Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Nov. 2012 - 2 StR 201/12
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung früher verhängter Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Zum Schuldspruch hat die Überprüfung des Urteils aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
- 3
- 2. Das Urteil kann jedoch keinen Bestand haben, soweit eine Entscheidung zur Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist. Der Generalbundesanwalt hat dazu ausgeführt: "Ein durchgreifender Rechtsfehler liegt indes darin, dass sich das Landgericht nicht mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob bei dem Angeklagten eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB neben der Freiheitsstrafe anzuordnen war. Die von der Strafkammer festgestellten Umstände zur Drogenabhängigkeit des Angeklagten und zu Entzugserscheinungen nach dessen Inhaftierung (UA S. 3) legen einen "Hang" des Angeklagten zum Missbrauch von Betäubungsmitteln im Sinne des § 64 StGB jedenfalls nahe. Da der Angeklagte mit seinem Beuteanteil Drogen zum Eigenkonsum erworben hat, ist zudem der gemäß § 64 StGB erforderliche Symptomwert der abgeurteilten Tat für den Hang des Angeklagten, Drogen im Übermaß zu sich zu nehmen, nicht von der Hand zu weisen. Den Gründen des angefochtenen Urteils lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob die weiteren Voraussetzungen des § 64 StGB (Gefährlichkeitsprognose, Erfolgsaussicht) erfüllt sind. Aufgrund der seit 2009 bestehenden Drogenabhängigkeit und der Schwere der Anlasstat erscheint aber die Gefahr suchtbedingter und erheblicher weiterer Straftaten jedenfalls nicht von vorneherein ausgeschlossen. Da der Angeklagte selbst seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anstrebt, dürfte zudem eine konkrete Erfolgsaussicht bestehen. Das angefochtene Urteil ist im Maßregelausspruch aufzuheben, weil letztlich nicht auszuschließen ist, dass der neue Tatrichter bei Vorliegen der Voraussetzungen von der Soll-Bestimmung des § 64 StGB im Sinne des Angeklagten Gebrauch macht (siehe Fischer StGB 59. Auflage § 64 Rn 22) und die Maßregel anordnet. Einer etwaigen Nachholung der Unterbringung steht nicht entgegen , dass ausschließlich der Angeklagte Revision eingelegt hat (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO). Die unterlassene Prüfung der Voraussetzungen des § 64 StGB führt zur Aufhebung des Urteils auch im Ausspruch über die Einzelstrafe in Bezug auf die verfahrensgegenständliche Tat und im Ausspruch über die Gesamtstrafe. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Einzelstrafe niedriger ausgefallen wäre, hätte die Strafkammer die Voraussetzungen des § 64 StGB bejaht und die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Auf diese Weise wird zudem eine sachgerechte Abstimmung von Strafe und Maßregel ermöglicht (BGH Beschluss vom 12. April 2012 - 5 StR 87/12)."
- 4
- Dem schließt sich der Senat an.
moreResultsText
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.