Bundesfinanzhof Beschluss, 01. Sept. 2010 - XI S 6/10

published on 01/09/2010 00:00
Bundesfinanzhof Beschluss, 01. Sept. 2010 - XI S 6/10
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Tatbestand

1

I. Der Beklagte und Antragsgegner (das Finanzamt --FA--) setzte gegen die aus den Miteigentümern X und Y bestehende Grundstücksgemeinschaft Umsatzsteuer für 2003 --zuletzt durch Änderungsbescheid vom 5. Oktober 2004-- fest und wies den Einspruch durch die ebenfalls an die Grundstücksgemeinschaft gerichtete Einspruchsentscheidung vom 22. Juni 2005 als unbegründet zurück.

2

Das FA ging dabei davon aus, dass die Grundstücksgemeinschaft bis zum 20. März 2003 umsatzsteuerrechtlicher Organträger der Z-GmbH (GmbH) gewesen sei, deren Gesellschafter (ebenfalls) X und Y waren. An diesem Tag hatten die Gesellschafter ihre Geschäftsanteile an der GmbH an einen Dritten übertragen.

3

Das Finanzgericht (FG) wies die von den Gemeinschaftern X und Y jeweils im eigenen Namen gegen den Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für 2003 vom 5. Oktober 2004 und gegen die Einspruchsentscheidung vom 22. Juni 2005 erhobene Klage als unbegründet ab. Es folgte der Auffassung des FA und führte aus, "die Kläger als Grundstücksgemeinschaft" seien bis zur Veräußerung ihrer Geschäftsanteile am 20. März 2003 Organträger der GmbH gewesen; sie seien daher bis zu diesem Zeitpunkt "Steuerschuldner hinsichtlich aller von der Organgesellschaft verwirklichten Umsatzsteuertatbestände".

4

Daraufhin haben X und Y jeweils in eigenem Namen Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (XI B 19/10) und Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt --XI S 2/10 (PKH) und XI S 3/10 (PKH)--.

5

Das FA hat mit Bescheid vom 13. April 2010, der ebenfalls an die Grundstücksgemeinschaft gerichtet ist, Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Umsatzsteuer für 2003 in Höhe von … € sowie von Umsatzsteuer-Säumniszuschlägen in Höhe von insgesamt … € gegen Sicherheitsleistung in Höhe von … € gewährt; die beantragte AdV ohne Sicherheitsleistung lehnte es ab.

6

Im vorliegenden Verfahren beantragen X und Y, unter Änderung des Bescheids des FA vom 13. April 2010 AdV "der Umsatzsteuer 2003 sowie der darauf berechneten Säumniszuschläge ohne Sicherheitsleistung" zu gewähren.

Entscheidungsgründe

7

II. 1. Antragstellerin im vorliegenden Verfahren ist die Grundstücksgemeinschaft X und Y, gegen die der Umsatzsteuer-Änderungsbescheid des FA vom 5. Oktober 2004, die Einspruchsentscheidung vom 22. Juni 2005 sowie der AdV-Bescheid vom 13. April 2010 ergangen sind --und nicht X und Y als Miteigentümer des Grundstücks.

8

a) Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) kann auch eine Bruchteilsgemeinschaft sein. Rechtsfähigkeit im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist für die Eigenschaft als Steuerpflichtiger im Sinne des UStG nicht erforderlich. Die Verwaltung gemeinschaftlichen Eigentums (des Gegenstandes der Gemeinschaft) kann als unternehmerische Tätigkeit nach den Regeln der Gemeinschaft ausgeführt werden. Der Bildung einer gesonderten GbR bedarf es nicht (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. März 1993 V R 42/89, BFHE 172, 134, BStBl II 1993, 729, unter II.1.a, und vom 23. September 2009 XI R 14/08, BFHE 227, 218, BStBl II 2010, 243).

