Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 16. Juli 2019 - 9 CS 19.374

published on 16/07/2019 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 16. Juli 2019 - 9 CS 19.374
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Verwaltungsgericht Ansbach, AN 17 S 18.2454, 31/01/2019

Gericht

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Tenor

I. Unter Aufhebung der Nummern I und II des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 31. Januar 2019 wird die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Antragsteller vom 26. Januar 2017 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. Dezember 2016 angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, wobei der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsgegnerin und der Beigeladene je zur Hälfte mit Ausnahme ihrer außergerichtlichen Kosten, die sie jeweils selbst tragen.

III. Der Streitwert für die Beschwerdeverfahren wird auf 5000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich als Nachbarn gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. Dezember 2016, mit dem dem Beigeladenen der Einbau von fünf Wohnungen und Lagerräumen in ein zwei- bis dreigeschossiges ehemaliges Fabrikgebäude auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung A* … genehmigt wurde. Die Antragsteller sind Miteigentümer (Antragsteller zu 2) bzw. Nießbraucherin (Antragstellerin zu 1) der unmittelbar angrenzenden Grundstücke FlNrn. … und … derselben Gemarkung.

Die Antragsteller erhoben am 26. Januar 2017 gegen die Baugenehmigung Klagen zum Verwaltungsgericht, über die noch nicht entschieden ist. Zudem beantragten sie, die aufschiebende Wirkung ihrer Klagen anzuordnen.

Das Verwaltungsgericht hat diese Anträge mit Beschluss vom 31. Januar 2019 abgelehnt, da die Baugenehmigung rechtmäßig sei. Soweit ein Abstandsflächenplan fehle, sei es den Antragstellern mangels eigener Rechtsverletzung nicht möglich, sich auf die Unbestimmtheit der Baugenehmigung zu berufen. Nach den Bauplänen führe das Bauvorhaben zu Verbesserungen für die Antragsteller. Entgegen der Auffassung der Antragsteller sei die Erschließung des Beigeladenengrundstücks über die Grundstücke FlNr. … und … und die insoweit ins Grundbuch eingetragenen Geh- und Fahrtrechte gesichert, sodass ihnen nicht die Gewährung eines Notwegerechts drohe. Die uneingeschränkte Grunddienstbarkeit folge den zeitgemäßen Nutzungsbedürfnissen des herrschenden Grundstücks. Bei fünf Wohnungen sei keine Ausweitung der Ausübung des dinglichen Herrschaftsrechts zu erwarten. Die Frage der Erschließung durch Feuerwehr und Rettungsdienst diene jedenfalls nicht dem Nachbarschutz. Die historisch bedingt fehlende Doppelsicherung des Geh- und Fahrtrechts sei ohne Belang. Auch die Gewährung von Abweichungen von den Abstandsflächenregeln sei rechtens. Aufgrund der von dicht aneinander gebauten Altbauten geprägten Umgebung ergebe sich eine besondere Situation. Das Gebäude auf dem Baugrundstück, für das bauordnungsrechtlicher Bestandsschutz anzunehmen sei, könne nur in der vorhandenen Umfassung sinnvoll genutzt werden. Mit dem Bauvorhaben gehe auch keine wesentliche, die Nachbarschaft beeinträchtigende Änderung einher. Ermessensfehler der Antragsgegnerin seien nicht ersichtlich. Gleiches gelte für die Abweichung hinsichtlich der brandschutzrechtlichen Vorschriften. Ebenso wie bei den Abstandsflächen komme es jedenfalls zu keiner negativen Veränderung für die Antragsteller, zumal Öffnungen in Brandwänden geschlossen würden.

Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit ihren Beschwerden. Es bestehe die Gefahr der Entstehung eines Notwegerechts. Im Jahr 1909 sei vereinbart worden, dass eine „Durchfahrt unter einem Ziegeleigebäude“ auf dem Grundstück FlNr. … zulässig sein solle. Diese räumliche Eingrenzung spräche dafür, dass das Geh- und Fahrtrecht wegen eines vom amtlichen Lageplan abweichenden, seit Jahrzehnten vorhandenen Gebäudebestandes gemäß § 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB erloschen sei. Jedenfalls fehle die dingliche Sicherung zugunsten der Bauaufsichtsbehörde. Das Fahrtrecht umfasse nicht die Zufahrtsberechtigung zu fünf Wohnungen mit Kraftfahrzeugen. Die Breite der Zufahrt von der K* …straße betrage nach Messung durch ein beauftragtes Architekturbüro nur ca. 2,36 m und nicht, wie das Verwaltungsgericht angenommen habe, 3 m. Es bestünden keine ausreichenden Bewegungsflächen. Die Baugenehmigung sei überdies zulasten der Kläger zu unbestimmt, da sich aus ihr nicht ergebe, in welchem Umfang von der Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen abgewichen werden dürfe. Das Verwaltungsgericht nehme hinsichtlich der Abstandsflächen auch fälschlich an, dass wegen der atypischen Grundstückssituation eine Rechtsverletzung der Antragsteller ausscheide. Das streitgegenständliche Gebäude, das seit September 2002 leer stehe, sei nicht mehr bestandsgeschützt. Die Antragsteller könnten sich des Weiteren auf eine Verletzung brandschutzrechtlicher Vorschriften berufen. Die diesbezüglichen Abweichungen hätten im Hinblick auf die zu enge Zufahrt und Fensteröffnungen in der Brandwand zum Grundstück FlNr. … nicht gewährt werden dürfen. Die Antragsteller würden durch die Baugenehmigung unzulässig darin eingeschränkt, an ihrem Grundstück FlNr. … bauliche Veränderungen vorzunehmen oder es sonst zu nutzen.

Die Antragsteller beantragen,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 31. Januar 2019 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klagen der Antragsteller gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 15. Dezember 2016 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin und der Beigeladene beantragen jeweils,

die Beschwerden zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin stellt die Richtigkeit der Messung der Zufahrtsbreite durch die Antragstellerseite infrage. Jedenfalls seien die Mindestanforderungen des Art. 4 BayBO erfüllt. Der bauliche Bestand genieße Bestandsschutz. Zum Brandschutz sei zu ergänzen, dass es mit Blick auf Art. 5 BayBO nicht erforderlich sei, dass Feuerwehrfahrzeuge in den Hinterhof einfahren könnten. Die Antragstellerin zu 1 sei im Übrigen nicht Miteigentümerin eines Nachbargrundstücks. Es fehle ihr die Beschwerdebefugnis.

Die Beigeladene weist u.a. noch darauf hin, dass sie die Zufahrt ohne Probleme für den Um- und Ausbau nutze.

Mit Schriftsatz vom 10. Juli 2019 beantragten die Antragsteller die Aussetzung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits vor dem Landgericht Ansbach (Az. 2 O 585/19) über das Bestehen eines Anspruchs der Antragsteller auf Bewilligung der Löschung des Geh- und Fahrtrechts gegenüber dem Beigeladenen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat Erfolg. Dem Aussetzungsantrag der Antragsteller war nicht näherzutreten, weil die Beschwerdeentscheidung vom Ausgang des zivilgerichtlichen Verfahrens betreffend das Bestehen eines Geh- und Fahrtrechts auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung A* … zugunsten des Beigeladenen nicht abhängt.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen die streitgegenständliche Baugenehmigung zu Unrecht abgelehnt. Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage zum hierfür maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigung und unter Zugrundelegung des nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu berücksichtigenden Beschwerdevorbringens werden die Anfechtungsklagen voraussichtlich Erfolg haben, sodass das Interesse der Antragsteller an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung das Interesse des Beigeladenen an der sofortigen Vollziehbarkeit überwiegt.

1. Die Beschwerden beider Antragsteller sind zulässig. Auch die Antragstellerin zu 1 ist beschwerdebefugt. Sie ist Inhaberin von im Grundbuch eingetragenen Nießbrauchsrechten und somit eigentumsähnlichen Rechten an den Grundstücken FlNrn. … und … (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 132. EL Dezember 2018, Art. 66 Rn. 85, 86 m.w.N.).

2. Die Beschwerden sind auch begründet. Die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 15. Dezember 2016 verletzt die Antragsteller voraussichtlich in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil sie in Bezug auf die an das Bauvorhaben zu stellenden Brandschutzvorgaben jedenfalls in nachbarrechtsrelevanter Weise zu unbestimmt ist. Es kann somit derzeit dahinstehen, ob die außerdem aufgeworfenen Fragen zur Erschließung und zum Abstandsflächenrecht dem Bauvorhaben entgegenstehen würden. Schon im Hinblick auf den offenen Ausgang des zivilrechtlichen Rechtsstreits betreffend das streitige Geh- und Fahrtrecht auf dem Grundstück FlNr. … werden Erschließungsfragen ggf. wohl noch zu diskutieren sein.

a) Die Baugenehmigung vom 15. Dezember 2016 ist in einer für die Antragsteller nachteiligen Weise unbestimmt, weil aus ihr nicht ablesbar ist, ob den bauordnungsrechtlichen Vorschriften über das Erfordernis von Brandwänden hinsichtlich der beiden nördlichsten Fensteröffnungen im ersten Obergeschoss (1. OG) auf der Nordostseite (Fensteröffnungen für Kinderzimmer und Schlafzimmerfenster) ausreichend Rechnung getragen wurde.

