Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Juli 2010 - 1 StR 195/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
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- 1. Das Landgericht hat den Angeklagten mit Urteil vom 16. November 2007 wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Tat II. 1. der Urteilsgründe; zwei Jahre Freiheitsstrafe) sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Diebstahl (Tat II. 2. der Urteilsgründe; drei Jahre Freiheitsstrafe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und 800 € als Wertersatz für verfallen erklärt. Von dem Vorwurf, sich in weiteren acht Fällen nach dem Betäubungsmittelgesetz strafbar gemacht zu haben, hat es den Angeklagten freigesprochen.
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- Auf die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft hat der Senat dieses Urteil durch sein Urteil vom 4. September 2008 (NStZ-RR 2009, 22) lediglich aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen der Tat II. 1. verurteilt worden war - insoweit zudem mit Ausnahme der Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen -, sowie im Gesamtstrafenausspruch. Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft sowie diejenige des Angeklag- ten hat er verworfen und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
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- 2. Das Landgericht hat den Angeklagten durch Urteil vom 15. Dezember 2009 wegen der Tat II. 1. erneut verurteilt. Insofern hatte es am 11. Dezember 2009, dem siebten Hauptverhandlungstag, das Verfahren zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung abgetrennt. Über die gegen dieses Urteil eingelegte Revision des Angeklagten hat der Senat durch Beschluss vom heutigen Tag entschieden (1 StR 196/10).
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- Als verbliebenen Gegenstand der am 11. Dezember 2009 fortgeführten Hauptverhandlung hat das Landgericht dagegen „die die Kammer bindenden Feststellungen“ zur Tat „II. 2. der Gründe des Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 16. November 2007, die bindende rechtliche Würdigung und die insoweit erkannte Freiheitsstrafe von drei Jahren“ angesehen. Durch Urteil vom selben Tag hat es sodann das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 16. November 2007 „dahingehend abgeändert“, dass - bei identischem Schuld- und Strafausspruch - „ein Monat der verhängten Freiheitsstrafe … zur Entschädigung für überlange Verfahrensdauer als vollstreckt“ gilt. „Zur Klarstellung“ hat es zudem den früheren Freispruch des Angeklagten erneut tenoriert. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision eingelegt , soweit er verurteilt und „nur eine Kompensation von einem Monat ausgesprochen wurde“.
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- 3. Die daraufhin von Amts wegen auch auf die Frage des Bestehens von Verfahrenshindernissen zu erstreckende Prüfung hat ergeben, dass das angegriffene Urteil vom 11. Dezember 2009 gegenstandslos ist.
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- a) Denn das Verfahren wegen der Tat II. 2. aus dem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 16. November 2007 war rechtskräftig abgeschlossen, nachdem der Senat die hiergegen eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten durch sein Urteil vom 4. September 2008 verworfen hatte (vgl. Kühne in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl. Einl. Abschn. K Rdn. 57). Die Sache wurde daher insoweit nicht an das Landgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, dort also auch nicht mehr rechtshängig (vgl. Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. Einl. Rdn. 165). Das Verfahren war somit dem Landgericht Stuttgart nicht mehr zur Entscheidung unterbreitet , so dass es insbesondere nicht mehr befugt war, eine in die Zeit nach dem Urteil des Senats fallende rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung zu prüfen , festzustellen und zu kompensieren. Nichts anderes gilt, soweit der Angeklagte vom Vorwurf der weiteren acht ihm zur Last gelegten Taten bereits rechtskräftig freigesprochen worden war.
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- b) Besteht ein Verfahrenshindernis, so ist das Verfahren zwar grundsätzlich gemäß § 260 Abs. 3 StPO einzustellen. Anders liegt es aber, wenn - wie hier - ein (erstes) Urteil in Rechtskraft erwachsen ist, weil sich dann eine das gesamte Verfahren abschließende Einstellung verbietet. Stattdessen sind lediglich die Auswirkungen der infolge der Rechtskraftwirkung und der fehlenden Befassung des Landgerichts mit der Sache unzulässigen Fortführung des Verfahrens zu beseitigen. Die Konstellation ist derjenigen vergleichbar, in der ein Einspruch gegen einen Strafbefehl unzutreffend als rechtzeitig eingelegt angesehen und daraufhin im selben Verfahren ein Urteil gesprochen worden ist, das wegen der bereits eingetretenen Rechtskraft nicht hätte ergehen dürfen und deshalb auf die hiergegen eingelegte Revision durch Aufhebung zu beseitigen ist (zur „gerichtlichen Strafverfügung“ BGHSt 13, 306, 308 f.). Der Senat hat daher das angefochtene Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 11. Dezember 2009 für gegenstandslos erklärt.
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- 4. Ebenfalls gegenstandslos ist damit die vom Landgericht getroffene Kostenentscheidung. Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG werden zudem die Kosten , die durch die gegen das Urteil vom 11. Dezember 2009 eingelegte Revision verursacht worden sind, nicht erhoben, da diese bei richtiger Behandlung der Sache durch das Landgericht nicht entstanden wären. Diese Freistellung erfasst jedoch nicht die notwendigen Auslagen des Angeklagten (vgl. BGH NStZ 2000, 499; BGH, Beschl. vom 25. Januar 2005 - 1 StR 502/04, jeweils m.w.N.).
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Annotations
(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.
(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.
(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.
(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.
(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.
(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.
(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.