Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 22. Sept. 2015 - 9 ZB 14.30399

published on 22/09/2015 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 22. Sept. 2015 - 9 ZB 14.30399
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Gericht

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Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung (§ 78 Abs. 4 AsylVfG) hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor. Es liegt weder ein gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. § 138 VwGO erheblicher Verfahrensmangel vor noch kommt der Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) zu. Die beantragte Zulassung der Berufung wegen Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts scheitert bereits daran, dass eine Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG) lediglich benannt wird, inhaltlich aber hierzu nichts ausgeführt wird, so dass dieser Zulassungsgrund nicht in einer dem Darlegungserfordernis des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG genügenden Weise ausgeführt wird.

1. Die geltend gemachte Versagung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor.

Der Kläger macht geltend, dass das Verwaltungsgericht fehlerhaft von der Widersprüchlichkeit seines Vortrags ausgegangen sei, verkannt habe, dass sein Verfolgungsschicksal bereits über fünf Jahre zurückliege, den weiteren Geschehensverlauf falsch bewertet habe und zu Unrecht eine Gruppenverfolgung abgelehnt habe. Darüber hinaus sei das Verwaltungsgericht fehlerhaft davon ausgegangen, dass nicht ableitbar sei, worauf die Verwundungen, die augenscheinlich festgestellt worden seien, zurückzuführen seien und insoweit ein Sachverständigengutachten einzuholen gewesen wäre. Schließlich habe das Verwaltungsgericht wegen fehlerhafter Annahme der Unglaubwürdigkeit des Klägers zu Unrecht eine ernsthafte Gefahr für Leib und Leben des Klägers verneint. Auch die Annahme, es bestehe kein bewaffneter Konflikt in der kurdischen Herkunftsregion des Klägers sei fehlerhaft. Aus diesem Vorbringen ergibt sich jedoch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs.

Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden. Das Gericht hat sich mit den wesentlichen Argumenten des Klagevortrags zu befassen, wenn sie entscheidungserheblich sind. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann allerdings nur dann festgestellt werden, wenn sich aus besonderen Umständen klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist (BayVGH, B. v. 16.7.2015 - 13a ZB 15.30028 - juris Rn. 4; Kraft in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 138 Rn. 31 f). Das Verwaltungsgericht setzt sich hier jedoch in den Urteilsgründen mit sämtlichen vom Kläger vorgetragenen Aspekten auseinander. Es ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass ein entscheidungserheblicher Vortrag des Klägers unberücksichtigt geblieben oder nicht gewürdigt worden ist. Auch mit den Ausführungen, es bestehe aufgrund der aktuellen Entwicklungen ein bewaffneter Konflikt im kurdischen Herkunftsgebiet des Klägers, wird insoweit nur die Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils angezweifelt. Mit seinem Vortrag wendet sich der Kläger daher in Wirklichkeit im Gewand einer Gehörsrüge gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, was auch aus den Formulierungen im Zulassungsvorbringen eindeutig zum Ausdruck kommt. Das Asylverfahrensrecht kennt jedoch in § 78 Abs. 3 AsylVfG - im Gegensatz zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO - den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit einer Entscheidung nicht (BayVGH, B. v. 24.7.2015 - 9 ZB 14.30457 - juris Rn. 13).

Soweit im Zulassungsvorbringen angeführt wird, das Verwaltungsgericht hätte zur Frage, worauf die Verwundungen zurückzuführen sind, ein Sachverständigengutachten einholen müssen, ergibt sich daraus ebenfalls keine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Denn das Verwaltungsgericht hat über die sichtbaren Verletzungen des Klägers Beweis durch Augenscheinnahme erhoben und - unabhängig von der Frage, woher die Verletzungen stammen - die Erkenntnisse im Rahmen der Beweiswürdigung und der Würdigung des Aussageverhaltens bewertet. Abgesehen davon, dass der anwaltlich vertretene Kläger insoweit keinen Beweisantrag gestellt hat und damit nicht alle ihm eröffneten prozessualen und faktischen Möglichkeiten genutzt hat, sich rechtzeitig Gehör zu verschaffen (Kraft in Eyermann, a. a. O., § 138 Rn. 35), wird auch insoweit nur die freie Beweiswürdigung (Art. 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) des Gerichts angegriffen. Dies stellt jedoch keinen Zulassungsgrund gemäß § 78 Abs. 3 AsylVfG dar. Es ist auch nicht ersichtlich oder dargelegt, weshalb sich dem Verwaltungsgericht eine weitere Sachverhaltsaufklärung auch ohne entsprechendes Beweisbegehren des anwaltlich vertretenen Klägers hätte aufdrängen müssen.

2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG).

Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgeworfen wird. Erforderlich ist die Formulierung einer konkreten Tatsachen- oder Rechtsfrage und das Aufzeigen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich und klärungsbedürftig ist, sowie weshalb dieser Frage eine allgemeine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zukommt (vgl. BayVGH, B. v. 12.9.2013 - 9 ZB 10.30236 - juris Rn. 7; BayVGH, B. v. 30.3.2015 -13a ZB 15.30052 - juris Rn. 2). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht. Die als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnete Frage, ob kurdische Volkszugehörige, die in einer ausweglosen Situation aus ihrer Heimatregion fliehen mussten, um nicht weiter den ständigen Übergriffen der türkischen Sicherheitsbehörden ausgesetzt zu sein, tatsächlich keiner Verfolgung ausgesetzt sind und eventuell im Westen eine inländische Fluchtalternative haben und ob ihnen im Falle einer Rückkehr in der Türkei die Gefahr droht, unmenschlich behandelt und inhaftiert zu werden, ist maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls abhängig und im Übrigen durch die obergerichtliche Rechtsprechung geklärt (vgl. SächsOVG, U. v. 22.11.2014 - A 3 A 519/12 - juris; VGH BW, U. v. 27.8.2013 - A 12 S 2023/11 - juris; OVG NW, U. v. 2.7.2013 - 8 A 2632/06.A - juris; BayVGH, U. v. 27.4.2012 - 9 B 08.30203 - juris). Darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf, so dass von einem Berufungsverfahren daher kein weiterer Ertrag zu erwarten ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch di
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Annotations

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.