Bundesfinanzhof Beschluss, 08. März 2017 - VII R 13/15

ECLI: ECLI:DE:BFH:2017:B.080317.VIIR13.15.0
published on 08/03/2017 00:00
Bundesfinanzhof Beschluss, 08. März 2017 - VII R 13/15
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Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 29. April 2015  1 K 1080/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Mit Abrechnungsbescheid vom 7. Februar 2012 stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) fest, dass gegen die Erstattungsansprüche des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) aus der geänderten Einkommensteuerveranlagung für die Jahre 2007 und 2008 gemäß Bescheiden vom 11. Mai 2011 in Höhe von 5.700,73 € bzw. 12.671,17 € mit Einkommensteuerrückständen aus den Jahren 1993 und 2000 zu Recht aufgerechnet worden sei. Den dagegen eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 18. März 2013 zurück, woraufhin der Kläger Klage erhob. Mit Bescheid vom 5. Juni 2014 änderte das FA den Abrechnungsbescheid dahin, dass hinsichtlich der Erstattungszinsen zur Einkommensteuer 2007 in Höhe eines Teilbetrags von 168 € und der Erstattungszinsen zur Einkommensteuer 2008 in Höhe eines Teilbetrags von 339 € die Aufrechnung wegen des Aufrechnungsverbots gemäß § 96 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) nicht zulässig gewesen sei. Das FA bezog sich dabei auf ein englisches Insolvenzverfahren (bankruptcy), das am 5. Oktober 2010 beim High Court of Justice in London eingereicht und am 5. Oktober 2011 unter Erteilung der discharge beendet worden war.

2

Weiterhin teilte das FA dem Kläger mit Schreiben vom 12. März 2012 mit, das Steuerkonto weise derzeit keinen Rückstand auf.

3

Das Finanzgericht (FG) ging bei seiner Entscheidung zwar davon aus, dass der Kläger tatsächlich mit Eröffnung am 5. Oktober 2010 ein Insolvenzverfahren in England durchgeführt und das FA als Insolvenzgläubiger benannt habe. Es urteilte allerdings, das englische Insolvenzverfahren und die nach einem Jahr eingetretene discharge hätten nicht dazu geführt, dass die vom FA erklärte Aufrechnung gegen Erstattungsansprüche im Zuge der Einkommensteuerfestsetzung für die Jahre 2007 und 2008 mit Rückständen aus den Jahren 1993 und 2000 unwirksam sei. Das Schreiben vom 12. März 2012 sei kein Abrechnungsbescheid mit dem Inhalt, die strittigen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis seien erloschen. Weiterhin seien der Abrechnungsbescheid vom 7. Februar 2012 und die durch das FA erklärte Aufrechnung rechtmäßig. Die Erstattungsforderungen 2007 und 2008 seien bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden und erfüllbar gewesen. Insofern komme es nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) darauf an, ob im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung der Rechtsgrund für den Anspruch im insolvenzrechtlichen Sinne gelegt gewesen sei, und nicht auf den feststellenden Bescheid. Es sei davon auszugehen, dass im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung auch unter Berücksichtigung des englischen Verfahrensrechts eine Aufrechnungslage bestanden habe. Dem Einwand des Klägers, die Forderung des FA habe durch die am 5. Oktober 2011 eingetretene discharge nicht mehr bestanden, sei nicht zu folgen.

4

Seine Revision begründet der Kläger dahin, bei dem Schreiben vom 12. März 2012 handele es sich um einen Verwaltungsakt. Wenn ein Steuerpflichtiger ein solches Schreiben erhalte, müsse er von der Anerkennung der Restschuldbefreiung ausgehen können. Da nach diesem Schreiben für lange Zeit nichts in der Akte vorhanden sei, was die plötzliche Meinungsänderung des FA hin zu einer Ablehnung der discharge belege, müsse die Akte unvollständig sein. Abgesehen davon habe er seine Steuerschulden im Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens angegeben. Mit dem Eröffnungsbeschluss des High Court of Justice sei ausschließlich englisches Insolvenzrecht angewendet worden. Die "lex fori concursus" entscheide sowohl über die materielle Wirksamkeit als auch über die insolvenzrechtliche Zulässigkeit der Aufrechnung. Die Einkommensteuererstattungen seien abgesehen davon unter Anwendung des englischen Rechts erst mit den Feststellungsbescheiden für die Einkommensteuer 2007 und 2008 vom 11. Mai 2011 entstanden. Zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens seien die Erstattungsansprüche daher weder fällig noch entstanden oder dem Grund und der Höhe nach bestimmbar gewesen. Die Aufrechnungslage sei frühestens am 11. Mai 2011 entstanden. Mit der Restschuldbefreiung am 5. Oktober 2011 seien die Forderungen des FA endgültig untergegangen.

