Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2019 - 8 ZB 19.296
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2019 - 8 ZB 19.296
Urteilsbesprechungen zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2019 - 8 ZB 19.296
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2019 - 8 ZB 19.296 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
I. Die Anträge werden abgelehnt.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 22. Oktober 2018 für beide Rechtszüge auf jeweils 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Tenor
-
1. Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. September 2012 - 2 LA 234/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
-
2. Das Land Niedersachsen hat die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers zu erstatten.
-
3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.
Gründe
-
I.
- 1
-
Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein verwaltungsgerichtliches Verfahren aus dem Bereich des Schulrechts.
- 2
-
1. a) Der Beschwerdeführer besuchte ein öffentliches technisches Fachgymnasium. Da er an einer Lese- und Rechtschreibstörung (Legasthenie) leidet, beantragte er zum Nachteilsausgleich eine Schreibzeitverlängerung für die Anfertigung von Klausuren sowie die Nichtbewertung der Rechtschreibung (sog. Notenschutz). Die Schule lehnte dies ab.
- 3
-
b) Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verpflichtete das Oberverwaltungsgericht die Schule, dem Beschwerdeführer bis zur Entscheidung in der Hauptsache bei der Anfertigung schriftlicher Leistungsüberprüfungen außer in naturwissenschaftlich-mathematischen Fächern eine Schreibzeitverlängerung von 10 % der jeweiligen Bearbeitungszeit zu gewähren. Soweit der Eilantrag darüber hinaus auf vorläufige Gewährung eines Zeitzuschlages von 25 % und Notenschutz bezüglich der Rechtschreibleistung in allen Fächern sowie auf die ebenfalls bereits vorgerichtlich geltend gemachte Verpflichtung der Schule gerichtet war, ihn in Mathematik anwendungsbezogen auf das erste Prüfungsfach Elektronik zu unterrichten, blieb er ohne Erfolg. Eine vom Beschwerdeführer in dieser Sache erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (1 BvR 2129/08).
- 4
-
c) In der Hauptsache fasste das Verwaltungsgericht zunächst einen Beweisbeschluss zur Frage der medizinischen Notwendigkeit eines weitergehenden Nachteilsausgleichs. Dieser wurde jedoch nicht mehr ausgeführt, nachdem der Beschwerdeführer die Allgemeine Hochschulreife erworben hatte. Der Beschwerdeführer stellte seine Klage daraufhin um. Neben Feststellungsanträgen begehrte er, seine unter anderem auf Klausurabwertungen wegen Schreibfehlern (sog. "GRZ-Abzug") beruhenden Kursnoten im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 anzuheben.
- 5
-
Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die in der Jahrgangsstufe 12 erteilten Einzelnoten seien bestandskräftig geworden und daher nicht mehr anfechtbar. Der Zulässigkeit der Feststellungsanträge stehe teilweise der Subsidiaritätsgrundsatz und teilweise das Fehlen eines Feststellungsinteresses entgegen.
- 6
-
d) Den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht mit dem hier angegriffenen Beschluss ab.
- 7
-
aa) Es könne offenbleiben, ob das Verwaltungsgericht die halbjährlichen Kursabschlussnoten als eigenständig anfechtbare Regelungen habe ansehen dürfen. Die Versäumung der Widerspruchsfrist sei insoweit jedenfalls unschädlich, da die Widerspruchsbehörde eine Sachentscheidung getroffen habe. Von der Bestandskraft der Einzelnoten könne daher nicht ausgegangen werden.
- 8
-
An der Richtigkeit der Ablehnung des Verpflichtungsantrags bestünden im Ergebnis gleichwohl keine ernstlichen Zweifel, da nicht ersichtlich sei, dass die den Kursnoten zugrunde liegenden Bewertungen fehlerhaft gewesen sein könnten. Es sei in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass unter einer Legasthenie leidenden Schülern zum Nachteilsausgleich nur Schreibzeitverlängerungen gewährt werden könnten oder die Nutzung technischer Hilfsmittel gestattet werden könne. Die Gewährung von Notenschutz (durch Nichtbewertung der Rechtschreibung) sei demgegenüber in der Regel nicht zulässig, da sie zu einer Benachteiligung von Schülern führen könne, denen aus sonstigen Gründen Rechtschreibfehler in größerem Umfang unterliefen. Darüber hinaus komme ein Ausgleich durch Notenschutz deswegen nicht in Betracht, weil sich die vom Beschwerdeführer beanstandeten Noten gerade auf das Fach Deutsch bezögen und in diesem unter anderem Rechtschreibung und Zeichensetzung zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen gehörten. Ein Anspruch auf Notenschutz folge selbst bei einem den Behinderungsbegriff erfüllenden Ausmaß der Legasthenie auch nicht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, da sich hieraus ein originärer subjektiver Leistungsanspruch nicht ableiten lasse. Unmittelbar aus Art. 24 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention, BGBl 2008 II S. 1419) ergäben sich ebenfalls keine entsprechenden Rechte. Schließlich sehe die geltende Erlasslage in gewissem Umfang eine differenzierte Bewertung vor und eröffne einen pädagogischen Bewertungsspielraum, der eine einzelfallgerechte Berücksichtigung des Erscheinungsbildes der Legasthenie ermögliche. Es sei nicht ersichtlich, dass bei der Bewertung der den beanstandeten Kursnoten zugrunde liegenden Deutschklausuren hiervon in willkürlicher Weise abgewichen worden sei.
- 9
-
bb) Auch das Feststellungsinteresse habe das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint. Ein Rehabilitationsinteresse könne nicht bejaht werden, da von den Einzelnoten und der Durchschnittsnote des Abiturzeugnisses keine den Beschwerdeführer in seiner Persönlichkeit diskriminierende Wirkung ausgehe. Die Bewertung im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 könne für sich gesehen nicht als diskriminierend angesehen werden, zumal sich die begehrte Anhebung nicht auf die Durchschnittsnote auswirken würde. Hinsichtlich anderer Einzelnoten habe der Beschwerdeführer nicht näher dargelegt, welche Punktzahl er für angemessen halte. Soweit er sein Feststellungsbegehren auf eine beabsichtigte Amtshaftungsklage stütze, habe das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass eine solche mangels Verschuldens offensichtlich aussichtslos sei.
- 10
-
2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 19 Abs. 4 GG, aus Art. 3 Abs. 1 und 3 GG in Verbindung mit der UN-Behindertenrechtskonvention sowie aus Art. 12 GG und führt dies näher aus. Insbesondere rügt er, das Ausgangsgericht habe zu keinem Zeitpunkt in einem ordentlichen Hauptsacheverfahren durch Beweisaufnahme geprüft, welche Maßnahmen notwendig gewesen seien, um die behinderungsbedingten Nachteile auszugleichen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei es aber uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar, ob ein in Prüfungen gewährter Nachteilsausgleich die Störung vollständig ausgeglichen habe, was gegebenenfalls mit Hilfe von Sachverständigen zu ermitteln sei (Hinweis auf BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 1992 - 1 BvR 1295/90 -, NJW 1993, S. 917 <918>). Das Oberverwaltungsgericht habe zudem verkannt, dass er durch die Anlegung desselben Leistungsbemessungsmaßstabs wie bei seinen nicht behinderten Mitschülern in einem Bereich, in dem er aufgrund seiner Funktionsstörung nicht gleichermaßen leistungsfähig sein könne, benachteiligt worden sei. Aus fachärztlicher Sicht habe er in allen Fächern zusätzlich 25 % der üblichen Bearbeitungszeit benötigt, um die gleichen Chancen bei der Bearbeitung der anstehenden Aufgaben zu haben. Ein reiner Nachteilsausgleich führe, auch wenn er den Verzicht auf die Benotung der Rechtschreibung beinhalte, keineswegs zu einer Beeinträchtigung der Chancengleichheit nichtbehinderter Mitschüler. Dadurch, dass es das Oberverwaltungsgericht versäumt habe, seine willkürliche Entscheidung aus dem Eilverfahren im Berufungszulassungsverfahren zu korrigieren, nehme es ihm die Möglichkeit der Rehabilitation und verschärfe damit die bereits erfolgte Diskriminierung. Damit werde zudem eine Amtshaftungsklage bewusst ausgeschlossen und würden legasthene Schüler in Niedersachsen im Ergebnis rechtlos gestellt.
- 11
-
3. Die Verfassungsbeschwerde ist dem Niedersächsischen Justizministerium und der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der vormaligen Schule des Beschwerdeführers, zugestellt worden. Diese haben von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen der Kammer vor.
-
II.
- 12
-
1. Die Kammer nimmt die zulässige Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG; vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.
- 13
-
2. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.
- 14
-
a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet zwar keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136 f.>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grund dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; 134, 106 <117 f. Rn. 34>).
- 15
-
b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.
- 16
-
aa) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies hat der Beschwerdeführer getan. Er hat aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht seinen Verpflichtungsantrag rechtsfehlerhaft als unzulässig behandelt hat und die angenommene Unzulässigkeit der Feststellungsanträge betreffend den Notenschutz und den Umfang des ihm zustehenden Nachteilsausgleichs aus Subsidiaritätsgründen zumindest ernstlichen - vom Oberverwaltungsgericht selbst näher aufgezeigten - Zweifeln begegnet. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.
- 17
-
bb) Es begegnet zwar keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere Gründe entscheidungstragend abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. BVerfGE 134, 106 <119 f. Rn. 40>; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).
- 18
-
Dass dem Beschwerdeführer vor Erlass der angegriffenen Entscheidung im Hinblick auf die neue Begründung des Oberverwaltungsgerichts im Berufungszulassungsverfahren rechtliches Gehör gewährt worden wäre, lässt sich den beigezogenen Akten des Ausgangsverfahrens nicht entnehmen. Darüber hinaus lagen die Voraussetzungen für einen Austausch der Begründung hiernach auch nicht vor.
- 19
-
(1) Hinsichtlich der auf den Notenschutz bezogenen Klageanträge ergibt sich dies schon daraus, dass das Oberverwaltungsgericht die angenommene inhaltliche Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils auf Gründe stützt, denen ihrerseits grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zukommt. Denn die Heranziehung von Erwägungen mit Grundsatzbedeutung zur Ablehnung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel verkürzt den vom Gesetzgeber für Fragen von grundsätzlicher Bedeutung vorgesehenen Rechtsschutz im Berufungsverfahren in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise (vgl. BVerfGK 10, 208 <213 f. m.w.N.>).
- 20
-
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage immer dann, wenn es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO entspricht danach weitgehend dem der grundsätzlichen Bedeutung in der revisionszulassungsrechtlichen Bestimmung des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. BVerfGK 10, 208 <214>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642 <3643>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22. August 2011 - 1 BvR 1764/09 -, NVwZ-RR 2011, S. 963 <964>).
- 21
-
Nach diesen Maßstäben kam der vom Oberverwaltungsgericht verneinten Frage, ob der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Legasthenie so genannten Notenschutz in Form der Nichtbewertung der Rechtschreibung verlangen konnte, grundsätzliche Bedeutung zu. Denn ihre Beantwortung hat Bedeutung weit über den Einzelfall des Beschwerdeführers hinaus und betrifft den Umfang des verfassungsrechtlich sowohl unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit im Prüfungsrecht (BVerfGE 52, 380 <388>) als auch des Benachteiligungsverbots gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (BVerfGE 96, 288<301 ff.>) bestehenden Anspruchs auf behinderungsbezogenen Nachteilsausgleich (zu der namentlich aus den verfassungsrechtlichen Bezügen abgeleiteten Grundsatzbedeutung der Rechtmäßigkeit der Bemerkung der Nichtberücksichtigung von Rechtschreibleistungen im Abiturzeugnis vgl. BayVGH, Urteile vom 28. Mai 2014 - 7 B 14.22 u.a. -, juris, Rn. 27). Die umstrittene Frage des Umfangs des Nachteilsausgleichs, der an Legasthenie leidenden Schülern zusteht, war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts noch nicht höchstrichterlich geklärt. Erst im Jahr 2015 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass aus dem Gebot der Chancengleichheit nur Ansprüche auf Änderung der Prüfungsbedingungen (Nachteilsausgleich), nicht aber solche auf Änderung des Maßstabs der Leistungsbewertung (Notenschutz) abgeleitet werden könnten (BVerwGE 152, 330). Hiergegen sind beim Bundesverfassungsgericht mittlerweile Verfassungsbeschwerden anhängig (Az. 1 BvR 2577/15, 1 BvR 2578/15 und 1 BvR 2579/15), über die noch nicht entschieden ist.
- 22
-
Das Oberverwaltungsgericht konnte die Nichtzulassung der Berufung wegen inhaltlicher Richtigkeit daher hierauf nicht stützen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der flankierenden Erwägungen, im Fach Deutsch gehörten Rechtschreibung und Zeichensetzung gerade zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen und der Schutz des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG beschränke sich auf seine Funktion als Abwehrrecht. Gleiches gilt für den Hinweis auf den nach den einschlägigen schulrechtlichen Ausführungsbestimmungen bestehenden pädagogischen Spielraum. Ob die erfolgten Abwertungen unter Berücksichtigung des Spielraums der Behinderung des Beschwerdeführers hinreichend Rechnung trugen, wäre gegebenenfalls erst in einem Berufungsverfahren zu klären gewesen.
- 23
-
(2) Auch mit Blick auf das (verneinte) Feststellungsinteresse verkürzt das Oberverwaltungsgericht die verfassungsrechtlich garantierten Zugangsmöglichkeiten zum Berufungsverfahren. Soweit es ausführt, es fehle an dem (vom Verwaltungsgericht insoweit nicht geprüften) Feststellungsinteresse, weil die Ausweisung der Deutschnoten in der Jahrgangsstufe 12 mit Blick auf deren Auswirkungen auf das Abiturergebnis keinen diskriminierenden Charakter hätten und der Beschwerdeführer hinsichtlich der anderen Einzelnoten schon nicht näher dargelegt habe, welche Punktzahl er für erforderlich halte, lagen diese Erwägungen nicht ohne Weiteres auf der Hand und überschritten den statthaften Prüfungsumfang im Berufungszulassungsverfahren. Inhaltlich liegen sie auch eher fern, weil der Beschwerdeführer dargelegt hat, dass die Feststellung, welche Noten er mit der von ihm für notwendig gehaltenen längeren Schreibzeitverlängerung in allen Fächern erreicht hätte, im Nachhinein nicht möglich ist. Gerade deswegen blieb ihm aber nur die Möglichkeit eines Feststellungsantrags, um eine in den erreichten Noten gegebenenfalls fortwirkende Benachteiligung durch einen entsprechenden Feststellungsausspruch zu beseitigen. In der fachgerichtlichen Rechtsprechung ist im Übrigen geklärt, dass sich das notwendige Feststellungsinteresse in einer solchen Situation bereits aus der Geltendmachung einer fortdauernden faktischen Grundrechtsbeeinträchtigung ergeben kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2014 - BVerwG 1 WB 59.13 -, juris, Rn. 20; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113 Rn. 146 m.w.N.), die hier insbesondere im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG gerügt wird.
- 24
-
3. Auf die Beantwortung der weiteren vom Beschwerdeführer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen kommt es nicht an, da der angegriffene Beschluss die Berufungszulassung behandelt und keine Entscheidung zur Sache enthält.
-
III.
- 25
-
1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf dem Verfassungsverstoß. Er ist daher gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.
- 26
-
2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 ff.>).
Tenor
-
Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. November 2011 - 13 LA 81/11 - verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
-
Das Land Niedersachsen hat den Beschwerdeführern ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
-
Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 30.000 € (in Worten: dreißigtausend Euro) festgesetzt.
Gründe
- 1
-
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde beanstanden die Beschwerdeführer insbesondere, dass das Oberverwaltungsgericht ihren Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil über ihre Klage gegen einen deichrechtlichen Planfeststellungsbeschluss abgelehnt hat.
-
A.
-
I.
- 2
-
1. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der an der Alten Aller gelegenen Flurstücke X, Y und Z, von denen eines mit einem Wohnhaus und Nebengebäuden bebaut ist.
- 3
-
2. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz stellte mit Beschluss vom 11. Dezember 2008 auf Antrag eines Deichverbands einen Plan für die Verbesserung der Deichsicherheit auf einem Streckenabschnitt von ungefähr 4 km fest. Der festgestellte Plan übernimmt auch einen Änderungsantrag des Deichverbands vom 7. Juli 2008. In diesem wird ausgeführt, für den Bereich der Flurstücke X, Y und Z habe der Antrag bisher die Herstellung einer neuen Hochwasserschutzmauer sowie die Anlage eines Deichverteidigungswegs zwischen der neuen Hochwassermauer und dem Wohngebäude der Beschwerdeführer auf dem Flurstück X vorgesehen. Aufgrund der doch nicht unerheblichen Vorteile eines grünen Deiches gegenüber einer Hochwasserschutzwand im Hinblick auf Sicherheit und Unterhaltungskosten habe die ursprüngliche Planung aus heutiger Sicht, nicht zuletzt auch aufgrund neuerer Vorgaben zur Finanzierung, einer neuen Bewertung bedurft. Im Ergebnis sei danach, soweit möglich, auch hier der grüne Deich zu realisieren. Der Bau des Deiches solle auf dem Flurstück Y erfolgen. Der dauerhaft in Anspruch genommene Flächenanteil dieses Flurstücks betrage 3.100 qm.
- 4
-
3. Das Verwaltungsgericht wies die Klage der Beschwerdeführer gegen den Planfeststellungsbeschluss weitgehend ab.
- 5
-
Eine Verletzung des Abwägungsgebotes könnten die Beschwerdeführer nicht mit Erfolg geltend machen. Der beklagte Landesbetrieb (im Folgenden: Beklagter) habe bei seiner Abwägungsentscheidung die Belange der Beschwerdeführer berücksichtigt. Das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Z werde im Umfang von 830 qm für den Neubau des Deichkörpers in Anspruch genommen. Eine Flächeninanspruchnahme sei bei der Entscheidung zugunsten des grünen Deiches in diesem Umfang geboten. Eine wesentliche Beeinträchtigung ihres verbleibenden Grundbesitzes ergebe sich daraus nicht, zumal auch bei einer Erhöhung der vorhandenen Flutschutzmauer, wie dies die Beschwerdeführer wünschten, Beeinträchtigungen ihres Grundbesitzes zu erwarten wären. Die Flächeninanspruchnahme sei dann allerdings geringer. Auch die Belange des Naturschutzes würden gewahrt. Denn der vorhandene Teich, der als Biotop einzustufen sei, werde an anderer Stelle neu hergestellt. Eine erhebliche Beeinträchtigung des vorhandenen Fauna-Flora-Habitat-Gebiets (FFH-Gebiet) sei zudem durch die geplante Trassierung nicht zu erwarten. Dies wäre allenfalls bei einer Verlegung des Deiches in östlicher Richtung, also auf das Flurstück Y, der Fall. Dieses Flurstück werde aber durch die Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt, hiervon werde lediglich während der Bauzeit ein Arbeitsstreifen in Anspruch genommen.
- 6
-
4. Das Oberverwaltungsgericht lehnte den Antrag der Beschwerdeführer auf Zulassung der Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil ab.
- 7
-
Der von den Beschwerdeführern geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sei nicht hinreichend dargetan und liege zudem nicht vor. Die Beschwerdeführer hätten die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht hinreichend in Frage gestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss dem Abwägungsgebot entspreche.
- 8
-
Die Beschwerdeführer seien durch die Deicherneuerungsmaßnahme unmittelbar in ihrem Eigentumsrecht betroffen. Sie hätten deshalb einen Anspruch auf eine umfassende gerichtliche Abwägungskontrolle.
- 9
-
Das Abwägungsgebot habe in der Rechtsprechung zu der gerichtlichen Überprüfung von Planungsalternativen in Bezug auf abweichende Standorte beziehungsweise Trassen eine nähere Ausformung erfahren, die sich auch auf die Bestimmung einer Deichlinienführung für einen der Planfeststellung unterliegenden Deichbau übertragen ließe: Ernsthaft in Betracht kommende Alternativlösungen müssten bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Die eigentliche planerische Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen Alternativen unterliege nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Eine Planfeststellungsbehörde handele nicht schon dann fehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls aus guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl seien erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Trassenführung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen, oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen sei.
- 10
-
Einen derartigen Fehler hätten die Beschwerdeführer in ihrer Zulassungsbegründung nicht darzulegen vermocht.
