Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Dez. 2014 - 2 StR 381/14

published on 09/12/2014 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Dez. 2014 - 2 StR 381/14
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 3 8 1 / 1 4
vom
9. Dezember 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 9. Dezember 2014 gemäß §§ 349
Abs. 2 und 4, 357 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten P. wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 18. Juni 2014, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass er der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist,
b) im Strafausspruch aufgehoben. 2. Hinsichtlich des nicht revidierenden Angeklagten K. wird das vorbezeichnete Urteil
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass dieser Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei weiteren Fällen , des Herstellens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in vier Fällen schuldig ist,
b) im Strafausspruch betreffend die Fälle II.3 und II.4 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben. 3. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 4. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten P. wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die Revision des Beschwerdeführers hat auf die allgemeine Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg ; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen handelte der nicht revidierende Angeklagte K. mit Marihuana im Kilobereich, das er von seinem Lieferanten "M. " auf Kommissionsbasis bezog.
3
Ende August 2013 überbrachte der Angeklagte P. als Betäubungsmittelkurier im Auftrag des Lieferanten "M. " dem Angeklagten K. 4 kg Marihuana und 27,1 g nicht zum Handel bestimmtes Kokain zu einem vereinbarten Kaufpreis von 28.150 Euro (Fall II.3 der Urteilsgründe).
4
Am 17. Oktober 2013 lieferte der Angeklagte P. im Auftrag des "M. " weitere 5.245 g Marihuana zu einem vereinbarten Kaufpreis von 36.700 Euro. Dabei übergab der Angeklagte K. dem Angeklagten P.
28.150 Euro Bargeld als Bezahlung für die vorangegangene Lieferung (Fall II.4 der Urteilsgründe).
5
2. Soweit das Landgericht den Angeklagten P. wegen zwei Fällen der Beihilfe zum Handeltreiben in nicht geringer Menge verurteilt hat, hält dies rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
6
Dadurch, dass der Angeklagte K. am 17. Oktober 2013 das ihm Ende August 2013 auf Kommissionsbasis überlassene Marihuana bei der Übergabe der erneuten Rauschgiftlieferung bezahlt hat, trafen beide Rauschgiftgeschäfte in einem Handlungsteil zusammen, da auch die Zahlungsvorgänge tatbestandlich Handlungsteile des Handelstreibens sind (vgl. BGH NStZ 2011, 97 m.w.N.). Zwischen beiden Betäubungsmittelgeschäften besteht deshalb Tateinheit mit der Folge, dass sich die Unterstützungshandlungen des Angeklagten P. auf eine einzige Haupttat des Lieferanten "M. " bezogen und somit auch nur ein einheitliches Beihilfedelikt darstellen (BGH NStZ 2014, 465).
7
Der Schuldspruch war dementsprechend zu ändern. Die Vorschrift des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil der Angeklagte sich gegen diese Verurteilung nicht anders hätte verteidigen können.
8
Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe. Die der Strafzumessung zugrunde gelegten Feststellungen sind von der unzutreffenden konkurrenzrechtlichen Bewertung nicht betroffen und können bestehen bleiben. Allerdings wird der neue Tatrichter bei der Bestimmung des anzuwendenden Strafrahmens genauer als bisher geschehen zu erwägen und darzulegen haben, ob gegebenenfalls auch ohne Berücksichtigung der vertypten Strafmilderungsgründe der §§ 27 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB und § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG, § 49 Abs. 1 StGB bzw. unter Verbrauch nur eines dieser beiden vertypten Strafmilderungsgründe bereits die Annahme eines min- der schweren Falles gemäß § 29 a Abs. 2 BtMG in Betracht kommt mit der Folge , dass gegebenenfalls eine weitere Strafrahmenverschiebung vorzunehmen wäre.
9
3. Die Entscheidung ist gemäß § 357 StPO auf den nicht revidierenden Mitangeklagten K. zu erstrecken. Die konkurrenzrechtlichen Erwägungen, die zu der Schuldspruchänderung bei dem Angeklagten P. geführt haben, bedingen auch eine entsprechende Änderung des Schuldspruchs bei dem Angeklagten K. . Dies führt zum Wegfall der Einzelstrafen für die Fälle II.3 und II.4 der Urteilsgründe sowie des Gesamtstrafenausspruchs. Die der Strafzumessung zugrunde liegenden Feststellungen und die für die übrigen Taten des Angeklagten K. verhängten Einzelstrafen bleiben - weil von der fehlerhaften konkurrenzrechtlichen Bewertung nicht betroffen - aufrechterhalten. Fischer Appl Eschelbach Ott Zeng
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nummer 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. § 46b Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.