Eine Baugenehmigung verletzt Rechte des Nachbarn, wenn sie hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Fragen unter Missachtung von Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG unbestimmt ist und infolge dessen im Falle der Umsetzung des Bauvorhabens eine Verletzung von Nachbarrechten nicht auszuschließen ist. Eine Baugenehmigung muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist. Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind (vgl. BayVGH, B.v. 9.4.2019 - 9 CS 18.2200 - juris Rn. 23 m.w.N.; B.v. 20.3.2018 - 15 CS 17.2523 - juris Rn. 30).

Die bauordnungsrechtlichen Vorschriften über Brandwände als Gebäudeabschlusswand (vgl. Art. 28 Abs. 1 Alt. 1 BayBO) dienen - anders als die Vorschriften über innere Brandwände - dem Nachbarschutz, weil sie das Übergreifen des Brandes auch auf Nachbargebäude verhindern sollen. Für Gebäudeabschlusswände an Stelle von Brandwänden i.S.d. Art. 28 Abs. 3 Satz 2 BayBO kann nichts anderes gelten (vgl. Art. 28 Abs. 11 BayBO; BayVGH, B.v. 8.3.2018 - 15 CE 17.2599 - juris Rn. 58 m.w.N.).

Nach Art. 28 Abs. 1 BayBO müssen Brandwände als Gebäudeabschlusswände ausreichend lang die Brandausbreitung auf andere Gebäude verhindern. Brandwände sind grundsätzlich durchgehend (vgl. Art. 28 Abs. 4 Satz 1 BayBO), öffnungslos (Art. 28 Abs. 6 Halbs. 2, Abs. 8 BayBO) zu errichten. Gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO sind Brandwände als Gebäudeabschlusswand erforderlich, wenn diese an der Grenze errichtet werden, es sei denn, dass ein Abstand von mindestens 5 m zu bestehenden oder nach den baurechtlichen Vorschriften zulässigen künftigen Gebäuden gesichert ist. Anstelle von äußeren Brandwänden sind nach Art. 28 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BayBO bei Gebäuden der Gebäudeklasse 3 - wie hier - hochfeuerhemmende Wände zulässig. Müssen Gebäude, die über Eck zusammenstoßen, durch eine Brandwand getrennt werden, so muss der Abstand dieser Wand von der inneren Ecke nach Art. 28 Abs. 6 BayBO in der Regel mindestens 5 m betragen; dies gilt unter anderem nicht, wenn mindestens eine Außenwand bei Gebäuden der Gebäudeklasse 1 bis 4 auf 5 m als öffnungslose hochfeuerhemmende Wand ausgebildet ist. Hochfeuerhemmend ist ein Bauteil grundsätzlich, wenn es 60 Minuten lang der Brandprüfung standhält (vgl. BayVGH, U.v. 9.3.2016 - 15 B 13.2435 - juris Rn. 26 m.w.N.).

Mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung wurde die beantragte Abweichung nach Art. 28 Abs. 6 BayBO (Nr. 26.1 des vom Beigeladenen im Bauantragsverfahren vorgelegten Brandschutznachweises des Architekten A* … V* … vom 7.3.2016) für die beiden nördlich gelegenen Fenster im 1. OG auf der Nordostseite nicht erteilt. Nach II. des Textteils der Baugenehmigung sind Abweichungen von Brandschutzanforderungen nur nach Art. 28 Abs. 8 BayBO und Art. 32 Abs. 4 BayBO erteilt worden. Für die benannten Fenster folgt die Notwendigkeit einer Brandwand jedoch aus dem nahezu rechtwinkligen Anbau des Gebäudes des Beigeladenen an die Südwand des Gebäudes der Antragsteller auf dem Grundstück FlNr. … Ob diese Außenwand als hochfeuerhemmende Wand im Sinne des Art. 28 Abs. 6 Halbs. 2 BayBO ausgebildet ist, lässt sich nach der Aktenlage nicht feststellen; die Antragsgegnerin ging hiervon anscheinend im Ergebnis nicht aus. Der Begründung zur Baugenehmigung betreffend die beantragten Abweichungen zu Art. 28 Abs. 6 BayBO ist zu entnehmen, dass bereits in einem früheren Genehmigungsverfahren für die jeweils am nördlichsten liegenden Fenster in der südwestlichen und nordöstlichen Außenwand an der Grenze zu den Grundstücken FlNrn. … und … angeordnet worden sei, dass sie in Brandwandqualität zu schließen seien. Insoweit dürfe unterstellt werden, dass diese brandschutzkonforme Anpassung erfolgt sei. Weitergehende Anforderungen würden nicht für erforderlich gehalten. Es würden somit keine zusätzlichen Abweichungen erteilt. Auf die Nebenbestimmungen zum Brandschutz, die für den Fall, dass die nördlichsten Fensteröffnungen noch nicht in Brandwandqualität hergestellt seien, dies bis zum Nutzungsbeginn anordnen, werde verwiesen. Ohne jede Begründung offen bleibt somit der Abweichungsantrag Nr. 26.1 des Brandschutznachweises hinsichtlich des sich südlich an das am nördlichsten gelegene Kinderzimmerfenster anschließenden Schlafzimmerfensters im 1. OG der Nordostseite des Bauvorhabens. Zudem zeigen sowohl der mit Genehmigungsvermerk versehene Grundrissplan als auch der ebenso genehmigte Plan zur Nordansicht das betreffende Kinderzimmerfenster. Dies ist mit dem Textteil der Baugenehmigung nicht in Einklang zu bringen.

b) Im Übrigen werfen auch die zu Art. 28 Abs. 8 BayBO erteilten Abweichungen noch Fragen auf.

aa) Dies gilt zunächst hinsichtlich der fünf südlichen Fenster in der Nordostwand auf Höhe des 1. OG.

Soll der Einbau von Fenstern in eine Brandwand als Gebäudeabschlusswand im Weg der Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO gestattet werden, ist der „Zweck der jeweiligen Anforderung“ zu berücksichtigen. Zweck der grundsätzlichen Unzulässigkeit von Öffnungen in Brandwänden als Gebäudeabschlusswand ist es, die Brandausbreitung auf andere Gebäude zu verhindern (Art. 28 Abs. 1 Alt. 1 BayBO). Die Brandwand bildet das klassische Bauteil der brandschutztechnischen Abschottung, an dem ein Brand zunächst auch ohne Eingreifen der Feuerwehr gestoppt werden soll und sich jedenfalls nicht weiter ausbreiten darf (vgl. Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung der Bayerischen Bauordnung und des Baukammergesetzes, LT-Drs. 16/13683, § 1 Nr. 8 Buchst. d Doppelbuchst. bb und Begründung hierzu auf S. 12). Dieses Schutzziel kann nur erreicht werden, wenn die Brandwand keine Öffnungen aufweist, durch die Feuer und Hitze austreten können. Hiervon ausgehend weicht die weitere Zulassung der betreffenden fünf Fenster ohne die Anordnung irgendwelcher Brandschutzvorkehrungen (vgl. Art. 28 Abs. 8 Satz 2 BayBO zu inneren Brandwänden) nicht nur vom Grundsatz der öffnungslosen Brandwand ab, sondern sie widerspricht auch dem Drittschutz vermittelnden Schutzziel der brandschutztechnischen Abschottung von Brandwänden. Dass dies vorliegend wegen herausgehobener Bedeutung von privaten Interessen des Beigeladenen gerechtfertigt wäre, lässt sich im summarischen Verfahren nicht nachvollziehen.