- 11
-
So sei die dauerhafte Inanspruchnahme des im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Flurstücks Y durch die Erstellung eines grünen Deichs anstelle der Verstärkung und Erhöhung der alten Hochwasserschutzmauer Gegenstand der Abwägung des Planfeststellungsbeschlusses gewesen. Der Änderungsantrag des Beigeladenen vom 7. Juli 2008 weise eindeutig darauf hin, dass alle beschriebenen Maßnahmen (Errichtung eines grünen Deiches anstelle einer Hochwasserschutzmauer) auf dem Flurstück Y zu realisieren seien. Der Änderungsantrag sei ebenso wie der zugehörige Lageplan Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses und damit Gegenstand der Abwägung geworden. Dass dieser Belang auch tatsächlich inhaltlich abgewogen worden sei, ergebe sich aus den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses. Danach seien die Eigentumsbelange der Beschwerdeführer, die aufgrund der Vorgabe, dass ein grüner Deich errichtet werden müsse, betroffen würden, in die Abwägung eingestellt worden, hätten aber hinter die Belange des Hochwasserschutzes zurücktreten müssen. Einzig denkbare Alternative zur Verwirklichung des Hochwasserschutzes im Bereich des Wohnhauses der Beschwerdeführer sei die Herstellung eines grünen Deiches auf der Trasse des jetzigen Deiches. Dies hätte aber den Abriss dieses Wohnhauses zur Folge, was ungleich schwerer wiege als die Inanspruchnahme von Weideland.
- 12
-
Allerdings sei das Verwaltungsgericht offensichtlich irrig davon ausgegangen, das Flurstück Y werde nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens in Anspruch genommen. Dies sei jedoch für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils ohne Bedeutung, da die dauerhafte teilweise Inanspruchnahme dieses Grundstücks - wie dargelegt - durch den Beklagten ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden sei, mithin kein Abwägungsfehler vorliege, der der Abweisung der Klage durch das Verwaltungsgericht entgegenstünde.
- 13
-
Zu Recht habe das Verwaltungsgericht auch die Errichtung eines grünen Deiches vor dem Wohnhaus der Beschwerdeführer anstelle der ursprünglich geplanten Verstärkung und Erhöhung der vorhandenen Hochwasserschutzmauer als abwägungsfehlerfrei angesehen. Insoweit habe es zutreffend auf die Schwachstellen im Übergangsbereich einer Hochwasserschutzmauer zu dem sich anschließenden grünen Deich hingewiesen. Zu Recht habe es dabei auch darauf abgestellt, dass eine notfallmäßige Erhöhung durch Sandsäcke bei einem grünen Deich einfacher und sicherer zu bewerkstelligen sei, als dies bei einer Hochwasserschutzmauer der Fall wäre. Dies ergebe sich schon aufgrund der breiteren zur Verfügung stehenden Grundfläche und bedürfe keiner weiteren Erläuterung.
-
II.
- 14
-
1. Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen den Planfeststellungsbeschluss, das Urteil des Verwaltungsgerichts und die Nichtzulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht. Sie rügen eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 und Art. 14 Abs. 1 GG und machen unter anderem geltend, der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletze ihr Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz, weil er die Anforderungen an die Darlegung der verschiedenen Zulassungsgründe überspanne.
- 15
-
Hinsichtlich des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hätten sie aufgezeigt, dass sich eine erhebliche Tatsachenfeststellung des erstinstanzlichen Urteils schlüssig in Frage stellen lasse. Das Verwaltungsgericht gehe in seinem Urteil davon aus, dass das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Y nicht auf Dauer, sondern lediglich für die Bauzeit in geringem Umfang beeinträchtigt werde. Mit der Feststellung dieser Tatsache gehe das Verwaltungsgericht außerdem davon aus, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des sich dort befindenden FFH-Gebiets nicht zu erwarten sei. Sie hätten dargelegt, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts 3.100 qm des Flurstücks Y dauerhaft in Anspruch genommen werden sollten. Insoweit stimmten die Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht mit dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss überein.
- 16
-
Diese Fehleinschätzung sei für das Urteil des Verwaltungsgerichts auch erheblich, denn sie betreffe die Art und Weise sowie den Umfang der Inanspruchnahme ihres Grundeigentums, darüber hinaus aber auch die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von ihnen rügefähige Frage der Vereinbarkeit des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses mit (europäischem) Naturschutzrecht. Erheblich sei sie auch insofern, als das Verwaltungsgericht auf die Feststellung seine Überprüfung der dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Abwägung stütze und hiernach in dem Urteil zu dem Schluss komme, die Beklagte habe ihre Belange hinreichend berücksichtigt.
- 17
-
Die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichts habe das Oberverwaltungsgericht im Grunde zwar auch erkannt, die "irrige" Annahme des Verwaltungsgerichts zu der Inanspruchnahme des Flurstücks Y jedoch als für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils unbedeutend angesehen. Die angebliche Ergebnisrichtigkeit des Urteils begründe das Oberverwaltungsgericht damit, dass die Planfeststellungsbehörde die Inanspruchnahme des Flurstücks Y ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt habe. Mit dieser Würdigung greife das Oberverwaltungsgericht aber dem eigentlichen Berufungsverfahren vor. Unabhängig davon seien erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts dargetan, wenn sich aus dem Vorbringen ergebe, dass das Urteil auf der fehlerhaften Annahme von in Anspruch genommenen Flächen fuße, denn es sei Aufgabe des Verwaltungsgerichts zu prüfen, ob die Belange tatsächlich ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden seien.
- 18
-
2. Die Niedersächsische Landesregierung sowie der Beklagte und der im Ausgangsverfahren beigeladene Deichverband hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten der Ausgangsverfahren sind beigezogen.
-
B.
- 19
-
Die Verfassungsbeschwerde hat hinsichtlich des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Erfolg.
-
I.
- 20
-
Soweit die Verfassungsbeschwerde sich gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts richtet, ist sie zulässig (1.) und begründet (2.). Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Er ist aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).
- 21
-
1. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass die Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts keine Anhörungsrüge nach § 152a VwGO erhoben haben. Dies war weder zur Erschöpfung des Rechtswegs (a) noch wegen der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (b) geboten.
- 22
-
a) aa) Wird mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) geltend gemacht, so gehört eine Anhörungsrüge an das Fachgericht zu dem Rechtsweg, von dessen Erschöpfung die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG im Regelfall abhängig ist (vgl. BVerfGE 122, 190 <198>; 126, 1 <17>). Erheben Beschwerdeführer in einem solchen Fall keine Anhörungsrüge, obwohl sie statthaft und nicht offensichtlich aussichtslos wäre, hat das zur Folge, dass die Verfassungsbeschwerde insgesamt unzulässig ist, sofern die damit gerügten Grundrechtsverletzungen denselben Streitgegenstand betreffen wie der geltend gemachte Gehörsverstoß(vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10).
- 23
-
Wird die Rüge einer Gehörsverletzung hingegen weder ausdrücklich noch der Sache nach zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht oder wird die zunächst wirksam im Verfassungsbeschwerdeverfahren erhobene Rüge einer Gehörsverletzung wieder zurückgenommen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), hängt die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt des Gebots der Rechtswegerschöpfung nicht von der vorherigen Durchführung eines fachgerichtlichen Anhörungsrügeverfahrens ab. Wurde ein Anhörungsrügeverfahren vor dem letztinstanzlichen Fachgericht durchgeführt, mit der Verfassungsbeschwerde aber kein Gehörsverstoß gerügt - etwa weil sich die Beschwerdeführer insoweit von den Gründen des die Anhörungsrüge zurückweisenden Beschlusses haben überzeugen lassen -, zählt dieses Anhörungsrügeverfahren, wenn es nicht offensichtlich aussichtslos war, gleichwohl zum Rechtsweg und wirkt damit fristbestimmend für die Verfassungsbeschwerde.
- 24
-
bb) Die Beschwerdeführer machen mit ihrer Verfassungsbeschwerde weder ausdrücklich noch der Sache nach eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs geltend.
- 25
-
Die Begründung der Verfassungsbeschwerde enthält allerdings Ausführungen, die - isoliert betrachtet - als Rügen einer Gehörsverletzung gedeutet werden könnten. So beanstanden die Beschwerdeführer unter anderem, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung eines FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe. Dieses Vorbringen kann bei sachdienlicher Auslegung nicht als Rüge einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG verstanden werden. Es dient im Zusammenhang der Verfassungsbeschwerde eindeutig dem Ziel zu begründen, dass das Oberverwaltungsgericht unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG den Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie den der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache verkannt habe. Dass die Beschwerdeführer ungeachtet dessen mit diesen Ausführungen gleichwohl der Sache nach einen Gehörsverstoß rügen wollen, kann nach dem Grundsatz wohlwollender Auslegung prozessualer Anträge im Sinne des erkennbaren Rechtsschutzanliegens auch deshalb nicht angenommen werden, weil ihrem Vorbringen ansonsten ein Verständnis unterlegt würde, das mangels Erhebung einer Anhörungsrüge zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde führen würde.
- 26
-
b) Die Erhebung der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO war hier auch nicht mit Rücksicht auf den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde geboten.
- 27
-
aa) Dieser in § 90 Abs. 2 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz verlangt, dass Beschwerdeführer alle nach Lage der Dinge zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung schon im fachgerichtlichen Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 107, 395 <414>; 112, 50 <60>). Das kann auch bedeuten, dass Beschwerdeführer zur Wahrung des Subsidiaritätsgebots gehalten sind, im fachgerichtlichen Verfahren eine Gehörsverletzung mit den gegebenen Rechtsbehelfen, insbesondere mit einer Anhörungsrüge, selbst dann anzugreifen, wenn sie im Rahmen der ihnen insoweit zustehenden Dispositionsfreiheit mit der Verfassungsbeschwerde zwar keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG rügen wollen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), durch den fachgerichtlichen Rechtsbehelf aber die Möglichkeit wahren, dass bei Erfolg der Gehörsverletzungsrüge in den vor den Fachgerichten gegebenenfalls erneut durchzuführenden Verfahrensschritten auch andere Grundrechtsverletzungen, durch die sie sich beschwert fühlen, beseitigt werden (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Denn die Dispositionsfreiheit der Beschwerdeführer enthebt sie nicht ohne Weiteres der Beachtung des Subsidiaritätsgebotes; als Voraussetzung der Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde ist dieses der Verfügungsmacht der Beschwerdeführer entzogen.
- 28
-
Die Verweisung auf die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde steht allerdings unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit einer anderweitigen prozessualen Möglichkeit zur Abhilfe (stRspr, vgl. nur BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 11. Juli 2012 - 1 BvR 3142/07,1 BvR 1569/08 -, NJW 2012, S. 3081 <3082 [Tz. 45]>). Zur Vermeidung der Unzulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde, bei der sie sich nicht auf eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG berufen, müssen Beschwerdeführer daher aus Gründen der Subsidiarität eine Anhörungsrüge oder den sonst gegen eine Gehörsverletzung gegebenen Rechtsbehelf nur dann ergreifen, wenn den Umständen nach ein Gehörsverstoß durch die Fachgerichte nahe liegt und zu erwarten wäre, dass vernünftige Verfahrensbeteiligte mit Rücksicht auf die geltend gemachte Beschwer bereits im gerichtlichen Verfahren einen entsprechenden Rechtsbehelf ergreifen würden.
- 29
-
Das Subsidiaritätsgebot greift danach in den hier in Rede stehenden Fällen insbesondere dann, wenn auf der Hand liegt, dass mit dem Beschwerdevorbringen der Sache nach ein Gehörsverstoß gerügt wird, die Beschwerdeführer aber ersichtlich mit Rücksicht darauf, dass kein Anhörungsrügeverfahren durchgeführt wurde, ausschließlich die Verletzung eines anderen Grundrechts oder grundrechtsgleichen Rechts geltend machen, das durch ein solches Vorgehen des Gerichts gleichfalls verletzt sein kann (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 14. Juli 2011 - 1 BvR 1468/11 -, juris).
- 30
-
Die Möglichkeit, über eine erfolgreiche Anhörungsrüge die Beseitigung anderweitiger Grundrechtsverletzungen zu erreichen, besteht im Übrigen von vornherein nur in dem Umfang, als diese denselben Streitgegenstand betreffen wie die geltend gemachte Gehörsverletzung (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Nur insoweit kann aus dem Subsidiaritätsgrundsatz die Obliegenheit der Erhebung einer Anhörungsrüge auch für den Fall abgeleitet werden, dass mit der Verfassungsbeschwerde kein Gehörsverstoß gerügt wird.
- 31
-
bb) Gemessen hieran verletzt es nicht den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, dass die Beschwerdeführer es unterlassen haben, eine Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts über die Ablehnung der Zulassung der Berufung zu erheben.
- 32
-
Soweit die Beschwerdeführer beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung des FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe, ist schon zweifelhaft, ob dieser Vortrag, selbst wenn er in der Sache zuträfe, überhaupt geeignet ist, eine Gehörsverletzung zu begründen. Wird bestimmter Vortrag in einer gerichtlichen Entscheidung nicht erwähnt, lässt dies nämlich nur unter besonderen Umständen den Rückschluss auf die Nichtberücksichtigung entscheidungserheblichen Vorbringens zu (vgl. BVerfGE 96, 205 <216 f.>). Das hier in Frage stehende, für die Geltendmachung einer Gehörsverletzung eher unspezifische Vorbringen der Beschwerdeführer ist zudem eindeutig und sinnvoll in die Rüge einer Verletzung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG eingebunden, die sich gegen die Verneinung des Berufungszulassungsgrunds der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache richtet. Es gibt insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführer damit lediglich eine Versäumung der Anhörungsrüge umgehen wollten. Sie müssen sich daher nicht entgegenhalten lassen, dass die Erhebung einer Anhörungsrüge nahe gelegen hätte und zu erwarten gewesen wäre, dass ein vernünftiger Verfahrensbeteiligter eine Anhörungsrüge erhoben hätte.
- 33
-
2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.
- 34
-
a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grunde dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642).
- 35
-
b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.
- 36
-
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies ist den Beschwerdeführern gelungen. Sie haben aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht in einem für ihr Grundeigentum und damit für die Entscheidung wesentlichen Punkt von falschen Annahmen über die Festsetzungen im Planfeststellungsbeschluss ausgegangen ist. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.
- 37
-
Das Urteil des Verwaltungsgerichts geht von der Annahme aus, das im Eigentum der Beschwerdeführer stehende Flurstück Y werde durch die mit dem Planfeststellungsbeschluss zugelassene Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt; vielmehr werde lediglich während der Bauzeit ein Streifen dieses Flurstücks in Anspruch genommen.
- 38
-
Die Beschwerdeführer haben in der Begründung ihres Zulassungsantrags geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass bereits im Änderungsantrag vom 7. Juli 2008 ausdrücklich von der Notwendigkeit der dauerhaften Inanspruchnahme von 3.100 qm des Flurstücks Y die Rede sei. Dementsprechend sei auch die Festsetzung im Planfeststellungsbeschluss erfolgt. Der Planfeststellungsbeschluss enthalte keine gerechte Abwägung ihrer Belange.
- 39
-
Das Oberverwaltungsgericht hat erkannt, dass das Verwaltungsgericht "offensichtlich irrig" von einer nur vorübergehenden Inanspruchnahme des Flurstücks Y nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens ausgegangen ist. Dennoch hat es sich nicht dazu veranlasst gesehen, die Berufung aufgrund einer unzutreffenden Annahme der tatsächlichen Betroffenheit der Beschwerdeführer zuzulassen. Es hat vielmehr im Berufungszulassungsverfahren eine eigene Prüfung der fachplanerischen Abwägungsentscheidung vorgenommen und dabei das Urteil des Verwaltungsgerichts im Ergebnis für richtig befunden. Damit hat es in verfassungswidriger Weise Teile der dem Berufungsverfahren vorbehaltenen Sachprüfung in das Berufungszulassungsverfahren vorverlagert.
- 40
-
Zwar begegnet es keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils auf ernstliche Zweifel an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere entscheidungstragende Gründe abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).
- 41
-
Das Oberverwaltungsgericht hat die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Kontrolle der fachplanerischen Abwägungsentscheidung in einem für die Beschwerdeführer entscheidenden Punkt durch eine eigene Kontrolle ersetzt. Ob das Deichbauvorhaben die Eigentumsrechte der Beschwerdeführer gemessen an den damit verfolgten Zielen und den in Frage kommenden Vorhabenalternativen - hier insbesondere der von den Beschwerdeführern statt des Deichneubaus verlangten Ertüchtigung der Hochwasserschutzwand - unverhältnismäßig beeinträchtigt, hängt unter anderem maßgeblich von der mit den festgestellten Maßnahmen einhergehenden Eigentumsbelastung für die Beschwerdeführer ab. Dass es insofern für die Abwägungsentscheidung von erheblichem Gewicht ist, ob das Flurstück Y nur vorübergehend während der Bauzeit als Arbeitsstreifen oder dauerhaft in dem doch beträchtlichen Umfang von 3.100 qm in Anspruch genommen wird, liegt auf der Hand. Es war dem Oberverwaltungsgericht bei Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes verwehrt, im Berufungszulassungsverfahren, das insbesondere mangels eines förmlichen Beweisaufnahmeverfahrens den Beteiligten von vornherein weniger Einwirkungsmöglichkeiten auf die Tatsachenfeststellung einräumt als das Hauptsacheverfahren, diese Frage der Abgewogenheit des Planfeststellungsbeschlusses abweichend vom Verwaltungsgericht in der Sache zu entscheiden.
- 42
-
Da das Oberverwaltungsgericht die Zulassung der Berufung nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ablehnen konnte, beruht die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts auf diesem Verfassungsverstoß. Ob die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts darüber hinaus auch Art. 14 Abs. 1 GG verletzt, kann dahinstehen.
-
II.
- 43
-
Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts und den Planfeststellungsbeschluss des beklagten Landesbetriebs wendet, bedarf es keiner Entscheidung. Durch die Aufhebung der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist der Rechtsweg vor den Fachgerichten wieder eröffnet und dadurch eine erneute fachgerichtliche Aufarbeitung des Ausgangsfalls möglich (vgl. BVerfGE 129, 1 <37>).
-
C.
- 44
-
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
- 45
-
Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).
Tenor
-
Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 26. September 2014 - 5 LA 92/14 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes.
-
Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
-
Das Land Niedersachsen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe
-
I.
- 1
-
Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist die Ablehnung der Zulassung der Berufung in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren. In der Sache geht es um die Versetzung der Beschwerdeführerin, einer Professorin (Besoldungsgruppe C 4), in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.
- 2
-
1. a) Mit Bescheid der Universität von Oktober 2011 wurde die Beschwerdeführerin wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt (§ 26 Abs. 1 BeamtStG). Nach einem amtsärztlichen Gutachten von September 2011 leide die Beschwerdeführerin an einer "depressiven Erkrankung mit somatoformen Beschwerden". Sie sei auf absehbare Zeit (länger als sechs Monate) nicht in der Lage, ihren dienstlichen Aufgaben nachzukommen.
- 3
-
Zudem beantragte die Universität mit Disziplinarklage von Dezember 2011, die Beschwerdeführerin wegen schwerer Dienstpflichtverletzungen aus dem Dienst zu entfernen, insbesondere weil sie über einen längeren Zeitraum keine Lehre erbracht habe. Nach erfolglosem Beschreiten des Rechtswegs hat die Beschwerdeführerin gegen das rechtskräftige Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 19. Mai 2016 eine weitere Verfassungsbeschwerde erhoben.
- 4
-
b) Das Verwaltungsgericht wies die gegen die Versetzung der Beschwerdeführerin in den Ruhestand gerichtete Klage ab. Zur Begründung stützte es sich tragend auf ein fachpsychiatrisches Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen von Januar 2014. Dieser beantwortete - gestützt auf diverse vorhandene Gutachten sowie eine persönliche Befragung der Beschwerdeführerin - die Beweisfrage nach den gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführerin zum relevanten Zeitpunkt (Oktober 2011) abschließend mit der Diagnose "mittelgradige Depression mit Somatisierungsstörung". Im Verlauf des Gutachtens verwendete der Sachverständige allerdings die Begriffe "Somatisierungsstörung" und "somatoforme Störung/Beschwerden" in Bezug auf die Beschwerdeführerin wechselnd, obwohl er an einer Stelle ausführt, beide Begriffe alternativ zu verstehen.
