Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Okt. 2019 - 1 StR 407/19
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Oktober 2019 nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts ‒ zu 3. auf dessen Antrag ‒ gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Darüber hinaus hat es die „Einziehung des Wertersatzes“ in Höhe von 41.300 Euro angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich die mit der Sachrüge begründete Revision des Angeklagten.
- 2
- Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 3
- 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts erwarb der Angeklagte an fünf Tagen im Zeitraum vom 7. November 2017 bis zum 13. Dezember 2017 in drei Fällen jeweils ein Kilogramm und in zwei weiteren Fällen 1.200 und 1.800 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 10 % Tetrahydrocannabinol und veräußerte das Marihuana mit Gewinn weiter. Der Lieferant B. übergab dem Angeklagten das Marihuana „größtenteils auf Kommission , das heißt unter Verrechnung mit erfolgten Teilzahlungen bei Folgeliefe- rungen… Diesich daraus ergebenden o.g. Kaufpreise wurden jedoch größtenteils an den anderweitig Verfolgten B. seitens des Angeklagten jedenfalls im Nachgang bezahlt.“
- 4
- 2. Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Bewertung der vorgenannten Taten als im Verhältnis der Tatmehrheit (§ 53 StGB) zueinander stehend wird von den zugrunde liegenden Feststellungen nicht getragen. Selbst ohne eine für alle Umsatzgeschäfte teilidentische Ausführungshandlung verbinden sich mehrere Handelsgeschäfte zu einer einheitlichen Tat im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit , wenn es im Rahmen einer bestehenden Lieferbeziehung zur Entgegennahme weiterer Betäubungsmittel aus Anlass der Bezahlung zuvor „auf Kom- mission“ erhaltener Rauschgiftmengen kommt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Juli 2017 – GSSt 4/17, BGHSt 63, 1 Rn. 28; vom 22. Mai 2019 – 4 StR 579/18 Rn. 3; vom 7. Mai 2019 – 2 StR 129/19 Rn. 3 und vom 13. August 2019 – 5 StR 359/19 Rn. 2). Damit käme ein tateinheitliches Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (in der jeweiligen Anzahl der Einzelgeschäfte) in Betracht, wenn im Rahmen einer bestehenden Handelsbeziehung bei Lieferung der neuen Betäubungsmittelmenge die vorangegangene bezahlt worden wäre. Allerdings verhalten sich die Urteilsgründe nicht eindeutig zu den Voraussetzungen einer natürlichen Handlungseinheit. Die Sache bedarf deshalb neuer Verhandlung und Entscheidung.
- 5
- 3. Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) und die der Einziehung sind von diesem Wertungsfehler nicht berührt und können ebenso wie die Feststellungen bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Allerdings zieht die Aufhebung des Strafausspruchs den Wegfall des angeordneten Vorwegvollzugs eines Teils der Strafe nach sich. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, die mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
Raum Bellay Fischer Bär Pernice
moreResultsText
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.