Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Feb. 2012 - 2 StR 629/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte in den Fällen II. 1-19 der Urteilsgründe der Beihilfe zu 19 Fällen des Herstellens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist,
b) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen II. 1-19 sowie im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Herstellen von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 19 Fällen (Fälle II. 1-19 der Urteilsgründe ) und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen (Fälle II. 20-21) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen 19 selbstständiger Fälle der Beihilfe (§ 53 StGB) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 3
- Nach den Feststellungen bestellte der gesondert Verfolgte H. in 19 Fällen große Mengen von frei handelbaren Grundstoffen, die er zum Zwecke der Herstellung synthetischer Drogen jeweils an den gesonderten Verfolgten R. weiter leitete. Der Angeklagte förderte die Begehung der Taten dadurch, dass er dem gesondert Verfolgten H. gegen Entgelt gestattete, seine Betriebsinfrastruktur (Briefkopf, Faxgerät, Räumlichkeiten) für die Bestellung der Grundstoffe und gegebenenfalls auch für ihre Empfangnahme zu nutzen. Darüber hinausgehende, auf einzelne der Haupttaten bezogene Unterstützungshandlungen hat die Kammer nicht festgestellt.
- 4
- Ob bei Beihilfe Tateinheit oder Tatmehrheit anzunehmen ist, hängt von der Anzahl der Beihilfehandlungen und der vom Gehilfen geförderten Haupttaten ab. Tatmehrheit nach § 53 StGB ist anzunehmen, wenn den Haupttaten durch mehrere Hilfeleistungen jeweils eigenständige Beihilfehandlungen zuzuordnen sind. Dagegen liegt rechtlich nur eine Beihilfe vor, wenn der Gehilfe - wie hier der Angeklagte - durch ein und dasselbe Tun mehrere recht- lich selbstständige Taten des Haupttäters fördert (vgl. BGH NStZ 2000, 83; NJW 2005, 163, 165 f; NStZ-RR 2008, 168, 169; Fischer StGB 59. Aufl. § 27 Rn. 31 mwN).
- 5
- 2. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte insoweit nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung der hiervon betroffenen Einzelfreiheitsstrafen und der Gesamtstrafe.
- 6
- 3. Zur Rüge der Besetzung verweist der Senats auf seine Urteile vom 11. Januar 2012 (2 StR 482/11) und 8. Februar 2012 (2 StR 346/11).
moreResultsText
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.