Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Aug. 2004 - 1 StR 347/04

published on 31/08/2004 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Aug. 2004 - 1 StR 347/04
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 347/04
vom
31. August 2004
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. August 2004 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Stuttgart vom 24. März 2004 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Der Angeklagte ist nachts in einem Mehrfamilienhaus in eine Wohnung eingedrungen und hat dort Feuer gelegt, um sich an dem abwesenden Wohnungsinhaber zu rächen. Zur Tatzeit befanden sich insgesamt 16 Personen in dem Haus. Die Möglichkeit, daß diese durch die Tat zu Tode kommen könnten, hatte der Angeklagte billigend in Kauf genommen. Tatsächlich gerieten sie durch das sich rasch ausbreitende Feuer in äußerste Lebensgefahr, konnten aber gerettet werden; neun von ihnen erlitten Rauchvergiftungen. Auf der Grundlage dieser Feststellungen wurde der Angeklagte wegen versuchten Mordes in 16 Fällen in Tateinheit mit einer Reihe weiterer Delikte - gefährliche Körperverletzungen hinsichtlich der Rauchvergiftungen sowie Brandstiftungsdelikte - zu Freiheitsstrafe verurteilt. Die Revision des Angeklagten ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Der näheren Ausführung bedarf nur folgendes:
a) Die Strafkammer bejaht sowohl versuchte Brandstiftung mit Todesfolge (§§ 306c, 23 StGB), als auch schwere Brandstiftung (§ 306a StGB). Unter Berufung auf BGH, Urteil vom 14. Dezember 1999 - 5 StR 365/99 (= NStZ-RR 2000, 209 ) hat der Generalbundesanwalt vorgetragen, insoweit liege entgegen der Annahme der Strafkammer nicht Tateinheit vor, sondern § 306a StGB trete wegen Gesetzeseinheit hinter § 306c StGB zurück. Dem hat sich die Revision angeschlossen, die darüber hinaus, insoweit anders als der Generalbundesanwalt, der Meinung ist, daß sich diese fehlerhafte Beurteilung der Konkurrenzen im Strafausspruch zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben kann.
b) Die Strafkammer hat die Konkurrenzen jedoch zutreffend beurteilt. Der Schuldspruch soll den Unrechtsgehalt der Tat umfassend kennzeichnen. Dementsprechend liegt Gesetzeseinheit nur vor, wenn rechtsgutbezogen der Unrechtsgehalt einer Handlung schon durch einen von mehreren, dem Wortlaut nach anwendbaren Straftatbeständen erschöpfend erfaßt wird; ist dies nicht der Fall, liegt Tateinheit vor (BGHSt 44, 196, 198; 39, 100, 108 m.w.Nachw.) Dies kann dazu führen, daß zwar Gesetzeseinheit vorliegt, wenn die beiden in Rede stehenden Delikte vollendet sind, aber Tateinheit vorliegt, wenn das schwerere Delikt lediglich versucht und nur das minder schwere vollendet ist (vgl. generell Lackner in Lackner/Kühl StGB 24. Aufl. vor § 52 Rdn. 24; Rissing-van Saan in LK 11. Aufl. vor §§ 52 ff. Rdn. 89 m.w.Nachw.). Diese Grundsätze, die etwa auch zur Annahme von Tateinheit zwischen einem versuchten Tötungsdelikt und einem vollendeten Körperverletzungsdelikt führen (vgl. BGHSt 44, 196 ff.), gelten auch im Verhältnis zwischen § 306c
StGB und § 306a StGB. Ein vollendetes Delikt gemäß § 306c StGB setzt voraus , daß es zu einem Brand kam und daß dadurch ein Mensch zu Tode kam. Dann tritt gegebenenfalls § 306a StGB hinter § 306c StGB im Hinblick auf Gesetzeseinheit zurück (BGH NStZ-RR 2000, 209). Anders verhält es sich, wenn nur ein Versuch von § 306c StGB vorliegt. Dies ist sowohl dann der Fall, wenn der Branderfolg nicht eingetreten ist, aber bereits die versuchte Brandstiftung den Tod zurechenbar verursacht hat, als auch dann, wenn der Täter, wie hier, mit dem Tod des Opfers rechnet, dieser jedoch ausbleibt, obwohl die (hier schwere) Brandstiftung vollendet ist (vgl. Heine in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 306c Rdn. 9 m.w.Nachw). Während also ein Schuldspruch wegen eines vollendeten Delikts gemäß § 306c StGB zum Ausdruck bringt, daß zwei Rechtsgüter - die in Brand gesetzte Sache und das Leben eines Brandopfers - verletzt sind, bringt ein Schuldspruch allein wegen eines versuchten Delikts gemäß § 306c StGB nicht zum Ausdruck, welches Rechtsgut letztlich verletzt wurde. Ist, wie hier, der Branderfolg eingetreten, so ist dies durch die Annahme von Tateinheit zwischen versuchter Brandstiftung mit Todesfolge und vollendeter (hier: schwerer) Brandstiftung zum Ausdruck zu bringen.
2. Auch im übrigen hat die auf Grund der Revisionsrechtfertigung gebotene Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der Senat nimmt insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts Bezug, die auch durch die Erwiderung der Revision (§ 349 Abs. 3 Satz 2 StPO) vom 26. August 2004 nicht entkräftet werden. Nack Wahl Kolz Herr RiBGH Dr. Graf befindet sich in Urlaub und ist deshalb an der Unterschrift gehindert. Elf Nack
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt. (2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1). (3) Hat der Täter aus grobem Unv

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer 1. ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient,2. eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude oder3.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt. (2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1). (3) Hat der Täter aus grobem Unv

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer 1. ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient,2. eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude oder3.
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Verursacht der Täter durch eine Brandstiftung nach den §§ 306 bis 306b wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient,
2.
eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude oder
3.
eine Räumlichkeit, die zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient, zu einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen,
in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine in § 306 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 bezeichnete Sache in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört und dadurch einen anderen Menschen in die Gefahr einer Gesundheitsschädigung bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

Verursacht der Täter durch eine Brandstiftung nach den §§ 306 bis 306b wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient,
2.
eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude oder
3.
eine Räumlichkeit, die zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient, zu einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen,
in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine in § 306 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 bezeichnete Sache in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört und dadurch einen anderen Menschen in die Gefahr einer Gesundheitsschädigung bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

Verursacht der Täter durch eine Brandstiftung nach den §§ 306 bis 306b wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient,
2.
eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude oder
3.
eine Räumlichkeit, die zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient, zu einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen,
in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine in § 306 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 bezeichnete Sache in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört und dadurch einen anderen Menschen in die Gefahr einer Gesundheitsschädigung bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

Verursacht der Täter durch eine Brandstiftung nach den §§ 306 bis 306b wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.