Bundesfinanzhof Beschluss, 09. Mai 2012 - VII B 3/12
Gericht
Tatbestand
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I. Nach mehreren erfolglosen Vollstreckungsversuchen forderte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) den Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) aufgrund erheblicher Steuerschulden zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung auf. Nach erfolglosem Einspruch erhob der Kläger Klage, die er mit der krankheitsbedingten Unzumutbarkeit der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung begründete. Wie aus der Bescheinigung einer Augenklinik hervorgehe, sei er an einer rezidivierenden Hornhautentzündung erkrankt. Diese Erkrankung trete bei akuten Stresssituationen auf und könne zur Erblindung führen. Das Finanzgericht (FG) bestimmte den 16. November 2011 als Termin zur mündlichen Verhandlung. Mit Fax vom 10. November 2011 bat der Kläger unter Hinweis auf einen Termin vor dem Arbeitsgericht am 16. November ab 9 Uhr um Aufhebung des Termins. Mit Schreiben vom 11. November 2011 verlegte das FG den anberaumten Termin von 10 Uhr auf 12:30 Uhr.
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Am Tag der mündlichen Verhandlung ging ein Schreiben des Sozius des Klägers vom 15. November 2011 beim beschließenden Senat des FG ein, in dem dieser ebenfalls die Aufhebung des Termins beantragte. Zur Begründung führte der Prozessbevollmächtigte an, dass sich der Kläger noch am 15. November 2011 in die Augenklinik begeben habe und bis zum 22. November 2011 arbeitsunfähig sei. Er, der Sozius, selbst sei aufgrund eines anderen Gerichtstermins an der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verhindert. Das FG entsprach dem Antrag auf Terminsaufhebung nicht, sondern wies die Klage als unbegründet ab.
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Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision. Zur Begründung beruft er sich auf eine Verletzung des in § 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) festgelegten Amtsermittlungsgrundsatzes sowie des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Die Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung von ursprünglich 10 Uhr auf 12:30 Uhr stelle eine Terminsaufhebung dar. Somit hätte das FG die in § 91 FGO festgelegte Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen erneut einhalten müssen. Dies sei jedoch nicht geschehen. Zudem hätte das FG ein Gutachten über den Gesundheitszustand des Klägers einholen müssen und nicht ohne seine Anwesenheit verhandeln dürfen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Ungeachtet der Mängel in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Darlegung der Gründe für die Zulassung der Revision liegen die von der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensfehler jedenfalls nicht vor.
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1. Entgegen der Auffassung der Beschwerde stellt die Verschiebung des Verhandlungstermins von 10 Uhr auf 12:30 Uhr keine Terminsaufhebung dar, die eine erneute Ladung unter Beachtung der Ladungsfrist des § 91 FGO erforderlich gemacht hätte. Denn der Zweck der Ladungsfrist, den Beteiligten ausreichend Zeit zur Vorbereitung der Verhandlung einzuräumen, wird durch die bloße Änderung der Uhrzeit nicht beeinträchtigt (Stöcker in Beermann/Gosch, FGO, § 91 Rz 63, m.w.N.).
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2. Eine Verletzung des Gehörsanspruchs aus Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes liegt nicht deshalb vor, weil das FG das vorgelegte Attest nicht zum Anlass einer Terminsaufhebung genommen hat. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung enthält als Diagnose lediglich die Angabe "V.a. H 16.0". Ein konkretes Krankheitsbild lässt sich daraus nicht ersehen. Zumindest bei unmittelbar vor dem Termin eingereichten ärztlichen Attesten ist zu verlangen, dass diese die Diagnose unverschlüsselt ausweisen (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. September 2011 IV B 122/09, BFH/NV 2012, 419). Aufgrund der im Streitfall gemachten Angaben war es dem FG nicht möglich, die Art und Schwere der Erkrankung nachzuvollziehen. Nach ständiger BFH-Rechtsprechung müssen die Ausführungen in einem ärztlichen Attest das Gericht in die Lage versetzen, selbst zu beurteilen, ob aufgrund der Schwere der Erkrankung ein erheblicher Grund vorliegt, der zur Verhandlungsunfähigkeit führt (BFH-Beschlüsse vom 3. August 2005 II B 47/04, BFH/NV 2005, 2041, und vom 23. Oktober 2002 III B 167/01, BFH/NV 2003, 80). Diesen Anforderungen genügt die vom Kläger vorgelegte Bescheinigung nicht. Im Übrigen übersieht er, dass das FG die Terminsverlegung --abgesehen vom Inhalt des vorgelegten Attests-- zusätzlich damit begründet hat, er habe angesichts der seit geraumer Zeit bestehenden chronischen Erkrankung Vorsorge für die Wahrnehmung des Termins durch Bestellung eines Bevollmächtigten treffen müssen, was er aber nicht dargelegt habe. Dem zusätzlichen Verlegungsantrag des Sozius hat das FG insoweit keine Bedeutung beigemessen. Diese schlüssige Begründung des FG hat der Kläger mit seiner Beschwerde nicht angegriffen.
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3. Soweit der Kläger beanstandet, das FG habe keinen sachverständigen Gutachter mit der Bewertung der vorgelegten Unterlagen beauftragt, legt die Beschwerde nicht hinreichend dar, warum sich die Notwendigkeit der Begutachtung durch einen Sachverständigen dem FG hätte von Amts wegen aufdrängen müssen. Denn die Einholung eines Sachverständigengutachtens liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (BFH-Beschluss vom 16. Juni 2005 IV B 187/03, BFH/NV 2005, 2015). Ausweislich der Urteilsbegründung hat das FG das vom Kläger als ausführlich bezeichnete Gutachten zur Kenntnis genommen und dahingehend gewürdigt, die darin getroffenen Feststellungen seien zu pauschal, um feststellen zu können, dass gerade die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu einer konkreten und unmittelbar vorliegenden Gesundheitsgefährdung führen kann. Auch hat das FG darauf hingewiesen, dass der Kläger seine Tätigkeit als Rechtsanwalt --einschließlich der Wahrnehmung von Gerichtsterminen-- weiterhin auszuüben in der Lage ist. Aus der Sicht des FG musste es keinen Sachverständigen mit der Bewertung der als unzureichend empfundenen Feststellungen beauftragen.
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(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.
(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, beim Bundesfinanzhof von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Das Gericht kann Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.
(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, beim Bundesfinanzhof von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Das Gericht kann Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.