9

b) Vermieten die Miteigentümer eines Grundstücks dieses an eine dritte Person, können sie dies als GbR oder Gemeinschaft tun. Umsatzsteuerrechtlich werden die Vermietungsleistungen von der GbR bzw. der Gemeinschaft ausgeführt. Der Gesellschafter bzw. der Teilhaber wird nicht allein durch seine zivilrechtliche Stellung als Mitvermieter Unternehmer. Nur die GbR bzw. die Gemeinschaft ist (wegen dieser Vermietungsumsätze) Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 UStG. Die Tätigkeit der Personenvereinigung wird im Umsatzsteuerrecht nicht ihrem Mitglied zugerechnet. Eine Mitunternehmerschaft kennt das UStG nicht (vgl. BFH-Urteil vom 16. Mai 2002 V R 4/01, BFH/NV 2002, 1347, unter II.1.c).

10

c) Richtet sich ein Umsatzsteuerbescheid gegen eine Grundstücksgemeinschaft als Steuerschuldnerin, so ist grundsätzlich nur diese --und nicht ein Gemeinschafter-- einspruchsbefugt. Diesem Grundsatz entsprechend muss eine Klage im Namen der Gemeinschaft, und zwar gemäß § 744 Abs. 1 BGB durch alle Gemeinschafter, erhoben werden (vgl. für eine GbR z.B. BFH-Beschluss vom 19. Oktober 2001 V B 54/01, BFH/NV 2002, 370).

11

d) Dass --wie die Antragstellerin vorträgt-- X und Y nach dem Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts vom 18. Juni 2008 in einem Zwangsversteigerungsverfahren mit Eintragung in das Grundbuch vom 22. August 2008 nicht mehr Eigentümer des Grundstücks sind, ändert an der fortbestehenden Unternehmereigenschaft der Antragstellerin nichts.

12

Eine Personengesellschaft besteht in der Regel so lange als Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts fort, bis alle gemeinschaftlichen Rechtsbeziehungen unter den Gesellschaftern, zu denen auch das Rechtsverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Finanzamt gehört, beseitigt sind (vgl. BFH-Beschluss vom 21. September 2006 V B 102/05, juris). Das gilt auch für eine Bruchteilsgemeinschaft.

13

2. Der Antrag, die im Bescheid des FA vom 13. April 2010 verfügte AdV ohne Sicherheit zu gewähren, hat Erfolg.

14

a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) soll die AdV auf Antrag u.a. erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Nach § 69 Abs. 2 Satz 3 FGO kann die Aussetzung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Gemäß § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO ist der Antrag nach Abs. 3 beim Gericht der Hauptsache vorbehaltlich bestimmter Ausnahmen nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf AdV ganz oder zum Teil abgelehnt hat.

15

b) Im Streitfall ist der zutreffend beim BFH als dem für die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde XI B 19/10 zuständigen Gericht der Hauptsache i.S. von § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO gestellte Antrag auf eine AdV ohne Sicherheitsleistung gemäß § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO zulässig.

16

Denn eine teilweise Ablehnung durch die Finanzbehörde liegt auch vor, wenn --wie im Streitfall-- das FA eine uneingeschränkt beantragte AdV nur gegen Sicherheitsleistung bewilligt hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom 28. Oktober 1981 I B 69/80, BFHE 134, 239, BStBl II 1982, 135, und vom 10. Oktober 2002 VII S 28/01, BFH/NV 2003, 12).

17

c) Das FA ist in dem Bescheid vom 13. April 2010 davon ausgegangen, dass AdV zu gewähren ist. Darüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.

18

d) Das öffentliche Interesse an einer Sicherheitsleistung nach § 69 Abs. 2 Satz 3 FGO entfällt u.a. dann, wenn mit Gewissheit oder großer Wahrscheinlichkeit ein für den Steuerpflichtigen günstiger Prozessausgang zu erwarten ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 13. Dezember 1999 III B 15/99, BFH/NV 2000, 827, unter II.2.c, m.w.N.; vom 17. Mai 2005 I B 109/04, BFH/NV 2005, 1782, und vom 19. Oktober 2009 XI B 60/09, BFH/NV 2010, 58). Entgegen der Ansicht des FA ist diese Voraussetzung im Streitfall gegeben.

