Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 15. März 2017 - 9 ZB 15.223

bei uns veröffentlicht am15.03.2017

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt.

II. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 2. Dezember 2014, Az. W 4 K 14.212 ist unwirksam geworden.

III. Die Gerichtskosten werden gegeneinander aufgehoben. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zur Hälfte. Im Übrigen trägt jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst.

IV. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 10.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen des Klägers und des Beklagten ist das Verfahren in der Hauptsache erledigt und in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO mit der Folge einzustellen, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts wirkungslos geworden ist (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).

Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Billigem Ermessen entspricht es hier, die Kosten beider Instanzen nach Maßgabe des Tenors zu verteilen.

Die Erfolgsaussichten des gesamten Verfahrens lassen sich hier nicht abschließend beurteilen, weil der Prozessausgang nicht ohne Weiteres zu übersehen ist. Unabhängig von der Frage der Subsidiarität der erhobenen Feststellungsklage gegenüber einer Verpflichtungsklage auf bauaufsichtliches Einschreiten spricht hinsichtlich des Hauptantrages viel dafür, dass der Kläger diesen in Wirklichkeit durch seine Erledigungserklärung hat fallen lassen und damit eine verschleierte Klagerücknahme vorliegt (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.1989 - 4 C 22.88 - juris Rn. 14; B.v. 27.9.1973 - II C 12.70 - Buchholz 310 § 161 Abs. 2 VwGO Nr. 41). Denn soweit der Kläger hat feststellen lassen wollen, dass das Landratsamt nicht mit Hinweis auf die Festsetzungen des Bebauungsplans „Industriegebiet II“ der Stadt K … ablehnen konnte, überhaupt in eine Überprüfung einzutreten, ob behördliches Einschreiten möglich oder erforderlich war bzw. Ermessensüberlegungen anzustellen, ist nicht ohne Weiteres ersichtlich, dass sich dieses vom Kläger behauptete streitige Rechtsverhältnis zwischen ihm und dem Landratsamt durch den nachträglichen Einbau modernerer Kühlaggregate durch den Beigeladenen auf dem Dach seines Betriebes in jeder Hinsicht erledigt hat. Hinsichtlich des Hilfsantrags auf bauaufsichtliches Einschreiten erscheinen die Erfolgsaussichten offen. Neben der Frage der Verwirkung bauaufsichtlichen Einschreitens im Verhältnis zu der dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung vom 24. September 2009 ergeben sich Fragen des klägerischen Rechtsschutzbegehrens im Hinblick auf die einzuhaltenden Lärmwerte und des behördlichen Entschließungsermessens. Im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO findet jedoch eine weitere Sachaufklärung oder die Klärung schwieriger Rechtsfragen nicht statt (vgl. BayVGH, B.v. 20.7.2015 - 9 B 13.192 - juris Rn. 6). Da der Beigeladene sowohl im verwaltungsgerichtlichen Verfahren als auch im Zulassungsverfahren einen wesentlichen Beitrag geleistet hat, andererseits aber den Austausch der Kühlaggregate vorgenommen hat, die den Kläger zur Abgabe der Erledigungserklärung veranlasst haben, entspricht es der Billigkeit, dass er einen Teil seiner außergerichtlichen Kosten erstattet erhält und im Übrigen diese selbst trägt (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 15. März 2017 - 9 ZB 15.223

Urteilsbesprechungen zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 15. März 2017 - 9 ZB 15.223

Referenzen - Gesetze

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 173


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 15. März 2017 - 9 ZB 15.223 zitiert 8 §§.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


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Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 161


(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden. (2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 1

Zivilprozessordnung - ZPO | § 269 Klagerücknahme


(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden. (2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, a

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 20. Juli 2015 - 9 B 13.192

bei uns veröffentlicht am 20.07.2015

Tenor I. Das Verfahren wird eingestellt. II. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 31. August 2010 ist wirkungslos geworden. III. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Kläg

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 02. Dez. 2014 - W 4 K 14.212

bei uns veröffentlicht am 02.12.2014

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen zu tragen. III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. De
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 19. Apr. 2017 - 9 ZB 14.1916

bei uns veröffentlicht am 19.04.2017

Tenor I. Das Verfahren wird eingestellt. II. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 21. Mai 2014, Az. AN 9 K 14.00889 ist wirkungslos geworden. III. Von den Gerichtskosten beider Instanzen tragen die Klägerin die Häl

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die vom benachbarten Gewerbebetrieb des Beigeladenen auf sein Grundstück einwirkenden Lärmimmissionen ein bestimmtes Maß nicht überschreiten dürfen, hilfsweise die Verpflichtung der Bauaufsichtsbehörde zu bauaufsichtlichem Einschreiten.

