (B. ), fünf Jahren und zehn Monaten (Y. ) sowie vier Jahren und drei Monaten (W. ) verurteilt. Den Angeklagten S. hat es wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und Beihilfe zur versuchten schweren räuberischen Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Es hat außerdem gegen B. und Y. eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Die hiergegen gerichteten Revisionen der Angeklagten B. und Y. führen zur Aufhebung des Urteils hinsichtlich dieser beiden Beschwerdeführer. Die Revision des Angeklagten W. führt zu einer Änderung des Schuldspruchs. Im Übrigen bleibt sie - ebenso wie die Revision des Angeklagten S. - ohne Erfolg.
- 2
- Nach den Feststellungen des Landgerichts wurde der Nebenkläger H. zuerst vom Angeklagten S. und in der Folgezeit auch von den anderen Angeklagten geschlagen, gefesselt und in einen Wagen verbracht. Der Angeklagte B. wollte auf diese Weise den Nebenkläger zu Schutzgeldzahlungen bewegen, womit auch die Angeklagten Y. und W. einverstanden waren. Dem Angeklagten S. ging es lediglich darum, den Nebenkläger aus einem Lokal zu werfen. Es kam ihm gelegen, dass die anderen Angeklagten den Nebenkläger in ihre Gewalt bringen wollten, um von diesem Schutzgeld zu erpressen, wobei er sich allerdings nicht vorstellte, dass diese dabei auch gefährliche Werkzeuge verwenden würden. Die Angeklagten B. , Y. und W. verbrachten den Nebenkläger H. daraufhin in ein andernorts gelegenes Anwesen. Dort verlangten sie von ihm die Zahlung von 2.000 €, wobei sie ihn wechselweise und einvernehmlich schlugen oder mit dem Tod bedrohten. Der Nebenkläger wurde dabei auch mit einem Besenstiel geschlagen, der dadurch in zwei Teile zerbrach (Tatkomplex 1).
- 3
- In seiner Todesangst gab der Nebenkläger H. vor, von dem Nebenkläger K. Geld zu bekommen, und erzählte den drei Angeklagten, dieser verfüge über einen Wagen von erheblichem Wert. Die Angeklagten beschlossen daraufhin, die Erpressung auf K. zu erstrecken und sich auch in den Besitz des Wagens zu bringen. Mit Hilfe des H. lockten sie K. auf einen Parkplatz , erlangten unter Bedrohung mit körperlicher Misshandlung das Auto und die Autoschlüssel, fesselten ihn mit Kabelbindern und verbrachten ihn ebenfalls zu dem Anwesen. Dort zwangen sie ihn durch Schläge, bei seiner Lebensgefährtin anzurufen und diese zu beauftragen, dem Nebenkläger H. den Kraftfahrzeugbrief auszuhändigen. Dementsprechend erhielten die Angeklagten alsbald auch die Wagenpapiere. Darüber hinaus forderten die Angeklagten von K. die Zahlung von 15.000 €. Als den Angeklagten bewusst wurde, dass es keine erfolgversprechende Möglichkeit mehr gab, die beiden Nebenkläger zur Übergabe weiterer Vermögenswerte zu bringen, ließen sie diese frei (Tatkomplex
2).
- 4
- 1. Revisionen der Angeklagten B. und Y.
- 5
- Die Revisionen der Angeklagten haben mit der Sachbeschwerde Erfolg, so dass es auf die erhobenen Verfahrensrügen nicht ankommt. Die Beweiswürdigung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 6
- Die Würdigung der Beweise ist Sache des Tatrichters, dem es obliegt, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Die revisionsgerichtliche Überprüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkoder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn das Tatgericht zu hohe Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt hat (BGH, Urteil vom 7. Februar 2013 - 3 StR 503/12, juris Rn. 10 mwN). Nach diesen Maßstäben ist die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft, denn sie unterlässt die hier notwendige Erörterung eines naheliegenden Falschbelastungsmotivs des Angeklagten W. .
