Bundesgerichtshof Beschluss, 13. März 2018 - 2 StR 286/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 13. März 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue, versuchter Anstiftung zur Falschaussage in Tateinheit mit versuchter Strafvereitelung sowie versuchter Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt, ein Berufsverbot von zwei Jahren Dauer angeordnet und ihn im Übrigen freigesprochen. Die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des Maßregelausspruchs; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 2
- 1. Der auf die Fehlerhaftigkeit des angeordneten Selbstleseverfahrens gestützten Verfahrensbeanstandung bleibt aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift dargelegten Gründen der Erfolg versagt.
- 3
- 2. Die Überprüfung des Schuldspruchs hat Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ergeben. Auch der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Das Landgericht hat zwar bei seiner Strafbemessung – worauf die Revision zutreffend hinweist – drohende berufsrechtliche Sanktionen nach § 114 Abs. 1 BRAO nicht ausdrücklich in den Blick genommen (vgl. insoweit Senat, Beschluss vom 11. April 2013 – 2 StR 506/12 mwN). Dies stellt vorliegend aber keinen durchgreifenden Rechtsfehler dar, weil das Landgericht – darüber hinausgehend – zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt hat, dass die berufliche Stellung des Angeklagten als Strafverteidiger, aber auch überhaupt als Rechtsanwalt, der wegen Veruntreuung von Mandantengeldern verurteilt worden ist, „ruiniert“ sei. Es hat damit umfassend in den Blick genommen, welche Folgen die Verurteilung für seine berufliche Existenz hat. Angesichts dessen war es hier nicht erforderlich, in der Strafzumessung auf mögliche berufsrechtliche Konsequenzen näher einzugehen.
- 4
- 3. Hingegen hält der Maßregelausspruch rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Anordnung des Berufsverbots nach § 70 Abs. 1 Satz 1, 1. Var. StGB weist einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
- 5
- Das Landgericht hat seine im Rahmen des § 70 StGB anzustellende Persönlichkeitsprognose wesentlich auch darauf gestützt, dass der Angeklagte weder geständig gewesen sei noch Reue gezeigt habe. Er habe vielmehr sogar angegeben, gewusst zu haben, dass er das Geld hätte herausgeben müssen. Er habe dies aber nicht gewollt. Dennoch habe er die Auffassung vertreten, sein Verhalten erfülle nicht den Tatbestand der Untreue. Darin hat das Landgericht ein als „trotzig“ zu bezeichnendes Verhalten gesehen, das eine „tiefgehende charakterliche Ungeeignetheit des Angeklagten im Umgang mit fremden Vermögenswerten“ belege. Mit diesen Erwägungen hat die Strafkammer dem Angeklagten letztlich sein Verteidigungsverhalten angelastet, indem sie die von ihm weiter ausgehende Gefahr auch auf sein Verteidigungsvorbringen zu dem gegen ihn erhobenen Tatvorwurf gestützt hat. Dies ist aber nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch im Hinblick auf die Gefährlichkeitsprognose beim Berufsverbot nicht zulässig (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2003 – 3 StR 276/03, StV 2004, 80).
- 6
- Die Sache bedarf deshalb im Hinblick auf das Berufsverbot neuer Verhandlung und Entscheidung. Dabei wird der neue Tatrichter in die nach § 70 Abs. 1 StGB gebotene Gesamtwürdigung auch die vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift genannten Gesichtspunkte einzubeziehen haben.
- 7
- Gegebenenfalls wird auch zu erörtern sein, ob der von dem Angeklagten ausgehenden Gefahr der Begehung weiterer erheblicher rechtswidriger Taten mit dem Verbot einer selbständigen Tätigkeit als Rechtsanwalt hinreichend begegnet werden kann.
moreResultsText
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Anwaltsgerichtliche Maßnahmen sind bei Verfahren gegen Rechtsanwälte
- 1.
Warnung, - 2.
Verweis, - 3.
Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro, - 4.
Verbot, auf bestimmten Rechtsgebieten als Vertreter oder Beistand für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren tätig zu werden, - 5.
Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft.
(2) Anwaltsgerichtliche Maßnahmen sind bei Verfahren gegen Berufsausübungsgesellschaften
- 1.
Warnung, - 2.
Verweis, - 3.
Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro, - 4.
Verbot, auf bestimmten Rechtsgebieten für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren als Vertreter oder Beistand tätig zu werden, - 5.
Aberkennung der Rechtsdienstleistungsbefugnis.
(3) Die anwaltsgerichtlichen Maßnahmen des Verweises und der Geldbuße können nebeneinander verhängt werden.
(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er unter Mißbrauch seines Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbundenen Pflichten begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so kann ihm das Gericht die Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren verbieten, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und der Tat die Gefahr erkennen läßt, daß er bei weiterer Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges erhebliche rechtswidrige Taten der bezeichneten Art begehen wird. Das Berufsverbot kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht.
(2) War dem Täter die Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges vorläufig verboten (§ 132a der Strafprozeßordnung), so verkürzt sich das Mindestmaß der Verbotsfrist um die Zeit, in der das vorläufige Berufsverbot wirksam war. Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten.
(3) Solange das Verbot wirksam ist, darf der Täter den Beruf, den Berufszweig, das Gewerbe oder den Gewerbezweig auch nicht für einen anderen ausüben oder durch eine von seinen Weisungen abhängige Person für sich ausüben lassen.
(4) Das Berufsverbot wird mit der Rechtskraft des Urteils wirksam. In die Verbotsfrist wird die Zeit eines wegen der Tat angeordneten vorläufigen Berufsverbots eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten. Die Zeit, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist, wird nicht eingerechnet.