19

Der BFH hat mit Urteil vom 22. April 2010 V R 9/09 (BFH/NV 2010, 1581, Deutsches Steuerrecht 2010, 1277) entschieden, dass keine umsatzsteuerrechtliche Organschaft vorliegt, wenn mehrere Gesellschafter nur gemeinsam über die Anteilsmehrheit an einer Personengesellschaft und an einer GmbH verfügen; in diesem Fall sei die GmbH nicht finanziell in die Personengesellschaft eingegliedert.

20

Diese Rechtsprechung des BFH ist im vorliegenden Fall anwendbar, weil X und Y als Gemeinschafter der Grundstücksgemeinschaft an der GmbH mit einem Anteil von jeweils 50 % beteiligt sind und deshalb nur gemeinsam über die Anteilsmehrheit verfügen. Die von der GmbH verwirklichten Umsatzsteuertatbestände können deshalb --anders als vom FA im Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für 2003 vom 5. Oktober 2004 und vom FG in dem angefochtenen Urteil angenommen-- nicht der Antragstellerin zugerechnet werden.

21

Deshalb ist die Revision aufgrund der Nichtzulassungsbeschwerde XI B 19/10 zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) zuzulassen. Das FG-Urteil weicht von dieser (neuen) Rechtsprechung des BFH ab. Für eine Divergenz ist der Stand der Rechtsprechung im Zeitpunkt der Entscheidung über die Zulassung maßgebend (vgl. BFH-Beschluss vom 17. Dezember 2007 XI B 32/07, juris; Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 51).

22

3. Der Antrag, für das vorliegende Verfahren PKH zu gewähren, hat keinen Erfolg.

23

Eine parteifähige Vereinigung kann nach § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 116 Satz 1 Nr. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) nur dann PKH erhalten, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.

24

Diese Vorschrift ist vorliegend einschlägig. Die Antragstellerin gehört zu den parteifähigen Vereinigungen i.S. des § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO, wenn sie befugt ist, selbständig gegen Umsatzsteuerbescheide Klage zu erheben (vgl. BFH-Beschlüsse vom 30. April 1992 V S 1/92, juris; vom 3. August 2007 V S 18/07 (PKH), BFH/NV 2007, 2309, und vom 29. Mai 2009 V S 15/09 (PKH), BFH/NV 2009, 1453). Das ist bei einer Grundstücksgemeinschaft der Fall (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 6. September 2007 V R 16/06, BFH/NV 2008, 1710, und in BFHE 227, 218, BStBl II 2010, 243). Ob --wie die Antragstellerin geltend macht-- im Zivilprozess eine Miteigentümergemeinschaft nicht parteifähig und deshalb § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO dort nicht anwendbar ist, ist deshalb hier ohne Bedeutung.

25

Die Antragstellerin hat nicht vorgetragen, dass es allgemeinen Interessen zuwiderliefe, wenn sie ihre Rechte nicht durch die Nichtzulassungsbeschwerde XI B 19/10 verfolgen würde; dafür ist auch nichts ersichtlich.

26

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über den Antrag auf PKH ist gerichtsgebührenfrei (§ 1 Abs. 2 Nr. 2, § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes i.V.m. dem Kostenverzeichnis der Anlage 1).

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published on 22/04/2010 00:00

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Kommanditgesellschaft (KG), vermietete im Streitjahr 2001 ein Grundstück an ihre Komplementärin, eine
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published on 10/10/2017 00:00

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Die Revision wird zugelassen. Gründe I. Der Kläger war in den Streitjahren im Klinikum der Universität Münche
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Annotations

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

(1) Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstands steht den Teilhabern gemeinschaftlich zu.

(2) Jeder Teilhaber ist berechtigt, die zur Erhaltung des Gegenstands notwendigen Maßregeln ohne Zustimmung der anderen Teilhaber zu treffen; er kann verlangen, dass diese ihre Einwilligung zu einer solchen Maßregel im Voraus erteilen.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe gelten sinngemäß.