1. Der Beigeladene ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. …0/22 der Gemarkung R … (P …-Str. 54, 63 … K …), auf dem er über die Firma „D …“ eine Großbäckerei betreibt. Das in östlicher Richtung angrenzende Grundstück Fl.Nr. …0/23 steht im Eigentum des Klägers. Auf diesem Grundstück befindet sich im westlichen Grundstücksbereich eine gewerblich genutzte Halle, im nordöstlichen Grundstücksbereich ein vom Kläger bewohntes Wohnhaus (P …-Str. 52a).

Für das Grundstück des Beigeladenen Fl.Nr. …0/22 setzt der Bebauungsplan „Industriegebiet II“ i.d.F. der Änderung vom 21. Februar 2000 ein Gewerbegebiet (GE) fest. Das benachbarte Grundstück Fl.Nr. …0/23 befindet sich ebenfalls im Geltungsbereich des vorgenannten Bebauungsplans, der hierfür teilweise ein Gewerbegebiet (westlicher Grundstücksbereich), teilweise ein Industriegebiet mit eingeschränktem flächenbezogenen Schallleistungspegel für die Nachtzeit nach „§ 9 BauNVO u. § 1 Abs. 4 BauNVO“ von 50 dB(A) (GIb - östlicher Grundstücksbereich) festsetzt.

Mit Baugenehmigungsbescheid vom 24. September 2009 erteilte das Landratsamt Miltenberg dem Beigeladenen die Baugenehmigung für die Erweiterung der Produktionshalle des auf dem Grundstück Fl.Nr. …0/22 bestehenden Gewerbebetriebs. Der Bescheid enthält unter Nebenbestimmung Nr. 3.1.2 folgende Regelung:

„Der Beurteilungspegel der Geräuschkontingente aller Anlagen auf dem Betriebsgelände, einschließlich des Fahr- und Ladeverkehrs, sowie die Geräuschkontingente der umliegenden Gewerbebetriebe dürfen in ihrer Summenwirkung (…) 0,5 m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes des östlich gelegenen Wohnhauses (Flurnummer …0/23) im beschränkten Industriegebiet der in der TA Lärm unter Nummer 6.1 a festgelegten Immissionsrichtwerte von tagsüber und nachts 70 dB(A) nicht überschreiten.“

In der Folgezeit wandte sich der Kläger an das Landratsamt Miltenberg mit der Bitte, gegen die von dem auf dem Grundstück des Beigeladenen bestehenden Gewerbebetrieb ausgehenden Lärmbeeinträchtigungen einzuschreiten.

Das Landratsamt lehnte dies mit Schreiben vom 10. September 2013 ab.

2. Mit Schriftsatz vom 10. März 2014, bei Gericht eingegangen am 11. März 2014, ließ der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg erheben. Er beantragte,

  • 1.Es wird festgestellt, dass das Landratsamt Miltenberg bei seiner Entscheidung darüber, ob es hinsichtlich der vom Grundstück des Beigeladenen Fl.Nr. …0/22 Gemarkung R … ausgehenden und auf das Grundstück des Klägers Fl.Nr. …0/23 Gemarkung R … einwirkenden Immissionen bauaufsichtlich einschreiten kann oder muss, nicht davon ausgehen darf, durch die teilweise Lage des Grundstücks des Klägers in einem durch den Bebauungsplan „Industriegebiet II“ der Stadt K … festgesetzten Industriegebiet nach § 9 BauNVO und § 1 Abs. 4 BauNVO mit einem eingeschränkten, flächenbezogenen Schallleistungspegel für die Nachtzeit von 50 dB(A), sei der Beizuladende berechtigt, auf seinem Grundstück Fl.Nr. …0/22 Gemarkung R … Geräusche zu erzeugen oder erzeugen zu lassen, welche auf das Grundstück des Klägers Fl.Nr. …0/23 Gemarkung R …, insbesondere auf das dort befindliche Wohnhaus, nachts mit einem höheren Schallleistungspegel als 50 dB(A) einwirken.