5

Das FA entgegnet, der Auffassung des Klägers, sämtliche Voraussetzungen für eine Aufrechnung seien ausschließlich nach dem Insolvenzrecht des Verfahrensstaates zu beurteilen, könne nicht gefolgt werden. Denn nach ausländischem Recht bestimme sich nur, ob eine Berücksichtigung im ausländischen Insolvenzverfahren in Betracht komme, nicht jedoch, ob der Erstattungsanspruch entstanden und fällig sei. Dem stehe auch die Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 (VO Nr. 1346/2000) des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 160/1) nicht entgegen, weil die Voraussetzungen der Aufrechnung und die Auswirkungen auf das Entstehen und die Fälligkeit der Forderungen bzw. Vermögenswerte in deren Art. 4 Abs. 2 nicht genannt seien. Der Gesetzgeber habe für Aufrechnungen eine von der "lex fori concursus" abweichende Sonderanknüpfung vorgesehen. Um dieses Ziel zu erreichen, bestimme Art. 6 Abs. 1 VO Nr. 1346/2000, dass die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens die Befugnisse eines Gläubigers, mit seiner Forderung gegen eine Forderung des Schuldners aufzurechnen, nicht berühre. Im Übrigen schließt es sich den Ausführungen des FG an.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

7

Das FA hat zu Recht mit Abrechnungsbescheid vom 7. Februar 2012 festgestellt, gegen die Erstattungsansprüche des Klägers aus der geänderten Einkommensteuerveranlagung für die Jahre 2007 und 2008 in Höhe von 5.700,73 € bzw. 12.671,17 € sei mit Einkommensteuerrückständen aus den Jahren 1993 und 2000 aufgerechnet worden. Der Kläger hat nicht nachgewiesen, dass die Forderungen des FA vor der Erklärung der Aufrechnung am 24. November 2011 bereits aufgrund des englischen Insolvenzverfahrens erloschen waren.

8

1. Nach den Feststellungen der Vorinstanz standen den Erstattungsansprüchen des Klägers aus den geänderten Bescheiden vom 11. Mai 2011 über Einkommensteuer für die Jahre 2007 und 2008 in Höhe von 5.700,73 € bzw. 12.671,17 € Einkommensteuerrückstände aus den Jahren 1993 und 2000 gegenüber.

9

Die allgemeinen Voraussetzungen der Aufrechnung (§ 226 Abs. 1 der Abgabenordnung --AO-- i.V.m. §§ 387 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--) lagen somit im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung des FA am 24. November 2011 vor. Die Forderungen des FA gegen den Kläger aus Einkommensteuer 1993 und 2000 (Gegenforderungen) waren am 17. Oktober 2001 bzw. am 17. Juni 2006 fällig. Die Erstattungsansprüche des Klägers gegen das FA (Hauptforderung) aus den Einkommensteuerveranlagungen 2007 und 2008 waren auch vor Festsetzung der Steuererstattungen erfüllbar, denn gemäß § 271 Abs. 2 BGB ist der Schuldner berechtigt, die ihm obliegende Leistung schon vor Fälligkeit zu erfüllen. Auf die Festsetzung des Anspruchs durch einen Steuerbescheid kommt es für die Erfüllbarkeit nicht an (Senatsurteil vom 6. Februar 1990 VII R 86/88, BFHE 160, 108, BStBl II 1990, 523; BFH-Urteil vom 10. November 1953 I 108/52 S, BFHE 58, 294, BStBl III 1954, 26). Die Erfüllbarkeit war damit mit Ablauf der Veranlagungszeiträume 2007 bzw. 2008 gegeben.

10

2. Der Aufrechnung standen weder insolvenzrechtliche Aufrechnungsverbote entgegen noch sind die Ansprüche des FA aufgrund des englischen Insolvenzverfahrens zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung erloschen gewesen.

11

In Deutschland ist unstreitig kein Insolvenzverfahren durchgeführt worden, weshalb die insolvenzrechtlichen Aufrechnungsverbote von § 95 Abs. 1 Satz 3 und § 96 InsO nicht zum Tragen kommen. Das englische Insolvenzverfahren war im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung bereits beendet.

12

Soweit der Kläger geltend macht, sämtliche Steuerschulden, insbesondere auch die aus den Jahren 1993 und 2000, seien aufgrund des in Großbritannien durchgeführten bankruptcy-Verfahrens mit anschließender Restschuldbefreiung weggefallen, ist sein Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren zu wenig substantiiert und überdies in sich widersprüchlich gewesen.

13

Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs der AO bezieht, haben die Beteiligten diesen Sachverhalt gemäß § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 AO aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen.

14

Im Streitfall hat der Kläger nicht dargelegt, dass er die streitigen Steuerschulden im Rahmen des englischen Insolvenzverfahrens ordnungsgemäß angegeben hat und dass diese überhaupt Gegenstand des dortigen Verfahrens gewesen sind. Dementsprechend ist nicht nachgewiesen worden, dass die Steuerforderungen des FA aus den Jahren 1993 und 2000 überhaupt von den Rechtswirkungen der dem Kläger erteilten Restschuldbefreiung erfasst worden sind.

