Bundesfinanzhof Urteil, 19. Apr. 2012 - III R 87/09
Gericht
Tatbestand
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I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Er ist der Vater der im Januar 1994 geborenen Tochter (T) und des im Juni 1997 geborenen Sohnes (S). Der Kläger war in Deutschland als Handelsvertreter selbständig tätig und erhält seit dem 1. Februar 2007 eine Regelaltersrente. In die Rentenversicherung für Angestellte zahlte er bis 1969 Pflichtbeiträge ein. Vom 1. Januar 1970 (Beginn der Handelsvertretertätigkeit) bis 31. Dezember 2005 zahlte der Kläger freiwillig Rentenversicherungsbeiträge.
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Die Ehefrau des Klägers und Mutter der beiden Kinder ist österreichische Staatsangehörige und lebt mit den beiden Kindern seit Oktober 2000 in Österreich. Seit Anfang des Jahres 2006 ist die Ehefrau in Österreich nichtselbständig tätig.
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Der Kläger erhielt während des sich bis einschließlich Januar 2006 erstreckenden Streitzeitraums das Kindergeld für seine beiden Kinder in gesetzlicher Höhe. Am 4. Juli 2007 teilte er der Beklagten und Revisionsbeklagten (Familienkasse) mit, dass seine Ehefrau und seine Kinder nach Österreich gezogen seien und dass seine Ehefrau dort seit Januar 2007 berufstätig sei. Später legte er den Vordruck E 411 vor, in dem das zuständige österreichische Finanzamt bescheinigte, dass die Ehefrau des Klägers ab dem 2. Januar 2006 laufend eine berufliche Tätigkeit ausgeübt habe und ihr für den gleichen Zeitraum ein Anspruch auf Familienleistungen für Familienangehörige zustehe.
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Mit Bescheid vom 9. Juli 2008 änderte die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung wie folgt:
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für die Zeit von November 2000 bis Dezember 2001: je Kind 69,02 € pro Monat;
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für die Zeit von Januar 2002 bis Januar 2006: je Kind 77 € pro Monat.
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Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass mangels Anwendbarkeit der speziellen gemeinschaftsrechtlichen Konkurrenzvorschriften für Familienleistungen auf die allgemeine Konkurrenzvorschrift des Art. 12 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO Nr. 1408/71), in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 --VO Nr. 118/97-- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- 1997 Nr. L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 647/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2005 --VO Nr. 647/2005-- (Amtsblatt der Europäischen Union 2005 Nr. L 117, S. 1), in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung Nr. 1408/71 (VO Nr. 574/72) in ihrer durch die VO Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die VO Nr. 647/2005, zurückzugreifen sei. Danach könne in Deutschland (nur) das hälftige Kindergeld gezahlt werden.
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Den hiergegen erhobenen Einspruch wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2008 als unbegründet zurück.
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Das Finanzgericht (FG) hob den Bescheid vom 9. Juli 2008 und die Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2008 hinsichtlich des Zeitraumes von November 2000 bis Dezember 2003 auf und wies die Klage im Übrigen als unbegründet ab.
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Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
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Der Kläger beantragt, unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils, den Rückforderungsbescheid vom 9. Juli 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2008 insoweit aufzuheben, als das Kindergeld für die Zeit von Januar 2004 bis Januar 2006 von der Familienkasse zurückgefordert wird.
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Die Familienkasse beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils hinsichtlich des Kindergelds für den Zeitraum Januar 2004 bis Januar 2006 und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.
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1. Das FG hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass ein etwaiger Anspruch des Klägers auf das volle Kindergeld nach den §§ 62 f. des Einkommensteuergesetzes in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung (EStG) für seine Kinder jedenfalls nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ausgeschlossen sei. Die bisherigen Feststellungen des FG ermöglichen allerdings keine abschließende Entscheidung dazu, ob § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG im vorliegenden Fall überhaupt zur Anwendung gelangt.
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2. a) Zu Unrecht ist das FG davon ausgegangen, dass die Eröffnung des persönlichen Geltungsbereichs der VO Nr. 1408/71 durch den Anhang I Teil I Buchst. D der VO Nr. 1408/71 (entspricht Buchst. E in der ab 2007 geltenden Fassung) ausgeschlossen wird.
