Bundesfinanzhof Beschluss, 06. Aug. 2010 - IV B 151/09
Gericht
Tatbestand
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I. Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob sich der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) aufgrund des Gesellschaftsvertrags vom 15. März 1999 (Vertrag) am Einzelunternehmen seines Vaters (V), über dessen Vermögen im Juni 2001 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, als atypisch stiller Gesellschafter beteiligt hat und deshalb für die Jahre 1999 bis 2001 (Streitjahre) ein Gewinnfeststellungsverfahren durchzuführen ist.
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1. Der Kläger hatte gemäß § 1 des Vertrags eine Einlage in Höhe von 250.000 DM zu leisten und war nach § 3 des Vertrags mit einem Anteil von 25 % am laufenden Gewinn und Verlust des Einzelunternehmens beteiligt; seine Verlustteilhabe war zudem auf 5 % der "Beteiligungssumme" pro Jahr begrenzt. Gemäß § 4 Satz 1 des Vertrags nahm der Kläger im Falle der Aufgabe des Unternehmens (z.B. Einstellung, Verkauf) am Liquidationsergebnis entsprechend der Regelung des § 3 des Vertrags teil. Für den Fall der Kündigung der Gesellschaft war in § 4 Satz 2 des Vertrags die Aufdeckung aller stillen Reserven sowie eine Beteiligung des Klägers in Höhe von "grundsätzlich... 25 %" vorgesehen.
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2. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) hat das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft verneint. Die Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass (erstens) ein fremder Dritter angesichts der finanziellen Situation des V kein atypisch stilles Gesellschaftsverhältnis eingegangen wäre, (zweitens) aus § 4 des Vertrags nicht ersichtlich sei, ob der Kläger im Falle der Auseinandersetzung an den stillen Reserven sowie dem Geschäftswert des Unternehmens beteiligt werde, und (drittens) der Vertrag auch nicht vereinbarungsgemäß durchgeführt worden sei.
Entscheidungsgründe
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II. Der Senat lässt offen, ob die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügt. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet.
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1. Unschlüssig ist die Rüge, das FG habe deshalb gegen die Verpflichtung zur Berücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) und damit gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Dezember 2003 II B 121/02, BFH/NV 2004, 666) verstoßen, weil es sich im Rahmen seiner ersten Erwägung (fehlende Fremdüblichkeit der Beteiligung; s. oben zu I.2.) nicht habe davon überzeugen können, dass "die schwierige finanzielle Situation des Einzelunternehmens ... -vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses im März 1999 aus betrachtet - für den Kläger unvorhersehbar" gewesen sei; es habe hierbei --so der Kläger im Beschwerdeverfahren-- außer Acht gelassen, dass nach dem Bericht des Insolvenzverwalters vom 29. Juni 2006 (dort: Seite 3) Forderungsausfälle bzw. die "Inhaftungnahme der Einzelunternehmung (über) 750.000 DM aus den Jahren 2000 und 2001 zur Insolvenzeröffnung (geführt hätten)".
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a) Abgesehen davon, dass sich in den Akten des FG lediglich eine Kopie des vom Insolvenzverwalter erstellten Eröffnungsberichts vom 30. August 2001 befindet und die Vorinstanz hierauf in den Urteilsgründen Bezug genommen hat, können dem Bericht weder Forderungsausfälle in der konkret genannten Höhe noch deren Zuordnung zu den Jahren 2000 und 2001 entnommen werden. Vielmehr erläutert der Bericht, dass die Insolvenz des V auf "eine ganze Reihe von Ursachen zurückzuführen (sei)"; neben nicht realisierten Forderungen gegenüber öffentlichen Auftraggebern, der fehlenden Kostenreduktion trotz Umsatzrückgangs sowie dem überdurchschnittlichen Lohnniveau wird insbesondere auf die bereits im Jahre 1996 eingetretene Insolvenz des Partners einer Arbeitsgemeinschaft mit der Folge der gesamtschuldnerischen Haftung des V hingewiesen.