15

Wie sich aus der Vorentscheidung ergibt, hat der Kläger dem FG lediglich zwei Seiten eines Formblatts vorgelegt, das das Finanzamt X mit einem geschuldeten Betrag von ca. 110.000 £ aus dem Jahr 2006 und das Finanzamt Y mit einem geschuldeten Betrag von ca. 25.000 £ aus dem Jahr 2001 auswies. Ein Zusammenhang zu den Steuerforderungen des FA aus den Jahren 1993 und 2000 ist daraus nicht erkennbar. Gleiches gilt für eine im Auftrag des Official Receiver gefertigte E-Mail vom 17. April 2014, in deren Anhang die genannte Forderung des Finanzamts X genannt wird. Auch aus dem vom FG angesprochenen "certificate of discharge" vom 19. September 2011 geht nicht hervor, welche Forderungen von der discharge erfasst sein sollen.

16

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd
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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd
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published on 29/04/2015 00:00

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Die Revision wird zugelassen. Tatbestand I. Die Beteiligten streiten darüber, ob das Finanzamt zu Recht Guthaben aus den
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Annotations

(1) Die Aufrechnung ist unzulässig,

1.
wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,
2.
wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat,
3.
wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat,
4.
wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.

(2) Absatz 1 sowie § 95 Abs. 1 Satz 3 stehen nicht der Verfügung über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes oder der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren entgegen, die in Systeme im Sinne des § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden, das der Ausführung solcher Verträge dient, sofern die Verrechnung spätestens am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Eröffnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.

Der Bundesfinanzhof kann über die Revision in der Besetzung von fünf Richtern durch Beschluss entscheiden, wenn er einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Der Beschluss soll eine kurze Begründung enthalten; dabei sind die Voraussetzungen dieses Verfahrens festzustellen. § 126 Abs. 6 gilt entsprechend.

(1) Für die Aufrechnung mit Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis sowie für die Aufrechnung gegen diese Ansprüche gelten sinngemäß die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Mit Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis kann nicht aufgerechnet werden, wenn sie durch Verjährung oder Ablauf einer Ausschlussfrist erloschen sind.

(3) Die Steuerpflichtigen können gegen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen aufrechnen.

(4) Für die Aufrechnung gilt als Gläubiger oder Schuldner eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis auch die Körperschaft, die die Steuer verwaltet.

(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.

(2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann.

(1) Sind zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die aufzurechnenden Forderungen oder eine von ihnen noch aufschiebend bedingt oder nicht fällig oder die Forderungen noch nicht auf gleichartige Leistungen gerichtet, so kann die Aufrechnung erst erfolgen, wenn ihre Voraussetzungen eingetreten sind. Die §§ 41, 45 sind nicht anzuwenden. Die Aufrechnung ist ausgeschlossen, wenn die Forderung, gegen die aufgerechnet werden soll, unbedingt und fällig wird, bevor die Aufrechnung erfolgen kann.

(2) Die Aufrechnung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Forderungen auf unterschiedliche Währungen oder Rechnungseinheiten lauten, wenn diese Währungen oder Rechnungseinheiten am Zahlungsort der Forderung, gegen die aufgerechnet wird, frei getauscht werden können. Die Umrechnung erfolgt nach dem Kurswert, der für diesen Ort zur Zeit des Zugangs der Aufrechnungserklärung maßgeblich ist.

(1) Die Aufrechnung ist unzulässig,

1.
wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,
2.
wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat,
3.
wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat,
4.
wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.

(2) Absatz 1 sowie § 95 Abs. 1 Satz 3 stehen nicht der Verfügung über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes oder der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren entgegen, die in Systeme im Sinne des § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden, das der Ausführung solcher Verträge dient, sofern die Verrechnung spätestens am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Eröffnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.

(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

(2) Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.

(3) Ein Steuerpflichtiger hat über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 des Außensteuergesetzes Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungspflicht umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten (Angemessenheitsdokumentation). Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn, der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen. Eine multinationale Unternehmensgruppe besteht aus mindestens zwei in verschiedenen Staaten ansässigen, im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes einander nahestehenden Unternehmen oder aus mindestens einem Unternehmen mit mindestens einer Betriebsstätte in einem anderen Staat. Zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen sind zeitnah Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungen im Sinne dieses Absatzes sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen.

(4) Die Finanzbehörde kann jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach Absatz 3 verlangen; die Vorlage richtet sich nach § 97. Im Falle einer Außenprüfung sind die Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen vorzulegen. Die Aufzeichnungen sind jeweils innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist verlängert werden.

(5) Um eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen, wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Art, Inhalt und Umfang der nach den Absätzen 3 und 4 zu erstellenden Aufzeichnungen zu bestimmen.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.