Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Sept. 2019 - 1 StR 317/19
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs am 19. September 2019 beschlossen :
Der Bundesgerichtshof ist für die Entscheidung über das Rechtsmittel des Angeklagten gegen die als „Urteil“ bezeichnete Entscheidung des Landgerichts Mannheim vom 4. April 2019 nicht zuständig.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat mit „Urteil“ vom 4. April 2019 ausgesprochen, dass der Angeklagte durch Urteil vom 21. Dezember 2017 rechtskräftig wegen Betruges in Tateinheit mit vorsätzlichem Handeln ohne Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt ist, von der acht Monate als vollstreckt erklärt wurden. Weiter erfolgte eine Entscheidung über die Kosten des Verfahrens sowie des Revisionsverfahrens. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit der Revision, die er mit der Sachrüge begründet. Der Bundesgerichtshof ist zur Entscheidung über das Rechtsmittel nicht berufen.
- 2
- 1. Das Landgericht hatte den Angeklagten mit Urteil vom 21. Dezember 2017 wegen Betruges in Tateinheit mit vorsätzlichem Handeln ohne Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz sowie wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und acht Monate davon für vollstreckt erklärt. Für die erste Tat wurde eine Einzelstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten, für die übrigen sieben Einzeltaten Geldstrafen zwischen 10 und 25 Tagessätzen festgesetzt.
- 3
- Auf die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten hat der Senat mit Beschluss vom 11. Oktober 2018 (1 StR 257/18) das Urteil im Hinblick auf die Verurteilung wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in sieben Fällen sowie im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben; die weitergehende Revision des Angeklagten wurde als unbegründet verworfen.
- 4
- In der neuen Hauptverhandlung hat das Landgericht das Verfahren hinsichtlich der verbliebenen sieben Fälle des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt und sodann durch „Urteil“ entschieden, dass es bei der im Urteil vom 21. Dezember 2017 ausgesprochenen und bereits in Rechtskraft erwachsenen Verurteilung zu der verhängten Einzelstrafe und bei der Kompensationsentscheidung für die Verfahrensverzögerung verbleibt.
- 5
- 2. Der Bundesgerichtshof ist für die Entscheidung über das Rechtsmittel nicht zuständig, was gemäß § 348 StPO durch Beschluss auszusprechen war.
- 6
- Mit vollständiger Einstellung des verbliebenen Verfahrensteils konnte das Landgericht mangels eines Prozessgegenstandes nicht mehr durch Urteil entscheiden. Demgemäß hat es lediglich auf die bestehende Verurteilung hingewiesen und eine Kostenentscheidung getroffen. Der Sache nach handelt es sich bei der getroffenen Entscheidung um einen Kostenbeschluss nach §§ 464 ff. StPO, den der Revisionsführer wohl nicht angreifen wollte. Zu dessen Anfechtung ist vom Gesetz das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde vorgesehen (§ 464 Abs. 3 Satz 1 StPO). Dass das Landgericht seine Entscheidung dennoch als Urteil bezeichnet hat, führt nicht zu einem anderen Ergebnis, da es nicht auf deren Bezeichnung, sondern auf ihren sachlichen Inhalt ankommt (st.
Raum Bellay Fischer Bär Hohoff
moreResultsText
Annotations
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
- 1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.
(1) Findet das Gericht, an das die Akten gesandt sind, daß die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel zur Zuständigkeit eines anderen Gerichts gehört, so hat es durch Beschluß seine Unzuständigkeit auszusprechen.
(2) Dieser Beschluß, in dem das zuständige Revisionsgericht zu bezeichnen ist, unterliegt keiner Anfechtung und ist für das in ihm bezeichnete Gericht bindend.
(3) Die Abgabe der Akten erfolgt durch die Staatsanwaltschaft.
(1) Jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede eine Untersuchung einstellende Entscheidung muß darüber Bestimmung treffen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind.
(2) Die Entscheidung darüber, wer die notwendigen Auslagen trägt, trifft das Gericht in dem Urteil oder in dem Beschluß, der das Verfahren abschließt.
(3) Gegen die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen ist sofortige Beschwerde zulässig; sie ist unzulässig, wenn eine Anfechtung der in Absatz 1 genannten Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft ist. Das Beschwerdegericht ist an die tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Entscheidung beruht, gebunden. Wird gegen das Urteil, soweit es die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen betrifft, sofortige Beschwerde und im übrigen Berufung oder Revision eingelegt, so ist das Berufungs- oder Revisionsgericht, solange es mit der Berufung oder Revision befaßt ist, auch für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde zuständig.