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b) Im Übrigen verkennt der Vortrag des Klägers, dass grundsätzlich davon auszugehen ist, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen hat. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (hier: i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) wird deshalb erst dann verletzt, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergibt, dass das Gericht ein tatsächliches Vorbringen entweder nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (BFH-Beschluss vom 16. Mai 2008 IV B 112/07, juris; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 119 Rz 10a, m.w.N.). Demgemäß wäre es zur substantiierten Rüge des geltend gemachten Verstoßes erforderlich gewesen, solche besonderen Umstände darzulegen und --woran es vorliegend gleichfalls fehlt-- anhand der gesamten Würdigung des Sachverhalts durch die Vorinstanz aufzuzeigen, dass ein entscheidungserheblicher Teil des Sachverhalts vom FG nicht berücksichtigt worden ist.
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2. Nicht durchzugreifen vermag ferner der Vortrag, das FG sei im Rahmen seiner zweiten Erwägung (s. oben zu I.2.) zu Unrecht sowie zudem unter Verstoß gegen "fundamentalste Denkansätze" davon ausgegangen, dass aufgrund § 4 Satz 1 des Vertrags nicht ersichtlich sei, ob der Kläger bei Aufgabe des Unternehmens an den stillen Reserven und dem Geschäftswert des Einzelunternehmens beteiligt gewesen sei. Hiermit wird im Kern lediglich die fehlerhafte Vertragsauslegung gerügt. Fehler bei der Auslegung von Verträgen wie die Verletzung gesetzlicher Auslegungsregeln oder von Denkgesetzen oder Erfahrungssätzen gehören jedoch zu den materiell-rechtlichen Gesetzesverstößen. Sie sind deshalb weder geeignet, die Revision wegen eines Verfahrensfehlers zu eröffnen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO; BFH-Beschluss vom 13. März 1995 XI B 160/94, BFH/NV 1995, 817), noch führen sie zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO; BFH-Beschlüsse vom 15. April 2003 X B 104/01, juris; vom 5. Dezember 2000 VIII B 64/00, juris). Auch erfordert im Streitfall die Einheitlichkeit der Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Halbsatz 2 FGO) nicht, die Revision zuzulassen. Zwar ist dieser Zulassungsgrund zu bejahen, wenn das Gericht gegen die allgemeinen Grundsätze zur Auslegung von Willenserklärungen in einem Maße verstößt, dass die Entscheidung nicht mehr nachvollziehbar und damit objektiv willkürlich ist (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 69; Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20. September 2000 1 BvR 441/00, Neue Juristische Wochenschrift 2001, 1200). Hiervon kann jedoch vorliegend keine Rede sein, da der Vorinstanz jedenfalls darin zuzustimmen ist, dass § 4 des Vertrags zwischen der Aufgabe des Einzelunternehmens (Satz 1) und der Kündigung des Vertrags (Satz 2) differenziert und deshalb auch nur im Wege der Vertragsauslegung eine Entscheidung darüber möglich ist, ob der Kläger im Falle der Unternehmensaufgabe --aufgrund der (nur) hierfür vereinbarten entsprechenden Anwendung des § 3 des Vertrags (betreffend laufende Gewinne und Verluste)-- von der Teilhabe an den stillen Reserven des Anlagevermögens (einschließlich des Geschäftswerts) ausgeschlossen war.
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3. Soweit der Kläger im Hinblick auf die dritte Erwägung der Vorinstanz (keine vereinbarungsgemäße Vertragsdurchführung; s. oben zu I.2.) Gründe für die Revisionszulassung vorträgt, ist hierauf nicht einzugehen. Der Vortrag vermag der Beschwerde bereits deshalb nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil das FG seine Entscheidung nicht nur auf die nach seiner Ansicht fehlende Durchführung des Vertrags, sondern --tragend-- auch auf die ersten beiden Urteilserwägungen gestützt (s. oben zu I.2.) und der Kläger hiergegen --wie erläutert (s. oben zu II.1. und II.2.)-- keine durchgreifenden Zulassungsgründe geltend gemacht hat (zur sog. kumulativen Urteilsbegründung s. Gräber/ Ruban, a.a.O., § 116 Rz 28, m.w.N.).
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Annotations
(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.
(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.