Bundesgerichtshof Beschluss, 15. März 2000 - 2 StR 614/99

published on 15/03/2000 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 15. März 2000 - 2 StR 614/99
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 614/99
vom
15. März 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 15. März 2000 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 22. Juni 1999 mit Ausnahme des Schuldspruchs in den Fällen III. 2. i) und j) der Urteilsgründe (K. ) mit den Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall b) ) und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 700 Fällen (Fallkomplex a) ) unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe aus einem anderen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 163 Fällen (Fälle e) bis j) ), davon in drei Fällen in nicht geringer Menge (Fallkomplex g) ), zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt er die Verletzung sachlichen Rechts.
Das Rechtsmittel ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO), soweit es sich gegen den Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in den Fällen i) und j) richtet.
Zum überwiegenden Teil hat es jedoch Erfolg, weil in den weiter abgeurteilten Fällen das Verhältnis der Taten und Tatkomplexe zueinander nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Bewertungseinheit geprüft worden ist (dazu: BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 1 ff); diese Prüfung war unerläßlich - sie drängte sich nach den getroffenen Feststellungen auf.
Das Landgericht nimmt im Tatkomplex a) 700 Einzeltaten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln an, da der Angeklagte von Anfang 1993 bis Ende September 1995 in ebensovielen Fällen je 0,2 g Heroinzubereitung an F. verkauft hat. Im Fall b) ist der Angeklagte wegen einer im selben Zeitraum begangenen Einzeltat - Einfuhr von und Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge - verurteilt worden, weil er von einem holländischen Händler, den er damals regelmäßig zum Zwecke des Rauschgifterwerbs aufsuchte , bei einer Gelegenheit mindestens 85 g Heroin durchschnittlicher Qualität gekauft, über die Grenze geschafft und in seine Koblenzer Wohnung gebracht hat. Es liegt nahe, daß die an F. veräußerten Heroinmengen jedenfalls teilweise aus dieser Menge stammten. Soweit das zutrifft, durften die einzelnen Lieferungen an F. nicht als selbständige Taten beurteilt werden; denn sie bildeten dann mit der unter b) festgestellten Tat eine Bewertungseinheit und gingen demgemäß in ihr auf. Mit der Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang es sich um das nämliche Rauschgift gehandelt hat, setzt sich das Landgericht nicht auseinander. Das ist ein Rechtsfehler, der zur Aufhebung der Verurteilung in den zu a) und b) aufgeführten Fällen nötigt.
Ebenso verhält es sich mit den Tatkomplexen e), f) und g). Im Tatkomplex
e) nimmt das Landgericht 121 Taten des Handeltreibens an, weil der Angeklagte von Anfang 1997 bis Ende April 1997 120 mal je 0,2 g Heroinzubereitung an B. und vor Weihnachten 1996 eine Konsumeinheit Heroin an dessen Frau verkauft hat; im Tatkomplex f) geht es von 32 Taten des Handeltreibens aus, da der Angeklagte im selben Zeitraum in ebensovielen Fällen jeweils mindestens 0,8 g Heroin an R. veräußert hat. Der Tatkomplex g) besteht aus drei Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: hier hat der Angeklagte, der nunmehr das Rauschgift aus einer anderen Quelle bezog , innerhalb des genannten Zeitraums in zwei Fällen mindestens 30 g Heroin guter Qualität und in einem weiteren Fall mindestens 10 g Heroin schlechter Qualität zum Zweck des gewinnbringenden Verkaufs in seiner Wohnung gelagert. Auch hier liegt es nahe, daß Rauschgiftmengen, mit denen der Angeklagte in den Tatkomplexen e) und f) die Abnehmer B. und R. beliefert hat, jedenfalls teilweise aus den im Tatkomplex g) verwahrten Vorräten stammten. Dazu verhält sich das Urteil nicht. Die Verurteilung kann deshalb auch in den Fällen e), f) und g) keinen Bestand haben.
Die Aufhebung bezieht sich auch auf die in den Fällen a) bis g) getroffenen Feststellungen.
In den Fällen i) und j) bleibt - wie schon ausgeführt - der Schuldspruch bestehen. Der Senat hebt jedoch die zugehörigen Einzelstrafen für die betroffenen sieben Fälle auf, da einerseits nicht auszuschließen ist, daß sich die Höhe der wegfallenden Einzelstrafen, insbesondere der Einsatzstrafe, auf diese Strafen ausgewirkt hat, andererseits der neu entscheidenden Strafkammer eine
angemessene Abstimmung aller gegebenenfalls zu verhängenden Strafen zu ermöglichen ist.
Bei der neuen Gesamtstrafenbildung wird zu beachten sein, daß die Einzelstrafe für die unter j) abgeurteilte Tat nicht - wie es in den Urteilsgründen des angefochtenen Urteils geschehen ist - mit den unter a) und b) zu verhängenden Einzelstrafen zusammengefaßt werden darf; da diese Tat im Sommer 1998, also nach dem zäsurbildenden Urteil des Amtsgerichts Koblenz vom 11. November 1996 begangen worden ist, muß die zugehörige Einzelstrafe vielmehr Bestandteil der aus den Strafen für die Taten e) bis i) zu bildenden Gesamtstrafe werden.
Schließlich weist der Senat noch darauf hin, daß die neu entscheidende Strafkammer nicht mehr über die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) zu befinden hat; die Nichtanordnung der Maßregel ist rechtskräftig, nachdem der Angeklagte diese Entscheidung im vorliegenden Revisionsverfahren ausdrücklich und wirksam von der Anfechtung ausgenommen hat (BGHSt 38, 362).
Jähnke Niemöller Detter Bode Otten
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb
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published on 30/01/2001 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 581/00 vom 30. Januar 2001 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführe
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.