Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Juni 2013 - 2 StR 104/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
a) in den Einzelstrafaussprüchen zur Tat II.3 der Urteilsgründe ,
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafen und
c) jeweils im Ausspruch über die Dauer des Vorwegvollzugs der Strafen vor Vollziehung der Maßregel. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel und die dem Nebenkläger dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Mordes (Tat II.3 der Urteilsgründe), vorsätzlicher Körperverletzung und Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt, seine Unterbringung in einer Ent- ziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass fünf Jahre der Freiheitsstrafe vor Vollziehung der Maßregel vollstreckt werden; den Angeklagten R. hat es wegen Mordes (Tat II.3 der Urteilsgründe) und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Jahren und zwei Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass drei Jahre und sieben Monate der Freiheitsstrafe vor Vollziehung der Maßregel vollstreckt werden. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, die sie jeweils wirksam auf die Verurteilung wegen Mordes sowie auf die erkannte Unterbringung in einer Entziehungsanstalt beschränkt haben. Die jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Nach den Feststellungen zur Tat II.3 der Urteilsgründe wollten die beiden Angeklagten dem späteren Tatopfer, einem ihnen bekannten Obdachlosen , eine gewaltsame Abreibung erteilen. Sie schlugen dem Geschädigten zunächst gemeinsam mehrfach mit der Faust ins Gesicht, bis er zu Boden ging und dort wehrlos liegen blieb. Nunmehr traten sie gemeinsam – teilweise gleichzeitig – aus bloßer Freude an der Ausübung körperlicher Gewalt mit beschuhten Füßen mehrfach mit mindestens bedingtem Tötungsvorsatz wuchtig gegen den Kopf des Tatopfers ein. Das Tatopfer, das durch die sein Gesicht bis zur Unkenntlichkeit entstellenden Misshandlungen u.a. ein schweres Schädel -Hirn-Trauma und multiple Frakturen am Kopf sowie massive innere Blutungen erlitt, verstarb noch am Tatort an den Folgen der Gewalteinwirkung.
- 3
- Die – sachverständig beratene – Schwurgerichtskammer ist davon ausgegangen , dass beide Angeklagte aufgrund ihrer Alkoholisierung (Blutalkohol- konzentration zur Tatzeit von 3,39 ‰ bzw. 3,50 ‰) in ihrer Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert waren (§ 21 StGB). In der Strafzumessung hat sie zu Las- ten beider Angeklagten gewertet, dass sie besonders brutal vorgegangen seien.
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- 2. Diese Strafzumessungserwägung begegnet unter den hier gegebenen Umständen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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- Nach ständiger Rechtsprechung darf die Art der Tatausführung einem Angeklagten nur dann ohne Abstriche strafschärfend zur Last gelegt werden, wenn sie in vollem Umfang vorwerfbar ist, nicht aber, wenn ihre Ursache in einer von ihm nicht oder nur eingeschränkt zu vertretenen geistig-seelischen Beeinträchtigung liegt (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2000 – 1 StR 223/00, StV 2001, 615; Urteil vom 17. Juli 2003 – 4 StR 105/03, NStZ-RR 2003, 294; Beschluss vom 8. Oktober 2002 – 5 StR 365/02, NStZ-RR 2003, 104; Beschluss vom 31. Januar 2012 – 3 StR 453/11, NStZ-RR 2012, 169; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 46 Rn. 32). Damit, ob den Angeklagten die ihnen vorgeworfene "besondere Brutalität" ihres Vorgehens trotz ihrer Rauschzustände, die ihre erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit begründet haben, uneingeschränkt vorwerfbar ist, setzt sich das Urteil indes nicht auseinander. Sie kann jeweils auch Ausdruck der verminderten Schuldfähigkeit gewesen sein. Dass das Landgericht diese Möglichkeit bei der strafschärfenden Berücksichtigung der Art der Tatausführung übersehen oder aus den Augen verloren haben könnte, lässt sich hier auch aus der Gesamtschau der Strafzumessungserwägungen nicht ausschließen.
- 6
- 3. Die Aufhebung der Strafaussprüche zur Tat II.3 der Urteilsgründe hat die Aufhebung der verhängten Gesamtfreiheitsstrafen und der Entscheidungen über die Dauer des Vorwegvollzugs der Freiheitsstrafe vor der Maßregel zur Folge.
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- Die der Strafzumessung zu Grunde liegenden rechtsfehlerfrei getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht berührt und können daher aufrechterhalten bleiben; ergänzende, zu den bisherigen Feststellungen nicht in Widerspruch stehende Feststellungen bleiben zulässig.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.