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aa) Wie der Senat mit Urteil vom 4. August 2011 III R 55/08 (BFHE 234, 316) dargelegt hat, wird der persönliche Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 im Rahmen der allgemeinen Vorschriften des Titels I in Art. 2 der VO Nr. 1408/71 festgelegt. Nach ihrem Art. 2 Abs. 1 gilt die Verordnung insbesondere für Arbeitnehmer und Selbständige, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, soweit sie Staatsangehörige eines Mitgliedstaats sind, sowie für deren Familienangehörige und Hinterbliebene. Die in dieser Vorschrift verwendeten Begriffe "Arbeitnehmer" und "Selbständiger" werden in Art. 1 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 definiert. Sie bezeichnen jede Person, die im Rahmen eines der in Art. 1 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 aufgeführten Systeme der sozialen Sicherheit gegen die in dieser Vorschrift angegebenen Risiken unter den dort genannten Voraussetzungen versichert ist. Eine Person besitzt somit z.B. die Eigenschaft eines Selbständigen im Sinne der VO Nr. 1408/71, wenn sie auch nur gegen ein einziges Risiko im Rahmen eines der in Art. 1 Buchst. a dieser Verordnung genannten allgemeinen oder besonderen Systeme der sozialen Sicherheit pflichtversichert oder freiwillig versichert ist. Dabei ist nicht die tatsächliche Ausübung der Tätigkeit maßgeblich, sondern der Versichertenstatus (z.B. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 7. Juni 2005 C-543/03, Dodl und Oberhollenzer, Slg. 2005, I-5049 Rdnrn. 29 ff.; vom 10. März 2011 C-516/09, Borger, Europäische Zeitung für Wirtschaftsrecht 2011, 436 Rdnrn. 28 ff.).
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bb) Für die Frage, ob der persönliche Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 eröffnet ist, kommt es dagegen nicht darauf an, ob der Selbständige auch die Voraussetzungen erfüllt, die in ihrem Anhang I Teil I Buchst. D aufgeführt sind. Denn die in dieser Bestimmung enthaltenen Einschränkungen gelten nur für die Vorschriften des Titels III Kapitel 7 der VO Nr. 1408/71, d.h. bei Anwendung ihrer Art. 72 ff. Das setzt voraus, dass die Eröffnung des persönlichen Geltungsbereichs nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 bereits bejaht wurde (vgl. Senatsurteil in BFHE 234, 316, m.w.N).
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cc) Unter den Begriff des Selbständigen sind nach Art. 1 Buchst. a Ziff. i der VO Nr. 1408/71 sowohl Personen zu erfassen, die bei der deutschen Rentenversicherung zunächst pflichtversichert und anschließend freiwillig weiterversichert waren, als auch nach Art. 1 Buchst. a Ziff. iv der VO Nr. 1408/71 Personen, die bei der deutschen Rentenversicherung freiwillig versichert sind und eine selbständige Tätigkeit ausüben. Das FG hat den genauen Versicherungsstatus des Klägers bislang nicht festgestellt. Nach Aktenlage spricht jedoch einiges dafür, dass der Kläger als freiwillig versicherter Selbständiger jedenfalls von einer der beiden Alternativen erfasst wird.
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b) Als Familienleistung i.S. des Art. 1 Buchst. u Ziff. i der VO Nr. 1408/71 unterfällt das Kindergeld nach den §§ 62 ff. EStG gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. h dieser Verordnung auch ihrem sachlichen Geltungsbereich (vgl. Senatsurteil in BFHE 234, 316, m.w.N).
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3. Sollten die noch erforderlichen Ermittlungen des FG ergeben, dass der Kläger vom persönlichen Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 erfasst wird, ist das auf ihn anzuwendende Recht nach den Vorschriften des Titels II dieser Verordnung (Art. 13 ff.) zu bestimmen.