- 5
-
Die Beschwerdeführerin hatte bereits vor dem Verwaltungsgericht den gutachterlichen Feststellungen widersprochen. Die vom Sachverständigen verwendeten Begrifflichkeiten bezeichneten völlig unterschiedliche Krankheitsbilder; das Gutachten sei daher nicht nachzuvollziehen und widersprüchlich. Einen auf die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens gerichteten Beweisantrag der Beschwerdeführerin lehnte das Verwaltungsgericht ab. Hierzu führte es aus, das Gutachten weise "keine erkennbaren Mängel (mehr) auf" und gehe von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus. Es enthalte "ebenso keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche (mehr)" und gebe "keinen Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters". Zwar sei der Beschwerdeführerin darin Recht zu geben, dass das Gutachten die Begriffe "somatoforme Beschwerden" und "Somatisierungsstörung" wechselnd verwende und diese verschiedene Erkrankungen beschrieben. Weiter führte das Verwaltungsgericht aus: "Aber [der Sachverständige] hat in der mündlichen Verhandlung […] eingeräumt, dass er jedes Mal, wenn er den Begriff 'Somatisierungsstörung' im Gutachten verwendet hat, eigentlich 'somatoforme Beschwerden' gemeint hat. Es läge lediglich eine Falschbezeichnung vor. Damit ist der inhaltliche Widerspruch aufgelöst".
- 6
-
c) Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zulassung der Berufung wurde durch den angegriffenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts abgelehnt.
- 7
-
Die Beschwerdeführerin hatte sich in ihrer Antragsbegründung ausführlich insbesondere damit auseinandergesetzt, dass das dem verwaltungsgerichtlichen Urteil zugrunde liegende Sachverständigengutachten die Entscheidung nicht tragen könne. Es entspreche insbesondere nicht dem wissenschaftlichen Standard, beruhe auf unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen und auf erkennbar fehlender Sachkunde des Gutachters. Namentlich hatte die Beschwerdeführerin zur fehlenden Sachkunde des Sachverständigen ausgeführt, der wechselnde Gebrauch der Fachtermini "Somatisierungsstörung" und "somatoforme Störung" könne - anders als das Verwaltungsgericht annehme - nicht mit einer bloßen Falschbezeichnung gerechtfertigt werden, da die Begriffe eine völlig unterschiedliche Symptomatik beschrieben. Die Beschwerdeführerin hatte unter Verweis auf Fachliteratur ausgeführt, dass mit "somatoformen Beschwerden" körperliche Beschwerden bezeichnet würden, welche nicht direkt durch eine organische Grunderkrankung begründet seien und unter denen - je nach Beurteilungskriterien - zwischen 30 % und 80 % der erwachsenen Bundesbevölkerung gelegentlich litten (Befindlichkeitsstörungen wie Rückenschmerzen oder Kopfschmerzen). Demgegenüber handele es sich bei einer "Somatisierungsstörung" um ein sehr präzise formuliertes Krankheitsbild, dessen Häufigkeit unter 0,1 % der Bevölkerung liege und mit einer Vielzahl von Körperbeschwerden unterschiedlicher Körperregionen einhergehe. Solche Merkmale seien aber bei der Beschwerdeführerin gerade nicht festgestellt worden. Hinzu komme, dass der Sachverständige in seiner mündlichen Anhörung ausweislich des Terminprotokolls erklärt habe, bei der Beschwerdeführerin auch keine depressiven Symptome feststellen zu können, also einen nicht unerheblichen Teil seines Gutachtens widerrufe. Dies sei mit einer Verwechslung von Fachbegriffen nicht mehr zu erklären. Die Ablehnung des von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags auf Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens begründe daher sowohl ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) als auch einen Verfahrensmangel in Form der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
- 8
-
Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung seines Beschlusses insbesondere ausgeführt, die Berufung sei nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sei eine fehlende Sachkunde des gerichtlichen Sachverständigen nicht zu erkennen.
- 9
-
2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine in der Überspannung der Anforderungen an die Berufungszulassungsgründe liegende Verletzung in ihren Grundrechten aus Art. 19 Abs. 4 GG sowie Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot.
- 10
-
Das Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG sei verletzt, da das Oberverwaltungsgericht, statt über die Berufungszulassung zu entscheiden, die Entscheidung über die Berufung selbst vorweggenommen habe. Damit werde der Beschwerdeführerin nicht nur die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt unter Darlegung ihrer Rechtsauffassung und gegebenenfalls weiterer Beweisanträge in einem Berufungsverfahren zur Geltung zu bringen, sondern darüber hinaus auch die Möglichkeit eines Revisionsverfahrens genommen.
- 11
-
Im Hinblick auf den Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der gerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) habe sie in der Begründung ihres Antrags auf Zulassung der Berufung geltend gemacht, dass das Sachverständigengutachten nicht dem wissenschaftlichen Stand entspreche, auf unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen sowie auf erkennbar fehlender Sachkunde des Sachverständigen beruhe. Diese Argumentation habe das Oberverwaltungsgericht nicht - wie es der bundesverfassungsgerichtliche Maßstab gebiete - auf ihre Schlüssigkeit hin überprüft. Vielmehr habe es in zahlreichen Punkten apodiktisch "durchentschieden". Ein näheres Eingehen auf die Argumentation der Beschwerdeführerin in der Begründung ihres Zulassungsantrags zum unterschiedlichen Schweregrad der Krankheiten und ihren unterschiedlichen Symptomen und Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit beziehungsweise Dienstfähigkeit der erkrankten Person finde nicht statt, ebenso wenig wie auf das Argument, dass das Gutachten bei konsequenter Ersetzung von "Somatisierungsstörung" durch "somatoforme Beschwerden" partiell jedes Sinnes entbehrte, namentlich in der Passage auf Seite 14 des Gutachtens, in dem die Abgrenzung der beiden Krankheiten vorgenommen werde. Auch ohne eigene Sachkunde hätte dem Oberverwaltungsgericht auffallen müssen, dass mit einer Diagnose "somatoformer Störungen" - der viel leichteren Erkrankung - die Dienstunfähigkeit einer Beamtin nur schwer begründbar sei. Dies näher aufzuklären, sei jedoch einem Berufungsverfahren, nicht aber dem Berufungszulassungsverfahren vorbehalten. Nur in einem Berufungsverfahren hätte die Möglichkeit bestanden, gegebenenfalls mithilfe weiterer Sachverständiger aufzuklären, ob die Argumentation der Beschwerdeführerin durchgreife, dass es einer bei ihr festgestellten somatoformen Störung an der notwendigen Nachhaltigkeit mangele, um zu einer - dauerhaften - Dienstunfähigkeit zu kommen.
- 12
-
3. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen. Das Land Niedersachsen hatte Gelegenheit zur Äußerung.
-
II.
- 13
-
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c BVerfGG). Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden.
- 14
-
1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere besteht das Rechtsschutzbedürfnis der Beschwerdeführerin unabhängig vom Ausgang des Verfassungsbeschwerdeverfahrens betreffend die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst beziehungsweise der Aberkennung des Ruhegehalts fort. Durch den möglichen Erfolg hinsichtlich der Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit kommt die Beschwerdeführerin ihrem Rechtsschutzziel in jedem Fall näher.
- 15
-
Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 des Niedersächsischen Disziplinargesetzes vom 13. Oktober 2005 (NDiszG) wird der Ruhestandsbeamtin oder dem Ruhestandsbeamten das Ruhegehalt aberkannt, wenn sie oder er als aktive Beamtin oder aktiver Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen. Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 NDiszG gilt die Entscheidung (über die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis) als Aberkennung des Ruhegehalts, sofern die Beamtin oder der Beamte in den Ruhestand tritt, bevor die Entscheidung über die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis unanfechtbar wird. Diese Regelungen machen deutlich, dass die Aberkennung des Ruhegehalts das Äquivalent für die disziplinarische Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis in den Fällen darstellt, in denen sich die Beamtin oder der Beamte bereits im Ruhestand befindet. Ein bereits im Ruhestand befindlicher Beamter wird mithin disziplinarisch nicht verschont; vielmehr droht ihm in diesem Stadium die pekuniäre Disziplinarsanktion der Aberkennung des Ruhegehalts.
- 16
-
Würde vorliegend die Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit nach Zulassung und Durchführung der Berufung aufgehoben werden, wäre die Höchstmaßnahme im Disziplinarverfahren die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und nicht die - auf eine vormalige Zurruhesetzung aufsetzende - Aberkennung des Ruhegehalts; dies ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 11 Abs. 2 Satz 2 NDiszG. Damit wäre die Beschwerdeführerin ihrem Rechtsschutzziel auf Erhaltung ihrer vormaligen rechtlichen Situation näher als ohne verfassungsgerichtliche Aufhebung der Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit, und zwar selbst dann, wenn die gegen die disziplinarische Höchstmaßnahme gerichtete Verfassungsbeschwerde ohne Erfolg bleibt. Zwar müsste die Beschwerdeführerin in beiden Verfahren Erfolg haben, um ihren aktiven Status wiederzuerlangen. Aber selbst wenn die Verfassungsbeschwerde gegen die Disziplinarentscheidung ohne Erfolg bliebe, könnte sie finanzielle Vorteile möglicherweise daraus ziehen, dass sie erst mit dem Disziplinarberufungsurteil von Mai 2016 und nicht bereits durch die im Oktober 2011 für sofort vollziehbar erklärte Versetzung in den Ruhestand ihren Anspruch auf die Besoldung für aktive Beamte verlöre.
- 17
-
2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Der angegriffene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Ob darüber hinaus weitere Verletzungen von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten der Beschwerdeführerin vorliegen, bedarf keiner Entscheidung.
- 18
-
a) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 <326>; 67, 43 <58>; 96, 27 <39>; stRspr). Die Vorschrift erfordert zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 49, 329 <343>; 83, 24 <31>; 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; 96, 27 <39>; stRspr); eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 65, 76 <90>; 96, 27 <39>; stRspr). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>; 125, 104 <137>; 134, 106 <117 f.>). Sehen die prozessrechtlichen Vorschriften - wie §§ 124, 124a VwGO - die Möglichkeit vor, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, so verbietet Art. 19 Abs. 4 GG eine Auslegung und Anwendung dieser Rechtsnormen, die die Beschreitung des eröffneten Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>; 125, 104 <137>; 134, 106 <118>; BVerfGK 15, 37 <46 f.>). Vor diesem Hintergrund dürfen an die Darlegung eines Zulassungsgrundes keine überspannten Anforderungen gestellt werden.
- 19
-
Der in § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO enthaltene Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ist daher immer schon dann erfüllt, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat (vgl. BVerfGE 110, 77 <83>; 125, 104 <140>; 134, 106 <118>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 15; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. Dezember 2010 - 1 BvR 2011/10 -, juris, Rn. 17). Sie sind nicht erst gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfGE 110, 77 <83>; 125, 104 <139 f.>). Das Zulassungsverfahren hat nicht die Aufgabe, das Berufungsverfahren vorwegzunehmen (vgl. BVerfGE 125, 104 <139>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris, Rn. 15; BVerfGK 15, 37 <46 f.>; vgl. auch Gaier, NVwZ 2011, S. 385 <388 f.>; kritisch zum "Schlüssigkeitsparadigma" Rudisile, NVwZ 2012, S. 1425 <1426 f.>).
- 20
-
b) Diesem Maßstab wird die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht gerecht und verkürzt damit den Zugang der Beschwerdeführerin zur Berufungsinstanz in unzumutbarer Weise.
- 21
-
Die Beschwerdeführerin hatte in ihrer Begründung des Berufungszulassungsantrags zur fehlenden Sachkunde des Gutachters unter Verweis auf Fachliteratur nachvollziehbar dargelegt, dass der wechselnde Gebrauch der Fachtermini "Somatisierungsstörung" und "somatoforme Beschwerden" im Sachverständigengutachten - anders als das Verwaltungsgericht annehme - nicht mit einer bloßen Falschbezeichnung gerechtfertigt werden könne, da die Begriffe eine völlig unterschiedliche Symptomatik beschrieben. Sie hatte schlüssig argumentiert, dass es sich bei der Diagnose "somatoforme Beschwerden" um eine deutlich leichtere Erkrankung handele und dass mit dieser die dauernde Dienstunfähigkeit einer Beamtin nur schwer begründbar sei. Damit hatte sie konkrete Anhaltspunkte gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung dargetan.
- 22
-
Unabhängig von der Frage, ob der Sachverständige angesichts des mäandernden Gebrauchs unterschiedlicher Fachtermini für ein und denselben medizinischen Sachverhalt noch als hinreichend sachkundig einzuschätzen war, hätte sich dem Oberverwaltungsgericht die Notwendigkeit der Überprüfung aufdrängen müssen, ob die der Beschwerdeführerin nach mündlicher Korrektur des Gutachtens attestierten "somatoformen Beschwerden" die Annahme einer Dienstunfähigkeit noch zu rechtfertigen vermögen. Anstatt sich mit den von der Beschwerdeführerin diesbezüglich dargelegten Zweifeln an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung auseinanderzusetzen, vollzieht das Oberverwaltungsgericht aber lediglich die Begründung des Verwaltungsgerichts nach. Das Verwaltungsgericht war indes selbst von anfänglichen erkennbaren Mängeln und inhaltlichen Widersprüchen des Sachverständigengutachtens ausgegangen. Das Oberverwaltungsgericht geht mit keinem Wort auf die von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Zweifel ein, ob auch die - nach Korrektur des schriftlichen Sachverständigengutachtens in der mündlichen Verhandlung durch die erläuternden Äußerungen des Sachverständigen - festgestellte geringere gesundheitliche Beeinträchtigung noch die Annahme der Dienstunfähigkeit rechtfertigen könne. Indem es stattdessen die mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellte erhebliche Tatsachenfeststellung der vermeintlich eine Dienstunfähigkeit begründenden Diagnose der Beschwerdeführerin aufrechterhält, nimmt es das Ergebnis eines Berufungsverfahrens, in dem zu klären wäre, welche der beiden Diagnosen zutrifft und zugleich die Annahme der Dienstunfähigkeit zu tragen vermag, in verfassungswidriger Weise vorweg.
- 23
-
Die angegriffene Entscheidung beruht auf der Verletzung der Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, da sich das Gericht tragend auf das gerichtliche Sachverständigengutachten gestützt hat.
-
III.
- 24
-
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Zurückverweisung der Sache ins Stadium des Zulassungsverfahrens beruht auf § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG. Ein ausnahmsweise in Betracht kommendes Durchentscheiden des Bundesverfassungsgerichts (vgl. hinsichtlich einstweiliger Anordnungen BVerfGE 35, 202 <244>; 79, 69 <79>; hinsichtlich der Revisionszulassung BVerfGE 99, 216 <245>) ist im vorliegenden Fall nicht bereits deshalb angezeigt, weil das Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage des dargelegten Entscheidungsmaßstabes keine andere Möglichkeit als die Zulassung der Berufung hat und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts insofern nur wiederholen kann. Vielmehr entspricht ein Zurückverweisen in das Stadium des Berufungszulassungsverfahrens nicht nur der grundsätzlichen Funktionsteilung zwischen Fach- und Verfassungsgerichtsbarkeit. Zudem kann die Beschwerdeführerin im Berufungszulassungsbeschluss des Oberverwaltungsgerichts über die Notwendigkeit der Berufungsbegründung nach § 124a Abs. 6 und Abs. 3 Satz 3 bis 5 VwGO ordnungsgemäß belehrt werden.
- 25
-
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen.
(1) Aufgabe der Gewässeraufsicht ist es, die Gewässer sowie die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen, die nach oder auf Grund von Vorschriften dieses Gesetzes, nach auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen oder nach landesrechtlichen Vorschriften bestehen. Die zuständige Behörde ordnet nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen oder die Erfüllung von Verpflichtungen nach Satz 1 sicherzustellen.
(2) Auf Grund dieses Gesetzes und nach landesrechtlichen Vorschriften erteilte Zulassungen sind regelmäßig sowie aus besonderem Anlass zu überprüfen und, soweit erforderlich, anzupassen.
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Dr. A. Dr. K. M.
(1) Benutzungen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
das Entnehmen und Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern, - 2.
das Aufstauen und Absenken von oberirdischen Gewässern, - 3.
das Entnehmen fester Stoffe aus oberirdischen Gewässern, soweit sich dies auf die Gewässereigenschaften auswirkt, - 4.
das Einbringen und Einleiten von Stoffen in Gewässer, - 5.
das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser.
(2) Soweit nicht bereits eine Benutzung nach Absatz 1 vorliegt, gelten als Benutzungen auch
- 1.
das Aufstauen, Absenken und Umleiten von Grundwasser durch Anlagen, die hierfür bestimmt oder geeignet sind, - 2.
Maßnahmen, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen, - 3.
das Aufbrechen von Gesteinen unter hydraulischem Druck zur Aufsuchung oder Gewinnung von Erdgas, Erdöl oder Erdwärme, einschließlich der zugehörigen Tiefbohrungen, - 4.
die untertägige Ablagerung von Lagerstättenwasser, das bei Maßnahmen nach Nummer 3 oder anderen Maßnahmen zur Aufsuchung oder Gewinnung von Erdgas oder Erdöl anfällt.
(3) Keine Benutzungen sind Maßnahmen, die dem Ausbau eines Gewässers im Sinne des § 67 Absatz 2 dienen. Das Gleiche gilt für Maßnahmen der Unterhaltung eines Gewässers, soweit hierbei keine chemischen Mittel verwendet werden.
(1) Eine Erlaubnis für das Einbringen und Einleiten von Stoffen in das Grundwasser darf nur erteilt werden, wenn eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist. Durch Rechtsverordnung nach § 23 Absatz 1 Nummer 3 kann auch festgelegt werden, unter welchen Voraussetzungen die Anforderung nach Satz 1, insbesondere im Hinblick auf die Begrenzung des Eintrags von Schadstoffen, als erfüllt gilt. Die Verordnung bedarf der Zustimmung des Bundestages. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn der Bundestag nicht innerhalb von drei Sitzungswochen nach Eingang der Vorlage der Bundesregierung die Zustimmung verweigert hat.
(2) Stoffe dürfen nur so gelagert oder abgelagert werden, dass eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist. Das Gleiche gilt für das Befördern von Flüssigkeiten und Gasen durch Rohrleitungen. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
Tenor
I. Die Anträge werden abgelehnt.
II. Die Antragsteller zu 1 und 2 tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Verhältnis ihrer Anteile am Gesamtstreitwert.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
A.
B.
C.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Bei Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ist die besondere Bedeutung einer natur- und landschaftsverträglichen Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft für die Erhaltung der Kultur- und Erholungslandschaft zu berücksichtigen.
(2) Bei der landwirtschaftlichen Nutzung sind neben den Anforderungen, die sich aus den für die Landwirtschaft geltenden Vorschriften und aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes ergeben, insbesondere die folgenden Grundsätze der guten fachlichen Praxis zu beachten:
- 1.
die Bewirtschaftung muss standortangepasst erfolgen und die nachhaltige Bodenfruchtbarkeit und langfristige Nutzbarkeit der Flächen muss gewährleistet werden; - 2.
die natürliche Ausstattung der Nutzfläche (Boden, Wasser, Flora, Fauna) darf nicht über das zur Erzielung eines nachhaltigen Ertrages erforderliche Maß hinaus beeinträchtigt werden; - 3.
die zur Vernetzung von Biotopen erforderlichen Landschaftselemente sind zu erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren; - 4.
die Tierhaltung hat in einem ausgewogenen Verhältnis zum Pflanzenbau zu stehen und schädliche Umweltauswirkungen sind zu vermeiden; - 5.
auf erosionsgefährdeten Hängen, in Überschwemmungsgebieten, auf Standorten mit hohem Grundwasserstand sowie auf Moorstandorten ist ein Grünlandumbruch zu unterlassen; - 6.
die Anwendung von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln hat nach Maßgabe des landwirtschaftlichen Fachrechtes zu erfolgen; es sind eine Dokumentation über die Anwendung von Düngemitteln nach Maßgabe des § 10 der Düngeverordnung vom 26. Mai 2017 (BGBl. I S. 1305) in der jeweils geltenden Fassung sowie eine Dokumentation über die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nach Maßgabe des Artikels 67 Absatz 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 1) zu führen.
(3) Bei der forstlichen Nutzung des Waldes ist das Ziel zu verfolgen, naturnahe Wälder aufzubauen und diese ohne Kahlschläge nachhaltig zu bewirtschaften. Ein hinreichender Anteil standortheimischer Forstpflanzen ist einzuhalten.
