Bundesfinanzhof Beschluss, 26. Feb. 2014 - I S 24/13

published on 26/02/2014 00:00
Bundesfinanzhof Beschluss, 26. Feb. 2014 - I S 24/13
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Gericht

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Tenor

1. Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 8. Oktober 2013 I B 109/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Der Tatbestand des Beschlusses I B 109/12 wird unter I. dahingehend berichtigt, dass der Kläger "Mitglied der Evangelischen Landeskirche in Baden" war und nicht "Mitglied der evangelisch-lutherischen Landeskirche in Baden".

3. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

Gründe

1

Mit Beschluss vom 8. Oktober 2013 I B 109/12, BFH/NV 2014, 182 hat der angerufene Senat die Beschwerde des Klägers, Beschwerdeführers und Rügeführers (Kläger) wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 18. Juni 2012  10 K 3864/11 als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger wendet sich gegen den ihm am 17. November 2013 zugegangenen Beschluss mit der Anhörungsrüge. Der entsprechende Schriftsatz ist am 2. Dezember 2013 beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangen.

II.

2

Die Anhörungsrüge ist unbegründet und deshalb durch Beschluss zurückzuweisen (§ 133a Abs. 4 Satz 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs wurde im Beschwerdeverfahren nicht verletzt.

3

1. Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gewährleistet den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens das Recht, vor Gericht Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen. Dem entspricht die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen, sofern das Vorbringen nicht nach den Prozessvorschriften ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder kann (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 11. Juli 2012 I S 8/12, BFH/NV 2012, 1813).

4

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht das Vorbringen eines Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, wenngleich es nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht verpflichtet ist, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Der Umstand allein, dass sich die Entscheidungsgründe mit einem bestimmten Gesichtspunkt nicht ausdrücklich auseinandersetzen, rechtfertigt grundsätzlich nicht die Annahme, das Gericht habe den Gesichtspunkt unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör übergangen. Dieses Recht wird auch nicht dadurch verletzt, dass das Gericht der Rechtsansicht eines Beteiligten nicht folgt. Denn die Anhörungsrüge dient nicht dazu, die angegriffene Entscheidung in der Sache in vollem Umfang nochmals zu überprüfen. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt daher nur dann vor, wenn sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falles deutlich ergibt, dass das Gericht ein tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom 26. März 2007 II S 1/07, BFH/NV 2007, 1094, m.w.N.; vom 30. August 2007 IX S 6/07, BFH/NV 2007, 2324).

5

2. Nach diesen Grundsätzen liegen im Streitfall keine Anhaltspunkte für eine Gehörsverletzung vor. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 8. Oktober 2013 die vom Kläger vorgebrachten Einwendungen umfassend geprüft.

6

a) Soweit der Kläger vorbringt, der Senat habe die Vergleichsberechnung zwischen der Kirchensteuer vom Einkommen und dem Kirchgeld in glaubensverschiedenen Ehen unbeachtet gelassen, kann dem nicht gefolgt werden.

7

Der Senat hat sich vielmehr erkennbar mit dem rechtlichen Verhältnis zwischen der Kircheneinkommensteuer auf der einen Seite und dem besonderen Kirchgeld auf der anderen Seite auseinandergesetzt. So hat der Senat insbesondere herausgearbeitet, dass die Kircheneinkommensteuer und das besondere Kirchgeld bereits auf unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen basieren. Hieraus hat der Senat sodann eine strikte Trennung zwischen der Kircheneinkommensteuer als Annexsteuer und dem besonderen Kirchgeld als eigenständige Steuer abgeleitet. Ausgehend von dieser Grundannahme konnte der Senat ein "Korrespondenzprinzip", wie es der Kläger für die Kircheneinkommensteuer steuerlich berücksichtigen will, als verfassungsrechtlich nicht geboten ansehen.