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Insoweit sieht Art. 13 Abs. 1 der VO Nr. 1408/71 vor, dass vorbehaltlich der Art. 14c und 14f der VO Nr. 1408/71 Personen, für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats unterliegen und sich nach Titel II der VO Nr. 1408/71 bestimmt, welche Rechtsvorschriften dies sind. Art. 13 Abs. 2 Buchst. b der VO Nr. 1408/71 bestimmt, dass vorbehaltlich der Regelungen der Art. 14 bis 17 der VO Nr. 1408/71 eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats eine selbständige Tätigkeit ausübt, den Rechtsvorschriften dieses (Tätigkeits-)Staats unterliegt, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt. Den Feststellungen des FG lässt sich nicht entnehmen, bis zu welchem Zeitpunkt der Kläger in Deutschland als Handelsvertreter selbständig tätig war oder noch ist. Jedenfalls würde er während der Zeit der Ausübung der selbständigen Tätigkeit in Deutschland den deutschen Rechtsvorschriften unterliegen, sofern sich nicht im zweiten Rechtsgang Anhaltspunkte für das Vorliegen eines der Ausnahmetatbestände der Art. 14 bis 17 der VO Nr. 1408/71 ergeben. Sollte der Kläger die selbständige Tätigkeit vor oder bei Renteneintritt beendet haben, wären nach Art. 13 Abs. 2 Buchst. f der VO Nr. 1408/71 die deutschen Rechtsvorschriften weiterhin anwendbar, sofern der Wohnsitz in Deutschland fortbestanden hat (Recht des Wohnsitzstaats) und sich nicht aufgrund Art. 13 Abs. 2, Art. 14 bis 17 der VO Nr. 1408/71 die Anwendbarkeit des Rechts eines anderen Mitgliedstaats ergibt (z.B. Ausübung einer Arbeitnehmertätigkeit oder selbständigen Tätigkeit in Österreich).
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4. a) Soweit sich aufgrund des Art. 13 Abs. 2 der VO Nr. 1408/71 ergibt, dass auf den Kläger deutsche Rechtsvorschriften anzuwenden sind, müsste noch geprüft werden, wie die sich dann ergebende Anspruchskumulierung vermieden wird.
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Nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG bestand für die Ehefrau des Klägers während des Zeitraums Januar 2004 bis Januar 2006 für beide Kinder ein Anspruch auf Familienbeihilfe nach österreichischem Recht. Soweit daneben ein Anspruch des Klägers auf deutsches Kindergeld bestand, wäre die dann gegebene Anspruchskumulierung grundsätzlich nach den Antikumulierungsvorschriften des Art. 10 der VO Nr. 574/72 aufzulösen, da die Gewährung von Familienleistungen im Wohnsitzstaat der Kinder (Österreich) nicht von der Ausübung einer Erwerbstätigkeit abhängig ist (vgl. hierzu die Übersicht über die vergleichbaren Leistungen i.S. des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in dem für den Streitzeitraum geltenden Schreiben des Bundesamts für Finanzen vom 14. Februar 2002 St I 4 -S 2473- 9/2001, BStBl I 2002, 241) und somit die Antikumulierungsvorschrift des Art. 76 der VO Nr. 1408/71 nicht eingreift.
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b) aa) Allerdings sieht Anhang I Teil I Buchst. D der VO Nr. 1408/71 bei der Anwendung der für Familienleistungen geltenden Vorschriften des Titels III Kapitel 7 der VO Nr. 1408/71 eine Einschränkung des persönlichen Geltungsbereichs der VO Nr. 1408/71 vor. Danach gilt für den Fall, dass ein deutscher Träger der zuständige Träger für die Gewährung der Familienleistungen gemäß Titel III Kapitel 7 der VO Nr. 1408/71 ist, i.S. des Art. 1 Buchst. a Ziff. ii der VO Nr. 1408/71 als Selbständiger, wer eine Tätigkeit als Selbständiger ausübt und in einer Versicherung der selbständig Erwerbstätigen für den Fall des Alters versicherungs- oder beitragspflichtig ist oder in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig ist.
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bb) Insoweit hat das FG jedoch festgestellt, dass der Kläger weder in einer Versicherung der selbständig Erwerbstätigen für den Fall des Alters versicherungs- oder beitragspflichtig noch in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig war. Entgegen der Auffassung des Klägers wird der Fall der freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung von dieser Vorschrift nicht erfasst, da insoweit gerade keine Versicherungspflicht besteht. Die Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs bei der Anwendung der für Familienleistungen geltenden Vorschriften würde jedoch dazu führen, dass trotz einer grenzüberschreitenden Kumulation zweier Ansprüche die gemeinschaftsrechtliche Antikumulierungsvorschrift nicht zur Anwendung gelangen würde.
