Bundesfinanzhof Beschluss, 12. Mai 2010 - IV B 137/08
Gericht
Gründe
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Die Beschwerde ist nicht begründet. Die Revision kann nicht wegen eines Verfahrensmangels zugelassen werden.
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1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. In der Begründung der Beschwerde müssen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Dazu müssen die Tatsachen genau angegeben werden, die den Mangel ergeben (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 48, m.w.N.).
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a) Ein Verstoß gegen den Akteninhalt liegt nicht vor.
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aa) Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz FGO entscheidet das Finanzgericht (FG) nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Diese Regelung ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) dahin auszulegen, dass neben dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung auch der gesamte Akteninhalt vollständig zu berücksichtigen ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 4. August 1999 IV B 96/98, BFH/NV 2000, 70; vom 25. Juli 2006 IV B 116/04, BFH/NV 2006, 2270, unter 2. der Gründe).
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Die Geltendmachung eines solchen Verfahrensmangels erfordert die genaue Bezeichnung des nicht berücksichtigten Akteninhalts sowie die Darlegung, inwieweit dessen Berücksichtigung auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunktes des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (BFH-Beschluss vom 24. August 2005 IV B 61/04, BFH/NV 2006, 85). Angeblich widersprüchliche Urteilsbegründungen oder fehlerhafte Sachverhaltswürdigungen sind dagegen --wenn sie vorliegen-- materiell-rechtliche Fehler und keine Verfahrensfehler (BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 2270, unter 2. der Gründe).
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bb) Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) meint, das FG habe nicht berücksichtigt, dass der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) selbst auf den 1. Januar 1989 die Feststellung getroffen habe, dass der Betrieb 1988 eingestellt worden sei. Aus einem in den Akten befindlichen Schreiben vom 30. Juni 1981 ergebe sich des Weiteren, dass der ursprüngliche Betrieb bereits im Jahr 1980 durch den Kläger und seine verstorbene Ehefrau eingestellt worden sei; der Kläger selbst sei nur noch im Nebenerwerb tätig gewesen. Das FG habe deshalb bei der Annahme, der Betrieb sei zum Zeitpunkt der Veräußerung des streitgegenständlichen Grundstücks (14. April 1999) noch fortgeführt worden, wesentliche Teile der Akte nicht berücksichtigt bzw. nicht hinreichend gewürdigt.
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cc) Daraus ergibt sich schon deshalb kein Verstoß gegen den Inhalt der Akten, weil es auf die behauptete Nutzungsänderung --durch die Weiterführung des Betriebs im Nebenerwerb ab 1981 bzw. die Einstellung der Selbstbewirtschaftung 1988-- nicht ankommt. Der BFH hat in ständiger Rechtsprechung, auf die das FG Bezug genommen hat, entschieden, dass bisher landwirtschaftlich genutzte Grundstücke bei einer Nutzungsänderung, durch die sie nicht zu notwendigem Privatvermögen werden, ohne ausdrückliche Entnahmehandlung landwirtschaftliches Betriebsvermögen bleiben (u.a. BFH-Beschluss vom 27. August 2004 IV B 173/03, BFH/NV 2005, 334, m.w.N.). Es bedarf einer unmissverständlichen, von einem entsprechenden Entnahmewillen getragenen Entnahmehandlung; daran fehlt es, wenn der Steuerpflichtige nicht die sich aus einer Entnahme ergebende Folgerung zieht, indem er, wie vom Einkommensteuergesetz gefordert, den Gewinn aus der Entnahme von Grund und Boden erklärt (u.a. BFH-Urteil vom 7. Februar 2002 IV R 32/01, BFH/NV 2002, 1135).
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dd) Des Weiteren macht der Kläger geltend, das FG habe seine im Eilverfahren ergangene Entscheidung (Beschluss vom 19. Februar 2002) nicht berücksichtigt, worin es festgestellt habe, dass das FA nachweisen müsse, dass das streitgegenständliche Grundstück dem Betriebsvermögen des Klägers zuzurechnen sei bzw. seine Eigenschaft als Betriebsvermögen nicht verloren habe.
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ee) Nach Aktenlage trifft es nicht zu, dass das FG die im Eilverfahren getroffene Entscheidung nicht berücksichtigt hat. Es hat vielmehr die Akte beigezogen und ausdrücklich auf die Entscheidung Bezug genommen. Auf das Ergebnis jener Entscheidung kommt es im Übrigen schon deshalb nicht an, weil bereits ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids zu einer Aussetzung der Vollziehung führen können und die abschließende Entscheidung dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleibt.