8

Der wiederholte Hinweis des Klägers auf die nach Art. 1 § 2 Abs. 2 des Kirchlichen Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsbuches der Evangelischen Landeskirche in Baden für die Jahre 2006 und 2007 (HHG 2006/2007) vom 19. Oktober 2005 (Gesetzes- und Verordnungsblatt der Evangelischen Landeskirche in Baden 2006, 97) vorzunehmende Vergleichsberechnung zwischen der Kirchensteuer vom Einkommen und dem Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe vermag daran (erneut) nichts zu ändern. Die strikte Trennung zwischen beiden Steuern, die im Übrigen bereits in § 5 Abs. 1 des Gesetzes über die Erhebung von Steuern durch öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften in Baden-Württemberg vom 15. Juni 1978 (Gesetz- und Verordnungsblatt Baden-Württemberg 1978, 369, BStBl I 1978, 403) hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, wird durch die Vergleichsberechnung nach Art. 1 § 2 Abs. 2 HHG 2006/2007 nicht aufgehoben. Im Gegenteil wird hierdurch die subsidiäre Funktion des Kirchgeldes gerade betont. Eine "Gesamtschau" von Kircheneinkommensteuer und besonderem Kirchgeld ist daher auch im Hinblick auf die vom Kläger hervorgehobene "verfassungsrechtliche Vergleichsperspektive" der Vergleichsberechnung nach Art. 1 § 2 Abs. 2 HHG 2006/2007 nicht zu entnehmen.

9

b) Soweit der Kläger sinngemäß vorträgt, der Senat habe lediglich Ausführungen aus dem Senatsurteil vom 8. April 1997 I R 68/96 (BFHE 183, 107, BStBl II 1997, 545) wiederholt, ohne sich mit den Ausführungen des Klägers, in denen sich dieser dezidiert mit der Argumentation des Senats in dieser Entscheidung auseinandersetzt, thematisch zu beschäftigen, ist ein Gehörsverstoß nicht erkennbar. Der Umstand allein, dass sich die Entscheidungsgründe mit einem bestimmten Gesichtspunkt nicht ausdrücklich auseinandersetzen, rechtfertigt --wie erläutert-- grundsätzlich nicht die Annahme, das Gericht habe den Gesichtspunkt unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör übergangen.

10

3. Auf Antrag des Klägers wird der Tatbestand des Beschlusses vom 8. Oktober 2013 I B 109/12 unter I. dahingehend berichtigt, dass der Kläger "Mitglied der Evangelischen Landeskirche in Baden" war und nicht "Mitglied der evangelisch-lutherischen Landeskirche in Baden" (§§ 108 Abs. 1, 113 Abs. 1 FGO).

11

4. Für diese Entscheidung wird eine Gebühr von 60 € erhoben (vgl. Anlage 1 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 23. Juli 2013, BGBl I 2013, 2586). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet (§ 139 Abs. 4 FGO).

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Aufwendungen der Fin
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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Aufwendungen der Fin
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published on 08/10/2013 00:00

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war im Streitjahr (2006) Mitglied der Evangelischen Landeskirche in Baden (der Beigeladenen); seine Ehefrau, mit
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Annotations

(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.

(6) § 131 Abs. 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Enthält der Tatbestand des Urteils andere Unrichtigkeiten oder Unklarheiten, so kann die Berichtigung binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beantragt werden.

(2) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme durch Beschluss. Der Beschluss ist unanfechtbar. Bei der Entscheidung wirken nur die Richter mit, die beim Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so gibt bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Der Berichtigungsbeschluss wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Ist das Urteil elektronisch abgefasst, ist auch der Beschluss elektronisch abzufassen und mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nicht zu erstatten.

(3) Gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind stets erstattungsfähig. Aufwendungen für einen Bevollmächtigten oder Beistand, für den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte erstattet werden. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis zu einem Beteiligten, so werden die durch seine Zuziehung entstandenen Gebühren nicht erstattet.

(4) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.