Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Sept. 2013 - 2 StR 353/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat die Angeklagte wegen versuchten gewerbsmäßigen Bandenbetruges in vier Fällen, davon in zwei Fällen in zwei jeweils tateinheitlich zusammentreffenden Fällen und unter Einbeziehung einer Geldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten hat den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
- 2
- 1. Der Schuldspruch weist aus den vom Generalbundesanwalt dargelegten Gründen keinen Rechtsfehler auf.
- 3
- 2. Dagegen begegnet der Strafausspruch im Fall II.4 der Urteilsgründe durchgreifenden rechtlichen Bedenken, soweit die Strafkammer davon abgesehen hat, eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB vorzunehmen.
- 4
- Zur Begründung hat das Landgericht "anhand einer Gesamtwürdigung der Tatumstände" berücksichtigt, die Tat sei bereits so weit fortgeschritten gewesen , dass die Angeklagte an der Haustür erschienen und bereit gewesen sei, das von der Geschädigten abgehobene Geld in Empfang zu nehmen. Aufgrund dieser eingetretenen "Vollendungsnähe" habe die Strafkammer den Regelstrafrahmen des § 263 Abs. 5 StGB zugrunde gelegt.
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- Dies genügt den Anforderungen an die Strafrahmenwahl bei einem Versuch nicht. Dabei hat das Tatgericht neben der Persönlichkeit des Täters die Tatumstände im weitesten Sinne und dabei vor allem die versuchsbezogenen Gesichtspunkte, namentlich insbesondere die Nähe zur Tatvollendung, die Gefährlichkeit des Versuchs und die eingesetzte kriminelle Energie, in einer Gesamtschau umfassend zu würdigen (vgl. BGHSt 16, 351, 353; 35, 347, 355; 36, 1, 18; BGHR StGB § 23 Abs. 2 Strafrahmenverschiebung 4, 9, 12, 13; BGH NStZ-RR 2010, 305, 306. Hieran fehlt es. Die Strafkammer hat - ohne die an anderer Stelle aufgeführten strafmildernden Gesichtspunkte in den Blick zu nehmen - allein auf die eingetretene "Vollendungsnähe" abgestellt und damit nicht die nach der Rechtsprechung erforderliche Gesamtwürdigung vorgenommen. Hinzu kommt, dass die Gefahr einer Vollendung der Straftat angesichts der polizeilichen Begleitung der Tat, die schließlich auch zur Festnahme der Angeklagten führte, nicht bestand. Soweit der Generalbundesanwalt meint, mit der missverständlichen Formulierung der "Vollendungsnähe" habe das Landge- richt ersichtlich nur auf eine erhöhte kriminelle Energie der Angeklagten, aus deren Sicht die Tat unmittelbar vor dem Erfolg gestanden habe, abstellen wollen , lässt sich dies den Urteilsgründen nicht entnehmen. Im Übrigen erscheint es zweifelhaft, ob die Vornahme der zur Erlangung des Geldes vorgenommenen Handlungen im Fall II.4 tatsächlich eine gegenüber den anderen Fällen erhöhte kriminelle Energie belegen kann. Denn in diesen Fällen war die Angeklagte gleichermaßen bereit, alles zur Erfolgsvollendung Erforderliche zu tun, hatte nur keine Gelegenheit dazu, weil die Opfer die Täuschung erkannt und die Polizei eingeschaltet hatten.
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- Angesichts der fehlerhaften Strafrahmenwahl kommt es nicht mehr darauf an, ob das Landgericht die Höhe der Strafe im Fall II.4 im Vergleich zu den anderen, erheblich milder bestraften Taten ordnungsgemäß begründet hat. Allerdings ist es nicht unbedenklich, innerhalb des wegen der Erfolgsnähe nicht verschobenen Strafrahmens die Erfolgsnähe neuerlich zu Lasten der Angeklagten zu gewichten (vgl. BGH, Beschluss vom 13. April 2010 - 5 StR 113/10).
- 7
- 3. Der Wegfall der Einzelstrafe im Fall II.4 führt zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht; sie sind von dem Wertungsfehler nicht betroffen. Appl Schmitt Krehl Eschelbach Zeng
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Annotations
(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.
(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).
(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, - 2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, - 3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt, - 4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder - 5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.
(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) (weggefallen)
(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.
(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).
(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).