Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Dez. 2008 - 1 StR 664/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Sachrüge. Die Revision führt zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs. Die weitergehende Revision hat keinen Erfolg.
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- 1. Nach den Feststellungen übernahm der Angeklagte im April 1999 von seinen Eltern die Leitung eines Immobilienmaklerunternehmens in Nürnberg. Zu diesem Zeitpunkt wurde er von seinem Vater darüber unterrichtet, dass ein Großteil der Umsätze des Unternehmens auf Aufträgen der G. V. beruht. Allerdings hatte bereits im Jahr 1995 der zuständige Mitarbeiter der G. V. , welcher für diese die Makleraufträge erteilte, die weitere Beauftragung davon abhängig gemacht, dass ein jeweils erheblicher Teil der Provisionszahlungen an ihn ausgekehrt würde. Dementsprechend hatte dieser gesondert strafverfolgte Mitarbeiter jeweils Rechnungen über angebliche Beratungsleistungen gestellt, welche dann vom Vater des Angeklagten beglichen wurden.
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- Diese Praxis übernahm der Angeklagte und zahlte in den Jahren 1999 bis 2003 in acht Fällen insgesamt 1.079.816 Euro an den Versicherungsmitarbeiter. Dabei hatten im Jahr 2003 die Umsätze aus der Vermittlung von Grundstücksverkäufen der G. V. etwa 80 Prozent der Gesamtumsätze der Maklerfirma ausgemacht. Nachdem dann der Sachverhalt bekannt wurde, machte die G. L. AG gegen den Angeklagten Forderungen in Höhe von 1.117.782 Euro wegen der vorgenannten Zahlungen geltend. Aufgrund eines am 22./ 29. Juli 2004 geschlossenen Vergleichs zahlte der Angeklagte an die Lebensversicherung 200.000 Euro und verpflichtete sich zusätzlich, weitere 100.000 Euro an die Versicherung zu zahlen, falls die Steuerbescheide bestandskräftig werden, durch welche Vorsteuerabzug und Betriebsausgaben der Firma des Angeklagten anerkannt worden waren.
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- 2. Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hat im Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
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- Demgegenüber kann der Strafausspruch keinen Bestand haben (§ 345 Abs. 4 StPO). Zwar hat das Landgericht aufgrund der vergleichsweisen Zahlung des Angeklagten von 200.000 Euro an die Lebensversicherung eine Anwendung des § 46a StGB geprüft, diese jedoch abgelehnt, weil die Zahlung „im Wege des Vergleichs zur Abgeltung von Schadensersatzansprüchen“ erfolgt sei, „so dass § 46a StGB keine Anwendung findet“ (UA S. 7). Diese Begründung für die Ablehnung der Voraussetzungen des § 46a StGB ist aber nicht frei von Rechtsfehlern. Zwar darf Wiedergutmachung im Sinne von § 46a StGB nicht mit dem zivilrechtlichen Schadensersatz gleichgesetzt werden, sondern es wird weiterhin ein kommunikativer Prozess zwischen Täter und Opfer vorausgesetzt (MünchKomm-StGB/Franke § 46a Rdn. 11). Die Annahme eines solchen kommunikativen Prozesses liegt vorliegend schon deshalb dadurch nahe, dass die Beteiligten letztlich erfolgreiche Vergleichsverhandlungen geführt haben.
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- Unabhängig davon, ob der G. V. überhaupt ein Schadensersatzanspruch gegen den Angeklagten zugestanden hat, liegen im Verhältnis zu ihr zumindest die Voraussetzungen des § 46a Nr. 2 StGB vor. Der Angeklagte hat einen nicht unerheblichen Teil des in erster Linie durch den gesondert verfolgten ehemaligen Mitarbeiter der Versicherung verursachten Schadens ersetzt. In diesem Zusammenhang ist zu sehen, dass er die Vergleichssumme aufbrachte, obgleich im selben Zeitraum der Wegfall der Aufträge der G. V. erhebliche Einnahmeverluste für seine Firma mit sich brachte und diese dadurch in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet. Auch angesichts des Umstandes, dass die Familie seinerzeit das zweite Kind erwartete , hat der Angeklagte durch den freiwilligen Einsatz von Vermögen seinen Willen zur Schadenswiedergutmachung dokumentiert. Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Situation seiner Firma war die von ihm erbrachte Leistung auch erheblich (vgl. BGH NJW 2001, 2557, 2558 m.w.N.). Dass der Angeklagte im Verhältnis zur G. V. weniger als die Hälfte des Beste- chungsschadens ersetzt hat, ändert hieran deswegen nichts, weil der gesondert verfolgte ehemalige Mitarbeiter der Versicherung ebenfalls Schadensersatz geleistet hat und zudem der Angeklagte von ihm zu den Provisionszahlungen letztlich nur durch die Drohung veranlasst wurde, ansonsten würden keine Aufträge mehr erteilt, und auch die Initiative von Anfang an von diesem Mitarbeiter ausging.
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- 3. Die Auffassung des Landgerichts, der „vertypte Milderungsgrund“ des § 46a StGB liege nicht vor, ist somit rechtsfehlerhaft. Der Senat kann nicht sicher ausschließen, dass die Einzelstrafaussprüche bei Anwendung der §§ 46a, 49 Abs. 1 StGB niedriger ausgefallen wären. Auch durch die von der Strafkammer vorgenommene allgemeine strafmildernde Berücksichtigung der Vergleichszahlungen kann hier ein Beruhen der Strafen auf dem Rechtsfehler letztlich nicht ausgeschlossen werden.
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- Die Aufhebung der Einzelstrafen zieht die Aufhebung des Gesamtstrafausspruchs nach sich. Über diese Einzelstrafen und die Gesamtstrafe ist neu zu befinden, wobei das neu zur Entscheidung berufene Tatgericht angesichts der Gesamtumstände, insbesondere der bisherigen Straflosigkeit des Angeklagten , auch eine Strafaussetzung zur Bewährung zu prüfen haben wird, sofern im Übrigen die Voraussetzungen des § 56 StGB gegeben sein sollten.
Elf Graf
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. Die Revisionsbegründungsfrist verlängert sich, wenn das Urteil später als einundzwanzig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen Monat und, wenn es später als fünfunddreißig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen weiteren Monat. War bei Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels das Urteil noch nicht zugestellt, so beginnt die Frist mit der Zustellung des Urteils und in den Fällen des Satzes 2 der Mitteilung des Zeitpunktes, zu dem es zu den Akten gebracht ist.
(2) Seitens des Angeklagten kann dies nur in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle geschehen.
Hat der Täter
- 1.
in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder - 2.
in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
- 1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. - 2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. - 3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.
(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.
(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.
(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.
(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.