Die Antragsgegnerin hat die Abweichung im angefochtenen Bescheid damit begründet, dass die betreffenden Fensteröffnungen unverändert bleiben und dies hinnehmbar sei, da auf FlNr. … ein zukünftiges Gebäude nur eingeschossig mit einer Höhe von 3 m im Mittel errichtet werden dürfe. Andernfalls seien die Abstandsflächenregeln verletzt. Diese Einschätzung beruht auf einer falschen Annahme. Abgesehen davon, dass fraglich erscheint, ob dem Umstand, dass sich im 1. OG keine Öffnungen in grenznahen Wänden gegenüberliegen würden, die von der Antragsgegnerin beigemessene Bedeutung für die Frage der Brandausbreitung zukommen kann, ist jedenfalls unzutreffend, dass auf dem Grundstück FlNr. … allenfalls ein eingeschossiges (Neben-)Gebäude entstehen könnte. Vielmehr spricht wegen der im Hinblick auf die Einhaltung von Grenzabständen „regellosen“ Umgebung einiges dafür, dass bei einem Bauvorhaben im südlichen Bereich dieses Grundstücks Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO zum Tragen käme und somit die grenzständige Errichtung auch eines Gebäudes, das nicht der Ausnahme in Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO unterfällt, grundsätzlich in Betracht kommen könnte. Infolge der vorliegenden Grundstücksituation kann jedenfalls die Notwendigkeit der Erteilung einer Abweichung von den Abstandsflächenregeln nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Dass das klägerische Grundstück im fraglichen Bereich wohl weniger als 4 m breit ist, steht dem nicht entgegen. Inwieweit sich der Beigeladene dagegen auf einen durch die Baugenehmigung von 1972 oder später erteilte Baugenehmigungen vermittelten Bestandsschutz hinsichtlich der brandschutztechnischen Anforderungen an die seinerzeit zugelassenen Fenster berufen kann, bedarf noch weiterer Aufklärung im Hauptsacheverfahren. Dem Bauantrag kann nicht entnommen werden, dass bzw. ob die Fenster im Zuge des aktuellen Bauvorhabens ausgetauscht werden. Es steht aber jedenfalls zu vermuten, dass seit 1972 Veränderungen vorgenommen wurden.

bb) Vorstehendes gilt entsprechend auch für die Tür im südlichen Windfang, die unabhängig davon, dass südlich davon Fenster geschlossen werden, eine Öffnung in der Brandwand mit entsprechenden Auswirkungen im Brandfall darstellt.

cc) Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, dass auch die Begründung zur Erteilung einer Abweichung in Bezug auf die Türöffnung im nördlichen Windfang nicht tragen würde, weil sich der vorherige Zugang wie auch der neue Zugang - anders als im Bescheid dargestellt - an der Südseite des Anbaus befand. Zudem schließt ein bestehendes Geh- und Fahrtrecht auf FlNr. … einen Grenzanbau oder grenznahen Anbau nicht aus. Insoweit wären Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO, die Möglichkeiten, Abweichungen von den Abstandsflächenregeln zu beantragen und ggf. auch § 1023 BGB, wonach die Ausübung einer Grunddienstbarkeit verlegt werden kann, in den Blick zu nehmen. Allerdings würde sich dies nach der Entscheidung des Großen Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. März 1989 (14 B 87.04029 - BayVBl 1990, 116), nach der Außenwände eines Gebäudes, die senkrecht zur Nachbargrenze verlaufen, in einem Abstand bis zu 2,5 m von dieser Grenze nicht als Brandwände zu errichten sind (a.A. Kühnel/Gollwitzer in Simon/Busse, BayBO, 132. EL Dezember 2018, Art. 28 Rn. 47), nicht auswirken.

Die Kostenentscheidung für das erstinstanzliche Verfahren und das Beschwerdeverfahren folgen aus § 154 Abs. 1 und 3, § 159, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5, 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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published on 09/04/2019 00:00

Tenor I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 1. Oktober 2018 wird in Nummern I. und II. geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 19. Juli 2018 gegen den Bescheid des Landratsamts W.… v
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Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird
published on 08/03/2018 00:00

Tenor I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 15. Dezember 2017 wird abgeändert. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens in beiden
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Annotations

(1) Ist auf dem belasteten Grundstück eine Anlage, durch welche die Grunddienstbarkeit beeinträchtigt wird, errichtet worden, so unterliegt der Anspruch des Berechtigten auf Beseitigung der Beeinträchtigung der Verjährung, auch wenn die Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen ist. Mit der Verjährung des Anspruchs erlischt die Dienstbarkeit, soweit der Bestand der Anlage mit ihr in Widerspruch steht.

(2) Die Vorschrift des § 892 findet keine Anwendung.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Beschränkt sich die jeweilige Ausübung einer Grunddienstbarkeit auf einen Teil des belasteten Grundstücks, so kann der Eigentümer die Verlegung der Ausübung auf eine andere, für den Berechtigten ebenso geeignete Stelle verlangen, wenn die Ausübung an der bisherigen Stelle für ihn besonders beschwerlich ist; die Kosten der Verlegung hat er zu tragen und vorzuschießen. Dies gilt auch dann, wenn der Teil des Grundstücks, auf den sich die Ausübung beschränkt, durch Rechtsgeschäft bestimmt ist.

(2) Das Recht auf die Verlegung kann nicht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen oder beschränkt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.