  • 2.Hilfsweise wird der Beklagte verpflichtet, es dem Beigeladenen bei Androhung von Verwaltungszwang zu untersagen, auf seinem Grundstück Fl.Nr. …0/22 Gemarkung R … Lärm zu verursachen, der auf das Grundstück des Klägers Fl.Nr. …0/23 Gemarkung R … nachts mit mehr als 50 dB(A) einwirkt.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Mit der Feststellungsklage solle geklärt werden, ob der Bebauungsplan „Industriegebiet II“ Rechtswirksamkeit dahingehend entfalte, dass vom Grundstück des Beigeladenen aus dem Grundstück des Klägers, insbesondere dem dort befindlichen Wohnhaus, Schallimmissionen zugeführt werden dürfen, die dort nachts mit mehr als 50 dB(A) einwirken. Von dem Gewerbebetrieb auf dem Grundstück des Beigeladenen gingen für das Wohnhaus des Klägers, welches sich wohl nur ganz geringfügig im Gewerbegebiet, überwiegend jedoch im Industriegebiet befinde, nicht hinnehmbare Lärmimmissionen aus, die insbesondere durch die auch nachts laufenden Kühlaggregate verursacht würden. Der Bebauungsplan sei widersprüchlich und daher wohl auch nichtig. Dies ergebe sich aus Folgendem: Es sei widersprüchlich, dass der Beigeladene berechtigt sein solle, mit Lärmimmissionen bis zu 70 dB(A) nachts auf das Nachbargrundstück, auf dem sich das Wohnhaus des Klägers befinde, einzuwirken, obwohl die auf dem Nachbargrundstück erzeugte Geräuschentwicklung durch den im Bebauungsplan festgesetzten flächenbezogenen Schallleistungspegel von 50 dB(A) zur Nachtzeit „gedeckelt“ sein solle. Widersprüchlich sei weiterhin, dass der Kläger dann, wenn er sein Wohnhaus direkt an der Grundstücksgrenze zum Grundstück des Beigeladenen hin und damit im festgesetzten Gewerbegebiet errichtet hätte, nur Lärmimmissionen von 50 dB(A) zur Nachtzeit hätte hinnehmen müssen, während er nun im Hinblick auf den tatsächlichen Standort seines Wohnhauses in der nordöstlichen Grundstücksecke, also deutlich weiter vom Grundstück des Beigeladenen entfernt, bis zu 70 dB(A) hinnehmen müssen solle. Es bestünden auch keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der erhobenen Feststellungsklage. Insbesondere handele es sich bei der zwischen den Beteiligten zu klärenden Frage, ob die Festsetzungen des Bebauungsplans im Zusammenhang mit einer etwaigen Pflicht der Bauaufsichtsbehörde zu bauaufsichtlichem Einschreiten Berücksichtigung finden könnten, um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Auch die Subsidiarität der Feststellungsklage sei gewahrt.

3. Das Landratsamt Miltenberg beantragte für den Beklagten,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Hinsichtlich der erhobenen Feststellungsklage bestünden Zweifel an der Klagebefugnis des Klägers. Hinsichtlich des hilfsweise gestellten Antrags auf bauaufsichtliches Einschreiten sei die Klage unbegründet. Das Wohnhaus des Klägers, das im beschränkten Industriegebiet („GIb“) liege, sei als betriebsbezogenes Wohnhaus i.S.v. § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO genehmigt worden. Der Kläger müsse daher ein deutlich höheres Maß an Störungen als in Wohngebieten oder im Mischgebiet hinnehmen. Das Landratsamt sei an die Festsetzungen des Bebauungsplans gebunden; ihm stehe keine Normverwerfungskompetenz zu. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass die im Baugenehmigungsbescheid vom 24. September 2009 über die Erweiterung des Gewerbebetriebs auf dem Grundstück des Beigeladenen unter Nebenbestimmung Nr. 3.1.2 aufgeführten Immissionsrichtwerte überschritten würden.

4. Der Beigeladene beantragte ebenfalls

Klageabweisung.

Zur Begründung wurde ausgeführt: Der Gewerbebetrieb auf dem Grundstück des Beigeladenen sei schon längst vorhanden gewesen, als der Kläger den Bauantrag für sein Wohnhaus gestellt habe. Bei dem Wohnhaus des Klägers handele es sich um ein Betriebsleiterwohnhaus i.S.v. § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO, welches einen geringeren Schutz vor Lärmbeeinträchtigungen genieße als Wohnnutzungen in Wohn- und Mischgebieten. Der Kläger müsse entsprechend der Nebenbestimmung Nr. 3.1.2 des Genehmigungsbescheids vom 24. September 2009 die allgemeinen Immissionsrichtwerte für ein Industriegebiet nach der TA Lärm von tags und nachts 70 dB(A) hinnehmen.

5. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist im Haupt- und Hilfsantrag unzulässig. Im Hilfsantrag ist sie darüber hinaus auch unbegründet.

1. Unter Auslegung des Klageantrags (vgl. § 88 VwGO) begehrt der Kläger mit dem Hauptantrag die Feststellung, dass das Landratsamt Miltenberg bei seiner Entscheidung darüber, ob es gegen den auf dem Grundstück des Beigeladenen vorhandenen Gewerbebetrieb bauaufsichtlich einschreitet, zu berücksichtigen habe, dass auf das klägerische Grundstück, insbesondere auf das dort vorhandene Wohnhaus, zur Nachtzeit nicht mit Lärmbeeinträchtigungen von mehr als 50 dB(A) eingewirkt werden dürfe.

1.1. Eine Feststellungsklage mit diesem Begehren ist - worauf das Gericht in der mündlichen Verhandlung auch ausdrücklich hingewiesen hat - unzulässig, denn sie bezieht sich nicht auf ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i.S.d. § 43 Abs. 1 VwGO.

Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Als feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i.S. dieser Vorschrift werden rechtliche Beziehungen angesehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder zu einer Sache ergeben. Die streitige Beziehung muss sich weiter durch ein dem öffentlichen Recht zuzurechnendes Verhalten zu einer konkreten Rechtsbeziehung verdichtet haben. Diese setzt voraus, dass die Anwendung einer bestimmten Norm des öffentlichen Rechts auf einen bereits übersehbaren Sachverhalt streitig ist. Das Erfordernis einer Verdichtung der Rechtsbeziehung zu einem konkreten Rechtsverhältnis rechtfertigt sich aus dem Anliegen, den Verwaltungsgerichten nicht die Beantwortung abstrakter Rechtsfragen aufzubürden (vgl. BVerwG, U.v. 23.1.1992 - 3 C 50.89 - BVerwGE 89, 327). Nicht feststellungsfähig sind bloße Elemente, unselbstständige Teile oder Vorfragen von Rechtsverhältnissen, die nicht unmittelbar Rechte und Pflichten begründen, sondern nur Voraussetzungen solcher Rechte und Pflichten sind (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 43 Rn. 13 m.w.N.). Nicht als Gegenstand der Feststellungsklage kommt auch die Gültigkeit von Rechtsnormen in Betracht (BVerwG, U.v. 23.8.2007 - 7 C 2/07 - BVerwGE 129, 199, Rn. 20; B.v. 21.3.1974 - VII B 97.73 - Buchholz 310 § 42 VwGO Nr. 56).

Unter Berücksichtigung dieser allgemeinen Ausführungen ist das Feststellungsbegehren des Klägers vorliegend auf die Klärung einer Vorfrage zu seinem eigentlichen Anliegen gerichtet. Denn wie der Klägerbevollmächtigte schriftsätzlich (Bl. 41 d.A.) und in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, ist es das eigentliche Anliegen des Klägers, dass das Landratsamt bauaufsichtlich dahingehend einschreitet, dass vom Gewerbebetrieb des Beigeladenen nicht Lärmbeeinträchtigungen von mehr als 50 dB(A) zur Nachtzeit auf das klägerische Grundstück einwirken. Als Vorfrage zu diesem Begehren möchte der Kläger mit der vorliegend erhobenen Feststellungsklage gerichtlich klären lassen, von welchen Immissionsrichtwerten (bezüglich des klägerischen Grundstücks) der Beklagte bei der Entscheidung über ein bauaufsichtliches Einschreiten auszugehen hat. Gegenstand des Feststellungsbegehrens ist damit ein unselbstständiger Teil eines Rechtsverhältnisses, der selbst nicht unmittelbar Rechte und Pflichten begründet, sondern nur Voraussetzung solcher Rechte und Pflichten ist.

Darüber hinaus ist die Feststellungsklage auch deshalb unzulässig, weil sie in der Sache unmittelbar die Frage nach der Wirksamkeit bestimmter Festsetzungen des Bebauungsplans betrifft. Wie der Klägerbevollmächtigte in der Klagebegründung selbst ausführt, möchte der Kläger gerichtlich klären lassen, ob der Bebauungsplan „Industriegebiet II“ wirksam ist, soweit dieser für sein Grundstück ein Industriegebiet mit eingeschränktem flächenbezogenen Schallleistungspegel für die Nachtzeit nach „§ 9 BauNVO u. § 1 Abs. 4 BauNVO“ von 50 dB(A) festsetzt. Der Bebauungsplan wird gemäß § 10 Abs. 1 BauGB als Satzung erlassen. Das Feststellungsbegehren ist folglich auf die Klärung der Gültigkeit einer Rechtsnorm gerichtet. Für dieses Rechtsschutzbegehren stellt die VwGO in § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO das Normenkontrollverfahren zur Verfügung. Als Gegenstand einer Feststellungsklage scheidet die Frage der Gültigkeit einer Rechtsnorm hingegen aus.

1.2. Unabhängig davon ist die Klage im Hauptantrag auch wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO unzulässig. Die Feststellungsklage ist danach unzulässig, wenn der Kläger sein Rechtsschutzziel mit der Gestaltungs- oder Leistungsklage - einschließlich der Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO - verfolgen kann. Dadurch sollen aus Gründen der Prozessökonomie unnötige Feststellungsklagen vermieden werden, wenn für die Rechtsverfolgung eine andere sachnähere und wirksamere Klageart zur Verfügung steht (BVerwG, U.v. 28.1.2010 - 8 C 19/09 - juris, Rn. 40).

