Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Aug. 2012 - 2 StR 277/12
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- Nach den Urteilsfeststellungen legte der Angeklagte ab März 2011 in seiner Wohnung ein Kokaindepot an, um das Kokain in Form von so genannten Bubbles mit Gewinn weiterzuverkaufen. Das Depot füllte er mehrfach mit neu erworbenen Kokainmengen auf. So erwarb er Anfang März 2011 100 g, am 9. April 2011 nochmals 100 g, am 10. April 2011 500 g, am 16. April 2011 300 g und danach weitere 700 g Kokaingemisch mit einem Wirkstoffanteil von jeweils mindestens 50 % Kokainhydrochlorid. Zurzeit seiner Festnahme am 19. August 2011 besaß er noch 955,5 g Kokaingemisch.
- 3
- Das Landgericht ist im Hinblick auf die sukzessive Auffüllung des Drogenvorrats davon ausgegangen, dass der Angeklagte insgesamt nur eine Tat im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG begangen habe. Dagegen bestehen rechtliche Bedenken. Beim wiederholten Rauschgifterwerb zum Weiterverkauf in Kleinmengen sind die Handlungen des Käufers grundsätzlich nicht als eine Tat im Sinne einer Bewertungseinheit anzusehen. Dies gilt selbst dann, wenn die einzelnen Portionen von einem Lieferanten erworben werden, der sie seinerseits aus einem einheitlichen Vorrat entnommen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 – 1 StR 587/09, NStZ-RR 2011, 25, 26). Alleine der gleichzeitige Besitz mehrerer Drogenmengen verbindet die hierauf bezogenen Handlungen nicht zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens (vgl. Senat, Beschluss vom 20. Februar 2008 – 2 StR 619/07, NStZ 2008, 470). Deshalb führt auch das wiederholte Auffüllen eines Betäubungsmittelvorrats nicht zur Verklammerung der Erwerbsakte zu einer Bewertungseinheit (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Mai 2000 – 3 StR 162/00, NStZ 2000, 540 f.). Auf die Zahl der Einzelverkäufe kommt es hier nicht an (vgl. BGH, Beschluss vom 5. März 2002 – 3 StR 491/01, NJW 2002, 1810 f.). Bei allen Einkaufsmengen handelte es sich um nicht geringe Mengen. Danach wäre von fünf Taten im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG auszugehen statt nur von einer derartigen Tat.
- 4
- Die Annahme nur einer Tat durch das Landgericht beschwert den Angeklagten jedoch auch im Hinblick darauf, dass das Landgericht das Verfahren durch Beschluss vom 21. März 2012 gemäß § 154a Abs. 2 StPO auf den abgeurteilten Vorwurf beschränkt hat, hier nicht. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht bei zutreffender Bewertung der Konkurrenzlage zu einer milderen (Gesamt-)Freiheitsstrafe gelangt wäre. Es hatte im Rahmen der gemäß § 257c StPO getroffenen Verständigung - noch vor Umgestaltung der Strafklage zur Annahme einer Bewertungseinheit - zugesagt, eine Gesamtfreiheitsstrafe zwi- schen vier Jahren und sechs Monaten sowie fünf Jahren und sechs Monaten zu verhängen. Die tatsächlich ausgesprochene Freiheitsstrafe entspricht der Untergrenze dieses Rahmens.
Eschelbach Ott
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre Betäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,
- 1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder - 2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.
(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.
(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.
(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.
(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.
(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.
(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.