(4) Bei der fischereiwirtschaftlichen Nutzung der oberirdischen Gewässer sind diese einschließlich ihrer Uferzonen als Lebensstätten und Lebensräume für heimische Tier- und Pflanzenarten zu erhalten und zu fördern. Der Besatz dieser Gewässer mit nichtheimischen Tierarten ist grundsätzlich zu unterlassen. Bei Fischzuchten und Teichwirtschaften der Binnenfischerei sind Beeinträchtigungen der heimischen Tier- und Pflanzenarten auf das zur Erzielung eines nachhaltigen Ertrages erforderliche Maß zu beschränken.
Tenor
I. Die Anträge werden abgelehnt.
II. Die Antragsteller zu 1 und 2 tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Verhältnis ihrer Anteile am Gesamtstreitwert.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
A.
B.
C.
(1) Eine Erlaubnis für das Einbringen und Einleiten von Stoffen in das Grundwasser darf nur erteilt werden, wenn eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist. Durch Rechtsverordnung nach § 23 Absatz 1 Nummer 3 kann auch festgelegt werden, unter welchen Voraussetzungen die Anforderung nach Satz 1, insbesondere im Hinblick auf die Begrenzung des Eintrags von Schadstoffen, als erfüllt gilt. Die Verordnung bedarf der Zustimmung des Bundestages. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn der Bundestag nicht innerhalb von drei Sitzungswochen nach Eingang der Vorlage der Bundesregierung die Zustimmung verweigert hat.
(2) Stoffe dürfen nur so gelagert oder abgelagert werden, dass eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist. Das Gleiche gilt für das Befördern von Flüssigkeiten und Gasen durch Rohrleitungen. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 22. Oktober 2018 für beide Rechtszüge auf jeweils 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
(1) Eine Erlaubnis für das Einbringen und Einleiten von Stoffen in das Grundwasser darf nur erteilt werden, wenn eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist. Durch Rechtsverordnung nach § 23 Absatz 1 Nummer 3 kann auch festgelegt werden, unter welchen Voraussetzungen die Anforderung nach Satz 1, insbesondere im Hinblick auf die Begrenzung des Eintrags von Schadstoffen, als erfüllt gilt. Die Verordnung bedarf der Zustimmung des Bundestages. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn der Bundestag nicht innerhalb von drei Sitzungswochen nach Eingang der Vorlage der Bundesregierung die Zustimmung verweigert hat.
(2) Stoffe dürfen nur so gelagert oder abgelagert werden, dass eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist. Das Gleiche gilt für das Befördern von Flüssigkeiten und Gasen durch Rohrleitungen. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird teilweise geändert.
Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Klägerin betreibt auf Grundstücken in der Gemarkung U. , Flur 38 und 48, die Gewinnung von Kies und Sand im Wege der Trockenabgrabung sowie die Herrichtung von für Abgrabungen in Anspruch genommenen Flächen durch Verfüllung. Auf den Grundstücken sind durch den Abbau von Kies und Sand mehrere Gruben, sogenannte Polder, entstanden. Die Polder 4 und 5 auf den Flurstücken 280 und 480 tlw. der Flur 38 sind insgesamt ca. 10 ha groß und reichen bei ursprünglichen Geländehöhen von ca. 95 m NN bis in eine Tiefe von ca. 65 m NN. Das Gelände befindet sich im großräumigen Absenkungsbereich des Grundwassers, der durch Sümpfungsmaßnahmen im Rahmen des Braunkohletagebaus verursacht wurde. Der Grundwasserstand liegt unterhalb der Abgrabungssohle. Er wird nach Einstellung der Sümpfungsmaßnahmen wieder ansteigen.
3Der damalige Regierungspräsident L. genehmigte mit Bescheid vom 30. Juli 1992 unter Änderung vorangegangener Genehmigungen die Verfüllung des Polders 5 mit Bodenaushub. Mit Bescheid vom 11. November 1993 erteilte er unter Änderung früherer Genehmigungen die Genehmigung für die Herrichtung der Polder 1 bis 4 durch Verfüllung mit Bodenaushub. Nach einer Nebenbestimmung zu dieser Genehmigung musste die Herrichtung der Polder 1 bis 5 durch Verfüllung spätestens bis zum 31. Dezember 2009 abgeschlossen sein, die Rekultivierung bis spätestens 31. Dezember 2010. Unter dem 26. September 1995 verlängerte die Bezirksregierung L. die Frist für die Verfüllung des Polders 4 und seiner Herrichtung bis zum 30. September 2011 bzw. 30. September 2012.
4Unter dem 12. August 2010 beantragte die Rechtsvorgängerin der Klägerin die Verlängerung der Fristen für den Abbau von Sand und Kies im Polder 4 sowie für die Verfüllung und Herrichtung der Polder 4 und 5. In der Folgezeit modifizierte die Klägerin den Antrag, zuletzt unter dem 28. September 2011. Sie gab an: Im Polder 4 stehe bis zur genehmigten Abbausohle von 65 m NN noch Kies zum Abbau an. Die Fristen für die Verfüllung und Herrichtung hätten nicht eingehalten werden können. Der Polder 5 werde derzeit verfüllt. Anschließend könne der Polder 4 verfüllt werden. Aufgrund der Genehmigungslage bestehe eine Verpflichtung zur Verfüllung der Polder und ihrer Herrichtung. Die Verfüllung sei auch erforderlich, weil sonst wegen des Wiederanstiegs des Grundwassers ein Gewässer entstehen würde. Langfristig werde das Grundwasser voraussichtlich wieder bis auf ca. 80,5 m NN ansteigen. In der dem Antrag beigefügten Umweltverträglichkeitsstudie ist ausgeführt: Das Grundwasser im Bereich der Polder sei durch die Sümpfungsmaßnahmen bis auf ca. 45 m NN abgesenkt worden. Es gebe mehrere Modellberechnungen für seinen Wiederanstieg. Nach einer Berechnung der RWTH B. aus dem Jahr 2007 werde das Grundwasser im Bereich der Polder bis zum Jahr 2075 bis auf etwa 58 m NN ansteigen und werde der Grundwasseranstieg etwa im Jahr 2250 abgeschlossen sein.
5Der Beklagte teilte der Klägerin mit, neben der abgrabungsrechtlichen Genehmigung bedürfe es auch der Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis, und hörte sie zum Entwurf der Erlaubnis an. Gegen die nach dem Entwurf bei der Verfüllung einzuhaltenden Zuordnungswerte bezogen auf den Feststoff und das Eluat erhob die Klägerin Einwände.
6Mit Bescheid vom 9. September 2013 genehmigte der Beklagte die Abgrabung und Verfüllung der Polder 4 und 5. Die beigefügten Nebenbestimmungen enthalten Fristen für den Abschluss der Abbautätigkeit und der Herrichtung. Nach Nr. 3.2 der Nebenbestimmungen dürfen die Arbeiten erst wieder aufgenommen werden, wenn die entsprechende wasserrechtliche Erlaubnis unanfechtbar erteilt ist.
7Mit weiterem Bescheid vom 9. September 2013, der am 13. September 2013 zugestellt worden ist, erteilte der Beklagte für die Polder 4 und 5 die wasserrechtliche Erlaubnis zum Abbau von Kies und Sand bis zu einer Tiefe von 65 m NN und zur Verfüllung mit Bodenaushub. Die Erlaubnis ist bis zum 31. Dezember 2020 befristet. Nach Nr. 2.2.4 der Nebenbestimmungen darf der Bodenaushub keine Bestandteile enthalten, die eine Grundwasserverunreinigung besorgen lassen, und dürfen nur Materialien verfüllt werden, die die Zuordnungswerte der Tabellen unter Nrn. 2.2.6 (Feststoff) und 2.2.7 (Eluat) einhalten. Die Tabelle "Zuordnungswerte Eluat" unter Nr. 2.2.7 der Nebenbestimmungen enthält Obergrenzen für mehrere Parameter. Festgesetzt sind unter anderem für Fluorid ≤ 750 µg/l, für Kohlenwasserstoffe ≤ 100 µg/l, für LHKW ≤ 20 µg/l, für PCB ≤ 0,01 µg/l und für PAK (EPA - ohne Naphtalin) ≤ 0,2 µg/l jeweils mit dem Zusatz "Untersuchung nur bei speziellem Verdacht". Zur Begründung ist ausgeführt: Das Vorhaben bedürfe einer wasserrechtlichen Erlaubnis. Im Hinblick auf den Grundwasserschutz seien Nebenbestimmungen festzusetzen. Die Nebenbestimmungen seien geeignet und erforderlich, um nachteilige Wirkungen für das Wohl der Allgemeinheit auszugleichen oder zu verhüten. Sie seien wegen der herausragenden Bedeutung der Reinhaltung des Grundwassers für das Allgemeinwohl auch angemessen. Nach der Verfüllung werde sich Fremdmaterial im zukünftig von Grundwasser durchströmten Bereich befinden. Die Parameter und Zuordnungswerte bezogen auf das Eluat seien unter Berücksichtigung des gegebenen Einzelfalls anhand abfallrechtlicher, abgrabungsrechtlicher, wasserrechtlicher und bodenschutzrechtlicher Kriterien festgesetzt worden. Die Prüfwerte nach der BBodSchV seien nicht anzuwenden, weil die Entstehung einer Gefahr ausgeschlossen werden solle und Vorsorgewerte anzusetzen seien. Die Vorsorgewerte müssten deutlich unterhalb der Prüfwerte liegen. Maßstab seien die Geringfügigkeitsschwellenwerte nach LAWA 2004. Es sei sachgerecht, auch den Parameter Fluorid zu regeln. Beispielsweise gebe es in der Region Düren einen Altlastenfall, bei dem schädliche Bodenbelastungen über den Gehalt an Fluorid charakterisiert würden. Die Werte für Kohlenwasserstoffe und PCB seien sachgerecht. Die Festsetzung der gegenüber der BBodSchV zusätzlichen Parameter verursache keinen unverhältnismäßigen Aufwand, weil die Untersuchung nur im Verdachtsfall nötig sei.
8Die Klägerin hat am 14. Oktober 2013 Klage erhoben. Zur Begründung der Klage hat sie vorgetragen: Die Festsetzung von Zuordnungswerten Eluat in der Nebenbestimmung 2.2.7 der wasserrechtlichen Erlaubnis sei hinsichtlich der Parameter Fluorid, Kohlenwasserstoffe, LHKW, PCB und PAK rechtswidrig. Die Zuordnungswerte seien nicht zur Ausräumung von Versagungsgründen erforderlich und auch ermessensfehlerhaft. Ohne die Zuordnungswerte sei eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit durch das zur Verfüllung zugelassene Bodenmaterial weder in wasserwirtschaftlicher noch in anderer Hinsicht zu besorgen. Einschlägig und maßgeblich für die materiellen Anforderungen an die Verfüllung von Abgrabungen mit unbelastetem Bodenaushub sei Teil II.1.2 der LAGA-Mitteilung 20. Danach sei Bodenaushub der Einbauklasse Z0/Z0* für die Verfüllung von Abgrabungen uneingeschränkt geeignet. Hiervon und von den Vorgaben der BBodSchV weiche die Nebenbestimmung 2.2.7 ohne sachlichen Grund ab. Die Heranziehung der Geringfügigkeitsschwellenwerte der LAWA sei fehlerhaft. Die Werte seien zur Beurteilung lokal begrenzter Grundwasserverunreinigungen entwickelt worden, rechtlich unverbindlich und in ihrer Ableitung fachlich erheblich umstritten. Aufgrund der Kritik an ihrer Ableitung seien die Versuche, sie normativ festzulegen, bislang gescheitert. Die geplante Mantelverordnung liege bislang nur im Entwurf vor. Der im Vorgriff auf die Mantelverordnung ergangene Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz vom 17. September 2014 spiegele nicht den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik wider. Das Land Nordrhein-Westfalen habe insoweit auch keinerlei Regelungskompetenz. Maßgeblicher Ort der Beurteilung für die Geringfügigkeitsschwellenwerte sei der Übergangsbereich in die grundwassergesättigte Zone. Die angeordnete Einhaltung der als Zuordnungswerte übernommenen Geringfügigkeitsschwellenwerte im Verfüllkörper oberhalb des höchsten Grundwasserstandes lasse die Abbau- und Rückhalteprozesse der Schadstoffe unberücksichtigt, die im Boden bis zum Eintritt des Sickerwassers in die grundwassergesättigte Zone stattfänden. Das sei rechtlich und fachlich auch unter dem Blickwinkel des vorsorgenden Schutzes des Grundwassers unvertretbar. Die Beurteilung des Sickerwassers unterliege den bodenschutzrechtlichen Prüfwerten für den Wirkungspfad Boden-Grundwasser. Das Erfordernis einer Untersuchung nur bei speziellem Verdacht sei nicht hinreichend bestimmt gefasst. Die Zuordnungswerte seien auch nicht in anderer Hinsicht zur Bewirtschaftung des Grundwassers erforderlich. Nach dem Maßnahmenprogramm werde das Grundwasser im Bereich der Polder wegen des Braunkohletagebaus langfristig in einem schlechten chemischen Zustand sein.
9Die Klägerin hat beantragt,
10den Beklagten unter teilweiser Änderung des Erlaubnisbescheids vom 9. September 2013 zu verpflichten, unter Ziffer 2.2.7 in der Tabelle "Zuordnungswerte Eluat" die Parameter Fluorid, Kohlenwasserstoffe, LHKW, PCB und PAK (EPA) sowie die zugehörigen Zuordnungswerte ersatzlos zu streichen,
11hilfsweise,
12den Beklagten unter teilweiser Änderung des Erlaubnisbescheids vom 9. September 2013 zu verpflichten, unter Ziffer 2.2.7 in der Tabelle "Zuordnungswerte Eluat" die Parameter Fluorid, Kohlenwasserstoffe, LHKW, PCB und PAK (EPA) sowie die zugehörigen Zuordnungswerte zu streichen und stattdessen nachfolgende Tabelle anzufügen:
13Parameter Geringfügigkeitsschwelle
14in µg/l
15Fluorid 750
16Kohlenwasserstoffe 100
17LHKW 10
18PCB 0,05
19PAK 0,2
20(Bei den genannten Werten handelt es sich um Sickerwasserwerte. Maßgeblicher Ort der Beurteilung ist die Stelle im Grundwasserleiter, an der das verunreinigte Grundwasser erstmalig als solches auftritt und die Kontamination somit noch in unveränderter Konzentration vorliegt. Dieser stimmt nicht mit dem Ort überein, an dem vorliegend die Messung bzw. Probenahme erfolgen wird. Untersuchungsergebnisse müssen deshalb im Rahmen einer fachlichen Begutachtung an den Ort der Beurteilung übertragen und bewertet werden.)
21weiter hilfsweise,
22den Beklagten unter teilweiser Änderung des Erlaubnisbescheids vom 9. September 2013 zu verpflichten, die Nebenbestimmung Ziffer 2.2.7 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu fassen.
23Der Beklagte hat beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Er hat zur Begründung vorgetragen: Die Zuordnungswerte seien zur Begrenzung des Schadstoffgehalts des Bodenaushubs erforderlich. Sie seien zur Erfüllung wasser-, abfall- und bodenschutzrechtlicher Anforderungen entwickelt worden. Die bodenschutzrechtliche Sickerwasserprognose sei ein Mittel zur Gefahrenabwehr. Sie sei nicht anzuwenden, weil Vorsorge gegenüber dem Eintritt eines Schadens als Folge der Verfüllung der Polder geboten sei. Im Verhältnis zu einer regelmäßigen gutachterlichen Bewertung des zu verfüllenden Materials stelle die Festsetzung der Zuordnungswerte für seltene Ausnahmefälle ein milderes Mittel dar. Wegen des Wiederanstiegs des Grundwassers seien mögliche Schadstoffgehalte besonders sorgfältig zu überwachen. Das Maßnahmenprogramm gehe auf die Verfüllung von Abgrabungen lediglich am Rande ein.
26Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten durch das angefochtene Urteil, auf das Bezug genommen wird, verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Beklagte habe das ihm zukommende Ermessen hinsichtlich der Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis fehlerhaft ausgeübt. Die Erforderlichkeit der angegriffenen Zuordnungswerte zur Ausräumung von Versagungsgründen sei nicht hinreichend belegt. Der Entwurf der Mantelverordnung bilde keine hinreichende Grundlage. Der ministerielle Erlass vom 17. September 2014 sei unwirksam. Die Orientierung an den Geringfügigkeitsschwellenwerten der LAWA sei nicht tragfähig. Die Geringfügigkeitsschwellenwerte seien zur Beurteilung von Grundwasserverunreinigungen entwickelt worden und in der Fachwelt umstritten. Damit habe sich der Beklagte nicht auseinandergesetzt. Ferner fehle es an einer hinreichenden und trotz des Wiederanstiegs des Grundwassers erforderlichen Differenzierung zwischen den Anforderungen an das Grundwasser und das Sickerwasser. Eine Relevanz des Parameters Fluorid sei nicht dargetan.
27Gegen den der Klage stattgebenden Teil des Urteils richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten.
28In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Beklagte den in der Tabelle "Zuordnungswerte Eluat" enthaltenen Zuordnungswert für Fluorid auf 900 µg/l geändert.
29Zur Begründung der Berufung trägt der Beklagte ergänzend und vertiefend vor: Er habe die Erforderlichkeit der Zuordnungswerte durch seine hierzu erstinstanzlich eingereichten Aktenvermerke weiter begründet und belegt. Die noch nicht abgeschlossene fachliche Diskussion um die Geringfügigkeitsschwellenwerte habe er dabei berücksichtigt. Durch die Begrenzung der Eluatwerte auf die Geringfügigkeitsschwellenwerte werde die gebotene Vorsorge auch im Hinblick darauf gewährleistet, dass in der Erlaubnis Feststoffwerte oberhalb der Vorsorgewerte nach der BBodSchV festgelegt worden seien. Die Orientierung an den Geringfügigkeitsschwellenwerten zum Ausschluss der Besorgnis einer Verunreinigung des Grundwassers liege fachlich nahe, weil bei der Verfüllung die Wiederherstellung von Bodenfunktionen hinsichtlich des Grundwassers im Vordergrund stehe. Bei dieser Bewertung stehe der Exekutive mangels normativer Regelungen eine Einschätzungsprärogative zu, bei der Vorsorgeaspekte maßgebend seien. Das werde durch den aktuellen Entwurf der Mantelverordnung bestätigt. Die bodenschutzrechtliche Sickerwasserprognose genüge nicht den Erfordernissen der Vorsorge. Die Berücksichtigung der mit der Bodenpassage verbundenen Prozesse des Abbaus und der Zurückhaltung von Schadstoffen sei im Rahmen der Vorsorge unangebracht. Das werde durch das GAP-Papier der LAWA bestätigt. Das Bodenschutzrecht enthalte hinsichtlich der Anforderungen an die Vorsorge bei der Verfüllung von Bodenmaterial eine Regelungslücke. Die Lücke sei durch den ministeriellen Erlass vom 17. September 2014 geschlossen worden. Der Katalog in Anhang 2 Nr. 4 BBodSchV sei nicht abschließend. Bei der Ableitung der Zuordnungswerte für Kohlenwasserstoffe, LHKW, PCB und PAK sei ein Abgleich mit Hintergrundwerten nicht möglich, weil es sich um bodenfremde Schadstoffe handele. Eine Abstufung der Zuordnungswerte nach der Höhe der Verfüllung und dem zu erwartenden Grundwasserstand komme nicht in Betracht. Fluorid sei ein relevanter Parameter, zumal die Deponieverordnung einen hierauf bezogenen Grenzwert enthalte. Der Grundwasseranstieg werde dazu führen, dass das Grundwasser jedenfalls die Sohle der Verfüllung übersteige. Ungewiss sei lediglich, wann dies geschehen und wie hoch das Grundwasser in den Verfüllkörper hineinreiche. Ab etwa 2045 werde das Grundwasser die Sohle der Polder erreichen. Das Erfordernis der Untersuchung bei speziellem Verdacht werde dadurch genügend konkretisiert, dass die Untersuchungen nach Nr. 2.2.8 der Nebenbestimmungen durch Fachleute vorzunehmen seien. Den Fachleuten seien etwaige Verdachtsmomente unter anderem aufgrund der Herkunft des zu untersuchenden Materials bekannt.
30Der Beklagte beantragt,
31das angefochtene Urteil teilweise zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
32Die Klägerin beantragt,
33die Berufung zurückzuweisen.
34Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Ergänzend und vertiefend trägt sie vor: Die Zuordnungswerte verstießen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es gebe keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse, die ihre Festsetzung stützen könnten. Ein hierzu durchgeführtes umfangreiches Forschungsprojekt des Umweltbundesamtes sei noch nicht abgeschlossen. Der Beklagte berufe sich lediglich auf administrative Empfehlungen und Forderungen. Diese seien aber auch unter dem Gesichtspunkt der Vorsorge völlig überzogen. Sie hätten weder in rechtsverbindlichen Regelungen noch in der TR Boden der LAGA einen Niederschlag gefunden. Das ihnen zugrunde liegende Konzept der Geringfügigkeitsschwellenwerte sei auch in der aktualisierten Fassung ihrer Ableitung fachlich sehr umstritten. Die Betrachtung allein von Schadstoffkonzentrationen lasse für die Beurteilung wesentliche Gesichtspunkte außer Acht. Die Ableitung der einzelnen Werte für die Parameter sei fragwürdig. Die Anwendung der Geringfügigkeitsschwellenwerte als Eluat-Grenzwerte hinsichtlich des Materials blende die allgemein anerkannten Auswirkungen der Bodenpassage auf die Schadstoffgefährdung des Grundwassers aus. Diese Auswirkungen seien indessen auch beim wasserrechtlichen Besorgnisgrundsatz zu berücksichtigen. Vorsorgeanforderungen bei der Verfüllung von Abgrabungen mit Bodenaushub seien in der BBodSchV abschließend geregelt. Eine eigenständige behördliche Anordnungsbefugnis gebe es insoweit nicht. Der ministerielle Erlass vom 17. September 2014 sei auch deshalb unwirksam, weil er in wesentlicher Hinsicht in Grundrechte unter anderem von Abgrabungsunternehmen eingreife. Die Eingriffe bedürften gesetzlicher Regelung. Erst recht fehle dem Beklagten die erforderliche Regelungskompetenz. Die vom Beklagten angeführte Verunreinigung mit Fluorid beruhe auf einer unsachgemäßen Handhabung von Stoffen und sei kein zureichender Anlass für eine generelle Überwachung. Das Grundwasser werde ausweislich einer Publikation des Erftverbandes frühestens ab ca. 2090 über die Abbausohle hinaus steigen. Die Verfüllung der Polder werde dagegen spätestens 2020 abgeschlossen sein. Der Polder 5 sei schon endverfüllt. Es sei ungeklärt, ob sich etwaige Schadstoffbelastungen in der Zwischenzeit auf unbedenkliche Werte verringerten. Die Frage lasse sich ohne großen Aufwand klären.
35Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie die von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
36E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
37Die Berufung hat Erfolg.
38Der Klägerin steht der mit dem zweiten Hilfsantrag geltend gemachte und auf erneute Bescheidung gerichtete Klageanspruch, der aufgrund der Berufung des Beklagten nach der erstinstanzlichen Klageabweisung im Übrigen allein noch anhängig ist, nicht zu. Der wasserrechtliche Erlaubnisbescheid des Beklagten vom 9. September 2013 ist rechtmäßig, soweit er von der Klägerin angegriffen wird (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
39Gegenstand der Klage sind die unter Nr. 2.2.7 der Nebenbestimmungen zum Erlaubnisbescheid vom 9. September 2013 in der Tabelle "Zuordnungswerte Eluat" enthaltenen Parameter Fluorid, Kohlenwasserstoffe, LHKW, PCB und PAK (EPA) sowie die zugehörigen, hinsichtlich des Parameters Fluorid durch Erklärung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat neu gefassten, Zuordnungswerte. Die Klägerin hat im Verwaltungsverfahren unter anderem um die Zulassung der Verfüllung der Polder 4 und 5 durch Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis nachgesucht. Sie hat mit ihrer Reaktion auf die ihr vom Beklagten zur Anhörung zum Ausgang des Verwaltungsverfahrens überlassenen Entwürfe der Abgrabungsgenehmigung und der wasserrechtlichen Erlaubnis hinreichend deutlich gemacht, dass der von ihr zuletzt unter dem 28. September 2011 modifizierte Antrag auf Verlängerung von in früheren Zulassungsbescheiden gesetzten Fristen für die Verfüllung und Herrichtung der Polder auf eine Legalisierung der Verfüllung auch im Wege der wasserrechtlichen Erlaubnis gerichtet ist. Im Umfang der für die Parameter festgesetzten Zuordnungswerte hat der Beklagte den Rahmen der durch die wasserrechtliche Erlaubnis gewährten Befugnis zur Gewässerbenutzung abweichend vom Antrag bestimmt und den Antrag inhaltlich abgelehnt. Nach Nr. 2.2.4 der Nebenbestimmungen dürfen nur Materialien verfüllt werden, die die Zuordnungswerte der Tabellen unter Nrn. 2.2.6 (Feststoff) und 2.2.7 (Eluat) einhalten.
40Rechtsgrundlage für die Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis und damit Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist § 8 Abs. 1 i. V. m. § 9 Abs. 2 Nr. 2, § 12 WHG.
41Die Verfüllung der Polder 4 und 5, bei denen es sich um durch die Abgrabung von Kies und Sand entstandene Gruben handelt, ist eine erlaubnisbedürftige Benutzung des Grundwassers im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG. Nach dieser Vorschrift gelten als Benutzung Maßnahmen, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen.
42Die Verfüllung der Polder weist diese Eignung auf. Der Eintritt ins Gewicht fallender nachteiliger Veränderungen der Beschaffenheit des Grundwassers (§ 3 Nr. 9 WHG) als Folge der Verfüllung ist nicht lediglich theoretisch möglich. Die Verfüllung führt zu einem zumindest faktisch dauerhaften Zustand. Die Polder reichen ca. 30 m in die Tiefe und sind nach unten sowie zur Seite gegenüber dem Grundwasser nicht abgedichtet. Der zur Verfüllung zugelassene Bodenaushub kann, was seine Zusammensetzung und Inhaltsstoffe angeht, aus jedem Material bestehen, das seiner Art nach den im Erlaubnisbescheid genannten Abfallschlüsselnummern zuzuordnen ist. Er kann, nicht zuletzt abhängig von seiner Herkunft und den für seinen Anfall wesentlichen Umständen, unter gewöhnlichen Bedingungen durch Stoffe verunreinigt sein, die in das Grundwasser gelangen und dessen natürliche Beschaffenheit aufgrund ihrer wassergefährdenden und sonstigen Eigenschaften beeinträchtigen. Die Nachteile für die Beschaffenheit des Grundwassers können je nach Schadstoff, Konzentration und Fracht auch wegen des großen Verfüllvolumens der Polder ein ganz beträchtliches Ausmaß erreichen.
43Der derzeitige Abstand zwischen der Sohle der Polder und dem Grundwasserstand schließt derartige Auswirkungen der Verfüllung nicht aus. Unabhängig davon, inwieweit der natürlichen Beschaffenheit des Grundwassers abträgliche Schadstoffe möglicherweise mit versickerndem Niederschlagswasser in die Tiefe gelangen, ist der Grundwasserstand gegenwärtig als Folge der Sümpfungsmaßnahmen im Rahmen des Braunkohletagebaus künstlich abgesenkt. Der Grundwasserstand lag vor Beginn der Sümpfungsmaßnahmen bei ca. 80 m NN und ging damit weit über die Höhe der Sohle der Polder von ca. 65 m NN hinaus. Nach Einstellung der Sümpfungsmaßnahmen wird das Grundwasser wieder deutlich ansteigen. Es wird nach den zurzeit verfügbaren Modellberechnungen jedenfalls die unteren Bereiche der Verfüllung erreichen und übersteigen. Die Klägerin ist im Verwaltungsverfahren noch von einem Wiederanstieg bis zur früheren Höhe ausgegangen. Der Zeitpunkt, ab dem das Grundwasser wieder annähernd in Höhe der Sohle der Polder stehen wird, wird zwar wahrscheinlich erst in mehreren Jahrzehnten erreicht sein. Der Zeitabstand stellt jedoch die Eignung der Verfüllung zur Verursachung dauernder und erheblicher nachteiliger Veränderungen des Grundwassers nicht in Frage. Zu den Schadstoffen, die im zu verfüllenden Bodenaushub enthalten sein können, können bei realistischer Betrachtung solche gehören, deren Schadwirkung sich nach Art und/oder Umfang nicht oder allenfalls in noch viel längeren Zeiträumen auf für die Beschaffenheit des Grundwassers unbedenkliche Werte mindert.
44Die Erlaubnis ist nach § 12 Abs. 1 WHG zu versagen, wenn schädliche, auch durch Nebenbestimmungen nicht vermeidbare oder nicht ausgleichbare Gewässerveränderungen zu erwarten sind (Nr. 1) oder andere Anforderungen nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werden (Nr. 2). Ist die Erlaubnis nicht zu versagen, steht ihre Erteilung im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde (§ 12 Abs. 2 WHG).
45Die durch Nr. 2.2.4 der Nebenbestimmungen geforderte Einhaltung der mit der Klage angegriffenen Zuordnungswerte der Tabelle unter Nr. 2.2.7 der Nebenbestimmungen ist zur Ausräumung von zwingenden Versagungsgründen erforderlich. Die Verfüllung der Polder mit Bodenaushub, der die Zuordnungswerte nicht einhält, verstößt gegen gesetzliche Vorgaben im Sinne von § 12 Abs. 1 WHG. Dementsprechend kommt ein Anspruch der Klägerin auf erneute, ermessensfehlerfreie Entscheidung hinsichtlich der Einbeziehung der in Rede stehenden Parameter und Zuordnungswerte in die Tabelle "Zuordnungswerte Eluat" unter Nr. 2.2.7 der Nebenbestimmungen nicht in Betracht.
46Allerdings gibt es keine gesetzliche Vorschrift, die spezifische und ohne Weiteres eindeutig handhabbare Schadstoffkataloge und Schwellenwerte zur Bewertung der potentiellen nachteiligen Veränderungen der Beschaffenheit des Grundwassers durch die Verfüllung von Bodenaushub mit Zuordnungswerten im Sinne der streitgegenständlichen Regelungen der Nebenbestimmung Nr. 2.2.7 enthält.
47Die für das Verständnis von § 12 Abs. 1 Nr. 1 WHG maßgeblichen Begriffsdefinitionen bilden aufgrund ihres hohen Abstraktionsgrades nicht mehr als einen auslegungsbedürftigen Rahmen. Schädliche Gewässerveränderungen sind Veränderungen von Gewässereigenschaften, die das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die öffentliche Wasserversorgung, beeinträchtigen oder die nicht den Anforderungen entsprechen, die sich aus dem Wasserhaushaltsgesetz, aus aufgrund dieses Gesetzes erlassenen oder aus sonstigen wasserrechtlichen Vorschriften ergeben (§ 3 Nr. 10 WHG). Gewässereigenschaften sind die auf die Wasserbeschaffenheit, die Wassermenge, die Gewässerökologie und die Hydromorphologie bezogenen Eigenschaften von Gewässern und Gewässerteilen (§ 3 Nr. 7 WHG). Die Wasserbeschaffenheit umfasst die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit unter anderem des Grundwassers (§ 3 Nr. 9 WHG). Grundwasser ist das unterirdische Wasser in der Sättigungszone, das in unmittelbarer Berührung mit dem Boden oder dem Untergrund steht (§ 3 Nr. 3 WHG).
48Die Anforderungen an Gewässereigenschaften, die sich aus den allgemeinen Grundsätzen für die Gewässerbewirtschaftung (§ 6 WHG) und den Bewirtschaftungszielen für das Grundwasser (§ 47 WHG) ergeben, führen, was konkrete Aussagen in Bezug auf Schadstoffparameter und Grenzwerte angeht, nicht entscheidend weiter. Ferner sind in das für das Gebiet der Polder geltende Maßnahmenprogramm unstreitig keine hinreichend aussagekräftigen Vorgaben im Sinne von § 13 GrwV zur Verhinderung und/oder Begrenzung des Eintrags von Schadstoffen oder Schadstoffgruppen eingestellt.
49Auch abfallrechtliche Bestimmungen, die unter dem Blickwinkel anderer entscheidungserheblicher öffentlich-rechtlicher Vorschriften einzubeziehen sind (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 WHG), enthalten lediglich konkretisierungsbedürftige Kriterien. Die Verfüllung der Polder ist, soweit Abfall zum Einsatz gelangt, aufgrund der für die Abgrabungen und die Herrichtung des Geländes maßgeblichen Genehmigungslage eine Maßnahme der stofflichen Verwertung der zur Verfüllung verwendeten Materialien. Dem zur Konkretisierung der gebotenen Ordnungsgemäßheit und Schadlosigkeit (§ 7 Abs. 3 KrWG) derartiger Maßnahmen von der Bundesregierung seit langem angenommenen Regelungsbedarf ist noch nicht durch entsprechende Vorschriften Genüge getan worden. Absichten, im Rahmen einer sogenannten Mantelverordnung unter anderem durch eine Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung die stoffliche Verwertung mineralischer Abfälle unter anderem in Bezug auf die Verfüllung von Abgrabungen im Einzelnen zu regeln, sind bislang nicht verwirklicht. Sie haben lediglich den Stand eines Entwurfs der geplanten Mantelverordnung erreicht.
50Vgl. BT-Drucks. 18/12213.
51Das nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 WHG zu berücksichtigende Bodenschutzrecht enthält ebenfalls lediglich allgemein gehaltene Vorgaben für die Verfüllung. Nach § 7 Satz 1 BBodSchG ist Vorsorge gegen das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen zu treffen, die durch die Nutzung auf dem Grundstück oder in dessen Einwirkungsbereich hervorgerufen werden können. Schädliche Bodenveränderungen sind Beeinträchtigungen der Bodenfunktionen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit herbeizuführen (§ 2 Abs. 3 BBodSchG). Zu den natürlichen Funktionen des Bodens gehören seine Filter-, Puffer- und Stoffumwandlungseigenschaften zum Schutz des Grundwassers (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe c BBodSchG). Vorsorgemaßnahmen sind geboten, wenn die Besorgnis einer schädlichen Bodenveränderung besteht (§ 7 Satz 2 BBodSchG). Die hierzu auf der Grundlage von § 8 Abs. 2 BBodSchG festgesetzten Vorsorgewerte nach Nr. 4 des Anhangs 2 BBodSchV sind, was die Berücksichtigung weiterer Werte angeht, nicht abschließend. Bei Überschreitung der Vorsorgewerte ist in der Regel davon auszugehen, dass die Besorgnis einer schädlichen Bodenveränderung besteht (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 BBodSchG, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBodSchV). Das stützt für den hier gegebenen Fall des Fehlens einschlägiger Vorsorgewerte keinen Rückschluss dahingehend, dass die Besorgnis einer schädlichen Bodenveränderung nicht besteht. Die Vorsorge für das Grundwasser, also die Besorgnis einer Beeinträchtigung der Bodenfunktionen hinsichtlich des Grundwassers, richtet sich nach wasserrechtlichen Vorschriften (§ 7 Satz 6 BBodSchG). § 12 Abs. 2 BBodSchV regelt Anforderungen an das Auf- und Einbringen von Materialien auf oder in eine durchwurzelbare Bodenschicht. Hiervon wird die Verfüllung tiefer gelegener Bereiche von Gruben nicht erfasst.
52Der angesichts des Ausstehens konkreterer bundesrechtlicher Regelungen zum Auf- und Einbringen von Materialien unterhalb oder außerhalb einer durchwurzelbaren Bodenschicht ergangene Erlass des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 17. September 2014 (Az.: IV-4-547-02-05) ist wegen seines Charakters als Verwaltungsvorschrift keine Vorschrift mit Rechtswirkungen nach außen.
53Die in der Verwaltungspraxis weithin als Maßstab herangezogene Mitteilung 20 der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) - "Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Abfällen - Technische Regeln - Allgemeiner Teil", Endfassung vom 6. November 2003 (im Folgenden: LAGA M 20), und die zugehörigen "Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Abfällen: Teil II: Technische Regeln für die Verwertung, 1.2 Bodenmaterial - TR Boden", Stand 5. November 2004 (im Folgenden: TR Boden) sind für den Verwaltungsvollzug bestimmte Verlautbarungen ohne rechtliche Verbindlichkeit. Als Empfehlungen eines sachkundigen Gremiums haben sie den Stellenwert von Hilfsmitteln zur Ermittlung des Stands der wissenschaftlichen Erkenntnisse.
54Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 9. November 2017 - 3 A 4.15 -, AbfallR 2018, 141, und vom 14. April 2005 - 7 C 26.03 -, BVerwGE 123, 247; OVG S.-A., Urteil vom 7. Dezember 2016 - 2 L 17/14 -, juris.
55Einschlägig für die Beurteilung der angegriffenen Parameter und Zuordnungswerte sind danach die allgemein gehalten geregelten Anforderungen an die Bewirtschaftung des Grundwassers. Dazu gehört neben der nach Maßgabe von § 7 Satz 1 und 6 BBodSchG zu treffenden Vorsorge, dass Stoffe nach § 48 Abs. 2 Satz 1 WHG nur so gelagert oder abgelagert werden dürfen, dass eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist.
56Der Abstraktionsgrad der die Anforderungen bestimmenden Vorschriften verstößt nicht gegen den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes. Für ihre Anwendung bedarf es nicht der - nach dem oben Gesagten fehlenden - ergänzenden Normierung trennscharfer Kataloge von Schadstoffen mit zugehörigen Grenzwerten, bis zu deren Erreichen die als Folge der Verfüllung von mineralischen Stoffen, vor allem von Abfällen, eintretenden Veränderungen von Gewässereigenschaften nicht als schädlich bzw. die Veränderungen der Wasserbeschaffenheit nicht als nachteilig einzustufen sind. Aus den abstrakt-generellen Anforderungen an den Schutz des Grundwassers lassen sich mit den herkömmlichen und anerkannten Mitteln der Auslegung für den Vollzug hinsichtlich der Verfüllung von Abgrabungen im Einzelfall hinreichend bestimmte Kriterien ableiten. Der Grad der verfassungsrechtlich gebotenen Bestimmtheit von Normen hängt von den Besonderheiten des betroffenen Sachbereichs und von den Umständen ab, die zu der gesetzlichen Regelung geführt haben.
57Vgl. BVerfG, Urteil vom 19. September 2018 - 2 BvF 1/15 u. a.-, NVwZ 2018, 1703.
58Damit ist die Vielfalt der potentiell für das Grundwasser schädlichen Schadstoffe und Lebenssachverhalte ebenso zu berücksichtigen wie der Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den Schadwirkungen der einzelnen Stoffe und die bisherige Klärung wesentlicher Gesichtspunkte des Schutzes des Grundwassers vor Schadstoffen unter anderem durch die Rechtsprechung. Ferner genießt das Grundwasser als eine der zentralen Grundlagen für die geordnete Bewirtschaftung der Gewässer, insbesondere für die Trinkwasserversorgung, verfassungsrechtlich gegenüber Nutzungsinteressen intensiven Schutz.
59Vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 1981 - 1 BvL 77/78 -, ZfW 1981, 283.
60Das Schutzbedürfnis rechtfertigt nicht nur die Zulassungsbedürftigkeit der Benutzung des Grundwassers, sondern auch die hohen materiellen Anforderungen an die Zulassung der Benutzung.
61Dementsprechend ist der Aussagegehalt des für die Reinhaltung des Grundwassers bedeutsamen Besorgnisgrundsatzes, der unter anderem in § 48 Abs. 2 Satz 1 WHG normiert ist, in der Rechtsprechung seit langem in einer Weise geklärt, die an der hinreichenden Bestimmtheit der Kriterien keinen Zweifel belässt. Nachteilige Auswirkungen der in Rede stehenden Maßnahmen müssen unwahrscheinlich sein.
62Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Juni 1970 - IV C 99.67 -, ZfW 1971, 109, und vom 16. Juli 1965 - IV C 54.65 -, ZfW 1965, 113; Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. Aufl., § 32 Rn. 39 f., § 48 Rn. 26.
63Die im Zuge der Bemühungen um die sogenannte Mantelverordnung aufgetretenen Schwierigkeiten, in Würdigung aller relevanten Faktoren allseits akzeptierte und in der Praxis handhabbare Kataloge relevanter Schadstoffe und Grenzwerte zu entwickeln, besagen nichts anderes. Aus wasserrechtlicher Sicht geben zum einen die Erfordernisse des Grundwasserschutzes und die hierzu aus dem Besorgnisgrundsatz entwickelten Kriterien sowie zum anderen die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den Eigenschaften der Schadstoffe den Ausschlag.
64Der Maßstab der Besorgnis einer nachteiligen Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit findet vorliegend Anwendung.