Eine solche sachnähere Klageart steht dem Kläger hier mit der Verpflichtungsklage, gerichtet auf ein bauaufsichtliches Einschreiten des Beklagten, zur Verfügung. Würde hingegen die Feststellungsklage für zulässig erachtet, so wäre jedenfalls in dem Fall, dass das Gericht dieser Klage stattgibt, von vorneherein absehbar, dass die Beteiligten dann weiter über die Frage der Ermessensreduzierung in Bezug auf die Pflicht des Beklagten zu bauaufsichtlichem Einschreiten streiten. Eine weitere Klage des Klägers, genauer eine Verpflichtungsklage auf bauaufsichtliches Einschreiten, wäre dann mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Die vom Kläger erhobene Feststellungsklage trägt daher gerade nicht zur Klärung der zwischen den Beteiligten streitigen Pflicht des Landratsamts zu bauaufsichtlichen Einschreiten bei. Soweit der Klägerbevollmächtigte insoweit vorbringt, er sei davon überzeugt, dass das Landratsamt bauaufsichtlich einschreiten werde, wenn das Gericht der Feststellungsklage stattgebe, rechtfertigt dies keine andere rechtliche Beurteilung, zumal das Landratsamt Miltenberg ein bauaufsichtliches Einschreiten vorprozessual explizit abgelehnt hat (vgl. Bl. 13 d.A.). Zudem ist zu berücksichtigen, dass bauaufsichtliche Maßnahmen auch dann, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen der entsprechenden Befugnisnorm vorliegen, grundsätzlich im Ermessen der Bauaufsichtsbehörde stehen. Nur ausnahmsweise kann sich eine Ermessensreduzierung auf Null ergeben. Die Feststellungsklage ist hier daher gerade nicht prozessökonomisch.

Die Feststellungsklage bietet dem Kläger auch keinen gegenüber der Verpflichtungsklage weitreichenderen bzw. effektiveren Rechtsschutz. Soweit der Klägerbevollmächtigte in diesem Zusammenhang sinngemäß vorbringt, es könne dem Kläger nicht zugemutet werden, gegen die einzelnen Lärmquellen auf dem Grundstück des Beigeladenen jeweils gesondert vorzugehen, spricht dies nicht für die Zulässigkeit der Feststellungsklage. Eine Verpflichtungsklage auf bauaufsichtliches Einschreiten muss - anders als der Klägerbevollmächtigte offenbar meint - nicht jeweils isoliert gegen die einzelnen zum Gewerbebetrieb des Beigeladenen gehörenden Lärmquellen (Kühlaggregate, An- und Abfahrtsverkehr etc.) gerichtet werden. Vielmehr kann der Kläger mit der Klage auf bauaufsichtliches Einschreiten ein Einschreiten des Beklagten gegen den Gewerbebetrieb des Beigeladenen als solchen geltend machen. Dies hat er mit dem Hilfsantrag im vorliegenden Verfahren ja auch tatsächlich getan.

2. Der vom Kläger erhobene Hilfsantrag ist ebenso unzulässig und darüber hinaus unbegründet.

2.1. Die Klage ist unzulässig, weil das Klagerecht verwirkt ist.

Es kann offen bleiben, ob die Klage bereits deshalb keinen Erfolg haben kann, weil der Baugenehmigungsbescheid vom 24. September 2009 mit der Nebenbestimmung Nr. 3.1.2., wonach der Kläger an seinem Wohnhaus Lärmbeeinträchtigungen von tags und nachts 70 dB(A) zu dulden hat, gegenüber dem Kläger bestandskräftig geworden ist. Insbesondere bedarf es hier keiner Entscheidung, ob der Zustellungsmangel aufgrund der hier offenbar unterbliebenen Zustellung der Baugenehmigung an den Kläger durch die durch das Landratsamt am 20. Januar 2012 bewirkte Übermittlung des Genehmigungsbescheids an die Bevollmächtigte des Klägers (vgl. Bl. 180 der Behördenakte B 404/08) gemäß Art. 9 VwZVG geheilt wurde oder ob es hierfür auf Seiten des Landratsamts am erforderlichen Zustellungswillen fehlt. Denn der Kläger ist gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 24. September 2009 nicht gerichtlich vorgegangen, obwohl ihm bzw. seiner Bevollmächtigten jedenfalls ab Januar 2012 bekannt war, dass er nach dieser Baugenehmigung (Nebenbestimmung Nr. 3.1.2) an seinem Wohnhaus Lärmbeeinträchtigungen von bis zu 70 dB(A) hinnehmen muss. Er hat das Klagerecht zur Durchsetzung eines nach seiner Auffassung für sein Grundstück zugrunde zu legenden niedrigeren Immissionsrichtwerts dadurch verwirkt. Im Einzelnen:

