Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Apr. 2019 - 1 StR 37/19

published on 26/04/2019 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Apr. 2019 - 1 StR 37/19
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 37/19
vom
26. April 2019
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes
ECLI:DE:BGH:2019:260419B1STR37.19.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführerin am 26. April 2019 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 31. Oktober 2018 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen „schweren Raubes“ (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und acht Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete und auf die Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten hat Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
2
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
3
Die Angeklagte war am 12. Mai 2018 aus der Haft entlassen worden. Da sie mit dem Leben in Freiheit nicht zurecht kam und das ihr zur Verfügung stehende Übergangsgeld bereits verbraucht hatte, entschloss sie sich, mit einem – zum Zwecke der Selbstverteidigung angeschafften – Pfefferspray einen Raub zu begehen. Durch die Straftat wollte sie wieder in das „geregelte Leben der Justizvollzugsanstalt“ und zu ihrer dort nach wie vor inhaftierten Ehe- frau gelangen.
4
Vor diesem Hintergrund hielt die Angeklagte am 15. Mai 2018 in der Innenstadt von Augsburg gezielt nach einem möglichen Opfer Ausschau. Am Bahnhof erblickte sie die Geschädigte, die ein Mobiltelefon vom Typ Samsung Galaxy S7 in der Hand hielt, und entschloss sich, ihren Plan umzusetzen. Die Angeklagte ging auf die Geschädigte zu und sprühte ihr Pfefferspray ins Gesicht , um das Mobiltelefon an sich zu nehmen und es „ohne Berechtigung für sich behalten zu können“. Aufgrund der Beeinträchtigung durch das Pfeffer- spray und aus Angst vor weiteren Angriffen ließ die Geschädigte das Mobiltelefon nach kurzer Zeit los, so dass die Angeklagte das Gerät an sich nehmen konnte. Die Angeklagte flüchtete schnellen Schrittes einige Meter, wurde dann aber von einem Zeugen angehalten und schließlich von der Polizei festgenommen. Das entwendete Mobiltelefon wurde bei der Durchsuchung der Angeklagten in deren Hosentasche sichergestellt.
5
2. Die Annahme der Strafkammer, die Angeklagte habe zur Zeit der Wegnahme mit Zueignungsabsicht gehandelt, ist nicht tragfähig belegt. Sie steht im Widerspruch zu der Feststellung, die Angeklagte habe den Überfall begangen, um wieder inhaftiert zu werden.
6
Das Landgericht ist gestützt auf die geständige Einlassung der Angeklagten und Angaben von Zeugen zu der Flucht der Angeklagten bis zu deren Festnahme davon ausgegangen, der Angeklagten sei es darum gegangen, festgenommen und wieder in die Justizvollzugsanstalt verbracht zu werden. Eine Zueignungsabsicht scheidet aber aus, wenn der Täter die fremde bewegliche Sache nur wegnimmt, um sodann gestellt zu werden und die Sache sogleich wieder an den Eigentümer zurückgelangen zu lassen (vgl. BGH, Urteile vom 1. März 2012 – 3 StR 434/11 Rn. 13 und vom 25. Oktober 1968 – 4 StR 398/68, GA 1969, 306 f.). An der Zueignungsabsicht im Zeitpunkt der Wegnahme würde es daher fehlen, wenn die Angeklagte davon ausging, dass das Mobiltelefon infolge ihrer Ergreifung in der Folgezeit wieder an die Geschädigte zurückgelangen würde. Jedenfalls läge die erforderliche Aneignungsabsicht nicht vor, wenn die Angeklagte lediglich erwogen haben sollte, das Mobiltelefon für sich zu behalten oder zu verwerten, falls sie am Tatort nicht festgenommen wird. Dass die Aneignung vom Täter nur als mögliche Folge seines Verhaltens in Kauf genommen wird, reicht nicht aus. Vielmehr muss er sie für sich oder einen Dritten mit unbedingtem Willen erstreben (vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 2012 – 4 StR 541/11 Rn. 13 mwN). Bei dieser Sachlage käme die Annahme einer Zueignungsabsicht im Zeitpunkt der Wegnahme nur dann in Betracht, wenn die Festnahme lediglich ein (nachrangiges) Fernziel der Angeklagten gewesen wäre.
7
3. Der Rechtsfehler nötigt zur Aufhebung des Urteils mit den Feststellungen.
Raum Jäger Hohoff
Leplow Pernice
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn 1. der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,b) sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Wider
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn 1. der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,b) sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Wider
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.