65Zweifelhaft kann insofern allenfalls sein, ob der durch die wasserrechtliche Erlaubnis zur Verfüllung zugelassene Bodenaushub im Sinne von § 48 Abs. 2 Satz 1 WHG abgelagert wird. Unter "Ablagern" ist in der Gegenüberstellung zum "Lagern", das ein Ablegen zum Zweck der Aufbewahrung und zukünftigen Einwirkung, vor allem zur Wiederaufnahme, bezeichnet, das Niederlegen von Stoffen zum endgültigen Verbleib zu verstehen.
66Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 1973 - IV C 44.69 -, ZfW 1974, 296.
67Entscheidend ist die bezweckte Dauerhaftigkeit des Liegenlassens der Stoffe nach vorangegangenem Ablegen. Zwar wird der Begriff des "Ablagerns" vielfach einschränkend dahingehend verstanden, dass der Zweck des Ablegens darauf gerichtet sein muss, sich der Stoffe zu entledigen.
68Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 1973 - IV C 44.69 -, a. a. O.; Czychowski/Reinhardt, a. a. O., § 32 Rn. 30.
69Setzt man die Entledigung entsprechend dem aktuellen abfallrechtlichen Sprachgebrauch mit dem Fehlen jeder weiteren Zweckbestimmung gleich, werden bei diesem Verständnis Stoffe, die durch Verfüllung im Sinne des Abfallrechts stofflich verwertet werden, nicht abgelagert. Denn die stoffliche Verwertung von Abfällen ist gekennzeichnet durch eine über ihr bloßes Vorhandensein an einem Ort hinausgehende Funktion. Ein derart einengendes Verständnis mit der Folge von sich aus § 12 Abs. 1 Nr. 1 WHG einerseits und § 48 Abs. 2 Satz 1 WHG andererseits ergebenden unterschiedlichen Maßstäben für die Wahrscheinlichkeit nachteiliger Auswirkungen im Fall der Verwertung oder der Beseitigung von mineralischen Abfällen wird durch den sprachlichen Bedeutungsgehalt des Begriffs des Ablagerns aber nicht gefordert. Es steht zudem im Wertungswiderspruch zur Einbeziehung jedes, auch langfristigen, Lagerns und zum Sinn und Zweck von § 48 Abs. 2 Satz 1 WHG. Die Vorschrift dient dazu, das Grundwasser flächendeckend vorbeugend vor zielgerichteten Handlungen zu schützen, die mit Risiken für seine Beschaffenheit verbunden sind. Für die Zweckgerichtetheit dieser Handlungen ist im Hinblick auf Vorgänge des "Lagerns" bzw. "Ablagerns" maßgeblich, ob Stoffe, seien es mineralische Abfälle oder nicht, auf den Boden in der Absicht aufgebracht werden, sie dort vorübergehend oder endgültig zu belassen. Ob die Stoffe zusätzlich zu diesem (Haupt-)Zweck dorthin verbracht werden, um sie als Abfälle loszuwerden oder mit ihnen weitergehende Zielsetzungen zu verfolgen, ist im Hinblick auf § 48 Abs. 2 Satz 1 WHG nebensächlich. Das gilt umso mehr deshalb, weil auf eine Verfüllung durch Einbringen von Stoffen in das Grundwasser nach § 48 Abs. 1 Satz 1 WHG der Maßstab der Besorgnis anzuwenden ist, ohne dass das Einbringen mehr verlangt als das zielgerichtete Herstellen eines Kontakts zwischen den Stoffen und dem Grundwasser. Welchen Zwecken das Einbringen dient, ist unerheblich. Die Unterschiede, die damit verbunden sind, ob Stoffe in das Grundwasser eingebracht oder zum dauernden Verbleib oberhalb des Grundwassers gelagert oder abgelagert werden, sind für das Schutzbedürfnis des Grundwassers lediglich insoweit von Bedeutung, als das Vorhandensein oder Fehlen eines direkte Kontakts zwischen den Stoffen und dem Grundwasser sowie der Abstand zum Grundwasser erheblich dafür sind, welche Auswirkungen von den jeweiligen Maßnahmen auf die Eigenschaften des Grundwassers ausgehen.
70Selbst wenn man den Begriff des "Ablagerns" aber einschränkend vom Fehlen einer Entledigung im abfallrechtlichen Sinn abhängig macht, bringt § 48 WHG zusammen mit den weiteren dem Schutz des Grundwassers dienenden Vorschriften vor dem Hintergrund der überaus großen Bedeutung des Grundwassers für den Wasserhaushalt insgesamt und seiner damit einhergehenden besonders ausgeprägten Schutzbedürftigkeit und Schutzwürdigkeit eine materielle Schwelle zum Ausdruck, denen alle potentiell grundwasserschädlichen Vorhaben genügen müssen.
71Vgl. BVerwG, Urteile vom 12. September 1980 - IV C 89.77 -, ZfW 1981, 87, und vom 16. November 1973 - IV C 44.69 -, a. a. O; Berendes in von Lersner/Berendes, Handbuch des Deutschen Wasserrechts, C 10 E, § 48 WHG Rn. 8 f.
72Die Schwelle setzt im Vorfeld einer ordnungsrechtlichen Gefahr ein, wobei bereits eine solche beim Grundwasser wegen des allgemeinen ordnungsrechtlichen Grundsatzes der Gefahren- und Risikoproportionalität niedrig anzusetzen ist. Für die Veränderungen der natürlichen Beschaffenheit des Grundwassers sind keine Schädlichkeitsschwellen im Sinne einer bis zu bestimmten Grenzwerten hinzunehmenden Belastung festgelegt. Schutzziel für das Grundwasser sind im Gegenteil die von zusätzlichen Belastungen freien naturgegebenen Eigenschaften des Grundwassers. Zu vermeiden ist jede nachteilige Veränderung seiner natürlichen Eigenschaften (§ 5 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 1 Satz 1 WHG). Nachteilig ist jede für den Ge- und Verbrauchswert des Grundwassers im Hinblick auf seine spätere Nutzung nicht völlig unbedeutende, vernachlässigbare Verschlechterung der vor der zu beurteilenden Einwirkung gegebenen Eigenschaften.
73Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 24. August 1989 - 4 B 59.89 -, NVwZ 1990, 474.
74Zu besorgen ist eine schädliche Gewässerveränderung dementsprechend dann, wenn ihre Möglichkeit nach den gegebenen Umständen und im Rahmen einer sachlich vertretbaren, auf konkreten Feststellungen beruhenden Prognose nicht von der Hand zu weisen ist.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. September 1980 - IV C 89.77 -, a. a. O.
76Übereinstimmend hiermit bestimmt § 13 Abs. 1 Satz 2 und 3 GrwV, dass der Eintrag von in Anlage 7 zu dieser Verordnung genannten Schadstoffen und Schadstoffgruppen in das Grundwasser nur dann zugelassen werden darf, wenn die Schadstoffe in so geringer Menge und Konzentration in das Grundwasser eingetragen werden, dass eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit ausgeschlossen ist. Die Voraussetzung des "Ausschlusses" nachteiliger Veränderungen verlangt eine verlässlich abgesicherte Grundlage für die Annahme, dass keine Möglichkeit des Eintritts einer nachteiligen Veränderung besteht oder sich eine solche Möglichkeit nicht realisiert. Dagegen bedarf es nicht positiver Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Möglichkeit gegeben und ihre Verwirklichung wahrscheinlich ist. Dem liegt ersichtlich die generelle Grundwassergefährlichkeit der in Anlage 7 zu § 13 GrwV genannten Schadstoffe und Schadstoffgruppen zugrunde.
77Das schließt bei der Beurteilung der potentiellen Verschlechterung von Gewässereigenschaften als Folge der Verfüllung von Abgrabungen eine Betrachtung aus, die entgegen der Zielrichtung des Grundwasserschutzes, jeden nicht nach gesicherten fachlichen Erkenntnissen oder nach menschlicher Erfahrung oder aufgrund anderer tragfähiger Aspekte als unbedenklich einzustufenden Eintrag von Schadstoffen und jede nicht nach demselben Maßstab als hinnehmbar einzuordnende Erhöhung vorhandener Schadstoffbelastungen zu vermeiden, auf die gegenteilige Vorgehensweise hinausläuft, dem Eintrag von Schadstoffen in das Grundwasser bis zum Vorliegen positiver Nachweise der Schädlichkeit und der Schädlichkeitsgrenze nicht wirkungsvoll zu begegnen. Die Belastung von zur Verfüllung vorgesehenem Material mit ihrer Art nach als Schadstoffen für das Grundwasser bekannten Substanzen löst erst dann nicht die Besorgnis schädlicher Veränderungen der Eigenschaften des Grundwassers als Folge der Verfüllung aus, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung tragen, dass durch die Verfüllung möglicherweise verursachte Schadstoffbelastungen des Grundwassers nicht als schädliche Gewässerveränderungen einzustufen sind. Wissenschaftlichen Erkenntnislücken und Unwägbarkeiten hinsichtlich der Schädlichkeit von durch Schadstoffeinträge in das Grundwasser hervorgerufenen Gewässerveränderungen ist zugunsten des Schutzes des Grundwassers Rechnung zu tragen.
78Die mittels der noch ausstehenden (Mantel-)Verordnung festzusetzenden konkretisierten Anforderungen an Verfüllungen sind damit der Sache nach ein Instrument, hinsichtlich des Grundwasserschutzes für Stoffe, die als solche nicht zur natürlichen Beschaffenheit des Grundwassers gehören oder über das natürliche Niveau hinausgehen und Schädigungspotential beinhalten, unter Berufung auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, also im Interesse von Nutzungsinteressen, einheitlich geltende Schwellen festzulegen, bis zu denen nach der Wertung des Verordnungsgebers potentielle nachteilige Auswirkungen kein relevantes Ausmaß erreichen. Das beinhaltet in der grundsätzlichen Zielrichtung keine Schaffung zusätzlicher oder Verschärfung bestehender Anforderungen, sondern eine an den praktischen Konsequenzen des Besorgnisgrundsatzes in seinem bislang unangefochten anerkannten Aussagegehalt ausgerichtete und zugunsten der ihm unterfallenden Maßnahmen wirkende Ermöglichung eines "praxisgerechten" Vollzugs der sich aus ihm ergebenden Anforderungen.
79Vgl. hierzu Berendes in von Lersner/Berendes, a. a. O., § 48 WHG Rn. 12 f., 15; Gößl in Sieder/ Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 48 Rn. 9.
80Bis zum Vorliegen eines solchen rechtsverbindlichen Regelwerks ist ausgehend von dem mit dem jeweiligen Vorhaben verbundenen Gefährdungspotential für die Eigenschaften des Grundwassers einzelfallbezogen zu beurteilen, ob und inwieweit das Eintreten schädlicher Veränderungen der Eigenschaften unwahrscheinlich ist. Insbesondere ist es bei einer Verfüllung angesichts der durch die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung bislang inhaltlich nicht konkretisierten Vorsorgeanforderungen an das Aufbringen und Einbringen von Materialien unterhalb oder außerhalb einer durchwurzelbaren Bodenschicht (§ 7, § 8 Abs. 2 BBodSchG i. V. m. §§ 9, 12 BBodSchV) unumgänglich, die Anforderungen behördlich anhand der geltenden Kriterien zu bestimmen. Dabei muss mit einem ausreichenden Maß an Sicherheit angenommen werden können, dass es als Folge der Verfüllung nicht zu schädlichen Veränderungen des Bodens und/oder der Eigenschaften des Grundwassers kommen wird.
81Dem wird die wasserrechtliche Erlaubnis des Beklagten vom 9. September 2013 hinsichtlich der in Rede stehenden Zuordnungswerte gerecht.
82Die Festsetzung von Zuordnungswerten bezogen auf das Eluat ist nach den örtlichen Gegebenheiten erforderlich zur Vermeidung einer hinreichend wahrscheinlichen schädlichen Veränderung der Eigenschaften des Grundwassers.
83Die Parameter Fluorid, Kohlenwasserstoffe, LHKW, PCB und PAK (EPA) sind aufgrund ihres Mobilisierungsverhaltens, dem durch Eluat-Untersuchungen des zu verfüllenden Bodenaushubs nachgegangen werden kann, geeignet, die chemischen Eigenschaften von Grundwasser mehr als unerheblich nachteilig zu beeinflussen. Das folgt ohne weiteres daraus, dass in Nr. 3.1 des Anhangs 2 BBodSchV für diese Stoffe auf der Grundlage der Ermächtigung von § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BBodSchG eluatbezogene Prüfwerte zur Beurteilung des Wirkungspfads Boden-Grundwasser vorgegeben sind. Werden die Prüfwerte überschritten, ist der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast begründet (§ 3 Abs. 4 Satz 1 BBodSchV) und unter Berücksichtigung der Bodennutzung eine einzelfallbezogene Prüfung durchzuführen und festzustellen, ob eine schädliche Bodenveränderung oder Altlast vorliegt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Satz 2 BBodSchG). Ist Letzteres der Fall, besteht eine nach Maßgabe von § 4 BBodSchG abzuwehrende Gefahr. Die Anforderungen an die grundwasserbezogene Vorsorge bleiben jedenfalls nicht hinter denjenigen zurück, die in Gestalt der Prüfwerte nach Nr. 3.1 des Anhangs 2 BBodSchV normativ festgelegte Anhaltspunkte dafür bieten, dass eine Gefahr nicht ausgeschlossen ist, sondern im Gegenteil gegeben sein kann.
84Dem Vorhandensein eines mit den angegriffenen Zuordnungswerten zu überwachenden und zu begrenzenden Potentials des Bodenaushubs zur schädlichen Veränderung der Eigenschaften des Grundwassers steht nicht entgegen, dass die Prüfwerte nach Nr. 3.1 des Anhangs 2 BBodSchV für den Übergangsbereich von der ungesättigten zur wassergesättigten Bodenzone gelten (Nr. 3.2 Buchstabe a des Anhangs 2 BBodSchV), während die angegriffenen Zuordnungswerte als Anforderungen an das zu verfüllende Material ausgestaltet sind. Die damit verbundenen Unterschiede hinsichtlich des Orts der Beurteilung stellen nicht in Frage, dass die Parameter, für die die Prüfwerte festgesetzt sind, ausweislich dieser Festsetzung für die Beurteilung der für das Grundwasser maßgeblichen Bodenfunktionen von Bedeutung sind. Die mit dem Ort der Beurteilung für die Prüfwerte verknüpfte Aussagekraft der Höhe der Prüfwerte ist in diesem Zusammenhang nicht entscheidend. Im Übrigen sind die Prüfwerte, wie ausgeführt, bezogen auf die Abwehr von Gefahren, während die angegriffenen Zuordnungswerte ausgerichtet sind auf die Verhinderung jeder Besorgnis hinsichtlich des Grundwassers.
85Darüber hinaus ist das unterirdische Wasser oberhalb der Sättigungszone zwar kein Grundwasser, also nicht als solches geschützt. Ferner reicht die Verfüllung der Polder bei dem derzeitigen Stand des Grundwassers in diesem Gebiet in der Tiefe nicht an die wassergesättigte Bodenzone heran. Das kann, was Nr. 3.2 Buchstabe b des Anhangs 2 BBodSchV voraussetzt, dazu führen, dass Schadstoffbelastungen im zu verfüllenden Bodenaushub nicht auf das Grundwasser durchschlagen, weil sie in der ungesättigten Bodenzone oberhalb des Grundwassers abgebaut oder zurückgehalten werden. Der für die Prüfwerte festgesetzte Ort der Beurteilung wird aber zukünftig innerhalb des zu verfüllenden Bodenaushubs liegen.
86Die Sättigungszone wird sich, wie ausgeführt und von der Klägerin im Verwaltungsverfahren selbst zugrunde gelegt, mit dem Wiederanstieg des Grundwassers nach oben verschieben und zumindest die unteren Verfüllungsbereiche erreichen bzw. sogar übersteigen. Die in diesen Bereichen vorhandenen Schadstoffe geraten dadurch in direkten Kontakt mit dem Grundwasser. Das gilt auch für die Schadstoffe, die im Zuge einer vertikalen Verlagerung zunächst oberhalb des vorhandenen, aber unterhalb des sich zukünftig einstellenden Grundwasserstandes adsorbiert werden. Über den Zeitabstand, der bis zum Abschluss dieses Prozesses verstreichen wird, liegen gegenwärtig lediglich Abschätzungen auf der Grundlage von Modellberechnungen vor. Das schließt Ungewissheiten und Unwägbarkeiten ein. Der Beklagte leitet aus den von ihm herangezogenen veröffentlichten Stellungnahmen unter anderem des Unternehmens, das die Braunkohletagebaue betreibt, ab, dass der Grundwasserstand die Höhe der Sohle der Polder etwa ab dem Jahr 2045 erreichen wird. Die Klägerin setzt einen um mehrere Jahrzehnte längeren Zeitraum an. Das bedarf keiner weiteren Aufklärung.
87Zum einen wird die Abschätzung des Beklagten nicht durch verlässlich fundierte Prognosen mit dem Ergebnis durchgreifend längerer Zeithorizonte für den Wiederanstieg des Grundwassers bis in die Höhe der Verfüllung erschüttert, geschweige denn entkräftet. Die Modellberechnungen haben ausweislich der Umweltverträglichkeitsstudie zum Zulassungsantrag der Klägerin bislang lediglich zur Bezeichnung von Bandbreiten der zu erwartenden Entwicklungen geführt. In einer Einschätzung aus dem Jahr 2010 wurde mit der vollständigen Befüllung der verbleibenden Restlöcher der Tagebaue durch Wasser bis etwa zum Jahr 2100 gerechnet.
88Vgl. LT-Drucks. 14/10504, S. 22.
89Setzt man diesen Zeitpunkt mit dem Endziel des Grundwasseranstiegs im Bereich der Polder gleich, wird das Grundwasser dort die Höhe von 65 m NN, also die Sohle der Polder, deutlich früher erreichen und übersteigen. Jedenfalls geht der hiernach für den Grundwasseranstieg in Erwägung zu ziehende Zeitraum, der bis zum Entstehen eines direkten Kontakts zwischen dem zu verfüllenden Bodenaushub und dem Grundwasser verstreichen wird, nicht über den zeitlichen Rahmen hinaus, auf den es unter dem Gesichtspunkt der Besorgnis ankommt. Der Maßstab der Besorgnis ist in zeitlicher Hinsicht auf langfristigen Schutz des Grundwassers angelegt.
90Zum anderen gibt es keinen konkreten Anhaltspunkt dafür, dass das in den vom Grundwasseranstieg betroffenen Bereichen der Polder als Folge der Verfüllung entstehende Schädigungspotential im fraglichen Zeitraum auf ein für das Grundwasser unbedenkliches Maß gesunken sein wird. Der Abschluss der Verfüllung, der nach Angaben der Klägerin im Polder 5 schon erreicht ist und nach den in der wasserrechtlichen Erlaubnis gesetzten Fristen im Polder 4 bis Ende 2020 erreicht sein muss, sagt hierüber angesichts der physikalischen und chemischen Eigenschaften der Parameter sowie der für etwaige Veränderungen in dieser Richtung bedeutsamen Rahmenbedingungen im Verfüllkörper nichts Konkretes aus. Darüber, ob bzw. inwieweit Umbau- und Abbauprozesse im zu verfüllenden, aufgrund seiner Herkunft heterogenen Bodenaushub stattfinden, die das typische Besorgnispotential der Parameter entfallen lassen, gibt insbesondere auch die von der Klägerin vorgelegte Umweltverträglichkeitsstudie keinen Aufschluss. Vor diesem Hintergrund ist eine schädliche Veränderung der Eigenschaften des Grundwassers durch die Verfüllung auch unter zeitlichem Blickwinkel als hinreichend möglich, wenn nicht sogar positiv wahrscheinlich, anzusehen.
91Schließlich fügt sich der Bezug der angegriffenen Zuordnungswerte zum zu verfüllenden Bodenaushub in das Erfordernis ein, dass der Bodenaushub, handelt es sich um Abfall, in abfallrechtlicher Hinsicht anforderungsgerecht entsorgt werden muss. Die abfallrechtlichen Anforderungen beziehen sich bei der Deponierung von Abfällen wegen der Zuordnungskriterien nach Nr. 2 des Anhangs 3 DepV auf das zu beseitigende Material. Das gilt auch für Deponien für Inertabfälle. Die rechtlichen Unterschiede zwischen der Verwertung und der Beseitigung von Inertabfällen machen es nicht notwendig, bei der Verwertung solcher Abfälle durch Verfüllung von diesem Regelungskonzept abzuweichen.
