Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Feb. 2002 - 1 StR 9/02
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
1. Der Angeklagte wurde wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt; seine Fahrerlaubnis wurde entzogen und eine Sperrfrist für deren Neuerteilung festgesetzt. Seine auf die Sachrüge gestützte Revision bleibt überwiegend erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO). Revision und Generalbundesanwalt machen jedoch zutreffend geltend, daß die Jugendkammer eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) nicht geprüft hat (§ 349 Abs. 4 StPO, vgl. BGHSt 37, 5).2. Der Angeklagte ist heroinabhängig. Er ist wiederholt wegen Verstößen gegen das BtMG verurteilt worden, zuletzt im Januar 2001 zu einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe. Die jetzt abgeurteilten Taten, bewaffnete Überfälle auf Tankstellen, hat er wenige Wochen nach dieser Verurteilung "aufgrund seiner Betäubungsmittelabhängigkeit begangen". Sie wurden durch Entzugserscheinungen ausgelöst ; von der Beute erwarb der Angeklagte alsbald Heroin zum Eigenverbrauch. Unter diesen Umständen liegt, wie auch der Generalbundesanwalt im einzelnen zutreffend ausgeführt hat, die Notwendigkeit einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nahe. Es ist typisch für eine hangbedingte Gefährlichkeit, wenn der Täter straffällig wird, um in den Besitz von Rauschmitteln oder - wie hier - in den Besitz des für ihre Beschaffung notwendigen Geldes zu kommen (vgl. nur BGH, Urteil vom 18. Februar 1997 - 1 StR 693/96; Hanack in LK 11. Aufl. § 64 Rdn. 37 m.w.N.). Erwägungen zu einer Anordnung gemäß § 64 StGB waren auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Jugendkammer nach sachverständiger Beratung von uneingeschränkter Schuldfähigkeit des Angeklagten ausgegangen ist. Eine suchtbedingte Abhängigkeit kann auch dann die Annahme eines Hanges im Sinne des § 64 StGB begründen, wenn sie nicht den Schweregrad einer seelischen Störung im Sinne der §§ 20, 21 StGB erreicht (vgl. Tröndle/Fischer StGB 50. Aufl. § 64 Rdn. 3 m.w.N.). Der Angeklagte hat sich allerdings bereits einmal einer Therapie unterzogen und ist rückfällig geworden. Dies steht der erforderlichen hinreichend konkreten Aussicht auf einen Behandlungserfolg (BVerfGE 91, 1 ff.) jedoch nicht notwendig entgegen (vgl. BGH NStZ-RR 1997, 131 f.).
3. Der aufgezeigte Rechtsfehler führt nur dazu, daû über die Notwendigkeit einer Unterbringung neu verhandelt werden muû, im übrigen bleibt der Rechtsfolgenausspruch unberührt. Es ist ausgeschlossen, daû die Jugendkammer , die die Betäubungsmittelabhängigkeit des Angeklagten strafmildernd berücksichtigt hat, bei Anordnung der Unterbringung geringere Einzelstrafen oder eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte. 4. Da sich das Verfahren nur noch gegen einen Erwachsenen richtet, verweist der Senat die Sache an eine allgemeine Strafkammer zurück (BGHSt 35, 267). Schäfer Wahl Schluckebier Kolz Hebenstreit
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.