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cc) Zur Reichweite der Bestimmungen des Anhangs I der VO Nr. 1408/71 hat der EuGH in der Rechtssache Schwemmer (Urteil vom 14. Oktober 2010 C-16/09, Zeitschrift für europäisches Sozial- und Arbeitsrecht 2011, 235 Rdnr. 38) entschieden, dass auch in einem Fall, in dem die nach deutschem Recht Kindergeldberechtigte die Voraussetzungen des Anhangs I Teil I Buchst. D der VO Nr. 1408/71 nicht erfüllt, die Antikumulierungsvorschrift des Art. 10 der VO Nr. 574/72 zur Anwendung kommen kann. Dies begründete er zum einen damit, dass es trotz der fehlenden Anwendbarkeitsvoraussetzungen zur Entstehung paralleler Ansprüche auf Familienleistungen für denselben Zeitraum kommen könne. Zum anderen verwies er unter Bezugnahme auf die Entscheidung in der Rechtssache Kromhout (EuGH-Urteil vom 4. Juli 1985 C-104/84, Slg. 1985, 2205 Rdnr. 15) darauf, dass die Kinder als Familienangehörige des Elternteils, der Arbeitnehmer (in der Schweiz) ist, in den persönlichen Anwendungsbereich der VO Nr. 1408/71 fallen.
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Daraus ergibt sich, dass Art. 10 der VO Nr. 574/72 im Streitfall jedenfalls für den Monat Januar 2006 Anwendung finden würde, da die Mutter der Kinder in diesem Monat selbst Arbeitnehmerin war und daher die Kinder als Familienangehörige in den persönlichen Anwendungsbereich der VO Nr. 1408/71 fallen. Auch für die Monate Januar 2004 bis Dezember 2005 könnte sich eine Anwendbarkeit des Art. 10 der VO Nr. 574/72 daraus ergeben, dass die Mutter der Kinder in den persönlichen Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 fällt, wofür erforderlich, aber auch ausreichend wäre, dass sie nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 in irgendeinem der von dem sachlichen Geltungsbereich der VO Nr. 1408/71 erfassten Zweige der sozialen Sicherheit in irgendeinem Mitgliedstaat der Europäischen Union versichert ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 234, 316). Danach wäre es für die Anwendbarkeit des Art. 10 der VO Nr. 574/72 bereits ausreichend, wenn die Ehefrau des Klägers im fraglichen Zeitraum oder in einem früheren Zeitraum (s. hierzu Art. 2 Abs. 1 der VO Nr. 1408/71) in irgendeinem Mitgliedstaat in einem der in Art. 1 der VO Nr. 1408/71 genannten Versicherungszweige (z.B. der Renten-, Kranken- oder Arbeitslosenversicherung) versichert war.
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dd) Kommt Art. 10 der VO Nr. 574/72 nach den noch durchzuführenden Feststellungen des FG zur Anwendung, wäre wegen der in der Bestimmung geregelten Anspruchsreihenfolge des Weiteren noch zu ermitteln, ob die Ehefrau des Klägers auch im Zeitraum Januar 2004 bis Dezember 2005 eine Berufstätigkeit ausgeübt hat. Die vorliegenden Bescheinigungen E 411 enthalten hierzu keine näheren Angaben. Hat die Ehefrau eine Berufstätigkeit ausgeübt (s. zur Reichweite des Begriffs der Berufstätigkeit Beschluss Nr. 119 der Verwaltungskommission der Europäischen Gemeinschaften für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer vom 24. Februar 1983 zur Auslegung des Art. 76 und des Art. 79 Abs. 3 der VO Nr. 1408/71 sowie des Art. 10 Abs. 1 der VO Nr. 574/72 bezüglich des Zusammentreffens von Familienleistungen oder -beihilfen, ABlEG 1983 Nr. C 295, S. 3), wäre nach Art. 10 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i der VO Nr. 574/72 vorrangig Österreich zur Gewährung von Familienleistungen verpflichtet. Deutschland müsste gegebenenfalls den Differenzbetrag zu einem höheren inländischen Kindergeldanspruch des Klägers leisten.
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Soweit die Ehefrau im streitigen Zeitraum keine Berufstätigkeit ausgeübt hat, wäre nach Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 574/72 der Anspruch des Klägers auf deutsches Kindergeld vorrangig.
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Annotations
(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.
(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.
(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof
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in der Sache selbst entscheiden oder - 2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.
(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.
(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.
1Kindergeld wird nicht für ein Kind gezahlt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre:
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Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder der Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 217 Absatz 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 30. Juni 2020 geltenden Fassung oder dem Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 270 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 16. November 2016 geltenden Fassung vergleichbar sind, - 2.
Leistungen für Kinder, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und dem Kindergeld vergleichbar sind.