Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Sept. 2009 - 1 StR 451/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Der Schuldspruch und die Bestimmung der Einzelstrafe sind aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 19. August 2009 dargelegten Gründen frei von Rechtsfehlern.
- 2
- Dagegen hält die Bildung der nachträglichen Gesamtstrafe der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 3
- Der Generalbundesanwalt hat hierzu ausgeführt:
- 4
- "Die Strafkammer hat zwar zutreffend der Verurteilung vom 24. Mai 2006 durch das Amtsgericht Mühldorf a. Inn (UA S. 7, 20) eine Zäsurwirkung beigemessen. Sie hat auch gesehen, dass vier der fünf Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts München vom 13. November 2008 (UA S. 7ff., 20) in die Verurteilung des Amtsgerichts Mühldorf einzubeziehen gewesen wären, weil der Angeklagte diese Taten vor dem 24. Mai 2006 begangen hat. Sie hat gleichwohl aus Rechtsgründen von einer Einbeziehung dieser vier Einzelstrafen in die Verurteilung des Amtsgerichts Mühldorf abgesehen. Stattdessen hat sie nach Auflösung der Gesamtstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts München die fünf Einzelstrafen mit der Einsatzstrafe aus dem vorliegenden Verfahren zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verbunden.
- 5
- Dieser Rechtsansicht des Landgerichts ist nicht zu folgen. § 55 StGB ermächtigt und verpflichtet den Tatrichter, in rechtskräftige frühere Gesamtstrafen einzugreifen; die Rechtskraft einer Gesamtstrafe stellt auch dann kein Hindernis dar, wenn nicht alle in ihr zusammengefassten Einzelstrafen in eine neue Gesamtstrafe einzubeziehen sind, sie vielmehr zu verschiedenen Gesamtstrafen zusammengefügt werden oder als Einzelstrafe bestehen bleiben sollen (vgl. Senat in BGHSt 35, 243 m.w.N.; BGH NStZ-RR 2004, 137; NStZ 1996, 329).
- 6
- Vier der fünf vom Amtsgericht München ausgesprochenen Einzelstrafen waren deshalb mit der vorliegenden Tat nicht gesamtstrafenfähig, weil die Straftaten vor dem 24. Mai 2006 begangen wurden. Aus diesen vier Einzelstrafen wäre gemeinsam mit der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Mühldorf eine gesonderte Gesamtfreiheitsstrafe festzusetzen. Lediglich eine Einzelstrafe von einem Monat aus dem Urteil des Amtsgerichts München (Tatzeit: 19. Mai 2007) kann deshalb mit der Einsatzstrafe aus dem vorliegenden Verfahren zu einer Gesamtstrafe verbunden werden."
- 7
- Dem schließt sich der Senat an.
- 8
- Ergänzend wird auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 17. Juli 2001 - 4 StR 212/01 - verwiesen.
- 9
- Zur Kostenentscheidung wird auf BGHR StPO § 354 Abs. 1b Satz 1 Entscheidungen 2 verwiesen. Nack Kolz Hebenstreit Elf Sander
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.
(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).
(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.
(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.
(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.