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b) Einen Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt.
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aa) Eine schlüssige Rüge, das FG habe gegen seine Verpflichtung zur Sachverhaltsermittlung verstoßen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO), erfordert u.a. die Darlegung, zu welchen konkreten Tatsachen weitere Ermittlungen geboten waren, welche Beweise zu welchem Beweisthema das FG hätte erheben müssen, wo Tatsachen vorgetragen waren, aus denen sich dem FG die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen auch ohne einen entsprechenden Beweisantrag hätte aufdrängen müssen, welches Ergebnis die zusätzliche Erhebung von Beweisen aller Voraussicht nach gehabt hätte und inwieweit die unterlassene Beweiserhebung oder Ermittlungsmaßnahme zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können (vgl. BFH-Urteil vom 24. Februar 1988 I R 143/84, BFHE 152, 500, BStBl II 1988, 819, unter II.1. der Gründe; Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz 70, m.w.N.). Außerdem muss vorgetragen werden, dass der Verstoß in der Vorinstanz gerügt wurde oder weshalb eine derartige Rüge nicht möglich war (Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz 70 i.V.m. Rz 67, m.w.N.).
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bb) Soweit der Kläger meint, das FG habe Ermittlungen zur Fortführung des Betriebs im Nebenerwerb bzw. zu seiner Einstellung treffen müssen, kommt es darauf für die Frage, ob das streitgegenständliche Grundstück Betriebsvermögen geblieben ist, nicht an (s. oben unter 1.a cc). Im Übrigen lässt sich der Erklärung zur Tierhaltung für den Kläger und seine verstorbene Ehefrau vom 4. Oktober 1988 --auf die sich der Kläger vorliegend beruft-- entnehmen, dass zwar die Tierhaltung eingestellt und keine landwirtschaftlichen Maschinen mehr vorhanden waren, aber weiterhin 0,37 ha bewirtschaftet wurden und offenbar (nur) das Haus ins Privatvermögen überführt worden ist. Bei dieser Sachlage ist nicht erkennbar, warum sich dem FG weitere Ermittlungen hätten aufdrängen müssen.
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Davon abgesehen hätte der anwaltlich vertretene Kläger eine nach seiner Auffassung unterlassene Sachaufklärung in der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2008 rügen können und müssen. Denn die Frage, ob das streitgegenständliche Grundstück weiterhin Betriebsvermögen war, bildete den Kern des Rechtsstreits.
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c) Ein Verfahrensfehler ergibt sich auch nicht daraus, dass das FG die zwischen dem Kläger und seiner verstorbenen Ehefrau bestehende Errungenschaftsgemeinschaft als Mitunternehmerschaft angesehen hat. Entgegen der Auffassung des Klägers entspricht die Errungenschaftsgemeinschaft nicht dem Güterstand der Gütertrennung; sie ist der allgemeinen Gütergemeinschaft ähnlich (vgl. BFH-Urteil vom 2. Oktober 1980 IV R 42/79, BFHE 131, 497, BStBl II 1981, 63, unter 1.b der Gründe). Abgesehen davon, dass es sich insoweit um eine materiell-rechtliche Frage handelt, hat sich das FG --anders als in der Beschwerdebegründung behauptet-- im angefochtenen Urteil mit dieser Frage auseinandergesetzt (unter 2. der Gründe) und seine Auffassung zu Recht auf das BFH-Urteil vom 7. Juli 1983 IV R 127/79 (juris) gestützt. Zwar betrifft dieses Urteil einen Gewerbebetrieb. Für landwirtschaftliche Betriebe kann jedoch nichts anderes gelten (vgl. BFH-Beschluss vom 5. Februar 2002 IV B 71/01, BFH/NV 2002, 1019; BFH-Urteil vom 25. September 2008 IV R 16/07, BFHE 224, 490, BStBl II 2009, 989, zu den Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft bei Landwirts-Ehegatten).
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2. Inhaltlich wendet sich der Kläger gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des FG. Damit macht er jedoch keinen Verfahrensfehler, sondern die unzutreffende Anwendung materiellen Rechts geltend, die nicht zur Zulassung der Revision führt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 29. Oktober 1998 X B 132/98, BFH/NV 1999, 510, und in BFH/NV 2000, 70). Denn sowohl die Sachverhalts- und Beweiswürdigung als auch die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Beweislastverteilung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen (vgl. BFH-Beschluss vom 3. Februar 2000 I B 40/99, BFH/NV 2000, 874).
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Annotations
(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.
(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.
(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.
(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.