92Die Bestimmung der angegriffenen Parameter aus der Vielzahl der für die Beschaffenheit des Grundwassers potentiell nachteiligen Inhaltsstoffe des zu verfüllenden Bodenaushubs geht nicht über das Erforderliche und Angemessene hinaus. Der Katalog der bodenschutzrechtlich gemäß Nr. 3.1 des Anhangs 2 BBodSchV relevanten Prüfwerte klärt die grundwasserbezogene Relevanz der eingestellten Parameter jenseits der Diskussion um die wissenschaftliche Berechtigung von erwogenen Obergrenzen für Maßnahmen, die Vorsorge im Sinne von § 7 BBodSchG und die Besorgnis nach § 48 Abs. 2 Satz 1 WHG gebieten, rechtsverbindlich. Er bietet, da seine Wirksamkeit außer Frage steht, eine insoweit verlässliche Grundlage. Veranlassung, den Katalog hinsichtlich der angegriffenen Parameter trotz der Heterogenität des zu verfüllenden Bodenaushubs nicht auszuschöpfen, besteht nicht. Dementsprechend kann auf sich beruhen, ob der Beklagte bezogen auf Fluorid mit dem Auftreten dieses Schadstoffs bei einer Altlast im Gebiet Düren einen genügenden Anhaltspunkt dafür bezeichnet hat, dass im räumlichen Einzugsgebiet der Verfüllung unter Umständen Bodenaushub anfällt, der vorbehaltlich seiner Belastung mit diesem Stoff für die Einbringung in die Polder in Betracht kommt. Ohnehin gehört Fluorid zu den nach Anlage 8 zu § 13 Abs. 2 GrwV für die Bewirtschaftung des Grundwassers wichtigen Schadstoffen und zu den Stoffen, für die in Anlage 2 zu § 6 Abs. 2 TrinkwV Grenzwerte festgesetzt sind. Die organischen Schadstoffe, für die in der wasserrechtlichen Erlaubnis Zuordnungswerte festgesetzt sind, sind im gegebenen Zusammenhang aufgrund ihrer weiten Verbreitung und ihres häufigen Auftretens bei schädlichen Bodenveränderungen und Altlasten bedeutsam. Sie unterfallen aufgrund ihrer Eigenschaften zumindest tendenziell der Auflistung der grundwasserunverträglichen Stoffe in Anlage 7 zu § 13 Abs. 1 GrwV; sie gehören nicht ins Grundwasser.
93Ferner ist das der Einhaltung der Zuordnungswerte vorgelagerte Untersuchungsprogramm lediglich im Fall eines speziellen Verdachts auf die fraglichen Parameter zu erstrecken. Kennzeichen eines solchen Verdachts ist, wie der Beklagte durch die Bezugnahme auf den ministeriellen Erlass vom 17. September 2014 und das dort für die Eluat-Werte vorgegebene und durch eine Fußnote erläuterte Kriterium "nur bei spezifischem Verdacht" klargestellt hat, das Vorhandensein von auf der Herkunft des Materials oder sonstigen Auffälligkeiten beruhenden Hinweisen auf besondere Verunreinigungen oder Schadstoffanreicherungen. Ein solch situationsangepasstes Vorgehen, das bei Material aus unbedenklicher Herkunft den Untersuchungsumfang begrenzt und mit dieser Begrenzung im Fall fehlender Besonderheiten bereits auf der Ebene der Untersuchungen von der Einhaltung der Zuordnungswerte ausgeht, ist sachgerecht darauf ausgerichtet, ausschließlich die im Einzelfall für das Grundwasser kritischen Belastungen zu ermitteln und zu verhindern. Die nach der Nebenbestimmung 2.2.8 der wasserrechtlichen Erlaubnis geforderte Sachkunde der von der Klägerin mit der Probenahme und Analyse zu beauftragenden Gutachter und Untersuchungsstellen, die an § 25 LAbfG und § 17 LBodSchG anknüpft, bietet eine hinreichend bestimmte Grundlage für das Erkennen der Hinweise auf Auffälligkeiten auch dann, wenn man die beispielhafte Verdeutlichung von Auffälligkeiten durch Satz 1 dieser Nebenbestimmung außer Acht lässt. Ebenso dahingestellt bleiben kann, ob die Bestimmtheit des Merkmals des Verdachts auch durch das bei der Klägerin vorauszusetzende Vorverständnis gestützt wird, weil durch den praktischen Betrieb einer Anlage zum Verfüllen von Bodenaushub üblicherweise Erfahrungen erworben werden, unter welchen Umständen mit dem Auftreten relevanter Schadstoffe im Bodenaushub zu rechnen ist.
94Bestätigt wird die hinreichende Bestimmtheit des Merkmals des Verdachts dadurch, dass die TR Boden, deren Anforderungen die Klägerin für maßgebend erachtet, für Bodenmaterial, das als Gemisch verschiedener Bodenarten bei Baumaßnahmen anfällt, bezogen auf bodenähnliche Anwendungen, zu denen die Verfüllung von Abgrabungen zählt, ebenfalls einzuhaltende Zuordnungswerte im Eluat enthält (Tabelle II.1.2.-3) und dabei das Ergebnis von Vorermittlungen zur Schadstoffbelastung einbezieht. Die Vorermittlungen dienen der Prüfung, ob mit einer Schadstoffbelastung zu rechnen ist, und berücksichtigen unter anderem die Herkunft des Materials. Die praktische Bedeutung der TR Boden spricht dafür, dass es sich hierbei um eine Standardmethode handelt, deren Anwendung in der Praxis bei sachgemäßem Vorgehen nicht mit nennenswerten Schwierigkeiten verbunden ist.
95Die streitigen Zuordnungswerte halten sich auch in ihrer Höhe im Rahmen des Erforderlichen und Angemessenen.
96Sie stimmen überein mit den Werten, die in der von der Bund-/ Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) im Januar 2017 herausgegebenen "Ableitung von Geringfügigkeitsschwellenwerten für das Grundwasser", Fassung 2016, für die in Rede stehenden Parameter als Geringfügigkeitsschwellenwerte genannt sind (Anhang 2 Teil 1 und 2). Den Zuordnungswert für Fluorid hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat an den insoweit gegenüber der im Dezember 2004 herausgegebenen ersten Fassung der Geringfügigkeitsschwellenwerte fortgeschriebenen Geringfügigkeitsschwellenwert angepasst und auf 900 µg/l heraufgesetzt. Die Zuordnungswerte für die organischen Parameter entsprechen in ihrer Höhe den jeweiligen Geringfügigkeitsschwellenwerten sowohl in ihrer ursprünglichen wie in ihrer überarbeiteten Fassung 2016.
97Die Geringfügigkeitsschwellenwerte der LAWA sind zwar rechtlich nicht verbindlich. Sie bieten aber vergleichbar mit der LAGA M 20 und der TR Boden eine von einem fachkundigen Gremium erstellte und auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende fachliche Grundlage zur spezifisch wasserrechtlich ausgerichteten Ermittlung von Zahlenwerten, bis zu denen Schadstoffeinträge in das Grundwasser nicht als schädlich für die Eigenschaften des Grundwassers zu bewerten sind. Die Konzeption ihrer Ableitung und die den einzelnen Schwellenwerten zugrunde liegenden Erkenntnisse lassen - jedenfalls hinsichtlich der angegriffenen Zuordnungswerte - erwarten, dass ihre Übernahme als Zuordnungswerte dem Besorgnisgrundsatz genügt, aber auch nicht über dessen Anforderungen hinausgeht. Damit sind die Geringfügigkeitsschwellenwerte ein von technischem und rechtlichem Sachverstand getragenes Hilfsmittel zur zahlenmäßigen Beurteilung von Schadstoffbelastungen des Grundwassers und zur Ermittlung von Grenzwerten im konkreten Einzelfall.
98Die Geringfügigkeitsschwellenwerte sind definiert als Konzentration, bei der trotz einer Erhöhung der Stoffgehalte gegenüber regionalen Hintergrundgehalten keine relevanten ökotoxischen Wirkungen auftreten können und die Anforderungen der Trinkwasserverordnung oder entsprechend abgeleiteter Werte eingehalten werden. Der ökotoxikologische Ansatzpunkt zur Ableitung der Geringfügigkeitsschwellenwerte entspricht den ökologischen Zielen der Bewirtschaftung des Grundwassers, die auch Auswirkungen auf Oberflächengewässer im Blick haben. Die Orientierung an den Anforderungen der Trinkwasserverordnung führt, weil nach § 6 Abs. 1 TrinkwV im Trinkwasser chemische Stoffe nicht in Konzentrationen enthalten sein dürfen, die eine Schädigung der menschlichen Gesundheit besorgen lassen, dazu, dass humantoxikologische Gesichtspunkte in ihrer verordnungsrechtlich festgelegten Ausprägung und Verbindlichkeit Berücksichtigung finden. Die mit dem Rückgriff auf die Anforderungen der Trinkwasserverordnung bezweckte Erhaltung der Nutzbarkeit des Grundwassers als Trinkwasser dient im Einklang mit der Ausrichtung des Grundwasserschutzes auf die Bewahrung bestehender Nutzungsmöglichkeiten des Grundwassers der Gewährleistung der Trinkwasserversorgung als Lebensgrundlage der Menschen. Die konzeptionelle Ableitung der Geringfügigkeitsschwellenwerte schließt es zugleich aus, die Schutzwirkung der Konzentrationswerte durch die zusätzliche Berücksichtigung von auf die Schadstofffracht bezogenen Kriterien zu lockern. Die Konzentrationswerte gehen als solche auch auf frachtbezogene Gesichtspunkte zurück.
99Die human- und ökotoxikologischen Kriterien für die Bezifferung der einzelnen Geringfügigkeitsschwellenwerte sind in Datenblättern zusammengestellt, die Aufschluss geben über den jeweils maßgeblichen Aspekt und das bezogen auf den jeweiligen Stoff bzw. die jeweilige Stoffgruppe ausgewertete Daten- und sonstige Erkenntnismaterial. Die Datenblätter sind der "Ableitung von Geringfügigkeitsschwellenwerten für das Grundwasser" zum Zweck der Begründung als Anhang zu den einzelnen Stoffen und Stoffgruppen beigefügt und im Zuge der Überarbeitung der Geringfügigkeitsschwellenwerte zur Fassung 2016 aktualisiert worden.
100Die Methodik der Ableitung der Geringfügigkeitsschwellenwerte steht nicht im Widerspruch zur Konkretisierung wasserrechtlicher Anforderungen durch die Vollzugsempfehlungen LAGA M 20 und TR Boden. Vielmehr sehen auch die fachlichen Eckpunkte der LAGA M 20 für die Festlegung der materiellen Standards nach Nr. 4.2.1 des erläuternden Anhangs zum Allgemeinen Teil die Berücksichtigung von Geringfügigkeitsschwellen zum Grundwasserschutz vor. Diese Geringfügigkeitsschwellen bestehen in Übereinstimmung mit den Geringfügigkeitsschwellenwerten der LAWA aus Konzentrationswerten, bei denen trotz einer Erhöhung des Schadstoffgehalts gegenüber den Hintergrundwerten keine relevanten ökotoxikologischen Wirkungen auftreten und außerdem die Anforderungen der Trinkwasserverordnung oder entsprechend abgeleitete Werte eingehalten werden. Allerdings sind die Zahlenwerte der Geringfügigkeitsschwellen der LAGA M 20 den Prüfwerten nach Nr. 3.1 des Anhangs 2 BBodSchV entnommen, soweit die einzelnen Schadstoffe dort geregelt sind, und wird eine Überarbeitung anhand wasserrechtlicher Maßstäbe als erforderlich bezeichnet. Gerade diese Überprüfung ist auf der Grundlage aktueller Erkenntnisse mit den Geringfügigkeitsschwellenwerten der LAWA in der Fassung 2016 vorgenommen worden.
101Die Heranziehung der Geringfügigkeitsschwellenwerte der LAWA durch den Beklagten ist nach alledem sachlich vertretbar und deshalb rechtlich nicht zu beanstanden. Daran ändert es nichts, dass an den Einzelheiten der Ableitung der Geringfügigkeitsschwellenwerte und dem jeweiligen Zahlenwert der einzelnen Parameter in der Fachöffentlichkeit Kritik geübt wird.
102Vgl. hierzu Franßen, NuR 2016, 669 (671 f.).
103Die Geringfügigkeitsschwellenwerte sind auch als Gegenstand der Kritik unter dem Gesichtspunkt einer wegen ihrer Auswirkungen überzogenen Vorsorge Teil der fachlichen Diskussion, die in rechtlicher Hinsicht vom Erfordernis der genügenden Sorge um die natürliche Beschaffenheit des Grundwassers als zentralem Bestandteil des Wasserhaushalts und in tatsächlicher Hinsicht vom Stand der verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den Eigenschaften und Wirkungen von Schadstoffen bestimmt wird. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass das bei der Ableitung der Geringfügigkeitsschwellenwerte zugrunde gelegte Datenmaterial oder die Werte selbst in der Diskussion keinerlei Anerkennung finden. Wegen der Vielgestaltigkeit der Lebenssachverhalte, der Vielzahl der potentiell relevanten Schadstoffe und der Bandbreite der Meinungen, die hinsichtlich der im Einzelnen gebotenen Vorsorge vertreten werden und fachlich nicht völlig unhaltbar sind, ist es nicht zielführend, dass die zuständige Behörde im Rahmen eines konkreten Zulassungsverfahrens für eine Verfüllung in eine vertiefte Diskussion um die "richtigen" Zahlenwerte der Geringfügigkeitsschwellenwerte eintritt. Bei voneinander abweichenden fachlichen Bewertungen ist sie vielmehr gehalten, eine - wie hier - sachlich vertretbare Entscheidung zu treffen. Die hier in Rede stehende behördliche Entscheidung ist, wie ausgeführt, gerade auch nicht durch den Nachweis der Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer nachteiligen Veränderung des Grundwassers bedingt. Sie hängt vor dem Hintergrund der Tatsache, dass es sich bei den fraglichen Stoffen um ihrer Art nach die Eigenschaften des Grundwassers verschlechternde Schadstoffe handelt, im Gegenteil wesentlich vom Vorhandensein belastbarer Erkenntnisse dafür ab, dass es nicht zu einer schädlichen Veränderung der Eigenschaften des Grundwassers kommen wird. Besteht über Letzteres in der Fachwelt kein Einvernehmen, handelt die Zulassungsbehörde sachgerecht, wenn sie sich von vertretbare Sorge leiten lässt. Die Besorgnis und damit die Reichweite der Vorsorge gegenüber Veränderungen der Beschaffenheit des Grundwassers wird zudem anerkanntermaßen in erster Linie durch die sachlich zumindest vertretbaren Standpunkte derjenigen Stellen bestimmt, die für den Schutz des Grundwassers im öffentlichen Interesse die Verantwortung tragen.
104Vgl. hierzu Czychowski/Reinhardt, a. a. O., § 32 Rn. 39; Kotulla, WHG, 2. Aufl., § 32 Rn. 15.
105Insofern sind im gegebenen Zusammenhang neben dem Beklagten unter anderem die Stellen maßgebend, die in der LAWA zusammenarbeiten und dafür Sorge tragen müssen, dass sich nicht völlig von der Hand zu weisende Möglichkeiten einer schädlichen Veränderung der Eigenschaften des Grundwassers als Folge eines Eintrags von Schadstoffen nicht verwirklichen. Eine Behörde, die sich wie der Beklagte beim derzeitigen Stand der Diskussion um die Geringfügigkeitsschwellenwerte bei der Zulassung einer Verfüllung dieser Werte bedient, hält sich auf der "sicheren Seite" des gebotenen Grundwasserschutzes. Angesichts dessen ist die behördliche Entscheidung hinsichtlich der Festsetzung eines Zuordnungswertes in Orientierung an den Geringfügigkeitsschwellenwerten der LAWA auch keine Frage der Ausübung von Ermessen in Abwägung mit der an diesen Werten geübten Kritik, sondern die sachlich vertretbare Anwendung eines aussagekräftigen Hilfsmittels zur Beurteilung der Zulassungsfähigkeit von Vorhaben.
106Die Aussagekraft der Geringfügigkeitsschwellenwerte wird hinsichtlich der Verfüllung von Abgrabungen nicht dadurch gemindert, dass sie nach Angaben der Klägerin ursprünglich entwickelt worden sind, um lokal begrenzte Veränderungen der Grundwasserbeschaffenheit zu beurteilen. Jedenfalls in ihrer gegenwärtigen Konzeption dienen die Geringfügigkeitsschwellenwerte dem Schutz des Grundwassers im Bereich der Vor- und der Nachsorge. Die Grundsätze der LAWA für die Anwendung der Geringfügigkeitsschwellenwerte sehen daher vor, dass die Werte unter anderem bei der vorliegend in Rede stehenden wasserrechtlichen Beurteilung von Gewässerbenutzungen und des Auf- und Einbringens von Materialien auf oder in den Boden Berücksichtigung finden. Damit geben die Geringfügigkeitsschwellenwerte Aufschluss über Veränderungen, mit deren Eintritt prognostisch zu rechnen ist. Zudem besteht das durch die Verfüllung von Abgrabungen hervorgerufene Risiko für das Grundwasser in einem punktuellen, typischerweise eher kleinräumigen Eintrag von Schadstoffen.
107Die angegriffenen Zuordnungswerte in Höhe der Geringfügigkeitsschwellenwerte führen nicht deshalb zu einem sachlich überzogenen Schutz des Grundwassers, weil in der Umgebung der Polder 4 und 5 mineralische Stoffe in Abgrabungen verfüllt worden sind, ohne dass vergleichbare Zuordnungswerte eingehalten werden mussten, und in Gestalt der Braunkohletagebaue weitere Faktoren gegeben sind, die sich schädigend auf die Eigenschaften des Grundwassers im Bereich der Polder auswirken können. Mögliche Belastungen des Grundwassers, deren Ursache außerhalb der Verfüllung der Polder 4 und 5 liegt, sind kein zureichender Grund, die Beschaffenheit des Grundwasser durch die Verfüllung weitergehend zu verschlechtern oder auch nur zu gefährden.
108Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, § 708, § 711 ZPO.
109Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Der Soldat ist nach Eignung, Befähigung und Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, sexuelle Identität, Abstammung, Rasse, Glauben, Weltanschauung, religiöse oder politische Anschauungen, Heimat, ethnische oder sonstige Herkunft zu ernennen und zu verwenden.
(2) Bei der Feststellung der Dienstfähigkeit sowie bei Ernennungs- und Verwendungsentscheidungen kann ein geringeres Maß der körperlichen Eignung verlangt werden, soweit die Einschränkung der körperlichen Eignung zurückzuführen ist auf
- 1.
eine Wehrdienstbeschädigung im Sinne des § 81 Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 des Soldatenversorgungsgesetzes oder - 2.
einen Einsatzunfall im Sinne des § 63c Absatz 2 des Soldatenversorgungsgesetzes.
(3) Absatz 2 gilt entsprechend für die Wiedereinstellung früherer Soldaten, denen kein Anspruch nach dem Einsatz-Weiterverwendungsgesetz zusteht.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 22. Oktober 2018 für beide Rechtszüge auf jeweils 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
(1) Benutzungen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
das Entnehmen und Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern, - 2.
das Aufstauen und Absenken von oberirdischen Gewässern, - 3.
das Entnehmen fester Stoffe aus oberirdischen Gewässern, soweit sich dies auf die Gewässereigenschaften auswirkt, - 4.
das Einbringen und Einleiten von Stoffen in Gewässer, - 5.
das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser.
(2) Soweit nicht bereits eine Benutzung nach Absatz 1 vorliegt, gelten als Benutzungen auch
- 1.
das Aufstauen, Absenken und Umleiten von Grundwasser durch Anlagen, die hierfür bestimmt oder geeignet sind, - 2.
Maßnahmen, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen, - 3.
das Aufbrechen von Gesteinen unter hydraulischem Druck zur Aufsuchung oder Gewinnung von Erdgas, Erdöl oder Erdwärme, einschließlich der zugehörigen Tiefbohrungen, - 4.
die untertägige Ablagerung von Lagerstättenwasser, das bei Maßnahmen nach Nummer 3 oder anderen Maßnahmen zur Aufsuchung oder Gewinnung von Erdgas oder Erdöl anfällt.
