Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2000 - 2 StR 401/00
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs einer Schutzbefohlenen in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch eines Kindes unter Einbeziehung einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen aus einem rechtskräftigen Strafbefehl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt. Die hiergegen eingelegte Revision erhebt die allgemeine Sachrüge. Sie führt zur Aufhebung des Strafausspruchs; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Der Schuldspruch begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Jedoch kann der Strafausspruch keinen Bestand haben. Das Landgericht hat bei der Straf-zumessung zu Lasten des Angeklagten gewertet, daß dieser "zielgerichtet" vorgegangen sei, indem er das geschädigte Kind zu sich rief und in eine Ecke des Raumes führte, um die sexuelle Handlung auszuführen. Das begegnet insoweit rechtlichen Bedenken, als sich aus der bloßen Umsetzung des Tatvorsatzes , welcher seiner Natur nach zielgerichtet ist, keine für eine Strafschärfung heranzuziehende besondere kriminelle Energie ergibt. Strafschärfend hat das Landgericht weiter gewertet, daß der Angeklagte das geschädigte Kind in einen Gewissenkonflikt gebracht und durch die Tat eine Belastungssituation für das Tatopfer verursacht habe, weil die Geschädigte habe abwägen müssen, ob sie die früheren belastenden Aussagen aufrechterhalten oder den Angeklagten wahrheitswidrig entlasten wolle. Die Geschädigte wurde in der Hauptverhandlung zweimal vernommen; das Landgericht hat ihre - entlastende - Aussage für unglaubhaft gehalten und die Verurteilung auf belastende Aussagen im Ermittlungsverfahren gestützt. Hieraus ergibt sich kein dem Angeklagten vorwerfbarer Gesichtspunkt für eine Strafschärfung. Daß der Angeklagte den Tatvorwurf bestritten hat und daß daher eine Vernehmung des Tatopfers in der Hauptverhandlung erforderlich war, kann ihm nicht vorgeworfen werden, denn dazu war er befugt. Daß die Geschädigte in der Hauptverhandlung zweimal vernommen wurde, beruhte nicht auf einem vorwerfbaren Prozeßverhalten des Angeklagten, sondern nach den Urteilsfeststellungen darauf, daß die Kammer der ersten Aussage keinen Glauben geschenkt hatte; überdies hatte die Geschädigte selbst um eine nochmalige Vernehmung gebeten. Soweit das Landgericht ausdrücklich ausgeführt hat, daß die als Strafschärfungsgrund herangezogene Belastungssituation sich nicht aus psychischen Folgen der Tat selbst ergebe, sondern aus der vom Angeklagten "objektiv" verursachten Notwendigkeit der Vernehmung, hat
es verkannt, daß strafschärfend nur solche Umstände herangezogen werden dürfen, die dem Angeklagten auch subjektiv vorwerfbar sind. Jähnke Otten Rothfuß Fischer Elf
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.