Von der Verwirkung des Klagerechts ist regelmäßig auszugehen, wenn die Baugenehmigung dem nunmehr klagenden Nachbarn zwar nicht bekanntgegeben wurde, dieser von der Baugenehmigung jedoch wusste oder wissen musste, und dennoch nicht innerhalb eines Jahres ab diesem Zeitpunkt Klage erhoben hat (VG Würzburg, U.v. 23.9.2014 - W 4 K 13.655; Dirnberger in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand Dezember 2013, Art. 66 Rn. 227; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 58 Rn. 17 m.w.N.).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Mit E-Mail vom 12. Januar zeigte die Rechtsanwältin K …, Aschaffenburg, dem Landratsamt Miltenberg an, dass sie den Kläger „in einer Nachbarschaftsangelegenheit (…) gegen die Firma „D …““ vertrete. Sie bat um Übersendung des Baugenehmigungsbescheids vom 24. September 2009 (Bl. 179 der Behördenakte B 404/08). Das Landratsamt Miltenberg übersandte der Rechtsanwältin unter dem 20. Januar 2012 den geforderten Bescheid. Der Bevollmächtigten des Klägers war daher ab diesem Zeitpunkt der Inhalt des Baugenehmigungsbescheids vom 24. September 2009 bekannt. Der Kläger muss sich die Kenntnis seiner Rechtsanwältin, die ihn in der Nachbarstreitigkeit mit der Firma „D …“ vertreten hat, entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen. Diese Vorschrift ist Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens, dass derjenige, der einen anderen mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten beauftragt hat, sich das in diesem Rahmen erlangte Wissen des anderen zurechnen lassen muss (vgl. etwa Ellenberger in Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 166 Rn. 1 u. 9 m.w.N.). Dennoch ging der Kläger gegen den vorgenannten Bescheid in der Folgezeit nicht gerichtlich vor. Auch brachten weder die Bevollmächtigte des Klägers noch der Kläger persönlich gegenüber dem Landratsamt oder gegenüber dem Beigeladenen in irgendeiner Form zum Ausdruck, dass der Kläger die vorgenannte Baugenehmigung als solche gerichtlich überprüfen lassen wolle, obwohl in dem Schriftverkehr zwischen den Beteiligten der Baugenehmigungsbescheid vom 24. September 2009 mit den Nebenbestimmungen zum Lärmschutz - auch von der Klägerseite - ausdrücklich angesprochen wurde (vgl. etwa Bl. 18 der Behördenakte S 71/12).

Der Verwirkung des Klagerechts kann nicht entgegengehalten werden, dass es insoweit am erforderlichen Umstandsmoment fehle. Denn aufgrund der aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis folgenden besonderen Rücksichtnahmepflichten (vgl. Czybulka/Kluckert in Sodann/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 58 Rn. 76) dürfen an das Umstandsmoment keine überzogenen Anforderungen gestellt werden (vgl. auch VG Würzburg, U.v. 23.9.2014 - W 4 K 13.655). Unter Berücksichtigung dessen und der Ausführungen im vorherigen Absatz mussten weder der Beklagte noch der Beigeladene nach Januar 2013 noch damit rechnen, dass der Kläger gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 24. September 2009 mit den darin enthaltenen Nebenbestimmungen zum Lärmschutz gerichtlich vorgeht.

Der Verwirkung des Klagerechts kann schließlich auch nicht entgegengehalten werden, dass der Kläger nur das Recht zur Erhebung einer Drittanfechtungsklage gegen die Baugenehmigung vom 24. September 2009, nicht aber das Recht zur Erhebung der im vorliegenden Verfahren erhobenen Klage auf bauaufsichtliches Einschreiten verwirkt habe. Denn aus dem Klageantrag und dem inhaltlichen Vorbringen des Klägers geht offensichtlich hervor, dass der Kläger mit der Klage für ihn gegenüber den in Nebenbestimmung Nr. 3.1.2. der Baugenehmigung vom 24. September 2009 festgelegten Lärmgrenzwerten günstigere Lärmgrenzwerte durchsetzen will, weil er die Rechtslage anders beurteilt als das Landratsamt im vorgenannten Baugenehmigungsbescheid. Die Verwirkung des Rechts zur Drittanfechtungsklage kann und darf durch eine solche Klage auf bauaufsichtliches Einschreiten nicht umgangen werden. Die Verwirkung erstreckt sich daher vorliegend auch auf die vom Kläger (hilfsweise) erhobene Verpflichtungsklage.

2.2. Die Klage ist darüber hinaus auch unbegründet.

Ein Anspruch des Klägers auf bauaufsichtliches Einschreiten scheidet schon deshalb aus, weil dieser nicht substanziiert dargelegt hat, dass die auf sein Grundstück einwirkenden Lärmbeeinträchtigungen die von ihm geforderten 50 dB(A) zur Nachtzeit übersteigen (2.2.1.). Darüber hinaus besteht auch deshalb kein Anspruch des Klägers auf bauaufsichtliches Einschreiten, weil keinerlei Umstände vorliegen, die eine Reduzierung des behördlichen Entschließungsermessens zugunsten des Klägers begründen könnten (2.2.2.).

2.2.1.

Der Kläger hat nicht substanziiert dargelegt, dass die auf sein Grundstück einwirkenden Lärmbeeinträchtigungen die von ihm geforderten 50 dB(A) zur Nachtzeit übersteigen. Selbst wenn man unterstellt, dass der Kläger auf seinem Grundstück insgesamt nur die Immissionsrichtwerte für ein Gewerbegebiet von tags 65 dB(A) und nachts 50 dB(A) (Nr. 6.1 Buchst. b der TA Lärm) hinnehmen muss, kann er daher keinen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen den Beklagten haben.

