Bundesfinanzhof Beschluss, 18. Juli 2014 - XI B 37/14
Gericht
Tatbestand
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I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) im Jahr 2007 (Streitjahr) bezogene Eingangsleistungen für ein gemischtgenutztes Gebäude rechtzeitig dem Unternehmensvermögen zugeordnet hat.
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Die Klägerin erwarb mit Kaufvertrag vom März 2007 ein bebautes Grundstück in A. Das Altgebäude wurde im Sommer 2007 abgerissen und ein Neubau errichtet, der im Jahr 2009 fertig gestellt wurde.
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Erstmals in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für das I. Quartal 2009 vom 21. Mai 2009 machte die Klägerin aus den zur Errichtung des Neubaus bezogenen Eingangsleistungen den Vorsteuerabzug geltend. Am 3. November 2010 reichte die Klägerin eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Streitjahr ein und begehrte auch für die im Jahr 2007 bezogenen Leistungen den Vorsteuerabzug.
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Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) ließ die im Jahr 2007 angefallene Vorsteuer im Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für das Streitjahr vom 23. November 2010 nicht zum Abzug zu, weil der Neubau nicht rechtzeitig dem Unternehmensvermögen zugeordnet worden sei. Ein Einspruch blieb erfolglos.
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Mit der Klage brachte die Klägerin vor, sie habe nachweislich bereits im Jahr 2007 beabsichtigt, den Neubau gewerblich umsatzsteuerpflichtig zu vermieten; dies ergebe sich aus Mitteilungen an einen Finanzierungsvermittler, einer Anfrage beim Gutachterausschuss der Stadt A und einem im Oktober 2007 abgeschlossenen Mietvertrag mit Herrn X über die umsatzsteuerpflichtige Vermietung von Büroräumen.
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2014, 963 veröffentlichten Urteil ab und ließ die Revision nicht zu. Es führte unter Verweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) aus, entgegen der Auffassung der Klägerin reiche die durch den (von ihr behaupteten) Abschluss eines Mietvertrags, die Angaben gegenüber dem Finanzierungsvermittler und die Anfrage beim Gutachterausschuss dokumentierte Absicht, einen Teil des Gebäudes umsatzsteuerpflichtig vermieten zu wollen, als Dokumentation einer Zuordnungsentscheidung nicht aus, weil es dem Steuerpflichtigen auch freistehe, das Gebäude in vollem Umfang --d.h. auch hinsichtlich des unternehmerisch genutzten Anteils-- seinem nichtunternehmerischen Bereich zuzuordnen. Hinzu komme, dass die Klägerin diese Umstände dem FA erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt offenbart habe. Die Entscheidung über die Zuordnung zum Unternehmensvermögen könne auch nicht nachträglich mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Leistungsbezugs getroffen werden.
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Mit ihrer Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde ist --bei Zweifeln an ihrer Zulässigkeit-- unbegründet und deshalb zurückzuweisen. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage ist im Streitfall nicht klärbar.
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1. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärbar sein (z.B. BFH-Beschlüsse vom 23. Januar 2013 X B 84/12, BFH/NV 2013, 771; vom 8. Januar 2014 XI B 120/13, BFH/NV 2014, 686). Fragen, die sich nur stellen können, wenn man von einem anderen als dem vom FG festgestellten Sachverhalt ausgeht, können in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 11. November 2013 XI B 99/12, BFH/NV 2014, 366; vom 9. April 2014 XI B 89/13, BFH/NV 2014, 1228, m.w.N.).
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2. Gemessen daran ist die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren nicht klärbar.
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a) Die Klägerin führt aus, es gehe im Streitfall um die Rechtsfrage, in welcher Form die Dokumentation der Zuordnungsentscheidung vorgenommen werden müsse. Wenn die Zuordnungsentscheidung bereits innerhalb des Streitjahres nach außen gegenüber einem Dritten mit zivilrechtlicher Bindungswirkung dokumentiert sei, sei es unerheblich, ob die Umsatzsteuer-Jahreserklärung zeitnah abgegeben worden sei.
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b) Diese Frage ist im Streitfall nicht klärbar, weil das FG --nach § 118 Abs. 2 FGO für den erkennenden Senat bindend und im Übrigen auch zutreffend-- davon ausgegangen ist, dass selbst für den Fall, dass die Klägerin ihre Absicht, den Neubau (nur) teilweise umsatzsteuerpflichtig zu vermieten, nach außen dokumentiert hat, sich daraus keine (teilweise) Zuordnung des Neubaus zum Unternehmensvermögen ergibt.
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aa) Nach der Rechtsprechung des EuGH (grundlegend Urteil vom 8. März 2001 C-415/98 --Bakcsi--, Slg. 2001, I-1831, BFH/NV Beilage 2001, 52; s. auch Urteil vom 23. April 2009 C-460/07 --Puffer--, Slg. 2009, I-3251, BFH/NV 2009, 1056, Rz 43), kann nämlich ein Steuerpflichtiger ein Investitionsgut, das er sowohl für unternehmerische als auch für private Zwecke erwirbt, in vollem Umfang in seinem Privatvermögen belassen und dadurch vollständig dem Mehrwertsteuersystem entziehen (vgl. zum Zuordnungswahlrecht auch EuGH-Urteile vom 11. Juli 1991 C-97/90 --Lennartz--, Slg. 1991, I-3795; vom 4. Oktober 1995 C-291/92 --Armbrecht--, Slg. 1995, I-2775, BStBl II 1996, 392; in Slg. 2001, I-1831, BFH/NV Beilage 2001, 52; BFH-Urteile vom 19. Juli 2011 XI R 29/09, BFHE 234, 556, BStBl II 2012, 430; vom 20. März 2014 V R 27/12, BFH/NV 2014, 1097).
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bb) Dagegen ist die Vermietungsabsicht zwar eine für den Vorsteuerabzug notwendige, aber im Falle eines gemischtgenutzten Wirtschaftsguts noch keine für den Abzug hinreichende Voraussetzung; denn auch in diesem Fall kann das Gebäude insgesamt dem nichtunternehmerischen Bereich zugeordnet werden, so dass ein Vorsteuerabzug entfiele (BFH-Urteil vom 11. Juli 2012 XI R 17/09, BFH/NV 2013, 266, Rz 53). Eine Zuordnungsentscheidung für den unternehmerisch genutzten Gebäudeteil ist daher nicht entbehrlich (vgl. zuletzt BFH-Beschluss vom 25. Februar 2014 V B 75/13, BFH/NV 2014, 914, Rz 4 ff., m.w.N.).
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cc) Aus --den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindender und im Übrigen auch zutreffender-- Sicht des FG ergibt sich aus sämtlichen von der Klägerin angeführten Umständen des Jahres 2007 nicht, dass die Klägerin nicht nur eine Vermietung beabsichtigt, sondern auch eine Zuordnung zum Unternehmen vorgenommen hätte. Gibt es keine eindeutigen Beweisanzeichen für eine Zuordnung zum Unternehmen, kann diese nicht unterstellt werden (BFH-Urteile vom 15. Dezember 2011 V R 48/10, BFH/NV 2012, 808; vom 18. April 2012 XI R 14/10, BFH/NV 2012, 1828). Die Frage, in welcher Form die Zuordnung dokumentiert werden könnte (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile in BFH/NV 2012, 808, Rz 17; in BFH/NV 2012, 1828, Rz 27; BFH-Beschluss vom 20. September 2012 V B 109/11, BFH/NV 2013, 98, Rz 3) stellt sich folglich nicht.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
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Annotations
(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.
(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.
(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.
(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.