- 7
- Der Angeklagte B. hat keine Angaben zur Sache gemacht und im letzten Wort seine Anwesenheit am Tatort bestritten. Der Angeklagte Y. hat den Tatvorwurf ebenfalls bestritten. Das Landgericht stützt seine Überzeugung im Wesentlichen auf die Aussage des Mitangeklagten W. . Dieser hatte bereits vor Eröffnung des Hauptverfahrens im Rahmen einer mündlichen Haftprüfung ein umfassendes Geständnis abgelegt und die Mitangeklagten B. und Y. als Mittäter benannt. Im Anschluss an die Aussage war er vom weiteren Vollzug der Untersuchungshaft verschont worden. Im Hinblick auf diese Angaben des Angeklagten W. hat das Landgericht jeweils die Voraussetzungen des § 46b Abs. 1 StGB angenommen (UA S. 7, 23, 25, 51,
53).
- 8
- Unter diesen Umständen hätte sich das Landgericht bei der Beweiswürdigung mit dem naheliegenden, für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Aussage wesentlichen Gesichtspunkt auseinandersetzen müssen, dass sich der Angeklagte W. mit seiner Aussage die Voraussetzungen und Vorteile der Kronzeugenregelung (§ 46b StGB) sichern wollte und damit der Versuchung ausgesetzt war, Dritte deswegen wahrheitswidrig zu belasten (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2003 - 1 StR 464/02, BGHSt 48, 161, 168; Beschluss vom 23. Oktober 1991 - 5 StR 455/91, StV 1992, 98). Die Verurteilung der Angeklagten B. und Y. kann daher deinen Bestand haben.
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- Damit ist die sofortige Beschwerde des Angeklagten Y. gegen die Kostenentscheidung gegenstandslos.
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- 2. Revision des Angeklagten W.
- 11
- Die auf die allgemeine Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten führt lediglich zur Änderung des Schuldspruchs im Tatkomplex 2.
- 12
- Die Angeklagten brachten den Nebenkläger K. in ihre Gewalt, misshandelten und bedrohten ihn, um von ihm dessen Kraftwagen, die dazugehörenden Fahrzeugpapiere und auch Geld zu erlangen. Im Verlauf des länger andauernden Tatgeschehens fesselten sie ihn mit Kabelbindern. Aufgrund der Nötigungshandlungen übergab ihnen der Nebenkläger den Wagen und veranlasste die Übergabe der Wagenpapiere. Lediglich mit dem Bemühen, Bargeld zu erlangen, blieben die Angeklagten erfolglos. Diese Teilakte einer sukzessiven Tatausführung stellen eine Tat im Rechtssinne dar. Der Angeklagte hat sich deshalb einer (vollendeten) schweren räuberischen Erpressung schuldig gemacht, die in Tateinheit mit dem erpresserischen Menschenraub, der gefährlichen Körperverletzung und der Freiheitsberaubung steht.
- 13
- Ansonsten hat die Nachprüfung des Urteils keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Zwar hat das Landgericht , wie der Generalbundesanwalt im Einzelnen ausgeführt hat, bei der Strafzumessung im Fall 1 der Urteilsgründe die Prüfung einer Strafrahmenverschie- bung gemäß § 46b StGB unterlassen. Indes schließt der Senat aus, dass die für diese Tat gefundene Freiheitsstrafe hierauf beruht.
- 14
- Der Erfolg der Revision ist nicht so wesentlich, dass es unbillig wäre, den Angeklagten mit den gesamten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
- 15
- 3. Revision des Angeklagten S.
- 16
- Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Wenn der Täter einer Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist,
- 1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder - 2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann,
(2) Bei der Entscheidung nach Absatz 1 hat das Gericht insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
die Art und den Umfang der offenbarten Tatsachen und deren Bedeutung für die Aufklärung oder Verhinderung der Tat, den Zeitpunkt der Offenbarung, das Ausmaß der Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden durch den Täter und die Schwere der Tat, auf die sich seine Angaben beziehen, sowie - 2.
das Verhältnis der in Nummer 1 genannten Umstände zur Schwere der Straftat und Schuld des Täters.
(3) Eine Milderung sowie das Absehen von Strafe nach Absatz 1 sind ausgeschlossen, wenn der Täter sein Wissen erst offenbart, nachdem die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 207 der Strafprozessordnung) gegen ihn beschlossen worden ist.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.