Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Aug. 2012 - 2 StR 290/12
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 2
- 1. Das Landgericht hat eine Strafrahmenmilderung nach § 213 Alt. 2 StGB rechtsfehlerhaft nicht geprüft. Ungeachtet der vorliegenden allgemeinen Strafmilderungsgründe hätte sich das Landgericht zu der Erörterung gedrängt sehen müssen, ob nicht unter Berücksichtigung des vertypten Strafmilderungsgrundes des § 21 StGB die Voraussetzungen eines "sonst minderschweren Fal- les" des Totschlages nach § 213 Alt. 2 StGB vorlagen. Erst wenn sie danach keinen minderschweren Fall für gerechtfertigt gehalten hätte, hätte sie - wie geschehen - den wegen des gegebenen gesetzlich vertypten Milderungsgrundes gemilderten Regelstrafrahmen der Strafzumessung zu Grunde legen dürfen (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2011 - 2 StR 218/11, NStZ 2012, 271; BGH, Beschluss vom 21. November 2007 - 2 StR 449/07, NStZ-RR 2008, 105; Fischer, StGB, 59. Aufl. 2012, § 50 Rn. 4 mwN). Diese rechtlich zwingende Prüfungsreihenfolge hat das Landgericht nicht beachtet.
- 3
- 2. Der Strafausspruch kann auf diesem Rechtsfehler beruhen. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafkammer bei zusätzlicher Heranziehung des vertypten Strafmilderungsgrundes des § 21 StGB einen minderschweren Fall im Sinne des § 213 Alt. 2 StGB bejaht hätte. Zwar hat die Strafkammer den nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Regelstrafrahmen des § 212 StGB (zwei Jahre bis elf Jahre drei Monate Freiheitsstrafe) angewandt. Der Senat kann aber nicht ausschließen, dass der Tatrichter unter Zugrundlegung des Strafrahmens des § 213 StGB (ein Jahr bis zehn Jahre Freiheitsstrafe) zu einer niedrigeren Strafe als der verhängten Freiheitsstrafe von zehn Jahren gelangt wäre. Da die den Strafausspruch zugrunde liegenden Feststellungen rechts- fehlerfrei getroffen sind, hat der Senat sie aufrechterhalten. Der zu neuer Verhandlung und Entscheidung berufene Tatrichter kann ergänzende Feststellungen treffen.
moreResultsText
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
- 1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. - 2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. - 3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.
War der Totschläger ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden oder liegt sonst ein minder schwerer Fall vor, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.