(2) Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(3) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(4) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(5) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 3 und 4 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(6) § 79a Absatz 4 gilt entsprechend.

(7) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 3 und 4 ist die Erinnerung an das Gericht gegeben. Die Frist für die Einlegung der Erinnerung beträgt zwei Wochen. Über die Erinnerung entscheidet das Gericht durch Beschluss.

(8) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 3 bis 7 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

Prozesskostenhilfe erhalten auf Antrag

1.
eine Partei kraft Amtes, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen;
2.
eine juristische Person oder parteifähige Vereinigung, die im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gegründet und dort ansässig ist, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.
§ 114 Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 ist anzuwenden. Können die Kosten nur zum Teil oder nur in Teilbeträgen aufgebracht werden, so sind die entsprechenden Beträge zu zahlen.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Für Verfahren vor den ordentlichen Gerichten

1.
nach der Zivilprozessordnung, einschließlich des Mahnverfahrens nach § 113 Absatz 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und der Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit das Vollstreckungs- oder Arrestgericht zuständig ist;
2.
nach der Insolvenzordnung und dem Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung;
3.
nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung;
3a.
nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz;
4.
nach dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung;
5.
nach der Strafprozessordnung;
6.
nach dem Jugendgerichtsgesetz;
7.
nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten;
8.
nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes;
9.
nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen;
9a.
nach dem Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz;
10.
nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, soweit dort nichts anderes bestimmt ist;
11.
nach dem Wertpapierhandelsgesetz;
12.
nach dem Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz;
13.
nach dem Auslandsunterhaltsgesetz, soweit das Vollstreckungsgericht zuständig ist;
14.
für Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesgerichtshof nach dem Patentgesetz, dem Gebrauchsmustergesetz, dem Markengesetz, dem Designgesetz, dem Halbleiterschutzgesetz und dem Sortenschutzgesetz (Rechtsmittelverfahren des gewerblichen Rechtsschutzes);
15.
nach dem Energiewirtschaftsgesetz;
16.
nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz;
17.
nach dem EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetz;
18.
nach Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 des Neunten Teils des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen;
19.
nach dem Kohlendioxid-Speicherungsgesetz;
20.
nach Abschnitt 3 des Internationalen Erbrechtsverfahrensgesetzes vom 29. Juni 2015 (BGBl. I S. 1042);
21.
nach dem Zahlungskontengesetz und
22.
nach dem Wettbewerbsregistergesetz
werden Kosten (Gebühren und Auslagen) nur nach diesem Gesetz erhoben. Satz 1 Nummer 1, 6 und 12 gilt nicht in Verfahren, in denen Kosten nach dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen zu erheben sind.

(2) Dieses Gesetz ist ferner anzuwenden für Verfahren

1.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit nach der Verwaltungsgerichtsordnung;
2.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit nach der Finanzgerichtsordnung;
3.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nach dem Sozialgerichtsgesetz, soweit nach diesem Gesetz das Gerichtskostengesetz anzuwenden ist;
4.
vor den Gerichten für Arbeitssachen nach dem Arbeitsgerichtsgesetz und
5.
vor den Staatsanwaltschaften nach der Strafprozessordnung, dem Jugendgerichtsgesetz und dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten.

(3) Dieses Gesetz gilt auch für Verfahren nach

1.
der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen,
2.
der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens,
3.
der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen,
4.
der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Einführung eines Verfahrens für einen Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung im Hinblick auf die Erleichterung der grenzüberschreitenden Eintreibung von Forderungen in Zivil- und Handelssachen, wenn nicht das Familiengericht zuständig ist und
5.
der Verordnung (EU) 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren.

(4) Kosten nach diesem Gesetz werden auch erhoben für Verfahren über eine Beschwerde, die mit einem der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Verfahren im Zusammenhang steht.

(5) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Erinnerung und die Beschwerde gehen den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vor.

(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.