Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Aug. 2012 - 1 StR 343/12
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in sechs Fällen, Bandendiebstahls in sieben Fällen sowie versuchten schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Die auf eine Verfahrens- und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen den Schuldspruch und die Bemessung der verhängten Strafen wendet. Dagegen hat die Entscheidung des Landgerichts, die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe nicht zur Bewährung auszusetzen, keinen Bestand (§ 349 Abs. 4 StPO).
- 2
- Das Landgericht hat diese Entscheidung zwar damit begründet, es lägen keine besonderen Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB vor. Es hat sich aber nicht mit der vorrangigen Frage befasst, ob dem Angeklagten eine positive Kriminalprognose gemäß § 56 Abs. 1 StGB gestellt werden kann. Dies begegnet deshalb durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil die ggf. bestehende Erwartung, der Angeklagte werde sich künftig straffrei führen, auch für die Beurteilung bedeutsam sein kann, ob besondere Umstände gemäß § 56 Abs. 2 StGB angenommen werden können (BGH, Beschluss vom 21. September 2006 - 4 StR 323/06, NStZ-RR 2006, 375 mwN); ebenso verhält es sich mit den einer eventuellen günstigen Prognose zugrunde liegenden Umständen.
- 3
- Auf diesem Mangel kann die Entscheidung beruhen, weil nicht auszuschließen ist, dass das Tatgericht dem erstmalig zu einer Freiheitsstrafe verurteilten Angeklagten, dessen letzte festgestellte Tat schon zum Zeitpunkt des angefochtenen Urteils mehr als anderthalb Jahre zurücklag (zu diesem Gesichtspunkt vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 1992 - 2 StR 297/91), eine günstige Kriminalprognose gestellt und - bei Würdigung dieses Gesichtspunktes im Rahmen des § 56 Abs. 2 StGB - die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt hätte. Über die Bewährungsfrage ist daher nochmals zu befinden.
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- Einer Aufhebung der zugrunde liegenden Feststellungen bedarf es nicht, da diese rechtsfehlerfrei getroffen worden sind. Hierzu nicht in Widerspruch stehende ergänzende Feststellungen sind zulässig. Nack Wahl Jäger Sander Cirener
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.
(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.
(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.
(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.