(3) Keine Benutzungen sind Maßnahmen, die dem Ausbau eines Gewässers im Sinne des § 67 Absatz 2 dienen. Das Gleiche gilt für Maßnahmen der Unterhaltung eines Gewässers, soweit hierbei keine chemischen Mittel verwendet werden.
(1) Eine Erlaubnis für das Einbringen und Einleiten von Stoffen in das Grundwasser darf nur erteilt werden, wenn eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist. Durch Rechtsverordnung nach § 23 Absatz 1 Nummer 3 kann auch festgelegt werden, unter welchen Voraussetzungen die Anforderung nach Satz 1, insbesondere im Hinblick auf die Begrenzung des Eintrags von Schadstoffen, als erfüllt gilt. Die Verordnung bedarf der Zustimmung des Bundestages. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn der Bundestag nicht innerhalb von drei Sitzungswochen nach Eingang der Vorlage der Bundesregierung die Zustimmung verweigert hat.
(2) Stoffe dürfen nur so gelagert oder abgelagert werden, dass eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist. Das Gleiche gilt für das Befördern von Flüssigkeiten und Gasen durch Rohrleitungen. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
Tenor
-
1. Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. September 2012 - 2 LA 234/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
-
2. Das Land Niedersachsen hat die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers zu erstatten.
-
3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.
Gründe
-
I.
- 1
-
Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein verwaltungsgerichtliches Verfahren aus dem Bereich des Schulrechts.
- 2
-
1. a) Der Beschwerdeführer besuchte ein öffentliches technisches Fachgymnasium. Da er an einer Lese- und Rechtschreibstörung (Legasthenie) leidet, beantragte er zum Nachteilsausgleich eine Schreibzeitverlängerung für die Anfertigung von Klausuren sowie die Nichtbewertung der Rechtschreibung (sog. Notenschutz). Die Schule lehnte dies ab.
- 3
-
b) Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verpflichtete das Oberverwaltungsgericht die Schule, dem Beschwerdeführer bis zur Entscheidung in der Hauptsache bei der Anfertigung schriftlicher Leistungsüberprüfungen außer in naturwissenschaftlich-mathematischen Fächern eine Schreibzeitverlängerung von 10 % der jeweiligen Bearbeitungszeit zu gewähren. Soweit der Eilantrag darüber hinaus auf vorläufige Gewährung eines Zeitzuschlages von 25 % und Notenschutz bezüglich der Rechtschreibleistung in allen Fächern sowie auf die ebenfalls bereits vorgerichtlich geltend gemachte Verpflichtung der Schule gerichtet war, ihn in Mathematik anwendungsbezogen auf das erste Prüfungsfach Elektronik zu unterrichten, blieb er ohne Erfolg. Eine vom Beschwerdeführer in dieser Sache erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (1 BvR 2129/08).
- 4
-
c) In der Hauptsache fasste das Verwaltungsgericht zunächst einen Beweisbeschluss zur Frage der medizinischen Notwendigkeit eines weitergehenden Nachteilsausgleichs. Dieser wurde jedoch nicht mehr ausgeführt, nachdem der Beschwerdeführer die Allgemeine Hochschulreife erworben hatte. Der Beschwerdeführer stellte seine Klage daraufhin um. Neben Feststellungsanträgen begehrte er, seine unter anderem auf Klausurabwertungen wegen Schreibfehlern (sog. "GRZ-Abzug") beruhenden Kursnoten im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 anzuheben.
- 5
-
Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die in der Jahrgangsstufe 12 erteilten Einzelnoten seien bestandskräftig geworden und daher nicht mehr anfechtbar. Der Zulässigkeit der Feststellungsanträge stehe teilweise der Subsidiaritätsgrundsatz und teilweise das Fehlen eines Feststellungsinteresses entgegen.
- 6
-
d) Den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht mit dem hier angegriffenen Beschluss ab.
- 7
-
aa) Es könne offenbleiben, ob das Verwaltungsgericht die halbjährlichen Kursabschlussnoten als eigenständig anfechtbare Regelungen habe ansehen dürfen. Die Versäumung der Widerspruchsfrist sei insoweit jedenfalls unschädlich, da die Widerspruchsbehörde eine Sachentscheidung getroffen habe. Von der Bestandskraft der Einzelnoten könne daher nicht ausgegangen werden.
- 8
-
An der Richtigkeit der Ablehnung des Verpflichtungsantrags bestünden im Ergebnis gleichwohl keine ernstlichen Zweifel, da nicht ersichtlich sei, dass die den Kursnoten zugrunde liegenden Bewertungen fehlerhaft gewesen sein könnten. Es sei in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass unter einer Legasthenie leidenden Schülern zum Nachteilsausgleich nur Schreibzeitverlängerungen gewährt werden könnten oder die Nutzung technischer Hilfsmittel gestattet werden könne. Die Gewährung von Notenschutz (durch Nichtbewertung der Rechtschreibung) sei demgegenüber in der Regel nicht zulässig, da sie zu einer Benachteiligung von Schülern führen könne, denen aus sonstigen Gründen Rechtschreibfehler in größerem Umfang unterliefen. Darüber hinaus komme ein Ausgleich durch Notenschutz deswegen nicht in Betracht, weil sich die vom Beschwerdeführer beanstandeten Noten gerade auf das Fach Deutsch bezögen und in diesem unter anderem Rechtschreibung und Zeichensetzung zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen gehörten. Ein Anspruch auf Notenschutz folge selbst bei einem den Behinderungsbegriff erfüllenden Ausmaß der Legasthenie auch nicht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, da sich hieraus ein originärer subjektiver Leistungsanspruch nicht ableiten lasse. Unmittelbar aus Art. 24 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention, BGBl 2008 II S. 1419) ergäben sich ebenfalls keine entsprechenden Rechte. Schließlich sehe die geltende Erlasslage in gewissem Umfang eine differenzierte Bewertung vor und eröffne einen pädagogischen Bewertungsspielraum, der eine einzelfallgerechte Berücksichtigung des Erscheinungsbildes der Legasthenie ermögliche. Es sei nicht ersichtlich, dass bei der Bewertung der den beanstandeten Kursnoten zugrunde liegenden Deutschklausuren hiervon in willkürlicher Weise abgewichen worden sei.
- 9
-
bb) Auch das Feststellungsinteresse habe das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint. Ein Rehabilitationsinteresse könne nicht bejaht werden, da von den Einzelnoten und der Durchschnittsnote des Abiturzeugnisses keine den Beschwerdeführer in seiner Persönlichkeit diskriminierende Wirkung ausgehe. Die Bewertung im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 könne für sich gesehen nicht als diskriminierend angesehen werden, zumal sich die begehrte Anhebung nicht auf die Durchschnittsnote auswirken würde. Hinsichtlich anderer Einzelnoten habe der Beschwerdeführer nicht näher dargelegt, welche Punktzahl er für angemessen halte. Soweit er sein Feststellungsbegehren auf eine beabsichtigte Amtshaftungsklage stütze, habe das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass eine solche mangels Verschuldens offensichtlich aussichtslos sei.
- 10
-
2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 19 Abs. 4 GG, aus Art. 3 Abs. 1 und 3 GG in Verbindung mit der UN-Behindertenrechtskonvention sowie aus Art. 12 GG und führt dies näher aus. Insbesondere rügt er, das Ausgangsgericht habe zu keinem Zeitpunkt in einem ordentlichen Hauptsacheverfahren durch Beweisaufnahme geprüft, welche Maßnahmen notwendig gewesen seien, um die behinderungsbedingten Nachteile auszugleichen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei es aber uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar, ob ein in Prüfungen gewährter Nachteilsausgleich die Störung vollständig ausgeglichen habe, was gegebenenfalls mit Hilfe von Sachverständigen zu ermitteln sei (Hinweis auf BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 1992 - 1 BvR 1295/90 -, NJW 1993, S. 917 <918>). Das Oberverwaltungsgericht habe zudem verkannt, dass er durch die Anlegung desselben Leistungsbemessungsmaßstabs wie bei seinen nicht behinderten Mitschülern in einem Bereich, in dem er aufgrund seiner Funktionsstörung nicht gleichermaßen leistungsfähig sein könne, benachteiligt worden sei. Aus fachärztlicher Sicht habe er in allen Fächern zusätzlich 25 % der üblichen Bearbeitungszeit benötigt, um die gleichen Chancen bei der Bearbeitung der anstehenden Aufgaben zu haben. Ein reiner Nachteilsausgleich führe, auch wenn er den Verzicht auf die Benotung der Rechtschreibung beinhalte, keineswegs zu einer Beeinträchtigung der Chancengleichheit nichtbehinderter Mitschüler. Dadurch, dass es das Oberverwaltungsgericht versäumt habe, seine willkürliche Entscheidung aus dem Eilverfahren im Berufungszulassungsverfahren zu korrigieren, nehme es ihm die Möglichkeit der Rehabilitation und verschärfe damit die bereits erfolgte Diskriminierung. Damit werde zudem eine Amtshaftungsklage bewusst ausgeschlossen und würden legasthene Schüler in Niedersachsen im Ergebnis rechtlos gestellt.
- 11
-
3. Die Verfassungsbeschwerde ist dem Niedersächsischen Justizministerium und der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der vormaligen Schule des Beschwerdeführers, zugestellt worden. Diese haben von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen der Kammer vor.
-
II.
- 12
-
1. Die Kammer nimmt die zulässige Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG; vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.
- 13
-
2. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.
- 14
-
a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet zwar keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136 f.>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grund dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; 134, 106 <117 f. Rn. 34>).
- 15
-
b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.
- 16
-
aa) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies hat der Beschwerdeführer getan. Er hat aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht seinen Verpflichtungsantrag rechtsfehlerhaft als unzulässig behandelt hat und die angenommene Unzulässigkeit der Feststellungsanträge betreffend den Notenschutz und den Umfang des ihm zustehenden Nachteilsausgleichs aus Subsidiaritätsgründen zumindest ernstlichen - vom Oberverwaltungsgericht selbst näher aufgezeigten - Zweifeln begegnet. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.
- 17
-
bb) Es begegnet zwar keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere Gründe entscheidungstragend abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. BVerfGE 134, 106 <119 f. Rn. 40>; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).
- 18
-
Dass dem Beschwerdeführer vor Erlass der angegriffenen Entscheidung im Hinblick auf die neue Begründung des Oberverwaltungsgerichts im Berufungszulassungsverfahren rechtliches Gehör gewährt worden wäre, lässt sich den beigezogenen Akten des Ausgangsverfahrens nicht entnehmen. Darüber hinaus lagen die Voraussetzungen für einen Austausch der Begründung hiernach auch nicht vor.
- 19
-
(1) Hinsichtlich der auf den Notenschutz bezogenen Klageanträge ergibt sich dies schon daraus, dass das Oberverwaltungsgericht die angenommene inhaltliche Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils auf Gründe stützt, denen ihrerseits grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zukommt. Denn die Heranziehung von Erwägungen mit Grundsatzbedeutung zur Ablehnung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel verkürzt den vom Gesetzgeber für Fragen von grundsätzlicher Bedeutung vorgesehenen Rechtsschutz im Berufungsverfahren in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise (vgl. BVerfGK 10, 208 <213 f. m.w.N.>).
- 20
-
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage immer dann, wenn es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO entspricht danach weitgehend dem der grundsätzlichen Bedeutung in der revisionszulassungsrechtlichen Bestimmung des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. BVerfGK 10, 208 <214>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642 <3643>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22. August 2011 - 1 BvR 1764/09 -, NVwZ-RR 2011, S. 963 <964>).
- 21
-
Nach diesen Maßstäben kam der vom Oberverwaltungsgericht verneinten Frage, ob der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Legasthenie so genannten Notenschutz in Form der Nichtbewertung der Rechtschreibung verlangen konnte, grundsätzliche Bedeutung zu. Denn ihre Beantwortung hat Bedeutung weit über den Einzelfall des Beschwerdeführers hinaus und betrifft den Umfang des verfassungsrechtlich sowohl unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit im Prüfungsrecht (BVerfGE 52, 380 <388>) als auch des Benachteiligungsverbots gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (BVerfGE 96, 288<301 ff.>) bestehenden Anspruchs auf behinderungsbezogenen Nachteilsausgleich (zu der namentlich aus den verfassungsrechtlichen Bezügen abgeleiteten Grundsatzbedeutung der Rechtmäßigkeit der Bemerkung der Nichtberücksichtigung von Rechtschreibleistungen im Abiturzeugnis vgl. BayVGH, Urteile vom 28. Mai 2014 - 7 B 14.22 u.a. -, juris, Rn. 27). Die umstrittene Frage des Umfangs des Nachteilsausgleichs, der an Legasthenie leidenden Schülern zusteht, war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts noch nicht höchstrichterlich geklärt. Erst im Jahr 2015 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass aus dem Gebot der Chancengleichheit nur Ansprüche auf Änderung der Prüfungsbedingungen (Nachteilsausgleich), nicht aber solche auf Änderung des Maßstabs der Leistungsbewertung (Notenschutz) abgeleitet werden könnten (BVerwGE 152, 330). Hiergegen sind beim Bundesverfassungsgericht mittlerweile Verfassungsbeschwerden anhängig (Az. 1 BvR 2577/15, 1 BvR 2578/15 und 1 BvR 2579/15), über die noch nicht entschieden ist.
- 22
-
Das Oberverwaltungsgericht konnte die Nichtzulassung der Berufung wegen inhaltlicher Richtigkeit daher hierauf nicht stützen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der flankierenden Erwägungen, im Fach Deutsch gehörten Rechtschreibung und Zeichensetzung gerade zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen und der Schutz des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG beschränke sich auf seine Funktion als Abwehrrecht. Gleiches gilt für den Hinweis auf den nach den einschlägigen schulrechtlichen Ausführungsbestimmungen bestehenden pädagogischen Spielraum. Ob die erfolgten Abwertungen unter Berücksichtigung des Spielraums der Behinderung des Beschwerdeführers hinreichend Rechnung trugen, wäre gegebenenfalls erst in einem Berufungsverfahren zu klären gewesen.
- 23
-
(2) Auch mit Blick auf das (verneinte) Feststellungsinteresse verkürzt das Oberverwaltungsgericht die verfassungsrechtlich garantierten Zugangsmöglichkeiten zum Berufungsverfahren. Soweit es ausführt, es fehle an dem (vom Verwaltungsgericht insoweit nicht geprüften) Feststellungsinteresse, weil die Ausweisung der Deutschnoten in der Jahrgangsstufe 12 mit Blick auf deren Auswirkungen auf das Abiturergebnis keinen diskriminierenden Charakter hätten und der Beschwerdeführer hinsichtlich der anderen Einzelnoten schon nicht näher dargelegt habe, welche Punktzahl er für erforderlich halte, lagen diese Erwägungen nicht ohne Weiteres auf der Hand und überschritten den statthaften Prüfungsumfang im Berufungszulassungsverfahren. Inhaltlich liegen sie auch eher fern, weil der Beschwerdeführer dargelegt hat, dass die Feststellung, welche Noten er mit der von ihm für notwendig gehaltenen längeren Schreibzeitverlängerung in allen Fächern erreicht hätte, im Nachhinein nicht möglich ist. Gerade deswegen blieb ihm aber nur die Möglichkeit eines Feststellungsantrags, um eine in den erreichten Noten gegebenenfalls fortwirkende Benachteiligung durch einen entsprechenden Feststellungsausspruch zu beseitigen. In der fachgerichtlichen Rechtsprechung ist im Übrigen geklärt, dass sich das notwendige Feststellungsinteresse in einer solchen Situation bereits aus der Geltendmachung einer fortdauernden faktischen Grundrechtsbeeinträchtigung ergeben kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2014 - BVerwG 1 WB 59.13 -, juris, Rn. 20; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113 Rn. 146 m.w.N.), die hier insbesondere im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG gerügt wird.
- 24
-
3. Auf die Beantwortung der weiteren vom Beschwerdeführer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen kommt es nicht an, da der angegriffene Beschluss die Berufungszulassung behandelt und keine Entscheidung zur Sache enthält.
-
III.
- 25
-
1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf dem Verfassungsverstoß. Er ist daher gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.
- 26
-
2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 ff.>).
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 22. Oktober 2018 für beide Rechtszüge auf jeweils 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
A.
B.
C.
D.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Dr. A. Dr. K. M.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2.058,04 € festgesetzt.
Gründe
(1) Der Soldat ist nach Eignung, Befähigung und Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, sexuelle Identität, Abstammung, Rasse, Glauben, Weltanschauung, religiöse oder politische Anschauungen, Heimat, ethnische oder sonstige Herkunft zu ernennen und zu verwenden.
(2) Bei der Feststellung der Dienstfähigkeit sowie bei Ernennungs- und Verwendungsentscheidungen kann ein geringeres Maß der körperlichen Eignung verlangt werden, soweit die Einschränkung der körperlichen Eignung zurückzuführen ist auf
- 1.
eine Wehrdienstbeschädigung im Sinne des § 81 Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 des Soldatenversorgungsgesetzes oder - 2.
einen Einsatzunfall im Sinne des § 63c Absatz 2 des Soldatenversorgungsgesetzes.
(3) Absatz 2 gilt entsprechend für die Wiedereinstellung früherer Soldaten, denen kein Anspruch nach dem Einsatz-Weiterverwendungsgesetz zusteht.
(1) Benutzungen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
das Entnehmen und Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern, - 2.
das Aufstauen und Absenken von oberirdischen Gewässern, - 3.
das Entnehmen fester Stoffe aus oberirdischen Gewässern, soweit sich dies auf die Gewässereigenschaften auswirkt, - 4.
das Einbringen und Einleiten von Stoffen in Gewässer, - 5.
das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser.
(2) Soweit nicht bereits eine Benutzung nach Absatz 1 vorliegt, gelten als Benutzungen auch
- 1.
das Aufstauen, Absenken und Umleiten von Grundwasser durch Anlagen, die hierfür bestimmt oder geeignet sind, - 2.
Maßnahmen, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen, - 3.
das Aufbrechen von Gesteinen unter hydraulischem Druck zur Aufsuchung oder Gewinnung von Erdgas, Erdöl oder Erdwärme, einschließlich der zugehörigen Tiefbohrungen, - 4.
die untertägige Ablagerung von Lagerstättenwasser, das bei Maßnahmen nach Nummer 3 oder anderen Maßnahmen zur Aufsuchung oder Gewinnung von Erdgas oder Erdöl anfällt.
(3) Keine Benutzungen sind Maßnahmen, die dem Ausbau eines Gewässers im Sinne des § 67 Absatz 2 dienen. Das Gleiche gilt für Maßnahmen der Unterhaltung eines Gewässers, soweit hierbei keine chemischen Mittel verwendet werden.
(1) Eine Erlaubnis für das Einbringen und Einleiten von Stoffen in das Grundwasser darf nur erteilt werden, wenn eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist. Durch Rechtsverordnung nach § 23 Absatz 1 Nummer 3 kann auch festgelegt werden, unter welchen Voraussetzungen die Anforderung nach Satz 1, insbesondere im Hinblick auf die Begrenzung des Eintrags von Schadstoffen, als erfüllt gilt. Die Verordnung bedarf der Zustimmung des Bundestages. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn der Bundestag nicht innerhalb von drei Sitzungswochen nach Eingang der Vorlage der Bundesregierung die Zustimmung verweigert hat.
(2) Stoffe dürfen nur so gelagert oder abgelagert werden, dass eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit nicht zu besorgen ist. Das Gleiche gilt für das Befördern von Flüssigkeiten und Gasen durch Rohrleitungen. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(1) Der Soldat ist nach Eignung, Befähigung und Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, sexuelle Identität, Abstammung, Rasse, Glauben, Weltanschauung, religiöse oder politische Anschauungen, Heimat, ethnische oder sonstige Herkunft zu ernennen und zu verwenden.
(2) Bei der Feststellung der Dienstfähigkeit sowie bei Ernennungs- und Verwendungsentscheidungen kann ein geringeres Maß der körperlichen Eignung verlangt werden, soweit die Einschränkung der körperlichen Eignung zurückzuführen ist auf
- 1.
eine Wehrdienstbeschädigung im Sinne des § 81 Absatz 1 oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 des Soldatenversorgungsgesetzes oder - 2.
einen Einsatzunfall im Sinne des § 63c Absatz 2 des Soldatenversorgungsgesetzes.
(3) Absatz 2 gilt entsprechend für die Wiedereinstellung früherer Soldaten, denen kein Anspruch nach dem Einsatz-Weiterverwendungsgesetz zusteht.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.
(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.
(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.
(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.
(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.
(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.
(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.
(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.