Das Landratsamt hat ein bauaufsichtliches Einschreiten zu Recht unter Hinweis auf die Schallimmissionsprognose des Ingenieurbüros Wölfel vom 2. Oktober 2008 (Bl. 76 der Gerichtsakte; Bl. 52 der Behördenakte B 404/08), die dem Baugenehmigungsbescheid vom 24. September 2009 zugrunde liegt, abgelehnt. Auf Seite 11 dieses Gutachtens (Bl. 81 der Gerichtsakte) wird - ausgehend von den im Gutachten im Einzelnen dargestellten Berechnungen - ausgeführt, dass die vom Betrieb des Beigeladenen auf das klägerische Grundstück einwirkenden Lärmbeeinträchtigungen die Immissionsrichtwerte für ein Gewerbegebiet zur Tag- und Nachtzeit einhalten. Dabei wurde entsprechend Nr. 3.2.1. der TA Lärm auch eine Vorbelastung von 6 dB(A) berücksichtigt. Die Kammer hat keine Zweifel an der Richtigkeit dieses Gutachtens. Die dortigen Ausführungen sind schlüssig und gut nachvollziehbar. Auch ist der Gutachter dem Gericht aus mehreren Verfahren als kompetent und zuverlässig bekannt.

Der Kläger hat gegen das Gutachten keine substanziierten Einwendungen erhoben. Im Klageverfahren hat er vorgebracht, dass er an seinem Wohnhaus zur Nachtzeit „54 dB(A) und mehr gemessen habe“ (Bl. 4 d. A.). Dieses Vorbringen ist viel zu unsubstanziiert, um die detaillierten Ausführungen im Gutachten in Frage zu stellen. Soweit der Klägerbevollmächtigte in diesem Zusammenhang auch rügt, dass das Gutachten von zum Teil tatsächlich nicht vorhandenen Einhausungen technischer Anlagen ausgehe, ist die Bevollmächtigte des Beigeladenen dem in der mündlichen Verhandlung im Übrigen substanziiert entgegengetreten. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass es hier Sache des Klägers gewesen wäre, im Einzelnen, etwa durch Vorlage eines eigenen Sachverständigengutachtens, darzulegen, warum die Feststellungen im Gutachten des Ingenieurbüros Wölfel unzutreffend sind.

Der Kläger kann gegen die vorgenannte Immissionsprognose auch nicht einwenden, dass diese als Privatgutachten nicht verwertet werden könne. Denn die Immissionsprognose wurde vom Beigeladenen im Baugenehmigungsverfahren vorgelegt, um den Nachweis zu führen, dass die Erweiterung seines Gewerbebetriebs mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften in Einklang steht. Im Baugenehmigungsverfahren ist es Sache des Bauherrn, die zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Vorhabens erforderlichen Gutachten der Genehmigungsbehörde vorzulegen (OVG NW, B. v. 5.2.2001 - 7 A 410/01 - juris, Rn. 3; Lechner in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand Dezember 2013, Art. 68 Rn. 31). Das Gesetz selbst geht demnach von der grundsätzlichen Verwertbarkeit eines vom Bauherrn im Genehmigungsverfahren vorgelegten Gutachtens aus. Es bestehen daher im gerichtlichen Verfahren jedenfalls dann keine Bedenken gegen die Verwertung einer vom Bauherrn vorgelegten Immissionsprognose, wenn diese unter Beachtung der geltenden Regelwerke fachgerecht und nachvollziehbar erstellt und von der Fachbehörde auf ihre Plausibilität hin überprüft wurde (VG Ansbach, U.v. 12.6.2013 - AN 9 K 12.00272 - juris, Rn. 56; vgl. zum immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren OVG Sarl, B.v. 5.4.2010 - 3 B 77/10 - juris, Rn. 21 ff.) Diese Voraussetzungen sind hier gegeben: Die vorliegende Immissionsprognose ist unter Berücksichtigung der Vorgaben der TA Lärm fachgerecht erstellt und vom Sachgebiet Immissionsschutz des Landratsamts überprüft worden (vgl. Bl. 126 ff. der Behördenakte B 404/08).

2.2.2.

Lediglich ergänzend weist die Kammer noch darauf hin, dass selbst dann, wenn man unterstellt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Anspruch des Klägers auf bauaufsichtliches Einschreiten vorliegen, keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Entschließungsermessen des Landratsamts auf Null reduziert wäre. Auch bei Beeinträchtigung drittschützender Rechtspositionen hat der Nachbar grundsätzlich nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde über ein bauaufsichtliches Einschreiten. Nur in besonderen Ausnahmefällen, insbesondere bei einer außergewöhnlich starken Beeinträchtigung von Nachbarrechten, kann sich der Anspruch des Nachbarn zu einem gebundenen Anspruch auf behördliches Einschreiten verdichten (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 54 Rn. 96 m.w.N.) Solche besonderen Umstände kann die Kammer vorliegend nicht erkennen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger sein Wohnhaus in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem zu diesem Zeitpunkt bereits vorhandenen Gewerbebetrieb des Beigeladenen errichtet hat. Unabhängig von der Frage, ob bzw. inwieweit nun das Grundstück des Klägers hinsichtlich der hinzunehmenden Lärmimmissionen die Schutzwürdigkeit eines Gewerbegebiets oder lediglich eines Industriegebiets aufweist, war es hier der Kläger, der sein Wohnhaus in einem offensichtlich für die gewerbliche Nutzung vorgesehenen Gebiet, in dem eine Wohnnutzung grundsätzlich nicht zulässig und wesensfremd ist (vgl. §§ 8, 9 BauNVO), errichtet hat. Nach der örtlichen Situation, die der Kammer aus mehreren anderen Verfahren gut bekannt ist, handelt es sich bei dem Wohnhaus des Klägers daher um einen Fremdkörper in der gewerblich geprägten Umgebung, was zu einer erheblich verminderten Schutzwürdigkeit des Klägers führt. Unter Berücksichtigung dessen sind keinerlei Umstände erkennbar, die hier eine Ermessensreduzierung zugunsten des Klägers begründen könnten.

3. Nach alldem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Dabei entsprach es der Billigkeit, dass der Kläger die außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen zu tragen hat, weil sich dieser durch Antragstellung am Kostenrisiko beteiligt hat (§ 162 Abs. 3 i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

Tenor

I.

Das Verfahren wird eingestellt.

II.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 31. August 2010 ist wirkungslos geworden.

III.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin und die Beklagte je zur Hälfte.

IV.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Das Verfahren ist aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Klägerin und der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof einzustellen (§ 92 Abs. 3 VwGO in entsprechender Anwendung); das Urteil des Verwaltungsgerichts ist wirkungslos geworden (§ 173 VwGO, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO in entsprechender Anwendung).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Maßgeblich hierfür ist nach billigem Ermessen, dass sich die Erfolgsaussichten des Rechtsschutzbegehrens der Klägerin unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nicht ohne weiteres übersehen lassen und als offen anzusehen sind.

Was die Baugenehmigung vom 17. Februar 2010 angeht, bedürfte es bereits einer vertieften Prüfung, ob sie zu Unrecht im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO erteilt wurde und nicht im Baugenehmigungsverfahren nach Art. 60 BayBO, in dem auch die Abstandsflächenvorschriften Prüfungsgegenstand sind.

Allerdings wird die Klägerin allein durch die Wahl eines falschen Verfahrens nicht in ihren Rechten verletzt. Ob dies auch dann gelten kann, wogegen einiges sprechen mag, wenn das genehmigte Bauvorhaben die nachbarschützenden Abstandsflächenvorschriften nicht einhält und dem Nachbarn aus der Wahl des falschen Verfahrens damit eine Beeinträchtigung seiner materiellen Rechtsposition erwächst, bedürfte einer weiteren vertieften Prüfung. Im vorliegenden Fall unterschreitet das Bauvorhaben an drei Außenwänden die Abstandsflächentiefe des Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO. In diesem Fall ist eine Kombination des 16 m-Privilegs nach Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO mit der Zulassung einer Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO an einer dritten Außenwand nicht zulässig. Erforderlich ist hier die Zulassung einer Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO für jede der Außenwände (vgl. BayVGH, B. v. 17.4.2000 - GrS 1/1999, 14 B 9714 B 97.2901 - juris Rn. 7).

Der Abweichungsbescheid vom 11. April 2013 wurde von der Klägerin durch eine Klageänderung nach § 91 VwGO in das Verfahren einbezogen, deren Zulässigkeit allerdings fraglich erscheint, weil weder eine Einwilligung der Beklagten noch eine Sachdienlichkeit dieser Änderung ohne weiteres ersichtlich sind. Zwar spricht im Übrigen vieles dafür, dass hier hinsichtlich der erfolgten Wärmedämmung die Voraussetzungen für die Zulassung einer Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO vorliegen. Allerdings ist der genaue Umfang der tatsächlichen Unterschreitung der gesetzlich notwendigen Abstandsfläche der Schulturnhalle zur Straßenmitte der Sonnenstraße zwischen den Beteiligten umstritten.

Im Rahmen dieser Kostenentscheidung findet aber eine weitere Sachaufklärung ebenso wenig statt sowie eine Klärung schwieriger Rechtsfragen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 161 Rn. 15).

Streitwert: § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG; Erhöhung des Streitwerts im Berufungsverfahren wegen der erfolgten Erweiterung der Klage (vgl. Nr. 1.1.1 des Streitwertkatalogs 2013 und § 39 GKG).

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.